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Hauptcentrum des Südens ist, haben die Studentenunruhen in Neapel bewiesen. Es giebt oder gab in Italien zwei Arten von sogenannten freien Universitäten. Die eine, zu der z. B. Ferrara und Macerata gehören, trägt ihren Namen, weil die dazu gehörigen Institute nicht vom Staat, sondern von den Gemeinden abhängig sind. Die andere Art war schließlich durch Neapel allein vertreten. Dort bestand, im Unterschied von allen übrigen Staatsuniversitäten, die Freiheit, sich inscribiren zu lassen. Daraus folgte, daß viele Studenten sich um den Universitätsunterricht nicht fümmerten; sondern einige Jahre lang ihrem Vergnügen oblagen, bis sie sich zum Zweck des Examens der Dressur eines Einpaukers überlieferten. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, ließ Bonghi durch ein besonderes Gesetz die Ausnahmestellung der Universität Neapel aufheben. Dadurch werden viele Privatinteressen verlegt, weniger die der Studenten, als die der Privatlehrer, von denen eine bedeutende Anzahl in Neapel lebt und aus der besonderen Stellung der Universität ihren hauptsächlichsten Unterhalt zieht. Diese und ein Theil der Universitätsbeamten, die seit Jahren -mit Fälschung von Zeugnissen und Diplomen beschäftigt gewesen waren, sollen die Studenten zuerst aufgehett haben. Im Verlauf der Tumulte gesellten sich jedoch allerlei andere Elemente zu den Universitätskreisen, und wie bekannt, wurde selbst die Anwendung von Waffengewalt unvermeidlich, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Auch die verlängerte Schließung der Universität schien dem Unterrichtsminister nöthig. Unter den Verhafteten haben sich viele Handwerker und Arbeiter befunden; wieweit dagegen socialistische Umtriebe vor denen hier zu Lande eine faft komische Panik herrscht, mitgewirkt haben, kann erst durch die gerichtliche Untersuchung festgestellt werden. Wie fast immer, so wurde auch in diesem Falle wieder behauptet, ein Communist oder angehender Petroleur, den man eingefangen zu haben triumphirte, sei der Hauptanstifter der Uebelthaten gewesen.

Aus Berlin. Eine patriotische und eine ultramontane Jubelfeier. Proceß Kirst. - Die vergangene Woche war einer altpreußischen Gedenkseier gewidmet: der Schlacht von Fehrbellin, deren Jahrestag nunmehr zum zweihundertsten Male wiedergekehrt ist. Es war auch durchaus passend und gerechtfertigt, ein patriotisches Fest zur Erinnerung an diesen Tag zu veranstalten; denn auch neben den größeren Siegestagen der Befreiungskriege und der jüngsten Feldzüge bewahrt Fehrbellin seine historische und nationale Bedeutung und für den Brandenburger insbesondere, der noch auf Schritt und Tritt an die volksthümliche Gestalt des großen Kurfürsten erinnert wird, geziemt es sich, an die erste Kriegsthat zurück zu denken, durch welche die Wehrmänner der sandigen Mark ihren militärischen Ruf begründeten. Damals zum ersten Male, nachdem man lange Jahrzehnte nichts als Schmach

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und Niederlagen erlebt, empfand man wieder eine Spur von nationalem Stolz und patriotischer Hoffnung, die Borboten einer fernen besseren Zutuni

Fürwahr das preußische Volk und das Hohenzollernsche Fürstenhaus bRCANTIL

Ursache, heute im Genuß der gewaltigsten Errungenschaften mit stolzer Ges thuung zurückzublicken auf jene alte Zeit, da etliche märkische Dragoner NEW regimenter eine große Militärmacht aus den Landesgrenzen schlugen und dem kleinen, armen und unbekannten Staat einen Namen von Klang und Ansehen in Europa errangen, ihm die Fähigkeit erwarben, Kern und Mittelpunkt eines neuen deutschen Reiches zu werden.

Während die gesammte Presse weihevolle und gehobene Ergüsse über die Bedeutung dieses nationalen Festes brachte, hatten einzig die ultramontanen Blätter wieder einmal nichts als hämische Glossen oder völliges Stillschweigen übrig, obwohl doch wahrhaftig der Fehrbelliner Sieg an sich mit confessionellen Dingen nichts zu thun hat. Allein er war eben die Geburtsstunde der großen Zukunft des preußischen Staates und das Gedeihen und Aufblühen dieser akatholischen Macht ist auch längst vor dem,,Culturkampf" den Ultramontanen ein Aergerniß gewesen. Dafür hatten auch die letzteren in der verflossenen Woche eine Jubelfeier. Es war ja der Tag, wo die berühmte Weihe der ganzen Welt an das heiligste Herz Jesu" stattfand. Man kann freilich nicht sagen, daß die Welt über diese an ihr vollzogene Execution in sonderliche Aufregung gerathen wäre. Nur in Paris, wo man bis über die Ohren in dem jesuitischen Unfug steckt und für die specielle Neigung des Herzens Jesu, die ,,Rettung Frankreichs", begreiflicher Weise große Anerkennung besitt, hat man sich veranlaßt gefunden, einigen kirchlich-politischen Pomp bei dieser Gelegenheit zu entfalten, und die Hälfte der Volksvertretung hat es für zweckmäßig erachtet, dabei zu assistiren. Was wohl die großen Revolutionshelden, die vor achtzig Jahren Thron und Altar zusammen in Trümmer schlugen, zu diesem neusten Zerrbild der freien Republik sagen würden!

Und nun lassen Sie mich, um auf die Vorgänge in unserer engeren Heimath zu kommen, ein Zeichen der Zeit von einem anderen Gebiete berühren, nämlich den großen Betrugsproceß, der augenblicklich das hiesige Bublicum anßerordentlich interessirt und in vieler Hinsicht mit der berühmten SpizederAffaire in München verglichen werden kann. Im kronprinzlichen Palais zu Potsdam war eine Hofwaschfrau, Namens Kirst, angestellt, welcher es Jahre hindurch gelang, durch den plumpsten Schwindel sich in den Besitz ganz bedeutender Geldsummen zu setzen. Lediglich dadurch, daß die Angeklagte im kronprinzlichen Hause beschäftigt war und hie und da geheimnißvolle Andeutungen über momentane Geldverlegenheit der hohen Herrschaften fallen ließ, daß sie ungeheure Wucherzinsen versprach und gelegentlich aus dem Erlös neuer Geschäfte" einige alte Schulden deckte, wußte die schlaue Schwindlerin

sich einen ausgedehnten Credit zu verschaffen und sowohl angesehenen Kaufleuten große Capitalien, als armen Arbeitern ihre sauer verdienten Groschen abzunehmen. Man staunt, wenn man hört, daß die auf solche Weise contrahirten Schulden dieses Weibes sich auf nahezu 100,000 Thaler belaufen. Und ein solches Schwindelgebäude konnte Jahrelang bestehen, ohne zusammenzubrechen; einer der Hauptbetheiligten konnte ein kleines Uhrmacher geschäftchen aufgeben, sich ein Rittergut kaufen und als großer Cavalier auftreten, ohne daß den Geprellten die Augen aufgegangen wären. Man sollte eine solche Vertrauensseligkeit und Arglosigkeit heutzutage nicht mehr für möglich halten. Q.

Literatur.

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Gedichte von Giuseppe Giusti. Deutsch von Paul Heyse. Berlin 1875. Hofmann u. Co. Mit dem vorliegenden Bande hat soeben die zweite Serie der Publicationen des Vereins für deutsche Litteratur" begonnen und es ist zu hoffen, daß die vorzügliche Arbeit, welche derselbe enthält, eine gute Vorbedeutung für die Qualität der nachfolgenden Bände sein werde. Wer immer die Novellen Paul Heyses, welche uns in italienisches Volksund Naturleben führen, mit größerer Aufmerksamkeit betrachtet, mußte sich sagen, daß diese schönen und stimmungsvollen Bilder auf tiefen Studien beruhen und nicht geschrieben werden konnten ohne ein volles sich Versenken in das Leben, die Literatur, die Sprache Italiens. Eine Probe dieser Stu dien Heyses erhalten wir in seiner Ueberseßung giustischer Dichtungen, denen als Anhang noch zwei kleinere Auffäße über Vittorio Alfieri nnd Vincenzo Monti, sowie eine sehr schöne (die Goethesche in gewisser Beziehung entschieden übertreffende) Uebersetzung von Manzonis berühmter Ode auf Napoleon beigegeben ist. Aber diese Probe von Heyses italienischen Studien ist ganz anderer Art als diejenige war, welche wir 1860 in seinem,,Italienischen Liederbuche" empfingen. In jenem Liederbuche die duftigen Blumen italienischer Volkspoesie, die naive Herrlichkeit der Rispetti, Vilote, Ritornelli, der volks, mässigen Balladen und Lieder; in den vorliegenden Uebersetzungen die schneidige Gedankenpoesie eines politischen Satirikers, der freilich auch gerade deshalb so groß ist, weil sich diese Schärfe des Geistes mit ebenso großer Junigkeit und Tiefe des Gemüthes verbindet und auf eine wunderbar graziöse Weise zum Ausdruck kommt. Mit Recht ist Heyse in der sehr beachtenswerthen Einleitung zu seiner Uebersetzung geneigt, Guiseppe Giusti unter den neuern Dichtern Italiens einen Platz unmittelbar neben Manzoni und Leopardi anzuweisen, in dem Sinne nämlich, daß nur diesen dreien ein Plas in der Weltlitteratur gebühre. Bei einem größeren deutschen Publicum, dessen Ber

ständnisse solch genialer Humor und zugleich so tiefer und charaktervoller politischer Ernst auch heute noch nicht sehr nahe liegt, dürfte diese Schäßung Giustis Widerspruch finden, aber richtig ist sie nichtsdestoweniger. Ja fast möchten wir sagen, Giusti stehe noch über den Genannten, weil er vielseitiger ist und weil er in seiner politisch-satirischen Dichtung ein Gebiet beschritten hat, auf welchem der Lorbeer schwerer zu gewinnen ist; denn es bedarf eines ganz ungewöhnlich organisirten Geistes, um die Welt, in welcher sich Giusti zumeist bewegt, mit dem Blicke des Künstlers zu betrachten und ihre Gestalten in das Meer des Schönen einzutauchen.

Guiseppe Giusti starb im Jahre 1850. Vom Anfang der dreißiger Jahre datirt seine Dichtung; schon 1833 ward die köstliche Satire „Die Dampfguillotine" geschrieben. Von Anfang an stand seine Dichtung im Dienste seines Volkes, welchem auch er zu seiner Wiedergeburt mit verholfen hat, wie Dall' Ongaro, Aleardi und viele Andere. In Giustis Dichtung spiegeln sich die Zeiten des Henkerthums unter Franz dem Vierten von Modena, des engen kurzsichtigen Systems polizeilicher Bevormundung und nörgelnder Chikane unter Leopold II. in Toscana, die Hoffnungen des „Landes der Todten“ zur Zeit des Krieges gegen Desterreich unter Carlo Alberto und die Rückkehr der Reaction mit der Rückkehr der verhaßten Fremden nach dem unglücklichen Ausgang des Kampfes. In wechselnden Zeitverhältnissen war Giusti immer derselbe und die Freiheit blieb immer sein höchstes Interesse. An Tommaso Grossi sprach er es als seinen höchsten Wunsch aus, daß ihm einst nur der Stein auf seinem Grabe stehen bleiben möchte, auf dem zu lesen sei: „Nie wechselt' er die Fahne.“ Der Vorwurf, sich ungetreu geworden zu sein, blieb ihm gleichwohl nicht erspart. Aber denselben konnten eben nur diejenigen erheben, deren Charakterlosigkeit er selbst in seinen Gedichten so vernichtend gekennzeichnet hat.

Denn nicht in abstracten Gedanken und allgemeinen Exclamationen äußert sich Giustis politisches Pathos. Meist in ganz concreten Gestalten tritt es uns entgegen: die gesinnungslosen Schmarozer, die feilen und servilen Carrièremacher, die Angeber, die herabgekommenen Nobili, die Geldprozen, kurz die Bedientenseelen, die Lumpe und Windbeutel aller Sorten, vom Fürsten herab bis zu seinem untersten Günstling, alles in seiner ganzen lächerlichen Erbärmlichkeit. So in den Gedichten: „Dampfguillotine“, „Strafgesetz für die Beamten“, „Gelehrtencongreß“, „Praeteritum plusquamperfectum von Denken“, „Schnecke“, „König Kloz“, „Humanitarier“, „Verlobung“, „Congreß der Sbirren", besonders aber „Gingillo“. „Ein erhabenerer Cynismus," sagt mit Recht der Uebersetzer, eine kühnere Mischung des Sublimsten und Lächerlichsten, von sittlichem Ernst und künstlerischer Ausgelassenheit ist schwerlich irgendwo nachzuweisen als in den Glanzstellen

dieses Gedichtes." Es ist Dichtung im Geiste des Aristophanes. Doch diesen politischen Satiren, die Gelächter scheinen und doch zumeist nur Schmerzensausdruck sind, folgen noch andere, welche Heyse unter dem Titel „Vermischte Gedichte“ zusammengestellt hat. Hier geben wir, ohne den Werth des tiefgefühlten „An die ferne Geliebte" u. A. herabzuseßen, den,,Erinnerungen an Pisa" und der friedfertigen Liebe" unbedingt den Vorzug. Ein so tiesgemüthlicher genialer Studentenhumor geht durch das erstere, daß wir ihm auch nur ähnliches nicht an die Seite zu sehen wüßten:

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Und: Nie hat auf Erden sich zurecht gefunden Wer keine Ader hat Vom Vagabunden“. Doch man kann aus diesem Gedicht keine Stelle auswählen, ohne sofort zu empfinden, daß man ebensogut alle andern citiren sollte, und das geht hier nicht an.

Mit seiner Ueberseßung hat Heyse einem großen Manne ein wohlverdientes Denkmal auf deutschem Boden errichtet. Es gebührt ihm dafür der wärmste Dank. Um so mehr als der Uebersette fast unübersehbar war und die Arbeit von den größten Schwierigkeiten begleitet. Das kann ganz nur empfinden, wer Giustis Gedichte im Originale vergleicht. Wie kurz und beziehungsreich, wie leicht und gedankenschwer sind diese Verse, noch dazu fast durchweg durch den Reim verbunden. Heyse hat sich auch dieser leztern drückenden Fessel für den Uebersetzer nicht entschlagen (wie es z. B. ganz vor kurzem Hamerling in der Uebertragung des ,,Legge penale per gl'impiegati" gethan hat). Er hat sich damit seine Aufgabe unendlich erschwert. Aber um so schöner nur ist das Ziel, zu dem er gekommen. An Lesern wird es dem Heyseschen Giusti bei der Verbreitung der Sammlung, in welcher er erschienen, nicht fehlen. Wir wünschen ihm unter den Lesern recht viele Freunde.

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Berichtigung: Auf S. 930 3. 9 v. u. lies: Cavours, S. 927 3. 24 v. u.: Befestigung.

Verantwortlicher Redacteur: Konrad Reichard in Leipzig.

Ausgegeben: 25. Juni 1875.

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Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von A. Th. Engelhardt in Leipzig.

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