ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

storben ist," indem er naiv hinzusezt: Sonst hätten wir noch einen Theil hoffen können!“ Sogar zum Studium des Ossian, den er „mit Homer und Klopstock in Eine Klasse" setzt, läßt er sich durch den Werther anregen. Er empfiehlt auch dem Freunde, doch ja den Ossian zu lesen, sobald er englisch zu lernen anfange, und versichert: er selbst habe „tausend Vergnügen“ daran. „Die Uebersetzung im Werther hat Dir gewiß einen herrlichen Vorschmack gegeben. Wenn doch Hahn weniger faul wäre; seine Uebersetzung vom Ossian würde gewiß meisterhaft werden. Aber seine Faulheit erstreckt sich sogar auf seine Poesie." Desto fleißiger ist Heinrich Christian Boie; er hat im Verein mit einem seiner englischen Zöglinge angefangen, den „Werther“ in's Englische zu überseßen; „aber ich fürchte,“ schreibt der Bruder, „sie müssen's liegen lassen. Werther ist zu sehr deutsch; das Herzliche, Kraftvolle wird sich wohl in keine andere Sprache übertragen lassen. Die Sprache im Werther ist ganz original; besonders haben einige reichsländische Wörter und Wendungen mir gefallen. Man schreit hier auch viel, daß das Buch gefährlich ist, aber die weisen Leute mögen mir vergeben, daß ich nicht ihrer Meinung bin. Ich wünschte mir ein Herz wie Werthers, obgleich eben dies ihn unglücklich gemacht hat.“ Daß bei solchen Gesinnungen Nicolais Freuden des jungen Werther" ihn verstimmten, ist natürlich; „bei aller Hochachtung, die der Verfasser für Goethe bezeugt, sieht man doch, daß er ihm gern eins versetzen will," klagt er dem Freunde.

Minder begeistert als für den Werther finden wir Rudolf Boie für ,,Clavigo“. „Ich weiß nicht wie es kommt," sagt er aufrichtig; „den Eindruck macht er nicht wie Göß von Berlichingen. Freilich ist er auch ein ganz anderer Gegenstand. Klopstocken gefällt er, und das ist schon sehr viel.“ Bei alledem dämpft die Lectüre des Clavigo seinen Enthusiasmus für Goethe nicht. Der Dichter habe jezt (Januar 1775) wieder was unter der Mache," eilt er dem Freunde zu verkünden. Wie hungrig bin ich nach Allem, was von dem Manne kommt!"

Neben Goethe ist es besonders die vielversprechende Erscheinung des Dichters Lenz, welche unsern Freund fesselt. „Lenz und Goethe haben erstaunlich viel Aehnliches," schreibt er. „Beide fangen mit Meisterstücken an. Mich dünkt, der „Hofmeister“ ist das beste deutsche Lustspiel, denn ich wüßte nicht, worin Minna von Barnhelm den Vorzug haben sollte.“ Der „neue Menoza“ macht ebenfalls lebhaften Eindruck auf Rudolf Boie, bei näherer Prüfung jedoch gefällt ihm diese Dichtung nicht so sehr, als der Hofmeister. Dieser ist weit natürlicher. Wie ungeheuer ist nicht die ganze Fabel im neuen Menoza!“

Daß Goethes Farce „Götter, Helden und Wieland" hellen Jubel in den Kreisen der Barden erregte, ist natürlich; war doch der Dichter des „Agathon“ bei den Anhängern Klopstocks nichts weniger als persona grata. Auch Christian

Rudolf Boie mag sich nach der Lectüre die Hände gerieben haben. „Wieland kriegt in der Farce auf ihn wirklich mehr Hiebe, als man bei'm flüchtigen Lesen glauben sollte,“ schreibt er nicht ohne einen ganz kleinen Anflug von Schadenfreude. Kein Wunder, daß sie ihn so geärgert hat! Jm „neuen Menoza" ist er auch nicht geschont worden. - Der arme Wieland! Er wird sehr tief fallen; vielleicht mehr, als er es verdient hat. Er hat sich selbst durch seinen Mercur geschadet; wie sehr hat er seinen schlechten Charakter nicht darin gezeigt! Die lächerlichste Eitelkeit, das hämische Bezeigen gegen Klopstock und auch seine Niederträchtigkeit sind ihm, wie mir däucht, eben so wenig zu verzeihen, als seine Schriften. In diesen ist doch immer sehr viel Gutes!"

So war der Beginn des Jahres 1775 herbeigekommen, und da der ältere Boie gegen Ostern mit Vaughan, seinem Engländer, eine Reise durch Deutschland, Frankreich und Italien machen sollte, so übergab er den von ihm und Gotter 1770 gegründeten Musenalmanach seinem Freunde Voß mit dem Anrathen, das jetzt schon sehr beliebte kleine Jahrbuch auf Subscription drucken zu lassen. Diese veränderten Umstände zogen auch einen bedeutenden Wechsel in den Lebensverhältnissen des Hauptbetheiligten nach sich: Voß ging Ostern 1775 nach Wandsbeck; einmal, weil er von dem nahen Hamburg aus den Almanach leichter verschicken konnte, sodann, weil er dort seiner geliebten Ernestine Boie näher war.

Die Freunde rührten alle Hände, um dem Unternehmen, welches nicht ohne Concurrenz in Deutschland war, die besten Mitarbeiter zu sichern. Auch Goethe ward um Beiträge ersucht, und am 15. Januar 1775 spricht Christian Rudolf Boie gegen seinen Flensburger Freund nicht ohne eine gewisse Beklemmung den Wunsch aus: „daß Goethe seinen Namen mit zum Wandsbecker Almanach hergäbe." Seine Sorge rechtfertigt er durch die Mittheilung: noch habe Goethe nicht auf eine diesbezügliche Anfrage geantwortet*). „Mein Bruder" erzählt er dann weiter, hat einige vortreffliche poetische Sachen von ihm. Von dem Liede an seine Christel werde ich Dir geschrieben haben; es ist gar zu schön! Folgende Strophe fällt mir nur bei:

,,Und wenn ich sie dann fassen darf

Im luft'gen Deutschen Tanz,

Da geht's so frisch, da geht's so scharf,
Da fühl ich mich so ganz!

*) Goethe lieferte zum Musenalmanach auf 1776 (Lauenburg, gedr. bei J. G. Berenberg) die Gedichte: „Kenner und Künstler“ (S. 37. „G.“ unterzeichnet) und „Der Kenner" (unterzeichnet „Göthe“). Nach vorangegangener persönlicher Bekanntschaft mit Voß, im Sommer 1794, steuerte Goethe dann zum Mus. Alm. 1796 „die Liebesgötter auf dem Markte" und ,,das Wiedersehen“ bei.

Da geht's mir durch das Rückenmark

Bis an die linke Zeh',

weh, o weh, ich bin so stark,

Mir ist so wohl, so weh!"

Ich zweifle aber, ob es im Original nicht noch anders steht“*).·

Während des leßten Vierteljahres, welches Voß in Göttingen zubrachte, finden wir diesen noch sehr fleißig. Er übersetzt," wie sein junger Freund den Flensburgern ausplaudert, „Blackwells Briefe über den Homer, die, wie ich gehört habe, sehr gut sind. Einige Verse des Homer, die darin vorkommen, hat er in Hexametern übersetzt, die so schön sind, daß ich wohl mehrere von ihm sehen möchte**);" ein Wunsch, der denn später uneingeschränkt in Erfüllung gehen sollte.

[ocr errors]

Der 10. April war endlich der Tag, an welchem der liebe,,Stubengeselle“ schied; „meine Einsamkeit hat ihren Anfang genommen," klagt der Zurückgebliebene. Diesen Montag Morgen reiste Voß mit der ordentlichen Post weg. Meine Stube ist mir nun so groß und so leer, daß ich gar nicht gern darin sein mag. Closen und ich begleiteten ihn nach Northeim. Der liebe Voß! Ich kann Dir nicht genug sagen, wie sehr ich ihn liebe und schäße."

Unter diesen Umständen lag für Christian Rudolf Boie ein großer Trost darin, daß sein Bruder die beabsichtigte Reise mit Vaughan nicht angetreten. hatte. Gewitzigt durch manche üblen Erfahrungen mit den Britten, verlangte Boie d. Ä. vor dem Aufbruch pecuniäre Sicherstellung von dem Vater seines Zöglings; statt aller Antwort meldete sich in Göttingen plötzlich ein alter

*) Allerdings weicht Goethes Dichtung von obigen Versen ab. Aus dieser Erwähnung des Gedichtes „Christel“ geht hervor, daß es bereits 1773 verfaßt worden sein muß, denn am 15. Januar 1774 meint Chr. R. Boie, er habe dem Freunde schon von dem Gedichte geschrieben, worin er sich freilich irrt; in den erhaltenen Briefen, zwischen denen anscheinend keiner fehlt, findet sich nichts davon. Jedenfalls ist „Christel“ nicht mit K. Goedeke in die früheste Weimarische Zeit Goethes (also etwa Januar 1776) zu verlegen; Dünzer, indem er meint, es könnte in das Jahr 1774 gehören, ist der Wahrbeit ziemlich nahe gewesen. Deffentlich erschien „Cristel“ zuerst 1776 im Aprilheft von Bielands Merkur.

**) Das 1736 erschienene Original des Blackwell:,,An inquiry into the life of Homer war Voß von Hölty zum Nebersetzen empfohlen worden, der dasselbe laut den Ansleihebüchern der Göttinger Bibliothek schon am 30. October 1771, also ein halbes Jahr vor Voß' Eintreffen auf der Universität, benugt hatte. Der in Hexametern übersetten Verse sind im Ganzen 66 aus Jlias und Odyssee, dann noch 14 aus den Hymnen. Taß, wie schon Herbst (a. a. D. I. 302) hervorhebt,,,der erste Keim und Kern der Boffischen Odyssee-Verdeutschung, oder des Planes dazu, gewiß hier zu suchen sei“ wird bestätigt durch obige Briefstelle, welche ein Seitenstück bildet zu der von Herbst mitgetheilten: „Boß hat bei seiner Uebersetzung (des Blackwell) vicle Verse aus dem Homer berrlich übersetzt; ich möchte wohl den ganzen Homer von ihm sehen“ (Rudolf an Ernestine Boie, 28. Februar 1775).

englischer Officier mit dem Auftrage: den Jüngling zu sich zu nehmen, der ihm denn auch übergeben wurde; H. Chr. Boie blieb in der Universitätsstadt, wo er sich einstweilen mit Ueberseßen beschäftigte*.)

Berichte aus dem Reich und dem Auslande.

Vom Rhein. Sind wir gebildete Menschen? Ob der gute alte Beckerath in seiner Grabesruhe ungestört blieb, als neulich (10. Februar) im Landtage die harten Worte über die Rheinlande fielen: „Es ist weniger mißlich, der Provinz Posen die Selbstverwaltung zu geben, als den Rheinlanden". Wir Lebenden, vorausgesetzt daß wir das hinreichende Alter dazu haben, vers setzten uns in Gedanken in die Zeit des Vereinigten Landtages und erinnerten uns an das reiche Lob, welches damals der politischen Bildung insbesondere der Rheinprovinz gespendet wurde. Die Beckerath, Mevissen, von der Heydt u. s. w. erschienen nur als der Ausdruck des reisen politischen Bewußtseins, welches ganz allgemein am Rheine herrscht und daß die Rheinländer die übrigen Stämme an Verständniß der Aufgaben des Staates überragen, galt für ebenso selbstverständlich, wie daß der Scharzhofberger besser schmeckt, als der Grüneberger.

Haben sich nun die Rheinländer im Laufe eines Menschenalters so sehr zu ihrem Nachtheil verändert, daß sie jezt mit Posen und Oberschlesien auf eine Linie gestellt werden können, oder haben wir sie ehedem überschäßt oder endlich werden sie gegenwärtig vom Parteihasse verläumdet?

Das scharfe Verdammungsurtheil, welches über die Rheinländer im Landtage gefällt wurde, muß Jedermann unterschreiben, welcher sich mit den rheinischen Zuständen vertraut gemacht. Unrichtig ist nur der Glauben, daß es ehedem anders gewesen und erst die lezten Jahre, namentlich die Maigesetze einen Wechsel der Gesinnung herbeigeführt hätten. So gut wie vor einem Menschenalter beherbergen die Rheinlande auch jetzt noch eine Reihe trefflicher Bürger, und wer die Frage an uns richtete, ob die rheinischen Heroen des Vereinigten Landtages echte Nachfolge gefunden, dem würden wir mit gutem Gewissen bejahend antworten können. Sie sind aber ebenso wenig wie ihre Vorgänger ein urwüchsiges rheinisches Product, sondern importirt und gewöhnlich auch schon durch die Confession von der Masse der Bevölkerung unterschieden. Diese erfreut sich mannichfacher guter Eigenschaften; sie ist leichtlebig, anstellig, genügsam, sie entbehrt aber absolut des Staatssinnes und was ihr heute vorgeworfen wird: die Unterwerfung unter

*) Weinhold, H. Chr. Boie, 72 fg.

die kirchliche Autorität in politischen Dingen, die confessionelle Befangenheit, flebt den ehemals erzbischöflichen Unterthanen seit länger als einem Menschenalter an. Vor vielen Jahren wurde die Autobiographie eines Bonner Projessors, Namens Walter publicirt. Walter ist jest ziemlich verschollen, war aber ehedem nicht allein als gewandter Compendienschreiber angesehen, sondern auch als loyaler Preuße gerühmt, so daß ihm der juristische Unterricht Preußischer Prinzen mit anvertraut wurde. Blickt man nun in das (übrigens langweilige) Buch, so entdeckt man in dem Verfasser einen Ultramontanen reinsten Wassers, der schon in den vierziger Jahren und noch früher an die Suprematie der katholischen Kirche über jegliches Staatswesen glaubt und unbesehen daran festhält, daß ein Bischof und wäre es auch Droste-Vischering der weltlichen Obrigkeit gegenüber im Rechte ist. Dieser Professor Walter ist der rechte Typus des gebildeten Rheinländers, wie er vor einem Menschenalter war und noch heute ist, nicht bösartig, im gewöhnlichen Laufe der Dinge auch gern bereit, sich mit der Regierung gut zu stellen, nicht unzugänglich den Gunstbezeugungen der letteren, aber politisch unzuverlässig oder richtiger gesagt, schließlich doch nur ein Werkzeug der kirchlichen Autorität. Das bleibt doch im höchsten Maße bezeichnend, daß sogar 1848 bei den Candidaten für das Parlament zuerst nach der Confession gefragt wurde und „Akatholiken“ unbedingt ausgeschlossen wurden, mochte ihr politisches Verdienst sonst noch so groß sein. So war es, so ist es gegenwärtig und so wird es noch lange bleiben. Unsere Gesetzgeber, welche jezt entscheiden sollen, ob die erweiterte Selbstverwaltung auch für die Rheinlande passe, müssen mit diesem constanten Charakterzuge rechnen. Sie werden, ehe sie urtheilen, prüfen, ob die Erweiterung der Verfassungsrechte bisher die ultramontanen Tendenzen begünstigt hat und ob die letteren so gefährlich sind, daß ihnen die Einheit der Staatsverwaltung, die Reform der Gemeinde-, Kreis- und Provinzialordnung im Sinne der Autonomie dauernd geopfert werden muß. Wir haben am Rheine den Spruch: Was den Pfaffen gefällt, Gott und dem Könige mißfällt. Taucht eine politische Frage auf, so halten alle Gutdenkenden erst Umschau, wie sich die ultramontane Partei zu jener stelle. Die entgegengesetzte Ansicht zu vertreten, hat sich fast immer als richtig erwiesen. Da ist es denn bedenklich, daß die rheinischen Ultramontanen sich für die Autonomie der Verwaltung erwärmt haben. Sie hoffen also aus derselben Bortheil zu ziehen. Doch muß auch erwogen werden, daß die Ultramontanen am Rheine, um populär zu bleiben, den Schein des Liberalismus zu wahren haben. Echtfarbig ist zwar der rheinische Liberalismus nicht, sonst wäre ja die schmachvolle Knechtung durch Kapläne und Küster längst gebrochen; den Ruhm möchte aber der Rheinländer ungern missen, daß er an freie politische Formen gewöhnt ist. Möglich also, daß das Votum der Centrumspartei nur

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »