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Falls sein Wort geben, daß er wieder kommen wolle. Darauf suche er bei einem weltlichen oder einem geistlichen Gönner ein Unterkommen. „Wahrlich guten Brauch halten die Spielleute: auch wenn Einer nicht weiß, woher ihm sein Mittagsbrod kommen wird, singt er gerade so gut, wie wenn er vierzig Mark gefunden hätte." Die wohlmeinende Rede vermag nicht des Hauptmanus Sinn zu beugen, und es erfolgt der Anfall auf die beiden Angehörigen des Klosters, der denn freilich den Wegelagerern theuer zu stehen kommt.

Was bei allem Wohlwollen, das alle Schichten der Bevölkerung dem Stande der Spielleute entgegen brachten, gleichwohl eine gewisse Mißachtung wenigstens mancher Einzelnen zur Folge hatte, ist in der Rede des freundlich gesinnten Räubers schon angedeutet. Es gehört in allen Zeiten noch mehr als bloße Vorurtheilslosigkeit dazu, einem Menschen volles Vertrauen und aufrichtige Achtung zu schenken, der dieselbe zu gewinnen weiter nichts aufweisen kann, als den Inbegriff auch der schätzenswerthesten persönlichen Eigen schaften und Fähigkeiten, die wir in einem bestimmten Augenblick an ihm wahrnehmen, daneben keine Theilnahme einflößenden Antecedentien, keine Heimath, keine Familie, die ihn als den ihrigen anerkennen, keine Berufsgenossen, die für ihn einstehen, sondern dafür nur solche, die um den Erfolg mit ihm streiten. Ganz besonders wenig günstig aber stellen sich die Aussichten für den, der immer und immer wieder in der nämlichen Hilfs bedürftigkeit vor uns tritt, zumal wenn seine Leistungen der Art sind, daß wir sie zwar um keinen Preis missen möchten, uns aber durch sie doch nicht irgendwie nachhaltig gefördert, gehoben fühlen, und wenn die gar nicht weichende Noth uns als die Frucht eines entsprechend anhaltenden Leichtsinns erscheint. Daß diese Voraussetzungen bei einem großen Theile der alten Spielleute zu treffen, können ihre besten Freunde nicht in Abrede stellen: schon in den Bersen der singenden und selbst dichtenden Jongleurs, die doch ohne Zweifel die vornehmste Gruppe innerhalb des Standes bilden, hallt lästig genug, und wuchert im Laufe der Zeit unaufhaltsam der Refrain der Bettelei, so daß noch heute dem Leser, dessen Taschen von ihnen nicht gefährdet sind, über all der Zudringlichkeit die Geduld manchmal auszugehen droht; wie mögen fie erst nebenher in Prosa das Publikum gequält haben, und was dürfen wir von den Springern und Bärenführern denken? Sodann ist unter den sünsten, die von den Menestrels geübt wurden, doch manche nicht geeignet, auch dem hervorragendsten Virtuosen sonderliche Theilnahme zu gewinnen, so wenig auch selbst ernstere Männer nach Tische derselben den Lohn eines Lächelns vorenthalten mochten. Der Eine spielt den Trunkenen, der Andere den Narren" lesen wir in einem Fableau, das einen Wettstreit um den Preis des lustigsten Streiches vorführt. Am Hofe König Noble's läßt Jean aus Condé Martin den Affen als Jongleur functioniren: er singt und tanzt gar

geschickt; aber er läuft auch Possen reißend von einem Gaste zum andern, schneidet dem eine Frage, zupft diesen am Schopf und jenen am Ohr und läßt nichts unversucht, was den König zum Lachen bringen kann. Endlich galt schon damals, wenn es gleich so früh in der Literatur nicht vorzukommen scheint, das Sprichwort: Ce qui vient de la flûte, s'en retourne au tambour; von niemandem in eigentlicherem Sinne als vom Spielmann, der den leicht gewonnenen Ertrag seines Flötenspiels unbedenklich auf dem Tanzplage wieder an die Tamburinschlägerin abgab, den noch kaum überzählten Gewinn, den ihm ein glänzendes Fest hinterließ, bei gleich sorglosen Freunden in Wein aufgehen ließ oder durch Ungunst der Würfel verlor. Daß sie unter sich auch nicht eben eines collegialischen Verhaltens sich beflissen, kam hinzu um ihnen in der Meinung der Welt zu schaden. So wenig auch Jean aus Condé von den drei Menestrels im Hofhalte König Noble's, dem Sohne des Affen Martin, dem des Katers Tybert und dem jungen Hunde, berichtet, das versäumt er doch nicht ausdrücklich hervorzuheben, daß sie sich gegenseitig nichts weniger als lieb hatten, vielmehr sich sehr oft in den Haaren lagen. Die Spielmannsdichtung zeigt denn auch Spuren genug der Gehässigkeit, mit welcher einer dem andern sich in den Weg stellte. Ohne Zweifel ist nicht immer das Leidenschaftlichste und Heftigste, was uns von Schmähungen eines Sängers auf den andern vorliegt, auch das am meisten ernst gemeinte. Vielmehr darf man annehmen, daß gerade solche Angriffe und Widerreden mehr persönlicher Natur, wie wir sie früher an einem Beispiel kennen gelernt haben, erst nach Verabredung der beiden Fechter und auf gemeinsame Rechnung ins Werk gesett, vielleicht auch ihrem ganzen Bestande nach von nur einem Dichter verfaßt wurden. Um so aufrichtiger waren die Invectiven gemeint, die sich unpersönlich gegen Berufsgenossen im Allgemeinen, aber die Anwesenden jedenfalls nicht ausgeschlossen, richteten, zumeist wohl gegen solche, die sich unterfangen hatten, die nämliche Sage zum Gegenstande epischen Gesanges zu wählen und denen man nun Fälschung des Ueberlieferten zur Last legte, dann etwa gegen solche, die mit vordringlichem Gebahren Anderen den verdienten Ertrag der Arbeit zu schmälern drohten und deren Frechheit man die eigene Verschämtheit eifrigst gegenüberstellte, oder gegen weniger geschickte Musikanten als z. B. Trommler und Dudelsackspieler, die besser auf dem Dorfe geblieben wären, statt seiner Leute Ohren zu betäuben und richtiger Künstler Geigen zu übertönen.

Es war nur gut, daß Anfeindung von außen die Standesgenossen zu festerem Zusammenhalten trieb. Solche Anfeindung ging zuvörderst von der Geistlichkeit aus, welche zum Theil an dem oftmals lockern Wandel der Spielleute Anstoß nahm oder doch in demselben einen Vorwand für Angriffe fand, die thatsächlich mehr durch die Verhöhnung des geistlichen Standes und

J neuen Reich. 1875. I.

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durch frivole Behandlung religiöser Dinge seitens der weltlichen Kunst veranlaßt waren. Wenn man gestützt auf eine Stelle eines Theologen des dreizehnten Jahrhunderts die Ansicht ausgesprochen hat, es sei von Seiten der Gesellschaft eine sorgfältige Unterscheidung vollzogen worden zwischen leichtsinnigen Possenreißern, Tänzern, Gautlern, Mimen einerseits und den dem römischen Alterthum noch nicht bekannten „würdigen, ernsthaften, sittenstrengen Sängern des nationalen Epos“ andererseits, die in den frömmsten Klöstern, bei Bischöfen und Königen gute Aufnahme gefunden und sich selbst als Träger einer wichtigen Sendung betrachtet (!) hätten, so giebt man jener Stelle zu große Bedeutung. Freilich hält der wohlmeinende Gewährsmann die verschiedenartigen Richtungen spielmännischer Kunst auseinander, billigt die eine und verdammt die andere, was wir ihm gar nicht verdenken; aber wenn er die Duldung der Sänger, welche von den Thaten der Fürsten und dem Leben der Heiligen fingen, an die Bedingung knüpft,,Si non faciunt talia“ d. h. wofern sie sich des Besuchs der Trinkgelage, des Vortrags unzüchtiger Lieder und dergl. enthalten, so sehn wir doch hieraus, daß es sich um eine thatsächlich noch lange nicht vollzogene, wohl aber von geistlichen Lehrern angestrebte Reform der Spielmannsthätigkeit handelte, die denn auch, so viel wir wissen, niemals durchgeführt worden, sondern an den Neigungen des weltlichen Publikums gescheitert ist. Mit vollem Rechte aber weist Jean aus Condé die Angriffe der Jacobiner und der Minoriten zurück, die in ihren Predigten gegen den gesammten Stand der Menestrels zu Felde zogen und Freigebigkeit gegen dieselben als Teufelsdienst bezeichneten; er erinnert an David, vor dessen Saitenspiel der Teufel aus König Saul gewichen sei, an die Psalmenstelle, wo eine große Zahl Instrumente namhaft gemacht werde, mit deren Klang man Gott preisen könne, an die Frrsinnigen, die in der Sanct Acharius Kirche in Haspre festgebunden seien und Geigenklang mit größtem Widerstreben hören, was ein deutlicher Beweis sei, daß der Böse von der Kunst der Töne nichts wissen wolle, und erwähnt mit begreiflichem Selbstgefühl der wunderthätigen Kerze von Arras, die von der Mutter Gottes zweien Spielleuten übergeben worden sei und von den Spielleuten immer noch mit geziemender Sorgfalt gehütet werde. Aehnliche Gunstbeweise hatte auch anderwärts die heilige Jungfrau Musikanten gegeben, den frommen Harfner von Rochester, den ein Windstoß von der Brücke geweht hatte, über Wasser gehalten, bis ihn die Wellen ans Ufer trugen, so daß er schon unterwegs ihr zu Dank und Preise die Saiten schlagen fonnte, dem braven Springer, den wir früher kennen gelernt haben, die heiße Stirn gefühlt; einem dritten Verehrer aus dem Fiedlerstande, der an einem berühmten Wallfahrtsorte vor ihrem Altar so schön gespielt hatte, daß nach des alten Erzählers Ausdruck seine Fiedel sprechen zu wollen schien, und der fie, wie es denn Menestrel

brauch war, die Kunst nach Brod gehn zu lassen, um eine der vielen Altarkerzen bat, hatte sie eine gar schöne auf seine Geige heruntersteigen heißen. Doch scheint es nicht, als ob die geistlichen Erzähler dieser Wunder darum dem Musikantenstande größere Gunst zugewandt hätten; eher scheint die Tendenz der Berichterstatter dahin zu gehn zu zeigen, wie auch dem gering geachteten Spielmanne die Huld der Himmelskönigin kostbaren Lohn nicht versage, wenn er ihr aus aufrichtigem Sinne liebende Verehrung zolle. Gewiß ist, daß der funstreiche Dichter des letzten der drei Wunder, der Prior und höchst fruchtbare Legendendichter Gautier aus Coinsy -die weniger gewandten Erzähler der beiden anderen sind uns unbekannt den Spielleuten feineswegs freundlich gesinnt ist. Er spricht unverhohlen seinen Aerger darüber aus, daß Fürsten, Ritter und andere vornehme Leute lieber tolle Possen, weltliche Weisen, erdichtete Mähren als Lebensgeschichten der Heiligen hören, eher dem Spielmanne glauben, der ihnen von Renouart mit dem großen Balken singt, als dem Kanzelredner, der die Wunder Gottes verkündet, und sich lange Romane, aber kurze Predigten ausbitten, und daß selbst Geistliche, statt der heiligen Jungfrau Lob zu singen, Liebeslieder an Mariechen, Tiberjon und Emmelot über die Lippen bringen, oder Jhengrim und sein Weib in ihre Schlafstuben malen lassen, statt auf würdigen Bilderschmuck für ihre Kirchen bedacht zu jein. Er für sein Theil verwahrt sich des Entschiedensten dagegen, daß man ihn zu den Menestrels rechne; auch Dichter, Trouveor, will er ja nur sein, wo es das Lob der Jungfrau gilt, von den Menestrels aber scheidet ihn, daß er nicht um Ruhm, noch um Gewänder oder sonst irdisch Gut, sondern einzig um die Liebe der Frau singt, die ihres gleichen nicht auf Erden, nicht im Himmel hat. Es war denn wohl auch der Weg, der noch am ehesten zum gewünschten Ziele führen mochte, wenn man wie Gautier und so viele andere seines Standes statt bloß gegen leichtfertige Dichtung zu eisern, sich in einen Wettkampf mit der Kunst der Laien einließ, zur Sprache des Volkes griff, die poetische Technik der Weltlichen sich aneignete oder gar überbot und der Sangeslust, die auch in den Klöstern sich nicht ertödten ließ, durch geistliche Umdichtung der Volkslieder entgegen kam. Auch den fahrenden Sängern geistlichen Standes und gelehrter Bildung, die ihren gereimten lateinischen Gesang, die Vagantenpoesie, von einem geistlichen Hofe, von einem lebenslustigen Kloster zum anderen trugen, legten gebieterische Verhältnisse mehr und mehr die Nothwendigkeit auf, entweder sich den im Grunde auch von ihnen über die Achsel angesehenen Spielleuten anzunähern oder aber sich aufzugeben. Wenn ein strengeres Kirchenregiment ihrem leichtfertigen Treiben entgegen trat und dem wohl immer noch vorhandenen Wohlgefallen an ihrer übermüthigen Kunst untersagte hervorzutreten und sich durch die That zu erweisen, so blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich an ein minder ängstliches Publicum zu wenden und

sich dessen Sprache zu bequemen, d. h. Menestrels zu werden oder aber der fahrenden Dichterei gänzlich zu entsagen. Daß nicht wenige Ersteres wählten, ist unverkennbar und hat der französischen Literatur manches eigenartige Stüd eingetragen, das wir um keinen Preis missen möchten. Kommt Einen nicht die Lust an, den munteren Scherz,,die Büchervertheilung“ in das Latein der Carmina Burana zu übersehen? Wehmüthige Blicke wirft der Dichter der nicht kleinen Bibliothek nach, die einst sein war, und die er jetzt sammt Rock und Mantel zerstreut weiß über ganz Frankreich. Da ist keine Stadt, wo er nicht etwas zurückgelassen hat: sein Meßbuch ist in Salins vertrunken; seine Antiphonen liegen in Montpellier beim Gewürzhändler; sein Statins und sein Virgil sind in Abbeville beim Würfelspiel verloren; in Orleans ist der Donat, in Amiens der kleinere Cato geblieben, u. s. w. Wie soll all der Schaden gut gemacht werden, wenn nicht milde Hände das Nöthige zusammenlegen? Die freundlichen Geber dürfen sich denn auch darauf verlassen, daß ins Kloster zurückgekehrt, er um die Vergebung ihrer Sünden wird beten lassen.

Wie aber auch geistlicher Eifer und Gelehrtenhochmuth sich zu den Spielleuten gestellt haben mag, wir verzeihen ihnen gern, was sie gesündigt haben, und denken lieber daran, daß Großes durch sie geschehen ist, daß durch sie das Beste, was ihre Zeit hier oder dort im Lande an Poesie und Musik werden sah, zum Besize des gesammten Volkes wurde; wir denken der Erhebung, die sie Unzähligen brachten aus kleinlichen Gedanken und niederhaltender Sorge um persönliches Gedeihen zu den Höhen, von wo angesehen die Welt je nach des Dichters Belieben bald die lächerliche Bedeutungslosigkeit mensc licher Convenienzen und auf eiteln Schein gerichteten Strebens herauskehrt, bald den furchtbaren Ernst alles Menschenlooses dem Auge offenbart, bald als ein Kampfplatz erscheint, in welchem dem eigenen Volke gewaltiges Ringen auferlegt, aber auch ein ruhmvoller Sieg sicher ist. Wenn ein Theil ihrer Nachkommenschaft es heute nicht weiter gebracht hat als zu den Triumphen und dem dankbaren Lachen des Cirkus, ein anderer zu der nicht von Allen geschäßten Vocal- und Instrumental-Musik vor Küchenfenstern und auf Jahrmärkten, so erinnern uns diese Räume, daß eine glücklichere Linie ihrer Descendenz Aufgaben sich stellt und um Kränze wirbt, deren hohe Bedeutung auch die Besten des Volkes willig anerkennen; uns entgeht auch nicht der Faden, der von den alten Spielleuten zu den heutigen Bühnenkünstlern herüberleitet, auf deren Tüchtigkeit wiederum jedes gebildete Volk stolz ist oder doch gern stolz sein möchte. Und noch nach einer ferneren Seite hin nimmt der sorgfältige Beobachter einen genealogischen Zusammenhang wahr: Hätten wir nicht, wie es das zu Gebote stehende Maß von Zeit rathsam erscheinen ließ, die altprovenzalischen Spielleute ganz von der Betrachtung ausgeschlossen,

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