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allen Umständen kein billiger Vergleich genannt werden kann, spreche ich mur den Wunsch aus, daß es unseren Abgeordneten im Landtage gelingen möge, auf einer annehmbareren Basis eine Angelegenheit zum endlichen Austrage zu bringen, die zum größten Nachtheile aller Betheiligten sich schon Jahre hindurch unerledigt hinschleppt und, so wenig diese reine Ziffernfrage auch dazu angethan ist, von den Gegnern Schleswig-Holsteins dazu venugt wird, unsere engeren Landsleute des ungerechtfertigten Eigensinns zu beschuldigen.

Einstweilen treten jedoch alle politischen Differenzen vor einem Werke der Nächstenliebe, Bazar zum Besten eines in Altona erbauten und würdig auszustattenden Diaconissenhauses zurück. Diesem Liebeswerke, dem nicht nur das ganze Land, sondern auch unsere sich durch Wohlthätigkeitssinn auszeichnende Nachbarstadt Hamburg eine ungetheilte Sympathie zuwendet und für welches seine Gönner bis in die höchsten Kreise Freunde zu wecken gewußt haben, erhebt uns für einige Zeit aus dem Getümmel der Parteileidenschaft auf ein allen Parteien neutrales Gebiet, der Fürsorge für unsere nothleidenden Mitmenschen, denen die mangelnde Pflege in Krankheitsfällen die Armuth als eine doppelt schwere Bürde erscheinen läßt, die das heute inaugurirte Liebeswerk zu erleichtern bestimmt ist.

Aus Berlin. Vom Reichskanzler. Die päpstliche Bulle. Aus dem Abgeordnetenhause. Die politische Physiognomie der vergangenen Woche war wieder einmal von den Gerüchten der Reichskanzlerkrisis beherrscht, und noch haben sich diese schwarzen Wolken keineswegs zerstreut. Fürst Bismarck ist müde und man hat ein Recht es zu sein, wenn man gearbeitet hat wie er. In seiner Müdigkeit aber empfindet er die bekannten „Frictionen“ doppelt schwer. Diese Frictionen“ sind eine Bereicherung der politischen Terminologie, über deren eigentliches Wesen die größten Staatsgelehrten sich nicht klar sind. Man definirt dieselben am besten als die einem überlegenen Geiste und herrschgewohnten Willen im Wege stehenden Schwierigkeiten und Hindernisse. Ob aber die hauptsächlichen Quellen dieser leßteren mehr in gewissen höfischen Einflüssen oder in Reibereien und widerstreitenden Tendenzen im Ministerrathe, oder in der Thatsache zu suchen sind, daß die Majorität der Volksvertretung von Zeit zu Zeit das Bedürfniß hat, ihre Unabhängigkeit durch ein dem leitenden Staatsmanne unliebsames demonstratives Votum zu beweisen: darüber sind selbst die Eingeweihten nicht einig. Es wird vermuthlich Alles das zusammenkommen, um den nervös erregten Mann zu dem wohlbegreiflichen Entschlusse zu bestimmen, sich dieser ganzen Last auf einmal zu entschlagen und auf seine alten Tage die verdiente Ruhe und das ersehnte otium cum dignitate zu genießen.

Allein so begreiflich ein solcher Entschluß ist, tief schmerzhaft würde er

von der Nation empfunden werden. Die reichstreuen Blätter, welche diese Eventualität besprachen, bewiesen sämmtlich, daß der Rücktritt des Fürsten Bismarck geradezu eine Unmöglichkeit ist, so lange die Leibeskraft nicht völlig den Dienst versagt. Wer in aller Welt soll im gegenwärtigen Augenblicke Reichskanzler werden? Journalisten von besonders intensivem Scharfblicke wagen sich allerdings bereits mit bestimmten Persönlichkeiten, als zur Nachfolgerschaft berufen, hervor. Wir hören den Fürsten Hohenlohe, den Herrn von Bennigsen und etliche andere nennen, sicherlich Namen vom besten ehrenhaftesten Klange, aber das Werk eines Bismarck würden wir sie doch nur mit schweren Besorgnissen und Bedenken übernehmen sehen. Die landläufige Erwägung ist nun die: Ließe sich nicht ein „Modus“ finden, welcher dem Fürsten eine Stellung anwiese, worin er von den aufreibenden Schwierigkeiten seines Amtes und den beständigen „Frictionen“ befreit wäre, ohne doch die allgemeine Leitung der deutschen Dinge, die oberste Direction aus der Hand zu geben? Es wird eben nur nicht ganz leicht sein, diesen „Modus“ zu finden, und der tröstliche Vorschlag bleibt, so lange er nicht greifbarere Formen annimmt, eine ziemlich nichtige Phrase. Gebe Gott, daß sie sich bald mit etwas positiverem Inhalte füllt und daß Fürst Bismarck wieder Kraft und Freudigkeit zur Fortsetzung seiner großen Mission findet! Wer eine solche Höhe menschlichen Wirkens erflommen, der kann sich nicht, wie ein gewöhnlicher Beamter, wenn er das pensionsfähige Alter erreicht hat, unter Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste“ in den Ruhestand begeben. Das ist eine Naturwahrheit von recht banalem Werthe, aber von so eiserner Nothwendigkeit, daß sie uns in den trübsten Stunden der Reichskanzlerkrisis“ tröstet. Dieser Schlußrefrain sämmtlicher publicistischer Erörterungen über den Gegenstand mag dem Fürsten ein Zeugniß sein, mit welchem Schmerz und welcher Besorgniß die Nation den Ausbau seines Werkes anderen Händen anvertraut sehen würde.

Auch sonst war die vergangene Woche reich an politischem Interesse. Der Kirchenconflict hat wieder einmal zu Eruptionen geführt, die ich in meiner Wochenchronik nicht übergehen darf. Roma locuta est: der heilige Bater hat abermals ein Brieflein geschrieben, welches in dem anmaßenden Tone sich ergeht, den wir als „berechtigte Eigenthümlichkeit des Curialstils“ nachgerade gewohnt sind. Die sündhaften Maigesetze sind null und nichtig, erklärt der Redegreis im Vaticane, sie sind eine schnöde Gewaltthat, ein verdammlicher Rechtsbruch, nicht für freie Männer, sondern für stumme Sclaven geeignet, und was dergleichen sinnige Aussprüche mehr sind. Leider, so läßt der heilige Vater im Vorübergehen einfließen, sind die guten Söhne der Kirche nicht in der Lage, sich gegen die übermächtige Gewalt zu wehren, und so werden sie einstweilen noch fortfahren müssen, dem König Abgaben zu entrichten

und Dienste zu leisten; aber dreimal verflucht ist, wer zur Ausführung solcher Geseze die Hand bietet. Wenn wir die curiale Salbung dieses Actenstückes in ehrliches Deutsch übersetzen, so kommen wir wieder auf den berühmt gewordenen Ausspruch jenes Nuntius, daß der Kirche allein noch die Revolution helfen könne, ein Gedanke, der nachgerade von der höchsten Stelle bis herab zum gewöhnlichen heßenden Caplan und Zeitungsschreiber mehr oder weniger verbrämt in allen Tonarten gepredigt wird.

Auch im Abgeordnetenhause haben wir wieder eine ultramontane Debatte hinter uns. Doch hat Eifer und Kraft im Centrum merklich nachgelassen. Es handelte sich um das Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens, bei welcher in Zukunft den Gemeinden eine gewisse Mitwirkung gesichert und so dem Mißbrauch und der Entfremdung kirchlicher Gelder eine Schranke gesetzt werden soll. Wie darin eine Benachtheiligung der Kirche und ihres Vermögens liegt, kann nur ein ultramontaner Verstand einsehen. Und daß ein solches Gesetz keineswegs einer müßigen Laune entsprang, sondern einem sehr fühlbaren Nothstand abzuhelfen beabsichtigt, das ging zur Evidenz aus den Worten des Cultusministers hervor. Herr Falk hat eine ungemein scharfe, schlagende, selbst schroffe Art zu sprechen und seine wuchtigen Hiebe verfehlen nie ihr Ziel. Was er da aus den amtlichen Ermittelungen der commissarischen Verwaltung in Posen berichtete, von ungebuchten Ueberschüssen, deren Ursprung kein Mensch kannte, von ebenso räthselhaften Defecten und von offenbaren Betrügereien und Unterschlagungen, die sich mit stillschweigendem Wissen, fast mit Billigung der firchlichen Vorgesetzten vollzogen, das zeugte von einer wahrhaft unerhörten und beispiellosen Mißwirthschaft mit öffentlichen Geldern und machte einen gewaltigen Eindruck auf allen Seiten des Hauses. Mit Recht bemerkte ein Blatt, man glaube bei Anhörung solcher Dinge den Verwaltungsbericht einer bankrotten verkommenen Gründergesellschaft vor sich zu haben.

Und was hatten die Redner des Centrums diesen niederdrückenden Enthüllungen entgegenzusehen? Kecke Bemängelungen der Richtigkeit der amtlichen Ermittelungen oder den frivolen Scherz, es stelle sich auch einmal in einer Staatscaffe ein Manco heraus oder es gehe ein Beamter mit Staatsgeld durch, und doch räume man nicht etwa den Bischöfen eine Mitwirkung bei der Verwaltung ein. Herr von Schorlemer - Alst, aus einem jener westfälischen Adelsgeschlechter, die der Kirche von jeher die treuesten Söhne und Töchter geschenkt, war es, der die Wucht der Faltschen Mittheilungen durch solche nichtswürdige Einwendungen zu entkräften suchte. Er ist überhaupt jezt, wenn nicht der bedeutendste, so doch der vorlauteste Redner des Centrums; er sollte der geistige Nachfolger Mallinckrodts werden, allein seine kecke schmähsüchtige Redeweise und seine leidenschaftliche Heftigkeit vermögen die tiefe Ueber

zengungstreue, die flammende Beredtsamkeit und die umfassenden Kenntnisse jenes wirklich hervorragenden Mannes nicht zu ersetzen. Es geht bergab mit dieser Partei, wenigstens im parlamentarischen Leben. Selbst Windthorsts scharfe und beißende Reden wollen nicht mehr recht verfangen, und die Reichensperger scheinen des nutlosen Kampfes auch allmählich müde zu werden. Den beiden Redacteuren der „Germania“, Majunke und dem Karlistenpilger und -schwärmer Kremer, scheint die Rede nicht so zu Gebote zu stehen wie die Feder, und die übrigen sechzig oder siebzig Mitglieder des Centrums sind Ehrenmänner vom dunkelsten Dunkel.

Die bedeutsamen Vorgänge auf politischem Gebiete haben diesmal meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen und ich muß diejenigen geehrten Leser, die auf Neuigkeiten aus dem Leben und der Gesellschaft der Residenz gespannt sind, um Entschuldigung bitten, wenn sie ihre Rechnung nicht gefunden haben. Ich würde auch wenig zu erzählen gehabt haben. Die Fastenzeit äußert allenthalben ihren ernüchternden und ermattenden Einfluß. Auf den Theatern herrscht vollständige Ebbe und die hundertmal gegebenen Stücke werden zum hundertunderstenmal vorgeführt. Man rüstet sich auf allen Bühnen für künftige Herrlichkeiten, welche die zu Ende gehende Wintersaison würdig und glänzend abschließen sollen. Hoffentlich werde ich Ihnen bald etwas Neues und Gutes auf diesem Felde zu berichten haben.

C.

Literatu r.

Deutsch ungarische Bestrebungen.

Wenn man von der Bedrängniß der Deutschen in Ungarn in den Zeitungen liest, und weiß, daß ihnen die Magyaren den freilich immer noch sehr problematischen Grad der heutigen Cultur des Landes zu danken haben, so wird man zunächst zu politischen und volkswirthschaftlichen Betrachtungen angeregt. Man erinnert sich dann, daß nicht die Magyaren es waren, welche das Abendland gegen die Ueberschwemmung mit türkischen Barbarenhorden schüßten, sondern daß es umgekehrt die Deutschen gewesen, welche die Türkenmacht an den Mauern Wiens zerschellen ließen. Weiter erinnert man sich wohl, daß deutsche Ansiedler in Nord- und Südungarn und vor Allem in Siebenbürgen den Handel gepflegt und das Gewerbe zu Ehren gebracht, als noch der Ungar thöricht genug war, nur auf seinen Edelmannscharakter Werth zu legen und sich auf den Vorzug etwas zugute zu thun, keine Steuern zahlen zu müssen. Woran man sich aber schwerlich oder nur ausnahmsweise erinnern wird, weil man sich denn doch nicht genug

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mit der Entwickelung des Deutschthums;im Ungarlande bekannt gemacht, ist, daß dasselbe auch deutsche Dichter und Männer der Wissenschaft birgt, welchen die deutsche Literatur sehr werthvolle Bereicherungen verdankt. Wir denken hier nicht an gelehrte Reisende, wie Bamberger, der seinen deutschen Namen in Vámbéry verkehrte, und an andere Leute seines Schlages, sondern nur an solche, von denen wir wissen, daß sie Werth darauf legen, deutsche Schriftsteller zu sein. Obenan steht uns hierbei der Superintendent der evangelischen Kirche augsburgischer Confession in Hermannstadt, Dr. Teutsch), mit seiner vor Kurzem in zweiter Auflage erschienenen „Geschichte der Siebenbürger Sachsen.“ Bietet sie doch ein höchst merkwürdiges Ge jammtbild der Entwickelung politischer und socialer Zustände in Siebenbürgen und einen Beitrag zu derselben in Ungarn überhaupt. Die Sprache des Buches wird auf jeden Freund deutscher Bestrebungen im Auslande fesselnd einwirken und zur Erwerbung desselben für engere und weitere Kreise aneifern. Und wie nun Dr. Teutsch als Geschichtsschreiber aller Aufmerksamkeit werth ist, so die deutsch- ungarische Dichterin, welche unter dem Namen „Mariam Tenger" die fesselndsten Erzählungen über deutsches Leben in Ungarn und Verwandtes schreibt. Ihre im Verlage der „Bohemia“ zu Prag erscheinenden Erzählungen und Romane: „Die kleine Weberin", Esther Zinatar“, „der lezte Capy“ und der eben jetzt erschienene „Drei Cassetten“, stehen unter einander in losem Zusammenhange, aber es ist nicht nöthig, sie just alle zu lesen, um den einzelnen Interesse abzugewinnen. Die „Drei Cassetten“ sind ein Roman von vier Bänden spannenden Inhalts und mit einer Frische geschrieben, wie wenig andere neuere Romane. Die vorgeführten Gestalten aus allen Volksgeschichten sind mit ausgezeichneter Naturwahrheit geschildert, der Wiener Goldschmied ebenso, wie Kaiser Nikolaus, aus dessen Leben eine bemerkenswerthe Episode mitgetheilt wird. Was den Roman aus zeichnet, ist die Tendenz, veredelnd auf die Frauen zu wirken, die ihm innewohnt, und wir meinen, schon darum sollte man ihn im deutschen Baterlande willkommen heißen. Wohl verdienen auch andere deutsch- ungarische Schriftsteller, daß man auf ihre Thätigkeit aufmerksam mache, aber wir hoffen, daß die hiermit gegebene Anregung unter uns fruchtbringend genug einwirken werde, ihrer Thätigkeit nachzuspüren.

B3.

Verantwortlicher Redacteur: Konrad Reichard in Leipzig.

Ausgegeben: 25. Februar 1875.

Verlag von . Hirzel in Leipzig.

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