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geblieben, und das Standesgefühl führte der lezteren ganz natürlich alle Offiziere zu, welche über die republikanischen Bemühungen sich empörten, das Heer ganz aufzuheben oder durch Zerstörung der Mannszucht seiner wahren Aufgabe zu entfremden. Heute kann es als feststehende Thatsache ausgesprochen werden, daß das ganze Heer sich um den Prinzen von Asturien schaaren würde, sobald Serrano hierzu das Zeichen geben möchte. Dieser jedoch, obgleich er im Innern wohl selbst die Restauration für unvermeidlich, vielleicht sogar für wünschenswerth hält, will um keinen Preis dieselbe auf die Spitze des Degens stellen. Nicht dem Heere, der Nation allein soll es zustehen, den neuen Monarchen herbeizuführen.

Was nun die Nation selbst betrifft, so darf man den Ausdruck ihres Willens gewiß nicht in jenen Parteiblättern suchen, die mit den Schlagwörtern von 1868 ein unbedingtes Verdammungsurtheil über die „unreine Rasse der Bourbonen“ aussprechen. Die spanische Nation ist nach den furchtbaren Erschütterungen und Enttäuschungen der letzten sechs Jahre so ermattet, daß sie sich kaum lange gegen eine Lösung sperren wird, die ihr auf die Dauer Ruhe und Ordnung verbürgen könnte. Auf gewisse Errungenschaften der Septemberrevolution freilich, auf allgemeines Stimmrecht und auf Glaubensfreiheit, wird sie nicht mehr verzichten wollen; und sie wird überhaupt, wenigstens in ihrem lebenskräftigen Theile, darauf bestehen, daß die Restauration nicht die Reaction, nicht rachsüchtige Verfolgung derjenigen bedeute, welche Jsabel II. gestürzt haben. Nur unter dieser Bedingung steht zu erwarten, daß die Propaganda für Don Alfonso von den Spizen der Gesellschaft auch in das eigentliche Volk herabsteigen und daß gemäßigtere Republikaner und Demokraten sich für die Idee gewinnen lassen werden, mit Don Alfonso den Versuch einer wirklich verfassungsmäßigen Monarchie zu erneuern, der unter seiner Mutter so kläglich gescheitert war.

Die Seele dieser Propaganda ist Cánovas del Castillo, der frühere Minister Jsabels II., der zuerst in den constituirenden Cortes von 1869 gewagt hatte, vor gewissen Ueberstürzungen der Revolution zu warnen und als die natürlichste Lösung der Thronfrage die Berufung des Prinzen von Asturien zu empfehlen. Cánovas del Castillo kann als Urheber jener mit staatsmännischer Berechnung verfaßten Adresse gelten, in welcher die Granden Spaniens dem Prinzen zu seinem 18. Geburtstage Glück wünschten. Chne dem Andenken Isabels II. irgend zu nahe zu treten, ist hier sehr wirksam hervorgehoben, daß Don Alfonso fern von den Einflüssen, die seine Mutter zu Grunde gerichtet, in Frankreich, Oesterreich, England unter den freiheitlichen Einrichtungen moderner Staaten zum Manne heranreift, der einst das Glück seines Vaterlandes werde begründen können. Und wenn Alfonso in seinem Manifest vom 1. December hierauf antwortet, er sehe nur in einer

liberalen constitutionellen Monarchie das Heil für Spanien, so ist auch sein Rathgeber wieder nur Cánovas del Castillo gewesen.

Der Prinz folgte einem unzweifelhaft guten Rathe, indem er nicht soviel darauf Gewicht legt, daß er durch Geburt der einzige Vertreter des monarchischen Rechtes in Spanien ist, als darauf, daß nur er als der berufene Vertreter der in Spanien seit 1812 eingebürgerten RepräsentativMonarchie mit dem freien Volke sich in loyaler Weise verständigen könne. Nichts ohne die Vertretung des Volkes, Alles nur durch den Willen des Volkes, und Alles nur in Uebereinstimmung mit den Ansprüchen des neunzehnten Jahrhunderts: dies ist die Losung, mit welcher Don Alfonso vor seine Nation tritt, ob ihn diese nun als ihren Retter aus der Anarchie berufen werde oder nicht.

Adresse und Manifest sind übrigens sichere Anzeichen, daß man sich auf der einen wie auf der andern Seite vor Ueberstürzung hüten, daß man den Boden für die Restauration mit aller Vorsicht vorbereiten will. Diese Vorsicht ist doppelt nöthig, je weniger man sich in Spanien bis jetzt an den Gedanken gewöhnen konnte, der junge Bourbone vermöchte überhaupt die verhängnißvollen Traditionen seiner Familie und die Einflüsse abzuschütteln, die sich an ihn drängen, um ihn in ähnlicher Weise, wie einst seine Mutter, als Werkzeug zu benutzen. Und doch muß schließlich, zur Steuer der Wahrheit, gesagt werden, daß dieser Prinz, wenn auch äußerlich seiner Mutter ähnlich, doch in gar mancher Beziehung nicht „der Sohn seiner Mutter“ ist. Wir lernten denselben kennen, als er, zur Zufriedenheit seiner Lehrer, die öffentliche Prüfung im Wiener Theresianum bestand. Der junge Mann war nicht wenig stolz auf die Lobsprüche, die ihm ertheilt wurden, und zeigt großes Verlangen, sich noch auf anderen Gebieten, namentlich auch in der Rechtswissenschaft, diejenigen Kenntnisse anzueignen, die er für einen Fürsten der Gegenwart unentbehrlich glaubt. In einer mehrstündigen Unterhaltung, die er ebenso fließend in der deutschen und französischen, als in der spanischen Sprache führte, äußerte er sich sehr bescheiden über seine Hoffnungen und Pläne und verwarf entschieden den Gedanken, sich seinem Volke wider dessen Willen aufzudrängen. Er stand damals noch unter dem Eindrucke, den die Begeisterung der Wiener beim Jubiläum des Kaiser Franz Joseph auf ihn gemacht hatte, und pries es als das beneidenswertheste Loos eines Fürsten, die großen Ueberlieferungen der Vergangenheit mit dem gegenwärtigen Freiheitsbedürfniß der Bevölkerungen zu versöhnen und durch weise Mäßigung den Frieden zwischen den Parteien zu erhalten. Von seinem göttlichen Rechte wollte er nichts wissen; den Namen eines Bourbon erst wieder zu vollen Ehren zu bringen, dies sei seine höchste Aufgabe. Die nicht am wenigsten merkwürdige Aeußerung des Prinzen war, daß er den Republikaner Castelar

Im neuen Reich. 1875. I.

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wegen seiner Vaterlandsliebe und Talente vor anderen achte und sehnlich wünsche, solche Männer mit der constitutionellen Monarchie, wie sie ihm vorschwebe, zu versöhnen.

Nun, die Zukunft wird lehren, ob der Mann dem Bilde entspricht, das der Jüngling darstellt. Hoffen wir es für das vielgeprüfte Spanien, dessen gänzlicher Berfall wohl besiegelt wäre, wenn auch diese lette Lösung, der es jezt mit Naturnothwendigkeit entgegentreibt, die Errichtung einer liberalen constitutionellen Monarchie unter dem Sprößling seiner letzten Königin, fehlschlüge !

Der wahre Mas' Uniello.

Bon Woldemar Kaden.

,,Son io Mas' Aniello il misero pescirendolo di Amalfi, cui non bastavano tutte le fatiche del giorno per disfamarsi la sera!" P. de' Virgilii.

Ein kühner Held, ein Volksheiland erscheint er uns zumeist, jener rebellische Fischer aus Amalfi; ein hohes Ungewöhnliches, eine Edelthat sein Thun; sein jäher Tod der des Märtyrers einer guten Sache.

Die Romantik webte um ihn den träumerischen Schleier der Verklärung, unter dem tönenden Schalle üppiger Opernmusik schreitet er prahlerisch über die Scene; eine ideale Gestalt mit wallenden Locken, gehüllt in des antiken Amalfifischers farbenprächtiges Costüm: stellt ihn der Maler dar, und auch aus den ernsten Blättern der Geschichte blickt sein Gesicht meist mitleid- oder gar achtungheischend.

Der wahre Mas' Aniello jedoch ist ein ganz anderer Mensch. Er ist ein ächtes Mitglied einer alten Internationale, ein eingefleischter Communard, der lange vor dem wilden Zerstörungswerke der modernen Pariser Commune sein flammenloderndes „Krieg den Palästen und Friede den Hütten“ durch die Straßen schrie und ins Werk sette; eine ungeschulte, niedrige Menschensecle, die aus Rand und Band ging, indem sie gemeine Leidenschaften zu einer Größe ausbildete, daß sie unter dem Feuerbrande einer aufflammenden Stadt, unter dem wüsten Nebel aufsteigenden Blutdampfes dem geblendeten Auge fast großartig, hoch und hehr erscheinen mochten.

In dieses Menschen Antlig ist auch nicht ein idealer Zug zu lesen. Er ist bar aller Romantik, wie alles Edelmuthes, unbewußt dessen, wer er war und was er wollte. Blindlings ward er von dem blindzutappenden Schicksal oder von der zwingenden Gewalt der Umstände auf die königliche Bühne gehoben, wo er, der Pulcinell des Vorstadttheaters, eine Königsrolle kläglich und lächerlich abspielte, und kläglich ausgepfiffen, in die Nacht schmußiger Coulissen zurückversinkend, unseres ehrlichen Mitleids kein Theil hat.

Entkleidet den Fischerssohn seines bunten Theatercostüms, und euch bleibt unter den Händen, nicht ein psychologisches Räthsel (denn man versteht, daß der Ehrgeizige auch immer grausam ist, ebenso wie sich der Dummstolz vergebens gegen das Unglück bäumt), euch bleibt ein Mensch, wie ihr ihn hundertweise noch heutigen Tages an Neapels Strande, auf seinen Plätzen und Straßen, besonders des verrufenen Altneapels, antreffen könnt: ein Lazzarone mit schmußigen Händen und Füßen, mit ungewaschenem Gesicht, ein Mensch mit der Zunge eines Advocaten, doch nur sobald es sich um Brot und Wein, um landläufige Maccharoni und Früchte handelt denn der Bauch ist

sein Gott.

Ueber allem Anderen, über höheren Interessen lagert der dicke dumpfe Nebel der Ignoranz. Das Wort Vaterlandsliebe liegt seit Jahrhunderten verschimmelt im Grunde seiner Seele, und spricht man ihm davon, so schlägt er lachend auf seinen Magen, und lachend ruft er: „Das ist mein Vaterland!“

Wenn heute der Russe käme, oder der in allen Volksliedern lebende reiche Großtürke mit Broten, das Pfund zu drei, und mit Wein, die Caraffe zu zwei Soldi —— an Stelle eines Mas' Aniello von vor zweihundert Jahren würden jezt Hundert erstehen und Hunderttausende ihnen folgen und schreien, sinnlos und gierig:,,Viva, viva l'Imperatore! Viva il fedelissimo popolo! Viva il pane e muoja il mal governo!" Ja, das ist das niedrige Volk der Stadt Neapel, das gleiche damals wie jest.

Gedankenlos sah man die Herrscher kommen und gehen, gedankenlos die Castelle mit Kanonen armiren und neue Fahnen aufziehen. Das waren Theaterpofsen und andern Tags gabs gewöhnlich billiges Brod und bunte Brunkaufzüge. Panem et Circenses!

Gedankenlos ließ man die Wellen der Geschichte ans Ufer schlagen, wenn sie nur Austern und Meerfrüchte oder die Beute gestrandeter Schiffe auswarfen, so war Alles gut.

Der Gebildete litt, klagte, weinte, mußte bis auf den letzten BourbonenHerrn seinen Hals in die Schlinge stecken, seinen Kopf unter des Henkers Beil beugen - der Pöbel amüsirte sich.

Und nie ist ein Held oder Heiland aus seinem Schooße hervorgegangen. Im lastenden Joche bei guter Fütterung waren es Sklaven; wilde Bestien aber, sobald die duckende Hand einmal nachließ. Güte war ihm Schwäche, der gegenüber man sich Alles erlauben durfte. Das ist noch heute so beim gemeinen Stadtvolk: die dienenden Neapolitaner sind nur erträglich, wenn sie mit eiserner Strenge, ja mit Härte regiert werden, beim Gegentheil tritt sofort der schnöde Mißbrauch, höhnende Frechheit und übermüthige Herrschsucht heraus.

Feigheit ist ihre Haupttugend, und auch in Masse sind sie feig. Nie

erwarten sie Erfolg von irgend einer Handlung, nie von irgend welcher Gewaltthat. Fällt ihnen der aber durch Zufall aus den Wolken zwischen die Hände, so folgt dem Staunen alsbald der Uebermuth, diesem die Grausamkeit, und sie werden größere Tyrannen als die, welche im römischen Herrscherkleide wütheten, da sie sich gegenseitig selbst würgen. Das klingt durch Göthes Epigramm:

doch wer beschützte die Menge

Gegen die Menge? Da war Menge der Menge Tyrann."

Dieses Volkes Einer war Mas' Aniello. Kein Heiland, kein Erlöser seinem Volke, der sein Leben freiwillig hingegeben hätte für die Brüder. Er war auch kein Schwärmer (das sonnendurchleuchtete Neapel erzeugt deren nicht), denn der Schwärmer prägt noch „den Stempel des Geistes auf Lügen und Unsinn"; auch ein organisatorisches Talent war er nicht mit einem Worte, und um Gesagtes eindringlich zu wiederholen: er war das Urbild eines modernen Communard, eines ungebildeten corrumpirten Socialdemokraten, eines knüttelschwingenden Anhängers der Internationale, war der tolle volle Gastgeber einer großen Volksregie, die krystallisirte Quintessenz plebejischer Gemeinheit.

Durch alle solche Männner, durch Führer oder Gemeine, die sich aus dem verdrossen faulen, verbummelten Pöbel refrutiren, aus dem arbeitscheuen Lazzaroni- und Lumpenvolk der Nationen, das ohne Würde und Ehrgefühl nur in Genuß und Haß lebt, kann die große schöne Ordnung eines Staatswesens wohl auf Jahre hinaus empfindlich gestört werden, aber dauernde politische Bewegungen erzeugen sie nicht; die Zukunft eines Landes liegt nicht in ihren schmutzigen Händen. Wenn es lange dauert, so bilden sie wohl durch Ansteckung eine Secte, die immerhin nach Tausenden zählt, vielleicht Nach Hunderttausenden, die sich mit der Flasche in der Hand zu ruhiger Zeit Stoiker des Elendes nennen, die aber, weil sie den rohen Magen auf ihrer Fahne, die rohe Lust im Schilde führen, der sicheren Bestimmung der Menschheit entgegenstrebend, zu Grunde gehen müssen, wie Völker und Reiche zu Grunde gingen, die nur materielle Wohlfahrt cultivirten.

Man hat diesen napoletanischen Mas' Aniello mit Andreas Hofer in eine Reihe stellen, ihm gleiche Kränze weihen wollen. Welcher Irrthum! Dieser Napoletaner ist nicht werth, dem ehrwürdigen Tiroler die Schuhriemen zu lösen. Hofer kämpfte, rang mit seinen Treuen für den Begriff Baterland, für Recht und Treue, für ein ihm hohes bürgerliches Ideal, wenn auch immerhin einen Wahn - Mas' Aniello, von niedriger Rache getrieben, lehrt ein rachsüchtiges heimtückisches Volk, das damals wie heute noch nicht gelernt hat, dem Gemeinwohl ein Opfer, und sei es in wenigen Soldi, freudig darzubringen, das frech aller goldenen Rechte begehrt, aber den eisernen Pflichten

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