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Volkes befand. Daß diese persönlichen Eigenschaften des nordischen Herrschers ihm einen über die conventionelle Höflichkeit hinausgehenden freundlichen und herzlichen Empfang an unserem Hofe und im Volke verschafften, ist begreiflich.

Die Feierlichkeiten, die man hier fremden Fürsten vorzuführen pflegt, sind überwiegend militärischer Natur. Was könnte man auch Anziehenderes und Imposanteres zeigen, als unsere prächtigen Garderegimenter, welche die kunstvollsten kriegerischen Exercitien mit unübertrefflicher Leichtigkeit und Präcision ausführen? Es ist kein Wunder, daß diese außerordentliche Zucht, Ordnung und Uebung die höchste Anerkennung aller fremden Militärs findet. Bis in welche Ferne sich Deutschland des Ruhmes erfreut, die erste Waffenmacht der Welt zu sein, das beweist die Thatsache, daß nicht nur der Sohn des Vicekönigs von Aegyppten, sondern sogar ein naher Verwandter des Kaisers von Japan gegenwärtig bei Berliner Regimentern Dienste thun. Giebt es eine glänzendere Anerkennung unserer kriegerischen Erfolge?

Mit der Abreise des schwedischen Königs, dessen Aeußeres übrigens keineswegs den nordischen Typus trägt, dessen braune Gesichtsfarbe und schwarze Haare vielmehr deutlich die südliche Abstammung verrathen, wird es an unserem Hofe still werden: Die Kaiserin ist schon längere Zeit abwesend und in den nächsten Tagen rüstet sich auch der Kaiser zur Abreise; das officielle Berlin schüttelt dann überhaupt, so weit es geht, den Staub der Residenz von den Füßen.

Diesem Beispiele kann jedoch fürs Erste der Landtag noch nicht folgen. Noch immer sißen die Herren“ und die Abgeordneten und arbeiten im Schweiße ihres Angesichts. Und gerade in den letzten Tagen find parlamenrische Ereignisse eingetreten, welche in vielen Gemüthern die schwere Besorgniß erzeugt haben, die ganze Thätigkeit eines Vierteljahres sei nutz- und zwecklos gewesen. Sie wissen, daß der Schwerpunkt der in dieser Session dem Landtag vorgelegten gesetzgeberischen Arbeiten in der Provinzialordnung ruht. Das Abgeordnetenhaus hatte dieses Gesetz, welches die mit der Kreisordnung be begonnene Selbstverwaltung nach Oben hin um ein gutes Stück weiter führt, durchgängig im Einverständniß mit der Regierung in langer eingehender Berathung festgestellt, und nun kommt das Herrenhaus und bringt wieder einmal die traurigste Stockung in die parlamentarische Maschine, der Minister des Innern, Graf Eulenburg aber, dessen wechselnde Taktik kein Mensch ergründen kann, spricht sich sehr anerkennend über die im Herrenhause aufgetauchten neuen Vorschläge aus und ermuthigt gewissermaßen selbst den Widerstand, anstatt das ganze Gewicht seines Amtes und seiner Persönlichkeit für die Annahme des bis zu diesem Stadium glücklich vereinbarten Gesetzes in die Wagschale zu legen.

So hat denn das Herrenhaus eine Anzahl von Beschlüssen gefaßt, die für das andere Haus absolut unannehmbar sind. Der Streit dreht sich hauptsächlich um folgenden Punkt: den neuen Verwaltungskörpern der Provinzen sind neben den wirthschaftlichen Aufgaben, der Fürsorge für Krankenund Wohlthätigkeitsanstalten, für den Chausseebau und dergleichen eine Reihe wichtiger staatlicher Functionen, „allgemeine Landesangelegenheiten“ übertragen, welche bisher rein bureaukratisch von den Oberpräsidien und Bezirksregierungen ausgeübt wurden; namentlich gehört dahin die Aufsicht über die Kreise und Städte. Nach der Meinung des Abgeordnetenhauses und der ursprünglichen Regierungsvorlage sollten diese beiden Zweige der Thätigkeit von demselben Organ, dem Provinzialausschuß, besorgt werden, der sonach zugleich als staatliche und communale Behörde fungirte und seine doppelte Natur nur durch den wechselnden Vorsitz des Oberpräsidenten und des Landesdirectors kundgab. Daran nahm nun das Herrenhaus Anstoß und setzte für die „allgemeinen Landesangelegenheiten“ an Stelle des Provinzialausschusses eine neue Behörde, den „Provinzialrath“, der aus drei berufsmäßigen Beamten und nur vier Delegirten des Ausschusses bestehen sollte, sonach die Bureaukratie auf Kosten des nur zur Ausstaffirung hinzugezogenen Laienelementes ungebührlich in den Vordergrund schob und die Selbstverwaltung im Wesentlichen auf die allernächsten materiellen Interessen beschränkte. Und nicht nur die feudale Seite des Herrenhauses stimmte für diese Beschlüsse, sondern auch die liberalen Mitarbeiter, namentlich die Bürgermeister, welche als Vertreter der großen Städte der ganzen Provinzialordnung kühl gegenüberstehen, da sie eine Unterdrückung der Städte durch die ländlichen Elemente, den Junker und den Bauer, befürchten zu müssen glauben.

Die Provinzialordnung in derart verkümmerter Gestalt kommt nun an das Abgeordnetenhaus zurück, und dieses ist in großer Verlegenheit und einer wirklich peinlichen Situation. Der nächste und von Vielen empfohlene Gedanke ist: Ablehnen. Allein es ist doch auch kein leichter Entschluß, das mühsame Werk monatelangen Fleißes preiszugeben, die ganze Verwaltungsreform und eine Reihe anderer Gesetze, welche das Bestehen der Provinzialordnung zur Vorausseßung haben, zu einem verderblichen Stillstand zu verurtheilen, vor dem Lande mit leeren Händen zu erscheinen und die liberale Partei mit dem Vorwurf unfruchtbaren Schaffens und Strebens zu beladen, ganz zu schweigen von den neunzehn Millionen, welche den Provinzen als Selbstverwaltungsfonds überwiesen werden sollten und nach der Meinung sachverständiger Männer schwerlich noch einmal von einem preußischen Finanzminister angeboten werden dürften. Diese Erwägungen ziehen den Abgeordneten schwer durch Kopf und Herz und haben bei einem großen Theil derselben die Neigung erzeugt, bis an die Grenze des Möglichen zu gehen, um

das Gesetz zu Stande zu bringen. Es existirt nun ein von dem Oberbürger meister Hobrecht von Berlin gestellter Vermittlungsantrag, welcher jenen Provinzialrath zwar beibehält, aber um je ein Mitglied das Laienelement darin verstärkt und das Beamtenthum vermindert, so daß der bureaukratische Charakter dieser Behörde wesentlich zurücktritt. Der Vorschlag ist allerdings vom Herrenhause abgelehnt worden, allein er wird möglicherweise im Abgeordnetenhause wieder aufgegriffen und dann auch von der Pairskammer als Compromiß zugestanden werden. Jedenfalls bildet er die einzig mögliche Basis, auf der eine Uebereinkunft geschlossen werden könnte. Ob die Dinge in der That diesen, verhältnißmäßig günstigen Verlauf nehmen, ist zur Stunde, wo wir schreiben, nicht mit Sicherheit zu sagen. Es wogt und gährt noch in der Volksvertretung und die Stimmung gegen das Herrenhaus, das sich als ewiges Bleigewicht an jede Reform hängt, und gegen die Regierung, der man nicht ohne Grund Mangel an Klarheit und Entschiedenheit vorwirst, ist eine keineswegs rosige. Hoffen wir, daß der parlamentarische Horizont sich bald wieder aufklärt und der große Ausgleicher der Gegensäße, der Compromiß, sich auch diesmal nicht verleugnet.

D.

Literatur.

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Von

Bom Büchertisch. Zur Geschichte der Brockenreisen. Gustav Heyse. 4. Aufl. (Aschersleben, Schnock.) Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, daß das vorliegende bescheidene Büchlein schon die vierte Auflage erlebt hat, um zuzugeben, daß der Brocken nicht zwar der höchste, doch der berühmteste und besuchteste ist unter den deutschen Bergen. Schon am Ende des sechszehnten Jahrhunderts botanisirte der berühmte Arzt Johannes Thalius an seinen Abhängen und einige Jahre darauf zeigte Heinrich Julius von Braunschweig seiner jungen Gemahlin, der dänischen Elisabeth, von seinem Gipfel einen Theil des ihr nun zugehörigen Landes. Dann ziehen ein Schulrector aus Ilsenburg; ein Gärtner, der nach seltenen Pflanzen sucht, herauf; im dreißigjährigen Krieg endlich eine Schaar Quedlinburger Gymnasiasten. Das sind die ersten bekannten Brockenbesucher. Daß indeß doch auch früh schon auf ein zahlreicheres Publicum gerechnet ward, beweist der Umstand, daß an einem guten Quell auf dem Gipfel an einer eisernen Stange sich durch eine Kette befestigt eine eiserne Kelle befand. Das war schon 1649 der Fall. Der Löffel ward natürlich bald gestohlen. Doch war der Besuch auch

im siebzehnten Jahrhundert noch ungemein beschwerlich und daher sehr schwach. Indeß findet sich schon eine gelehrte Reisebeschreibung in Hexametern vor, auch schrieb der berüchtigte abergläubische Johann Prätorius ein dickes Buch über den Brocken oder mehr noch über die Sagen, die von ihm gingen. Ewig zu beklagen ist, daß Otto von Guerike die von ihm beabsichtigte Besteigung nicht ausführte. Er wollte die Höhe des Berges barometrisch messen, aber dicht unter dem Gipfel zerbrach der Diener das unter einer Blechkapsel verschlossene Instrument. Im Jahre 1697 besuchte auch Peter der Große den Brocken. Sonst sind es noch einige jezt verschollene deutsche Fürsten, ein paar Aerzte und vor allen auch Schatgräber, von denen wir lesen. Hatten sich früher die Herzöge von Braunschweig um die Wege auf den Berg sehr verdient gemacht, so blieben im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts die eigentlichen Herren des Brockens, die Grafen von Stolberg, nicht hinter ihnen zurück. Die kleine Hütte, die seit 1736 errichtet war, ward seit 1743 durch ein Wirthshaus auf der Heinrichshöhe unterstüßt, im Jahre 1800 endlich ward auf dem Gipfel selbst ein größeres Haus erbaut. Die Besucher mehren sich, unter ihnen finden wir Albrecht von Haller; 1750 ward der Berg vom Grafen Schmettau zu Gradmessungen zuerst benußt. Hatten früher die Kiselacks die Felsblöcke des Gipfels mit ihren werthen Namen bemalt, so ward nun seit dem Jahre 1753 ein Fremdenbuch aufgelegt, das seitdem ohne Unterbrechung fortgeführt worden ist, wenn es auch nicht ganz erhalten blieb. Es ist bekanntlich im Auszug von dem Brockenwirth Nehse im Jahre 1850 Herausgegeben worden. Schon im Jahre 1779 finden wir 421 Besucher, heutzutage freilich durchschnittlich im Jahre 6000. Fast alle deutschen Fürsten nennt uns das Fremdenbuch; natürlich am zahlreichsten die Anhaltiner, auch der König von Westphalen übernachtete im Jahre 1811 auf dem Brocken. Gleim, Göckingk, Nicolai, Ebert, A. W. von Schlegel, Heine, Andersen, Coleridge treten auf, vor allen Goethe, der den Brocken dreimal erstiegen hat. Einmal auf der bekannten Harzreise 1777, am 10. December, nicht am 7., wie er selbst einmal irrthümlich annimmt in seinen Erläuterungen zur „Harzreise“. Zum zweiten Male war Goethe am 31. September 1783 auf dem Brocken. Das Buch zeigt seinen Namen J. W. v. Goethe F. v. Stein. v. Trebra, zum dritten Mal hier.“ Zum dritten Mal besuchte er den Berg am 4. September 1784. Er schrieb in das Fremdenbuch:

Quis coelum posset nisi coeli munere nosse,

Et reperire Deum, nisi qui pars ipse Deorum est?

Auch Leopold von Buch und Alexander von Humboldt gehören zu den Besuchern des Berges. Als Curiosum mag noch erwähnt sein, daß auf Uebungsmärschen auch Kanonen den Brockengipfel berührten, so eine braunschweigische Batterie von vier Sechspfündern im Jahre 1840. Der Transport

geschah ohne alle Schwierigkeit. Das interessante Büchlein, das auch eine Uebersicht der Brockenliteratur giebt, ist dem Touristen freundlichst empfohlen.

Jacob III. Markgraf zu Baden. Von Arthur Kleinschmidt (Frankfurt a. M., Winter). Markgraf Karl II. von Baden Durlach hatte die Reformation in seinem Lande eingeführt, durch schmeichlerische Jesuiten zum alten Glauben zurückgeführt, rottete sie sein Sohn Markgraf Jacob III wieder aus. Diese Verhältnisse bilden den Inhalt der fleißig gearbeiteten kleinen Schrift, die dem Andenken des ersten regierenden Convertiten in Deutschland gewidmet ist. Man sieht wiederum klar, wie die faule Friedensseligkeit der Protestanten, ihre Zerspaltung und Haltlosigkeit, der geschlossenen Macht der katholischen Kirche, dem Eifer ihrer begabten und rastlos thätigen Streiter nothwendig unterliegen mußte, wie jene gewaltige Machtentfaltung der Habsburger im ersten Viertel des siebzehnten Jahrhunderts vorbereitet ward, die wohl den alten Gedanken einer Universalmonarchie wieder aufnehmen konnte.

Löwenkämpfe von Nemea bis Golgatha. Von Paulus Cassel. (Berlin, Calvary.) — In wunderlicher und widerlicher Weise hat der Berfasser die schönen Sagen des classischen Alterthums mit der christlichen Ueberlieferung durch das Band mystisch-symbolischer Erklärung zusammenzuschweißen sich unterfangen. Für einen gefunden Sinn wird derartiges immer haarsträubend sein. Es liege eine ungemeine Poesie in den Legenden vom Christuslöwen, meint der Verfasser, „denn in ihm geht in Erfüllung, was die Griechen in ihrem Herakles ursprünglich gesucht. Er ist dazu gekommen, der Hydra auf das Haupt zu treten. Was Dionysos bezeichnet, ist in ihm wirklich vollendet. Das Sabazios findet in ihm die wahre Ruhe. Alle Löwenbändiger bis auf Orpheus vollenden in ihm. Kein Anderer als Er kann Leidenschaft und Tod bewältigen. Herakles überwand den Löwen und nahm das Fell, um selbst ein guter Löwe zu sein. Jesus überwand die Leiden des Kreuzes und das Kreuz ward seine Herrlichkeit. In diesem Zeichen liegt aller Sieg!" Dies nur zur Probe. Es würde derlei Machwerk nicht der Erwähnung werth sein, wenn nicht die Anmaßung, solche Dinge einem wissenschaftlichen Publicum anzubieten, eine öffentliche Rüge verdiente.

Hallbergers Illustrated Magazine. Conducted by Ferdinand Freiligrath (Stuttgart, E. Hallberger) bringt in dreiwöchentlichen eleganten Heften eine Auswahl der neuesten in englischen Zeitschriften erschienenen Romane, Novellen und Gedichte und ist für die Kenntniß der englischen Umgangssprache allen Lernenden sehr empfohlen.

Verantwortlicher Redacteur: Konrad Reichard in Leipzig.
Ausgegeben: 4. Juni 1875. Verlag von S. Hirzel in Leipzig.

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