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Unsterblichkeit zunächst aus seiner mütterlichen Wiege empfing, so sind dies Ideen, die zugleich das Heidenthum um diese Zeit aus sich selbst erzeugt hatte. Zumal die Unsterblichkeit der Seele darf man geradezu eine heidnische Idee nennen, und die Aufgabe der christlichen Entwickelung war es, diesen überkommenen Mythus aufzulösen und den geistigen Kern aus der Schale zu befreien, wie dies die moderne Philosophie gethan hat. Der Bruch zwischen Gott und der Welt, zwischen Geist und Materie, kommt erstmals in der platonischen Philosophie zum Vorschein. Die Aufklärung jener Tage bestand darin, daß sie über der hellenischen Götterwelt einen einzigen Gott anerkannte ; die Freidenker jenes Geschlechts glaubten an ein ewiges Leben und an eine Wiedervergeltung nach dem Tode. Dem Bewußtsein vom Sündenelend hat Seneca ergreifenden Ausdruck verliehen. Einer der jüngeren Stoiker hat das Wort ausgesprochen: „Alle sind Brüder, den Alle haben in gleicher Weise Gott zum Vater." Schrittweise hatte das Heidenthum der geistigen Gottesverehrung des Judenthums sich genähert. Und auf der Grenze zwischen Judenthum und Platonismus hatte der alexandrinische Jude Philo sein kühnes System aufgebaut, das den klaffenden Dualismus von Gott und Welt überwinden sollte durch die Lehre von einem Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Logos, des Vaters erstgeborenen Sohn, der Ebenbild Gottes, aber zugleich Urbild der Welt und insonderheit der Menschen ist. „Ohne positiven historischen Anstoß,“ sagt Hausrath,,,konnte die neue Weltanschauung nicht zu einer festen, befriedigenden religiösen Ueberzeugung gerinnen; war aber ein solcher gegeben, dann standen allerdings die Umrisse fest, in denen die in Fluß gebrachten Ueberzeugungen sich als neue Religion gestalten mußten. Das blasse Schema war da, das der religiöse Genius nur mit lebendigeren Farben auszumalen brauchte, um eine Weltanschauung zu bieten, die den Gebildeten und dem gemeinen Mann Genüge that."

Es verdient noch hervorgehoben zu werden, daß die Methode des Hausrathschen Werks auch auf die Evangelienfrage, überhaupt auf die urchristliche Literatur neue Lichter zurückwirft. Wie wir die allmähliche Ausbildung des Christenthums in den zwei ersten Jahrhunderten verfolgen können, so auch die Literatur, die sich aus der jungen Gemeinde entwickelte. Vom Galaterbrief an, den Paulus im Jahre 53 schrieb, und von jenen ersten Apokalypsen, die nach den Schrecknissen der neronischen Zeit im Jahre 68 geschrieben sind, bis zu dem Logosevangelium, das der hadrianischen Zeit angehört, finden wir alle Schriften des neutestamentlichen Kanons eingereiht in den geschichtlichen Zusammenhang; eben damit ist ihnen die Zeit angewiesen, in der sie entstanden sind. Dieses Verfahren ist sozusagen die Probe der neutestamentlichen Kritik. Ueberall hat die Kritik vorarbeiten müssen, nur auf ihre Resultate gestützt war es möglich die einzelnen Schriften an ihre richtige

Stelle zu setzen, aber auf der anderen Seite erhalten ihre Ergebnisse auch wieder ihre Bestätigung dadurch, daß in der Geschichtserzählung die Schriften als charakteristisch für eine bestimmte Zeit und aus deren Bedingen erwachsen sich darstellen. Hausrath hilft damit zugleich zur Entscheidung an denjenigen Punkten, wo der von wesentlich literarischen Gesichtspunkten geführte Streit bisher fast hoffnungslos war.

Auch in dieser Beziehung bildet das aufbauende Werk von Hausrath einen Abschluß der kritischen Untersuchungen, welche seit vier Jahrzehnten das Gebiet der ersten christlichen Jahrhunderte umgepflügt haben, und die in ihrer Gesammtheit zu den stolzesten Leistungen deutscher Wissenschaft gezählt werden dürfen. Es ist ein Werk, das nicht blos die Kenntnisse unseres Geschlechtes vermehrt, sondern auch dessen geistigen Horizont erweitert. Seine Wirkung ist befreiend, nicht blos von der Ueberlieferung sondern auch von den Schlagworten des Tages. Es liegt weit ab von den Streitigkeiten der Gegenwart, mit feinem Worte nimmt es aufdringlich Partei; doch gerade aus der Geschichte mögen diejenigen den meisten Gewinn ziehen, denen es heutzutage um eine selbständige Meinung zu thun ist.

Drei noch ungedruckte Briefe von Goethe.

Mitgetheilt von Rudolf Baier.

Goethe an Benecke.

I.

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeboren konnten mich nicht bedeutender an die schöne Zeit unserer ersten Bekanntschaft erinnern, da ich in Göttingen freundlichst aufgenommen unter Anleitung höchst wissenschaftlicher Männer meinen Zweck eifrig zu verfolgen Gelegenheit fand.

Auf die gegenwärtige Mittheilung läßt sich nur mit überraschter Beschämung danken. Seit seinem ersten Erscheinen begleitete ich, mit näheren und ferneren Freunden, ja mit Einstimmung von ganz Deutschland und der Welt, jenes charakter-gegründete, gränzenlos productive, kräftig unaufhaltsame, zart-liebliche Wesen auf allen seinen Pfaden. Ich suchte mich mit ihm durch Uebersezung zu identificiren und an seine zartesten Gefühle, wie an dessen kühnsten Humor mich anzuschließen; wobey denn, um nur des letztern Falles zu gedenken, allein die Unmöglichkeit über den Text ganz klar zu werden mich

abhalten konnte, eine angefangene Uebersetzung von English Bards and Scotch Reviewers durchzuführen.

Von einem so hochverehrten Manne solch eine Theilnahme zu erfahren, solch ein Zeugniß übereinstimmender Gesinnungen zu vernehmen, muß um desto unerwarteter seyn, da es nie gehofft, kaum gewünscht werden durfte.

Mögen Ew. Wohlgeboren dieses vorläufig dem englischen Freunde mit aufrichtigem Dank für dessen Vermittelung zu erkennen geben, so werden Sie mich sehr verbinden.

Die Handschrift des theuren Mannes erfolgt ungern zurück, denn wer möchte willig das Original eines Documents von so großem Werth entbehren. Das Alter, das denn doch zulegt an sich selbst zu zweifeln anfängt, bedarf solcher Zeugnisse, deren anregende Kraft der Jüngere vielleicht nicht ertragen hätte. Und nun schließe mit Wunsch und Bitte, daß Dieselben ein wohlwollendes Andenken mir immer erhalten mögen.

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Erv. Wohlgeboren abermalige Sendung gereicht mir zu nicht geringem Bergnügen; den Antrag einer verehrlichen Comite nehme in beyliegendem Schreiben dankbarlichst an, wobey ich Ew. Wohlgeboren ergebenst bitte für mich die Summe von zwanzig Pfund zu unterzeichnen, weil ich keinen Beweis versäumen möchte, wie hoch ich den Geist eines Mannes schäße, der nur allzufrüh das merkwürdigste Individuum das geboren werden konnte auf und weggezehrt hat.

Die Widmung des Sardanapals ist mir von dem höchsten Werth. Wenn ich die Gunst eines solchen Blattes meinem Verdienste nicht wohl zuschreiben darf, so bleibt es immer merkwürdig, daß ein jüngerer in seinem Vorgänger die Ahnung jenes Strebens enthusiastisch verehrt das er in sich selbst unwiderstehlich empfindet.

Nehmen Sie meinen verpflichteten Dank und lassen mich durch Ihre Bermittelung von den weiteren Fortschritten jenes löblichen Unternehmens ein mehreres hören. Wenn der Vorübergegangene sich zwar selbst schon ein herrliches geistiges Monument gestiftet, so ist es doch sehr schön, daß ein vleibendes reales Dentmal die Nachkommen sinnlich erinnere: er sey auch dagewesen wie Biele, aber begabt, verehrt, geliebt wie Wenige. Mein Andenken auch

unter Göttinger Freunden belebt zu sehen, ist mein eifriger Wunsch wenn ich mich fernerer Geneigtheit angelegentlichst empfehle.

Hochachtungsvoll

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gefällige Sendungen waren immer von Wichtigkeit; die lehte ist überraschend und so chrenvoll als betrübend. Mir giebt es ganz eigene Gedanken, daß der unbegreifliche Mann mich gerade auf den Sardanapal besonders anwies, da ich diesem Stück von jeher vor andern günstig gewesen. Der königliche Leichtsinn, die Anmuth des griechischen Mädchens, die ganz eigene wundersame Verbindung zwischen den zwey Personen verscheuchen alle hypochondrischen Gespenster, womit der treffliche Dichter seine Freunde zu ängstigen pflegt, sie erscheinen nur hier und da gleichsam aus den Winkeln hervortretend.

Doch ich muß mich hüten von den Vorzügen dieses Stücks zu sprechen; man erschöpft eine solche Production niemals durch Nachdenken, beim jedesmaligen Lesen ist sie wieder neu.

So ging es mir auch diesmal. Lebhaft aber regte sich der Wunsch dem Dichter dagegen etwas Freundliches erwiedert zu haben; nun ist er nicht zu erfüllen und man kommt in Gefahr sich abzuquälen über die Frage: wie dieses, von seiner eigenen Hand bezeichnete Exemplar so lange vorenthalten werden konnte, wie die mir erwiesene Freundlichkeit so lang ein Geheimniß blieb, ja durch die Zuschrift von Werner noch mehr verdeckt und aller Nachforschung ent zogen wurde.

Bin ich nun Ew. Wohlgeboren diese ganz unerwartete Entdeckung schuldig, verdant ich Ihnen ein Zeugniß das mir besonders in diesen Tagen ganz unschäßbar seyn mußte; so werden Sie überzeugt seyn, daß ich diese günstige Einwirkung auf mich und meine Zustände nach ihrem ganzem Werth anzuerkennen weis.

Kann ich noch erleben, daß jenes intentionirte Monument wirklich zu Stande kommt, so wird es eine ganz eigene Klarheit über meine Tage verbreiten.

Ich bin gewiß, daß Ew. Wohlgeboren das Nähere, sobald es zu Ihrer Kenntniß kommt, mir geneigtest mittheilen und die Hand bieten werden, daß ich ungesäumt meine theilnehmende Pflicht erfülle.

In vorzüglichster Hochachtung

Ew. Wohlgeboren

Weimar den 27. Jul 1826.

ergebenster Diener

J W v Goethe.

Die hier mitgetheilten drei Briefe Goethes sind an den 1844 verstorbenen Oberbibliothekar und Professor Georg Friedrich Benecke in Göttingen, den bekannten Germanisten, gerichtet*). Sie betreffen die Widmung des „Sardanapal" von Lord Byron an den deutschen Dichter.

Zum Verständnisse der Briefe ist an Goethes 1824 geschriebenen Aufsag,,Lebensverhältniße zu Byron" zu erinnern.

Goethe hatte den Manfred in einer den Geist des britischen Dichters bewundernden Weise besprochen; Byron fühlte sich geschmeichelt und beabsichtigte, seinen Sardanapal“ dem deutschen Dichter zu widmen. Letzterer sagt über diese Beziehungen in dem genannten Aufsage: -- ,,Indessen waren die Bemühungen des Deutschen dem Engländer nicht unbekannt geblieben, der davon in seinen Gedichten unzweideutige Beweise darlegte, nicht weniger sich durch Reisende mit manchem freundlichen Gruß vernehmen ließ. Sodann aber folgte überraschend, gleichfalls durch Vermittlung, das Originalblatt einer Dedication des Trauerspiels Sardanapal, in den ehrenreichsten Ausdrücken und mit der freundlichen Anfrage, ob solche gedachtem Stück vorgedruckt werden könnte. Der Deutsche mit sich selbst und seinen Leistungen im hohen Alter wohlbekannte Dichter durfte den Inhalt jener Widmung nur als Aeußerung eines trefflichen, hochfühlenden, sich selbst seine Gegenstände schaffenden, unerschöpflichen Geistes mit Dank und Bescheidenheit betrachten, auch fühlte er sich nicht unzufrieden, als, bei mancherlei Verspätung, Sardanapal ohne ein solches Vorwort gedruckt wurde, und fand sich schon glücklich im Besitz eines lithographirten Facsimile, zu höchst werthem Andenken. Doch gab der edle Lord seinen Vorsag nicht auf, dem deutschen Zeit- und Geistgenossen eine bedeutende Freundlichkeit zu erweisen, wie denn das Trauerspiel Werner ein höchst schätzbares Denkmal an der Stirne führt."

Der erste der drei Briefe nun läßt uns die Umstände erkennen, welche die Unterlassung der beabsichtigten Widmung verursacht haben. Unter dem 30. Mai 1821 sandte Byron den eben vollendeten,,Sardanapal“ von Ravenna aus nach England an seinen Verleger Mr. Murray und im December desselben Jahres erschien das Drama zusammen mit „Die beiden Foscari“ und „Cain“. Wahrscheinlich gleichzeitig mit dem Manuscripte wird Byron das Blatt, welches die beabsichtigte Widmung enthielt, an Murray geschickt haben mit dem Auftrage, dasselbe Goethe zur Approbation vorzulegen. Dies ge= schah, wie wir aus dem ersten Briefe erfahren, durch Vermittelung Beneckes, welcher, den Engländern damals als der bedeutendste Kenner ihrer Sprache

*) Die Briefe befinden sich im Besiße der in Stralsund lebenden Tochter Beneckes, Frau Bohnstedt, welche dieselben dem Einsender zum Zwecke der Veröffentlichung mit freundlichster Bereitwilligkeit anvertraut hat.

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