ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

schüchterne Wort der Erklärung nicht gekommen ist, und die in vorgerückter Lebenszeit, nach dem viel andere Eindrücke auf sie gewirkt und nach dem sie ihre Augen bereits nach zu vielen Seiten geworfen haben, zu einer feurigen jugendkräftigen Umarmung nicht mehr gelangen können. Es trennt sie des Gedankens Blässe. Nur der Augenblick würde wahrhaft fruchtbar für eine große gemeinsame Action beider Staaten gemacht werden, welcher einen großen italienischen Staatsmann an der Seite eines ebenso großen deutschen fände; welche beide die respectiven Interessen ihrer Länder mit Uebergehung alles Unwesentlichen scharf ins Auge zu fassen und den entscheidenden Verbindungspunkt entdecken vermöchten. Hoffen wir, daß ein solches glückliches Zusammentreffen stattfindet und daß es nicht zu spät dafür geworden ist!

Karlsbad.

Von Richard Radonek.

Karlsbad ist ohne Zweifel das erste Bad der Welt. Denn die intensive Wirkung seiner heißen Quellen steht einzig da im Gesammtbereich der CulturLänder und sein altbewährter Ruhm troßt der Mode, deren feine und feste Hand auch den Besuch der Heilbäder lenkt. Es ist im Ganzen gleichgültig, wo man den stärkenden Wogenschlag der See genießt: in Trouville, Brighton, Ostende, am Strande von Scheveningen oder auf der Düne von Sylt; nicht viel Unterschied wird es machen, ob man vertrauensvoll in Marienbad oder in Kissingen den perlenden Becher leert, ob man in Gastein oder in Teplitz badet, in Wiesbaden oder in Ischl spazieren geht: Karlsbad aber duldet keine Vergleichung. Es mag sein, daß in unseren Zeiten, in denen Zahllosen das Leben am Pulte des Contors, des Büreaus oder der Studierstube verfließt, die Allgemeinheit und weite Verbreitung jener Krankheiten, die dem Mangel an körperlicher Bewegung ihren Ursprung schulden, den Zuzug so Vieler in das enge Thal der Tepel gelenkt hat. Auch die Lage des Ortes, so recht im Centrum des Welttheils, hat das ihre gethan, vielleicht auch die Pracht des wundervollen Waldthals, in dessen Engen und an dessen Hängen die freundlichen Häuser und Häuschen des Curortes liegen.

Freilich ist die Erkenntniß, daß es kein zweites Karlsbad gibt, dem Bade, was Comfort und Eleganz betrifft, lange Zeit nicht günstig gewesen; erst in den letzten Jahren hat man vernachlässigte Quellen gefaßt, Colonnaden erneuert, das stattliche Curhaus errichtet, das nun doch wiederum kaum dem Bedürfniß genügt. Wenn so nun auch Karlsbad keine Prachtbauten aufzu

weisen hat, so gewähren seine hellen Gebäude, die in bunter Mannigfaltigkeit den Windungen des Thales folgen, einen ganz allerliebsten Anblick.

Besonders schön ist die Aussicht auf die Stadt vom Friedrich Wilhelmssize", noch umfassender vom Dreifreuzberg. Die beiden langen Straßen längs der Tepel sind die Wiesen, der winklige Häuser- und Straßencomplex an der Krümmung des Flusses ist die eigentliche Stadt, weiterhin nach dem Bahnhof ziehen sich wieder freundliche Straßen und Häuserreihen am Abhang felsiger Höhen hin, hie und da von Gärten umgeben. Allent halben schimmern aus dem Waldesdunkel an den Berghöhen Villen, Wohnhäuser und Gastwirthschaften, dazwischen an den Waldblößen die Spuren wohlgepflegter Wege bis auf die höchsten Gipfel hinan. Auch die Straßen der eigentlichen Stadt klettern und winden sich an den Felsen herum, die dann, wie in manchen Häusern der Mühlbadgasse, theilweise die Mauern des Kellers und der Hintergebäude ersetzen müssen oder doch mit ihren farrenbewachsenen, von ewiger Feuchtigkeit rinnenden Wänden die engen Höfe begrenzen; in schmalen Gäßchen klimmt man auf Stiegen oft mühsam zu breiteren Straßen, selbst der Marktplatz ist theilweise auf einer Treppe von Steinfließen zu begehen. Er liegt auf dem linken Ufer der Tepel, welche die Stadt in zwei Theile schneidet, und bildet in Wahrheit das Centrum des Curortes, da mehrere Quellen auf ihm selbst, andere in seiner unmittelbaren Nähe entspringen. Der Fluß, der mit laulichem, schlammigen Wasser dahinfließt, welches die Fische, die er nährt, ungenießbar macht, umfließt bald darauf in einem Bogen die steilen Felshänge des Hirschensteins und ergießt sich in der Nähe durch Wiesengebreite in die stattliche Eger. Gegenüber dem Marktplag auf dem andern Ufer des vielfach überbrückten Flusses lehnt sich an die ziem lich steilaufsteigende Höhe ein sehr ausgedehnter Stadtheil an, aus dem die doppelthürmige Kirche hervorragt. Er verengert sich auf der einen Seite nach der neuen Wiese zu, auf der andern nach einer freundlichen Straßenzeile; hoch über ihm windet sich am Horizont auf imposanten Steinrampen die Straße nach Prag. Hier liegt auch am Abhang mit Glasfirlefanz und allerlei Statuen sehr ge-schmacklos ausgeschmückt die Lüßowsche Villa, ein besuchter Vergnügungsplatz. Nach einer andern Seite zu erhebt sich einsam und still aus dunklem Gebüsch der Helenenhof, während der sechsziger Jahre ein paarmal der Aufenthalt des Reichscanzlers, der den König von Preußen hierher begleitete. Man sah seine hohe Gestalt nicht häufig und seine Secretäre pflegten sich über die Fülle der Arbeit zu beklagen, die ihnen nur selten erlaubte, an schönen Abenden im „Hopfenstock“ ein Glas Bier zu trinken und der munteren Resi die Cour zu schneiden. König Wilhelm aber pflegte stattlich im Civil die alte Wiese hinabzuschreiten, er zeigte sich heiter und leutselig, kaufte wagenradgroße Blumenbouquets, unterhielt sich mit den reizenden Kaffeemädchen im „Elephanten“, be

lachte im Theater die Wiener Possen und erlaubte sich gelegentlich auch ein Späßchen mit den Häuptlingen seines Heeres, denen er auf seinem Gang begegnete. Er galt für den eifrigsten Sprudeltrinker und schon deßhalb sah der Curgast ehrfurchtsvoll zu ihm auf, obwohl noch nicht die Kränze von 1866 und 1871 sein graues Haupt schmückten. Auf dem rechten Ufer hinter der neuen Wiese liegt dann noch die protestantische Kirche, weiterhin kommt man durch dichten Wald zum „Dorotheentempel“ und zu einem Sauerbrunnen, der das Karlsbad am rechten Ufer hier abschließt, wie auf demselben Ufer am entgegengesetzten Ende ein reizend gelegener Eisenquell; mit beiden sind Badeanstalten verbunden.

Mit Ausnahme des Sprudels und der ihm benachbarten Hygieaquelle durchbrechen die meisten Quellen Karlsbads auf der linken Seite der Tepel die braune Kalksinterdecke, die, seit Jahrtausenden aus dem Niederschlag der Quellen gebildet, nun fast den ganzen Badeort trägt. Nicht weniger als vier Quellen entspringen am Markte oder in seiner Nähe; das Centrum dieser Quellen wird vom Marktbrunnen gebildet, der mit dem Schloßbrunnen hier am meisten getrunken wird. Einen anderen Mittelpunkt bildet der Mühlbrunnen mit dem Neubrunnen und Theresienbrunnen, noch einen anderen endlich die Bernhardsquelle mit wieder vier in ihrer Nähe entspringenden Brunnen. Ich weiß freilich nicht, ob sich diese topographische Eintheilung auch aus inneren Gründen rechtfertigen läßt. Jedenfalls steht fest, daß der Unterschied dieser Quellen, die sämmtlich einem großen Wasserreservoir angehören, dessen unmittelbarste Oeffnung der Sprudel ausmacht, nur ein Temperaturunterschied ist, der mit der Entfernung vom Sprudel zu wachsen scheint. Diese Differenz beläuft sich auf beinahe zwanzig Grad, am kältesten ist die Quelle zur russischen Krone am Markte, die nur dreißig Grad, am heißesten der Sprudel, der neunundfünfzig Grad zeigt. Die chemische Zusammensetzung dieser glaubersalzhaltigen Quellen enthält nur wenige Nüancen, auch sind Aussehen und Geschmack des Wassers fast aller Quellen ganz dieselben. Das Wasser sieht überall etwas trübe und bräunlich aus und schmeckt bald wie heiße, bald wie lauwarme, stark verdünnte Geflügelbrühe. Jm Beginn der Cur bringt es im Verein mit der veränderten Lebensweise leicht Schwindel und einen der Trunkenheit ähnlichen Zustand hervor, den sogenannten ,,Brunnendusel". Da begegnet es wohl, daß einer am Briefschalter viertelstundenlang einen Brief anstarrt, der seinen Namen trägt, und dann doch seufzend davon geht, ohne ihn mitzunehmen. Indeß man gewöhnt sich bald daran und die wohlthätigen Wirkungen des Wassers, der Diät, der Ruhe und der Bewegung in freier Luft treten erfreulich hervor, wenn anders das Leiden nicht zu eingewurzelt war.

Die genannten und angedeuteten Quellen sind nicht die einzigen; im

Keller manchen Hauses entspringt noch mancher warme Brunnen und der Bohrer würde deren noch viele zu Tage fördern können. Auch unter der Brücke entquillt der Kalksinterdecke, über die der Fluß geht, ein Quell, der weithin das Wasser erwärmt. Hier mag man Eierschalen, Strohhalme, Aehren und Blumen hinlegen, die in einiger Zeit mit einer dünnen rothbraunen Kalkschicht überzogen werden, die ihnen doch ihre Form läßt. Neben den aus dem Kalfsinter der Brunnen, dem sogenannten „Sprudelstein“, ge= fertigten Dosen, Briefbeschwerern und Zündbüchschen, neben den prächtigen Krystallgläsern böhmischer Arbeit, deren gelblicher Glanz dem bläulichen des englischen Fabricats nichts nachgiebt, neben dem soliden Schuhwerk, den Stecknadeln und den „Oblaten“, einem runden, waffelartigen Gebäck, bilden diese Incrustate mit einen Hauptbestandtheil des Karlsbader Kleinverkehrs.

Die Hauptmerkwürdigkeit bleibt immer der Sprudel. Wie durch Dampfgewalt getrieben steigt brodelnd und kochend in kurzen Stößen. die schäumende Wassersäule durch eine Holzröhre, die direct in die Sinterdecke eingeführt ist, ein paar Fuß hoch empor, um weithin sprißend und klatschend in ein Steinbecken niederzufallen, durch welches das Wasser dann theils abfließt, theils zu weiterer Verwendung aufgefangen wird. In weißem Dampf lagern die condensirten Wasserbläschen über der Schüssel, um die sich die Trinkenden sammeln, pustend und in kleinen Schlucken den Heiltrank genießend. Nicht jeder Besucher des Eurorts wird zu diesem energisch wirkenden Quell vom Arzte zugelassen und keinenfalls wird mit seinem Genusse begonnen. Nur fort geschrittene Krankheiten des Magens und der Leber, der Galle und der Milz, sowie der Nieren berechtigen zu seinem Gebrauch, und Diätfehler haben schon manchen hier in ernstliche Gefahr gebracht, aber Linderung hat der Genuß der Quelle stets und Heilung in den meisten Fällen gespendet. An sie allein knüpft sich der Ruhm Karlsbads und seine Bedeutung und es wäre wohl Zeit, daß auch ihr die Stadt einen würdigen Tempel baute. Die Temperatur des Sprudels, der in der Minute über sechs Eimer Wasser auswirft, hat sich in einem Jahrhundert nicht verändert, so sehr er gerade in dieser Zeit sonstigen Veränderungen ausgesetzt war. Oft brach das Wasser an einem anderen Orte aus und der alte Quell versiegte dann. Da hieß es schon im sechszehnten Jahrhundert, daß der Sprudel zur Strafe der geizigen Einwohner verschwunden sei. Denn solche Ausbrüche verdankten ihren Ursprung allerdings der mangelhaften Bohrung und Fassung, wohl auch heftigen Eisgängen, die die Sinterdecke zertrümmerten, wie dies im Jahre 1620 der Fall war. Als ein Jahrhundert später, im Jahre 1727 ein neuer Ausbruch der Art stattfand, daß die gewöhnlichen Mittel nicht mehr zu verfangen schienen, beschloß der Rath endlich dem Uebel gründlich zu begegnen und ordnete zu diesem Zwecke eine Durchbrechung der Kalksinterdecke an. Das heiße Wasser

drang denn auch häufig hervor, man fand unter der ersten Sprudelschale viele größere und kleinere Höhlen, alle mit Wasser angefüllt, auf diese folgte abermals eine Sprudelschale, unter der sich wiederum ein großes mit Wasser gefülltes Bassin vorfand, das seinerseits auf einem dritten festen Grunde ruhte, über dessen Beschaffenheit man sich indeß zunächst nicht klar ward, da Dampf und Hiße ein weiteres Fortarbeiten unmöglich machten. Indeß fand man doch, daß es abermals eine Sintercruste war, nach deren Durchbrechung man endlich auf das große Wasserreservoir gelangte, das die Karlsbader seitdem den „Kessel" nennen. Indeß geschah keine Abhülfe; im Jahre 1749 durchbohrte man das heutige Springerloch, das bis zum Jahre 1766 so zugewachsen war, daß da abermalige Ausbrüche erfolgten; nicht minder 1788 und 1799, vor allem aber im September 1809. Hoch auf wallte das Wasser bis zur Spitze des Tempels, dann sank es plößlich und rührte sich nicht, an anderer Seite aber sprang krachend die Sprudelschale handbreit kreuz und quer nach allen Richtungen, das Gemeindebadhaus erhielt mehrere große Risse, mehrere Sprudelmauerquader trennten sich zollbreit, selbst das Gassenpflaster nahe am Sprudel hatte fingerbreite Spalten. Das alles in ein paar Minuten. Schwarzes und rothes Wasser färbte weithin den Fluß. Uebrigens wissen wir, daß der Sprudel schon 1571 an der jezigen Stelle entsprang. Bis 1797 war er nur mit schlechtem Holz und Mauerwerk eingefaßt, in diesem Jahre erhielt er einen Tempel mit korinthischen Säulen. Der Mühlbrunnen ward erst seit dem Beginn des achtzehnten Jahrhunderts benußt, seit dessen Mitte der Neubrunnen, noch später wurden die übrigen Brunnen benußt und entdeckt. Ganz besonders war es damals die Gunst Karls VI. und seiner großen Tochter, die dem Badeorte von weitgreifendem Nugen war, wie früher die Karls IV.

Denn Karl IV. ist es bekanntlich gewesen, der den alten Badeort, den die Tschechen einfach das Warmbad nannten, Wary, zuerst in Aufnahme brachte. Nur dieser Thatsache gedenken die beiden ältesten Schriftsteller über Karlsbad, Wenzel Payer und Caspar Bruschius; die bekannte Hirschgeschichte taucht erst 1571 bei Fabian Summer auf, der ein vielgelesenes Buch über unsere Thermen schrieb. Nur soviel steht sicher fest, daß Karl von Böhmen, der oft auf seiner nahen Burg Elbogen saß, hier die Cur gebrauchte, sich ein Schloß baute und als Kaiser im Jahre 1370 der Stadt Karlsbad dieselben Freiheiten verlieh, wie seinem lieben Elbogen, wo er bekanntlich seine traurigen Jugendjahre verbracht hatte. Kaiser Sigmund verpfändete das Elbogner Gebiet und mit ihm Karlsbad an die Grafen von Schlick, von denen es im Jahre der Schlacht bei Mühlberg an Ferdinand I. und somit wieder an die Krone Böhmen kam. Wenzel und Rudolf II. bestätigten die Privilegien Karls, gewährten der Stadt Jahrmärkte und das Recht mit rothem Wachs

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »