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fern vom ständischen Feudalismus und vom Absolutismus wie von der revolutionären Demokratie, ein wahrhaft constitutionelles Staatsleben zu begründen trachtete, ein Streben, welchem freilich die Revolutionsstürme der folgenden Jahre hemmend in den Weg traten. Dann gehörte Vincke der deutschen Nationalversammlung in der Paulskirche an, und zwar mit Radowit als der Führer der äußersten Rechten, viel gelästert als starrer Reactionär und gefürchtet als schneidiger Gegner der ziel- und haltlosen Demokratie. Was er und die „erbkaiserliche“ Partei damals wollten, ist im Grunde dasselbe, was wir in den letzten Jahren erreicht: eine feste Einigung der deutschen Staaten unter preußischer Führung, aber auf vertragsmäßiger Grundlage, nicht unter revolutionärer Zerstörung der bestehenden Staatszustände. Der Mann, der diese Idee schließlich verwirklicht, Fürst Bismarck, erging sich damals noch in sehr reactionären Bahnen und kam mit Vince vielfach in gegnerische Berührung, ohne daß jedoch die Anerkennung, welche die beiden gegen einander hegten, darunter gelitten hätte. Die deutsche Politik des spätern Ministerpräsidenten Bismarck hat Vincke von Anfang an kräftig unterstützt, wenn er auch in Fragen der innern Politik weit liberalere Grundsätze hegte.

Seit 1849 gehörte dann Vincke fast ununterbrochen bis 1867 dem preußischen Landtag an und zwar durch die „neue Aera“ und die Conflictsperiode hindurch als eigentlicher Führer der constitutionellen Mittelpartei. Die bittern Erfahrungen während dieser Zeit mögen ihn am parlamentarischen Leben, das verfassungstreuen und liberalen Männern so viele Ent'täuschung bereitete, übersättigt haben; bald darauf, nachdem er noch dem ersten norddeutschen Reichstag beigewohnt, entzog er sich der öffentlichen Wirksamkeit. Vielleicht hätte er auch unter den neuen Verhältnissen eine bedeutende Rolle gespielt, denn unsere geseßgebenden Körperschaften sind nicht überreich an Männern von so glänzenden Geistesgaben, solcher Festigkeit des Charakters und so aufrichtigem und edlem Streben.

D.

Literatur.

Die neue Macchiavelliausgabe.

Von der neuen Gesammtausgabe der Werke Niccolo Macchiavellis ist kürzlich der dritte Band erschienen, also seit dem Jahre 1873 je ein Band; dies zeigt ein, wenn auch langsames, so doch stetiges Vorrücken an. Die Vorbereitungen haben freilich schon viel früher begonnen, sie gehen bis zum Jahre 1859 zurück, wo es einer der ersten Leschlüsse der provisorischen Regierung Toscanas war, dem großen Landsmann,

den man mit Recht als einen Begründer der Nationalität, als Propheten der italienischen Einheit feierte, durch Veranstaltung einer vollständigen Ausgabe seiner Werke ein würdiges Denkmal zu setzen. Verschiedene Hindernisse verzögerten die Ausführung, vor Allem der Tod mehrerer Gelehrten, die sich zur Herausgabe verbunden hatten, so daß erst im Jahre 1873 der erste Band erscheinen konnte. Die Herausgeber waren P. Fanfani und L. Passerini (Firenze, tipogr. Cenniniana); auf den beiden folgenden Bänden ist G. Milanesi neben Passerini als Mitherausgeber genannt lauter Namen, denen man gerne ein solches Unternehmen anvertraut weiß.

Der erste Band enthielt außer einer kurzen Biographie, in welche der freilich spärliche Ertrag neuerer Funde übersichtlich eingetragen ist, die Istorie Fiorentine revidirt nach der Handschrift in der Laurenziana und nach den ältesten Drucken. Der zweite Band gab eine Nachlese hinzu, bestehend in historischen Fragmenten und Skizzen, sowie die im Jahre 1520 geschriebene Lebensbeschreibung des Castruccio Castracane. Der dritte Band bringt nun den Anfang der Legationen und Commissariate, bis zum Jahre 1502. Es versteht sich, daß die Herausgeber auf die Quellen zurückgingen und dem Wiederabdruck dieser Correspondenzen die Manuscripte zu Grunde legten, die man zu Ende des vorigen Jahrhunderts aus Staub und Moder wieder zu Tage gefördert hat. Sie haben sich aber nicht darauf beschränkt, die von Macchiavelli geschriebenen Gesandtschaftsberichte mitzutheilen, sie trugen vielmehr sorgfältig aus den Archiven alle Schriftstücke zusammen, welche sich auf die Gegenstände seiner diplomatischen Reisen beziehen, so namentlich die Instructionen, welche ihm mitgegeben wurden, aber auch anderweitige Instructionen und Beschlüsse der Dieci, die zu denselben Staatsactionen gehören, und die allerdings zum Theil von der Hand Macchiavellis selbst, in seiner Eigenschaft als Staatssecretär, geschrieben sind. Es läßt sich ja überhaupt nicht strenge scheiden zwischen dem, was er als Schriftsteller und dem, was er als Beamter geschrieben hat. Auf diese Weise ist manches ans Licht gestellt worden, was bisher unveröffentlicht war, und, an sich von ungleichem Werth, doch zum besseren Verständniß der Missionen Macchiavellis dient. Außerdem ist eine fortlaufende kleine Chronik über die politischen Ereignisse dieser Jahre mitgetheilt, die in der Nationalbibliothek zu Florenz sich befindet, unter den Papieren, die einst Macchiavelli gehörten. Sie ist, wie es scheint, von Biagio dei Buonaccorsi verfaßt und im Wesentlichen identisch mit derjenigen, welche Polidori bereits im IV. Band des Archivio Storico ver öffentlicht hat. Doch finden sich auch wieder Abweichungen; das in der Nationalbibliothek aufbewahrte Exemplar, scheint im Secretariat der Dieci und zwar speciell für den Gebrauch der Canzlei nach den eingelaufenen Berichten verfaßt worden zu sein; es ist auch nicht durchaus von derselben Hand

geschrieben und enthält eigenhändige Correcturen Macchiavellis. Diese Chronik thut den Dienst einer gedrängten Zusammenfassung des Materials, das in den Documenten dargeboten wird, und außerdem ist durch einleitende Bemerkungen der Herausgeber für zweckmäßige Orientirung gesorgt.

Die wichtigsten Gesandtschaften Macchiavellis in diesen Jahren sind einmal die im Pisanerkrieg vom Jahre 1499, welchen Florenz mit Hülfe des Königs von Frankreich führte, dann im folgenden Jahre die erste Gesandtschaft an den französischen Hof, die mit dem unerwünschten Verlauf des genannten Krieges in Zusammenhang stand, ferner die drei Commissionen nach Pistoja im Jahre 1501, wo es galt, die durch den Zwist der beiden Parteien der Panciatichi und der Cancellieri schwer gestörte Ordnung wieder herzustellen, endlich die Commissionen im Feldzug gegen das rebellische Arezzo im Jahre 1502. Den Schluß des Bandes bildet das bekannte Gutachten Macchiavellis „über die Art und Weise, die aufrührerischen Völker der Valdichiana zu behandeln", das sich eben auf die Pacification Arezzos bezog und in dem wir bereits der Eigenthümlichkeit des Autors begegnen, zeitgenössische Vorgänge durch Beispiele aus der altrömischen Geschichte zu illustriren.

Von Berichtigungen, welche dieser Band enthält, erwähnen wir einmal, daß diejenige Legation, die bisher als die erste Macchiavellis galt, nämlich die an Jacopo d'Appiano, Herrn von Piombino, vom November 1498, gestrichen wird, da sich aus den Originaldocumenten herausgestellt hat, daß diese Legation vielmehr einem Niccolo Mannelli anvertraut war. Erst vier Monate später, im März 1499, wurde Macchiavelli an den Herrn von Piombino abgesandt, der als Condottiere im Dienst von Florenz Erhöhung seines Soldes verlangt hatte. Eine andere Berichtigung ist diese: während des Bürgerkrieges in Pistoja wurde Macchiavelli dreimal in diese Stadt geschickt, aber je nur auf kurze Zeit. Dagegen war sein Better gleichen Namens, Niccolo Macchiavelli, Sohn des Alessandro, drei Monate lang residirender Commissär in dieser Stadt, und dieser war in den bisherigen Ausgaben mit unserem Niccolo, Sohn des Bernardo Macchiavelli, verwechselt worden. Die Documente, welche über die Parteiunruhen in Pistoja von unseren Herausgebern veröffentlicht worden, sind in Anbetracht ihrer Bedeutung fast allzureichlich; freilich sind auch die zahlreichen Instructionen, welche die Dieci ihren Commissären nach Pistoja senden, durch seine Hand gegangen, häufig von ihm selbst geschrieben, und er war, wie aus einem zusammenfassenden, jezt zum ersten Mal veröffentlichten Bericht über die Ereignisse in Pistoja hervorgeht, der Urheber der strengen Maßregeln, die gegen die Häupter beider Parteien ergriffen wurden und die wenigstens eine Zeit lang die Ruhe daselbst wieder herstellten.

Ueberhaupt ist schon in dieser frühesten Zeit Macchiavelli der fertige,

überall verwendbare Diplomat seines Staates. Er eignet sich wegen seines Ranges und seines Vermögens nicht zu eigentlichen Botschafterposten, aber zu gelegentlichen leichteren und schwierigeren Missionen wird er jeden Augenblick verwendet, frühzeitig schäßt man seinen Scharfblick und seinen Eifer, in seinen Berichten ist die Lust zu spüren, die es ihm macht, in diesem Element sich zu bewegen. Von ausdauernder Zähigkeit, Geduld und Biegsamkeit, wenn er mit mächtigen Herren, wie am französischen Hofe, verhandelt, ist er von rücksichtsloser Kälte und Härte, wo er es mit kleinen Herren oder mit bezwungenen Rebellen zu thun hat. Von idealen Motiven, gar von nationalen Träumen. noch gar keine Spur: er ist ganz der hingebende Diener seines Gemeinwesens, ein eifriger Anhänger des französischen Bündnisses, mit dessen Hülfe Florenz allein seiner Bedrängnisse sich erwehrt; er macht sich kein Gewissen daraus, die Lucchesen und andere Landsleute gelegentlich beim allerchristlichsten König anzuschwärzen. Mit allen Mitteln auf die Verfolgung des speciellen Zweckes bedacht, der ihm aufgegeben ist, hält er sich zugleich immer den Blick srei für den Zusammenhang der politischen Lage, er späht nach den Zeichen am Horizont und wird nicht müde, seine Auftraggeber auf die bedenklichen Punkte hinzuweisen, zumal auf die Gefahren, die der Republik in diesen Jahren von den angemessenen Entwürfen Cäsar Borgias drohten. Dabei werden aber schon in den Briefen aus Frankreich jene peinlich berührenden Klagen laut über die allzu färgliche Besoldung, die ihn zwingt, sich Entbehrungen aufzulegen, vom eigenen Vermögen zuzuseßen, um seine diplomatische Würde nicht zu compromittiren, und die ihn sogar nöthigt, wichtige Staatsdepeschen der föniglich französischen Post anzuvertrauen, weil er nicht im Stande ist, eigene Couriere abzusenden. Es scheint aber nicht, daß seine dringenden Bitten erhört würden, wenigstens wiederholen sie sich fortwährend und motiviren ab und zu seinen Wunsch, abberufen zu werden. Mit der Staatscasse in Florenz scheint es freilich übel bestellt gewesen zu sein. Wenigstens ist der Rath der Dieci zähe, wenn Frankreich Geldforderungen an die Republik erhebt, und an ihre Commissäre in Pistoja schreiben sie einmal kläglich: „Vom Heere des Valentino (Cäsar Borgia) wissen wir nichts Neueres, als was Euch gestern amtlich geschrieben worden ist; wir sind in beständigen Sorgen und bieten Alles auf, was möglich ist, bei so knappen Mitteln und meist schlechten Zeiten.“

Den nächsten Band wird die Gesandtschaft zu Cäsar Borgia eröffnen, zu dem dämonischen Mann, dessen Unternehmungen Macchiavelli als so bedrohlich für seine Vaterstadt erkannte, mit dem ihn aber zugleich ein unverkennbarer Zug der Sympathie verband und aus dessen Erfolgen er für seine Staatskunst so viel erlernte, als aus den Beispielen der Alten. Schreiten die Herausgeber in derselben Weise fort, so werden allein die Gesandtschaftsberichte noch eine Reihe von Bänden füllen. Allerdings stellen sie damit

einen Reichthum von Documenten zusammen, die, wenn auch nur zum Theil für die Biographie Macchiavellis, doch jedenfalls für die Detailgeschäfte von Florenz von Werth sind. Am meisten darf man darauf begierig sein, welche Ausbeute der vervollständigte Briefwechsel liefern wird. Bis jetzt scheint ein eigenes Mißgeschick über den Briefen Macchiavellis zu walten, von denen bis dahin nur ein kleiner Theil, aber auch dieser für die Beurtheilung des Mannes vom höchsten Interesse, zur Veröffentlichung hat gelangen können. Ganze Bände der Familienbriefe, die sich im Besiß der Familie Vettori befanden, sind, wie die Herausgeber erzählen, aus Italien verschwunden, durch Habsucht und Betrug eines Priesters sind sie an den Lord Guildford verkauft worden, später gelangten sie in die Hand eines Mr. Philipps, der, so lange er lebte, seine kostbaren Schätze mit eifersüchtiger Sorge verschlossen hielt. Er gestattete nicht einmal Einsicht davon zu nehmen, noch weniger sie zu copiren, als die provisorische Regierung von Florenz für die im Jahre 1859 angeordnete Ausgabe durch ihren Gesandten darum ansuchen ließ. Als er starb, vermachte er seine Schätze dem britischen Museum; allein auch jetzt sind sie noch unzugänglich, denn die Gläubiger des Verstorbenen haben sich ins Mittel gelegt, und verhindern bis jetzt die Ausführung des Testaments.

Hoffentlich wird dieses Hinderniß längst beseitigt sein, bis die Herausgeber an die Briefe gelangen. Allein, auch von dieser Hoffnung abgesehen, ist jetzt schon ein reichliches Material vorhanden, das seiner Verwerthung für eine eigentliche Biographie noch immer harrt. Man weiß, daß ein Gelehrter, der wie Wenige dazu berufen ist, Pasquale Villari, an einer Biographie Macchiavellis arbeitet; möge ihm das Unternehmen bald ebenso glücken, wie ihm sein Savonarola geglückt ist. Hätte Herrmann Grimm mit seinem Leben Michelangelos warten wollen, bis auch der briefliche Nachlaß seines Helden endlich ans Tageslicht gekommen wäre, so besäßen wir heute noch nicht das schöne Buch, an dem wir uns seit fünfzehn Jahren erfreuen. Es ist wahr, ein Leben Macchiavellis kann erst auf Grund eindringenden Studiums eines Materials geschrieben werden, das sich noch fortwährend vermehrt. Aber andererseits kann auch erst der gelungene Versuch eines ausführlichen Lebensbildes das volle Verständniß des merkwürdigen Mannes erschließen, den der neueste Literarhistoriker Italiens mit einem kühnen und paradoxen, aber doch sinnvollen Worte den Luther Italiens genannt hat.

Wilhelm Lang.

Verantwortlicher Redacteur: Konrad Reichard in Leipzig.
Ausgegeben: 11. Juni 1875. Berlag von S. Hirzel in Leipzig.

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