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Die Novellen von Steffens*).

Die Frage, ob es christliche Novellen geben könne, wird durch die Thatsache, daß es wirklich christliche Novellen gibt, Novellen, welche von dem tiefsten Ernste des christlichen Glaubens durchdrungen sind, zur Genüge beantwortet. Manche Christen, welche noch an die ascetischen Vorstellungen ålterer religiöser Schulen gewöhnt sind, möchten immer noch leicht geneigt seyn, diese Frage zu verneinen, namentlich wenn man die Novelle als Roman bezeichnet. Der christliche Ernst hat vorlångst mit großem Rechte die verderblichen Wirkungen vieler Romane besorglich in's Auge gefaßt, und immer wieder gegen die schädliche Romanleserei geeifert. Dabei ist es ihm denn begegnet, daß er vielfältig sein Urtheil zu unbedingt gestellt hat, daß er die Dichtungsart, welche den Roman erzeugt, von der ungeheuren Verderbniß, in welcher sie gewöhnlich zur Erscheinung kam, nicht zu unterscheiden wußte. Dadurch zog er sich denn in seinen absoluten Verwer

*) Aus der Ev. Kirchenzeitung, Jahrgang 1837. Lange, verm. Schriften. III.

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fungsurtheilen den Vorwurf der Einseitigkeit und Beschränktheit zu, grade so wie die Reformirte Kirche in derber Verabscheuung der religiösen, namentlich zu kirchlichen Zwecken bestimmten Bilder zu viel that, während sie den großen Mißbrauch des abgöttischen Bilderdienstes verfolgte. Der Wachsamkeit einer sol. chen christlichen Strenge gegenüber hat die christliche Freiheit nicht nur die Idee der christlichen Kunst im Algemeinen, sondern auch insbesondere die Idee der christlichen Novelle zu rechtfertigen. Nun möchte wohl sofort das Beruhigendste gesagt seyn, wenn man die Novelle auffaßt als eine erweiterte Parabel. Das Gleichniß ist die kleinste Art der darstellenden Dichtung, welche irgend eine Lehre oder einen Lebensmoment in einer Anschauung firirt. In der Parabel haben wir ein künstlerisch ausgebildetes, oder wenigstens ein entwickeltes, mannichfaltige Momente einer Lehre oder eines Lebensgebietes einheitlich darstellendes Gleichniß. In der Novelle bildet sich die Parabel künstlerisch aus und breitet sich aus nach dem Bedürfniß litterarischer, schreibgeübter, leselustiger, hochgebildeter Zeiten. Die Unschuld des Gleichnisses geht also durch die Parabel über auf die Novelle an sich, und lehtere erweist sich eben sowohl als ein Bedürfniß, wie die Parabel durch ihr Erscheinen in der heiligen Schrift als Bedürfniß erwiesen ist. Diese Dichtungsart scheint aber nicht bloß durch ähnliche Formen, sondern selbst durch gleiche aus der Bibel gerechtfertigt zu werden, wenn man bedenkt, daß die Apokryphen mit den übrigen Büchern der heiligen

Schrift zusammengebunden werden, daß man sie demnach wenigstens als anerkannt löbliche Bücher betrach= ten muß, und daß grade unter diesen Büchern das Buch Judith und das Buch Tobias sich finden, deren historischer Charakter nun einmal nicht zu er weisen ist. Man müßte diese Bücher mit höchst bedenklichen Augen als Täuschungen ansehen, wenn man sie nicht in höherem Sinne grade als eine Art von historisch - religiösen Novellen betrachten dürfte. Und auch die Apokryphen des N. T. erscheinen uns wohl nur dann erst im rechten, besten Lichte, wenn man das naive Walten des unbewußten poetischen Geistes in dem ersten christlichen Zeitraume, der sich die evangelische Geschichte durch solche Darstellungen möglichst nahe bringen wollte, in diesen Erzeugnissen erkennt. Durch solche Vorerinnerungen ist der strenge Christensinn der älteren Tage hineinzuführen in die lebens: reiche Gegenwart, welche Romane zu Tage gefördert hat aus der Feder entschiedener Christen, wahrhaft geistlicher Pastoren, exemplarisch frommer Frauen.

Die christliche Novellenlitteratur der neuesten Zeit ist erst eine werdende; dennoch hat sie schon einen gewissen Umfang gewonnen. Die Schriften von Fr. Strauß gehörten zu den ersten, in denen sich in unserer Zeit eine freiere, gebildetere Gestaltung des christ: lichen Lebens bedeutungsvoll ankündigte, und haben als ausgezeichnete Werke einen schönen Ruf erlangt. Aber erst in den letzten Jahren haben sich die poetischen Produkte dieser Gattung gehäuft; es erschienen die Schriften der Miß Kennedy, der Pfarrer von

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