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VI.

Die poetischen Darstellungsmittel; das Plastische und Musikalische in der Poesie.

1. Die Bildlichkeit der Rede.

Guzkow spricht von Gedichten die in einem Thautropfen die ganze Welt abspiegeln; es gilt dies eigentlich von jedem Kunstwerk, in jedem ist das Schöne ganz und ungetheilt verwirklicht, in jedem wirken die Elemente aller Künste zusammen. Wir haben etwas Architektonisches im Aufbau einer malerischen Gruppe, in der Symmetrie eines Musikstücks, in der dichterischen Composition, sei sie die einer Tragödie oder eines Sonettes. Und unterscheiden wir nicht zwischen prosaisch nüchternen und poetisch gedachten Bauten; und ergreift uns nicht vor oder in den leßtern eine musikalische Stimmung, sind nicht die einzelnen Glieder oder Ornamente plastisch ausgeführt, gibt nicht der Gesammtanblick ein malerisches Bild? So werden wir in den andern Künsten da plastisches Gepräge finden wo eine Sättigung von Form und Inhalt erreicht, das Leben des Geistes ganz in seine Verkörperung eingesenkt ist, wo die Idee gediegen und mit klarer Bestimmtheit verwirklicht wird, sodaß nichts im Dunkel, nichts der Ahnung überlassen bleibt, sondern das ganze Innere im ruhigen Adel großartiger Gestalten veranschaulicht ist: wir erinnern an den dorischen Tempel, an Rafael, Gluck und Sophokles. So haben die Werke der andern Künste ihre malerischen Reize, wie wir umgekehrt wieder von stiller Musik der Linien, von Harmonie der Farben reden. So ist jedes Kunstwerk eine poetische That in der Innerlichkeit des Geistes, ehe es in seinem besondern Materiale realisirt wird. Weil aber das dichterische Wort nicht blos den Gedanken der

Dinge als solchen ausspricht, sondern sowol den Entwickelungsgang der Idee wie die erreichte Gestalt ihrer Verwirklichung uns zur geistigen Anschauung bringt, wird nicht nur der Gattungsunterschied des Epischen und Lyrischen durch das Vorwiegen des Plastischen oder Musikalischen bedingt, sondern wir haben beide Elemente stets gegenwärtig. Die antike Tragödie stellt ihre plastischen Gruppen in ruhiger Großheit vor das Auge des Zuschauers hin, während der musikbegleitete Gesang des Chors die Stimmungen des Herzens laut werden läßt; und wenn Pindar Apollo's und der veilchenlockigen Musen goldene Leier in melodischen Rhythmen preist, so zeichnet er zugleich die Wirkung ihres Klanges in einem flar entworfenen Gemälde:

Es schläft auf des Zeus Machtstabe der Adler, die schnelldahinschwebenden Fittige beid' abgesenkt, der

Vögel Fürst; ihm gießest du nachtblickend Gewölk um des Haupts Bogen aus, einhüllend verschließt zaubersüß ihm es die Wimper, und schlaftrunken

Ballt sein Rüden weichaufwogend hin

Im Bann ihn umschwingender Töne.

Im Tonbild den Begriff ausdrücken das ist das Wesen der Sprache; damit liegt ein plastisches und musikalisches Element ursprünglich im Wort, die Poesie macht das geltend. Es lautet wie eine glückliche Definition, wenn Bürger dies als das Werk der Dichtkunst bezeichnet:

Auch das Geistige mit Tönen

Zu verwandeln in ein Bild.

Ebenso sieht Herder in Bild und Empfindung den Ursprung der Poesie. ,,Von außen strömen die Bilder in die Seele: die Empfindung prägt ihr Siegel darauf und sucht sie auszudrücken durch Geberden, Töne und Zeichen. Das ganze Weltall mit seinen Bewegungen und Formen ist für den anschauenden Menschen eine große Bildertafel, auf der alle Gestalten leben. Er steht in einem Meer lebendiger Welten und die Lebensquelle in ihm strömt und wirkt jenen entgegen. Was also auf ihn strömt, wie er's empfindet und mit Empfindung bezeichnet, das macht den Genius der Poesie in ihrem Ursprung." Hamann nennt die Posie die Ursprache des Menschen; ich habe ausführlich dargethan wie in der Bildung der Sprache das Musikalische und Bildliche das Erste ist; und das neu entstehen zu lassen oder wieder zu beleben und

so die an sich poetische Muttersprache der Völker zu reden ist: Sache des Dichters. ,,Sinne und Leidenschaften", sagt der: Magus im Norden,,,reden und verstehen nichts als Bilder. In Bildern besteht der ganze Schatz menschlicher Erkenntniß und Glückseligkeit. Der erste Ausbruch der Schöpfung und der erste Eindruck ihres Geschichtschreibers, die erste Erscheinung und der: erste Genuß der Natur vereinigen sich in dem Worte: Es werde Licht!"

Darum ist der poetischen Sprache ein plastisches und ein musikalisches Element nothwendig; darum sind die Bildlichkeit der Rede und der Vers keine äußerliche Zierath und Zuthat, sondern die innerlich bedingte und wesenhafte Weise dichterischer Darstellung. Nachdem dies meine Poetif entwickelt und dargethan hatte, war es eine lächerliche Anmaßung Vischer's zu sagen man habe an feine tiefere Ableitung gedacht, nicht gemerkt daß der Dichter darum auch im Einzelnen individualisirt weil das Ganze Individualisirung ist.

Gerade das war meine Lehre: wie der Dichter überhaupt eine allgemeine Idee durch eine besondere Thatsache darstellt, so veranschaulicht er den Gedanken durch eine besondere Erscheinungsweise, durch ein sinnenfälliges Bild. Vielmehr ist Vischer äußerlich geblieben und nicht zur Erkenntniß durchgedrungen daß die Sprache Material, Verwirklichung der Poesie ist; er sieht in ihr nur ein Vehikel des Dichters, wodurch dann die Poesie aufhört eine Kunst und schön zu sein, weil nun Inhalt und Form, Ge danke und sinnliche Erscheinung einander nicht durchdringen, sondern nebeneinander liegen, weil nun das Geistige keine Offenbarung in der Natur findet, sondern in seiner Immaterialität verharren bleibt. Ganz richtig hat dagegen schon Zeising bemerkt:,,Dem Dichter ist die Sprache Darstellungsmittel, sie hat also für ihn ganz dieselbe Bedeutung wie die übrigen Stoffe für die übrigen Künstler. Es genügt ihm nicht sie nur als ein Transportmittel für seine Ideen zu benutzen, sondern er will seine 3deen in ihr zur lebendigen Erscheinung bringen." Und sehr schön nennt Bunsen die Prägung der Worte das ursprüngliche Gedicht der Menschheit: denn der Geist erzeugt das Wort durch dasselbe Vermögen wodurch jedes Werk der Kunst hervorgebracht wird, durch das Vermögen das Unendliche im Endlichen zu verwirklichen. Das Mysterium des Geistes ist das der Schöpfung des Alls: denn was ist diese anders als der Ausdruck des unendlichen Gedankens in raumzeitlicher Endlichkeit?

Wie die poetische Anschauung alles lebendig auffaßt, so auch die dichterische Sprache. Da quillt das Goldhaar aus dem Nez hervor und ergießt sich über den Nacken des Mädchens, da springt der Bogen der Brücke über den brausenden Strom, da streckt das Land sich behaglich aus oder strebt plötzlich himmelan; da singt Uhland vom Schloß am Meer:

Es möchte sich niederneigen

In die spiegelklare Flut,
Es möchte streben und steigen

In der Abendwolken Glut.

Wie die Poesie das Allgemeine durch das Besondere der Charaktere und Ereignisse darstellt, so wird in der dichterischen Sprache der Gedanke durch eine seiner Erscheinungsweisen ausgedrückt. Um anzudeuten daß König Ludwig nicht blos das Fertige zu schäzen wisse, sondern auch das Werdende, daß er die künftige Vollendung in diesem selbst wahrnehme, singt Platen:

Du siehst im Marmor keinen Marmor,

Aber ein künftiges Jovisantlių.

Um anzudeuten daß er das Alte und das Neuc sicher zu verfnüpfen wisse:

Ins Wappenschild uralter Sitte

Fügst du die Rosen der jungen Freiheit.

Debora charakterisirt durch einzelne Züge der äußern Erscheinung die Vornehmen, die Richter, das Volk, wenn sie anhebt:

Die ihr auf schimmernden Eselinnen reitet,

Die ihr auf köstlichen Decken sitzet,
Die ihr zu Fuß die Straßen wandelt,
Sinnt auf ein Lied!

Als die Sonne zum Stierabspannen sich senkte und die Pfade beschatteter wurden, sagt Homer, als die Sichel zu Felde ging, sagt Bürger um eine Tages- oder Jahreszeit zu bezeichnen, sodaß das Bild einer Sache, die während derselben geschieht, v or unser Seele tritt; ähnlich Firdusi:

Als wolkenwärts der Hähne Schrei sich hob,
Mit Purpur sich der Berge Haupt umwob.

Die Metonymie und Synekdoche der Rhetoriker gehören hierher, Tropen welche die Ursache für die Wirkung, das Werkzeug

für seinen Träger, den Theil für das Ganze sezen, also Schiller statt Schiller's Gedichte, Krone statt König, Säbel statt Soldat, Thür statt Haus sagen. Die poetische Sprache will auch im Wort Abstracten; sie ersetzt das ursprünglich Bildliche, das im Worte verblaßt ist, durch einen andern Ausdruck der an seine Stelle tritt und sinnlicher wirkt.

das Concrete statt des

Wenn bei Firdusi der Tag seinen goldenen Schild am Himmels. rand erhebt, oder wenn er bei Lenau den Goldpokal der Sonne schwingt, so geschicht schon mehr, so wird ein Allgemeines der Natur zugleich individualisirt, personificirt, und Vorgänge der Außenwelt wie Thaten persönlicher Lebenskraft aufgefaßt. Um zu sagen daß es tage, läßt Homer die frühgeborene Eos rosenfingrig am Himmel emporsteigen den Göttern und den Menschen das Licht anzukündigen. Bei Shakespeare breitet die Nacht ihren Rabenmantel schüßend über die Franzosen und hemmt so die Verfolgung derselben durch die Engländer. Goethe's Suleika redet den Westwind an, den sie um seine feuchten Schwingen beneidet. Ebenso gewinnt das Geistige, Idealgedachte Gestalt, wie die Liebe, die Jugend, die Ueberredung als Eros, Hebe, Peitho mythologisch personificirt werden; der Dichter beschreibt dabei nicht die Außenform, sondern er schildert durch die Wirkungen, wie Goethe die Sorge im zweiten Theil des Faust.

Die Sprache ist selbst ursprünglich symbolisch; jedes Substantivum hat sein Geschlecht, jedes Wort ist ein Bild oder hat eine sinnliche Blüte an ihm haftend. Aber die Erinnerung daran erlischt bei steigender Verstandescultur, und wir müssen erst wieder. lernen daß Kind das Aufkeimende, See das Wogende bedeutet. Kaum daß wir noch bei halsstarrig, abhängig, hartnäckig der Anschauung gedenken die hier zu Grunde liegt, vielweniger steht bei entfalten, begreifen, schließen uns das Bild vor Augen. Wie wir bei der Entwickelungsgeschichte der Sprache sahen daß sinnvolle Wurzeln, die man andern anhängte, allmählich in ihrer Bedeutung nicht mehr verstanden zu Flexionsendungen, zu blos formalen Bestimmungen des Grundworts wurden gefahrgestaltet, gefährlich, love-did loved, so vollzieht sich ein ähnlicher Proceß in Bezug auf die sinnliche Anschaulichkeit einer Vorstellung und des sie bezeichnenden Worts. Wenn sich ursprünglich die Anschauungen, die der Laut ausdrückte, mit und an ihm zur Vorstellung verdichteten, so hört jezt ein Kind das Wort und erfährt dadurch den Begriff, der sich ihm im Verlauf des Lebens durch

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