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3ft es Geiger nicht gelungen den Unsinn zu beweisen daß der Sprachlaut die Vernunft, den Geist erzeugt, so hat auch Noiré das nicht vermocht, ja nicht einmal unternommen, sondern nur die Geiger'sche Behauptung zum Motto seines Buchs vom Ursprung der Sprache gemacht. Doch hat er eins der in der Sprachentwickelung nothwendigen Momente hervorgehoben, nur leider übertrieben und zum ausschließlichen gemacht. Ich meine die Gemeinsamkeit. Der Mensch entwickelt sich nur in ihr, und die Sprache ist das Werk gemeinsamer Arbeit. Das haben wir längst gewußt. Noiré sagt emphatisch: „Es war die auf einen gemeinsamen Zweck gerichtete gemeinsame Thätigkeit, es war die urälteste Thätigkeit unserer Stammeltern, aus welcher Sprache und Vernunftleben hervorquoll. (Ist denn eine auf einen Zweck gerichtete Arbeit nicht bereits eine Vernunftäußerung?) Zum fiegfreudigen Angriff begeistert auch heute noch der aus der Männerbrust frei und machtvoll entströmende Laut, wie vordem die Homerischen Kämpfer. Gilt es ein gefahrvolles Unternehmen, das gemeinsam ausgeführt werden soll, die Rettung eines stran= denden Schiffes, den Widerstand gegen entfesselte Elemente, oder fühlt eine versammelte Menge gemeinsam ihr zugefügte Schmach, welche gemeinsam abgewehrt werden soll, nun wer es einmal erlebt der weiß wie die Begeisterung des Gemeingefühls, der ge= meinsamen Thätigkeit in solchen zündenden Momenten die Brust fast zersprengt, bis sie im gemeinsamen Laute sich Luft macht." So sei denn der Sprachlaut in seiner Entstehung der die gemeinjame Thätigkeit begleitende Ausdruck des erhöhten Gemeingefühls. Er ward erinnert und wiederholt, er ward zur verstandenen Be= zeichnung der gemeinsamen Arbeit. Das wird bei solcher der Fall gewesen sein. Aber das schließt gar nicht aus daß auch der gemeinsame Eindruck des Blizes, der Sonne einen Einzelnen zu einem Ausdruck veranlaßte, der von andern gehört, als treffend empfunden und beibehalten ward.,,Das ist geradezu eine Unmöglichkeit“, wirft Noiré ein. „Die Sprache, deren Wesentlichstes darin gefunden wird daß sie das Individuelle meidet und haßt, kann unmöglich aus individuellen Aeußerungen hervorgegangen sein." Die Sprache haßt etwas? Ist sie eine Persönlichkeit? Was Noiré sagen will das hat schon Platon erkannt, die Sprache bezeichnet nicht die einzelnen Dinge, sondern die Gattungsbegriffe; das Wort Eiche gilt für alle Eichen, die besondern müssen wir aufzeigen; laufen gilt für Pferde und Hunde

heute und morgen. Warum kann das Wort als Vorstellungsausdruck nicht von einen Einzelnen ausgegangen sein? Besteht denn die Gemeinsamkeit nicht aus den Einzelnen? Fast scheint Noiré sie wie ein Wesen für sich zu nehmen. Der erste Bezeichnende steht in der Gemeinsamkeit, und wird verstanden, weil der gleiche Anblick auf alle wirkt und die gleiche menschliche Natur in allen lebendig ist. Für Sonne und Mond, für Speise und Trank soll nach Noiré absolut jede Möglichkeit gemeinsamer Auffassung gefehlt haben! Steht denn die Sonne nicht am Himmel und sieht sie nicht jeder und empfindet die Wirkung ihrer Strahlen ebenso gut wie er das strandende Schiff sieht und die Anstrengung seiner Muskeln beim Ziehen des Rettungsseiles spürt? Sieht denn nicht jeder die Baumfrucht, und fühlt nicht einer wie der andere daß sie ihn sättigt? Nicht dadurch daß viele ihn aussprechen wird ein Laut Bezeichnung des allgemeinen Begriffs, sondern dadurch daß jeder Denkende als Einzelner sich vom Besondern zum Allgemeinen erhebt und das Wort zum Ausdruck des Gedankens macht. Wie dies geschieht das haben wir früher dargelegt, aber weder Geiger noch Noiré hat es untersucht. Der besondere Laut, den viele zugleich ausstoßen, ist darum noch kein Ausdruck des Allgemeinen, das hat Noiré ganz verkannt. Erst wenn wiederholte Anschauungen und Thätigkeiten durch Apperception und unterscheidendes wie zusammenfassendes Denken zur Vorstellung geworden, und damit der ursprünglich das Besondere begleitende und bezeichnende Laut zum Träger der geistig erfaßten Einheit des Mannichfaltigen geworden, erst jetzt ist das Wort Begriffsausdruck. Es ist nicht neu, aber es ist richtig, was Noiré bemerkt:,,Verba, Zeitwörter, Thätigkeitswörter sind der nothwendigste Bestand aller Sprachen“, aber nicht weil die Sprache einzig aus der menschlichen Thätigkeit hervorging und sie begleitete, sondern weil Dinge außer uns durch ihr Wirken auf uns empfunden werden, weil Leben und Werden uns überall begegnen, und der Saß nur durch die Beziehung und Vermittelung von Subjecten und Eigenschaften, durch das Zeitwort ein lebendiger Organismus wird. ,,Menschliche Thätigkeit ist der Begriffsinhalt aller Urwurzeln“, so behauptet Noiré ohne Beweis; aber er hat recht wenn er fortfährt:,, Wie konnte man eine Thätigkeit eines fremden unbekannten Wesens ausdrücken, wofern man sie nicht damals wie heute durch die eigene Thätigkeit erst verständlichte?" Gewiß. Wir verstehen die Welt von uns aus. Aber

das ist nicht wahr daß die Dinge erst in den Gesichtkreis unserer Sprachanschauung treten insofern sie mit unserer Thätigkeit in Berührung kommen, von ihr Wirkung erleiden; sie treten auch in unsern Gesichtskreis insofern sie Wirkungen auf uns üben und unsere Empfindungen uns zum Ausdruck des Eindrucks drängen. Stets ist es ein Gesammteindruck eines Dinges mit seinen Eigenschaften, seinem Thun oder Leiden was im Laute zum Ausdruck tommt; das Urwort ist nicht Verbum oder Substantivum, sondern noch unentwickelter Keim eines Sages; unser Denken unterscheidet und verbindet die Sache von und mit ihren Eigenschaften und ihrem Wirken, das Urtheil verknüpft Subject und Prädicat, so wird der Keim zum entfalteten Organismus. Das geschieht durch die geistige Thätigkeit des Selbstbewußtseins, die den Menschen vom Thier unterscheidet.

G. Jäger, der im Sinne Darwin's die Wurzeln des Menschlichen in der Thierwelt sucht, bemerkt dabei ganz vortrefflich: „Der Abstand zwischen der Thier- und Menschensprache ist genau so groß wie der Abstand zwischen Thier- und Menschenseele.“ Er schlägt dabei die Brücke zwischen beiden, und seine Erörterung stimmt nicht mit den Neuerungen von Geiger und Noiré, sondern mit unserer aus Humboldt's Ansicht fortgebildeten Darstellung überein. Das erste und allgemeinste Element der Thiersprache ist ein Empfindungslaut, ein Schrei des Schmerzes oder der Angst, ein Gesang der das Wohlgefühl der Lebens- oder der Liebeslust ausdrückt; dann wird das eine zum Warnruf, das andere zum Lockruf, zum Verständigungsmittel mit andern. Das entspricht den Interjectionen der Menschen. Man lockt aber einen Gegenstand mit dem Laut den der selbst von sich gibt; Jäger nennt dies Ahmlaut, und knüpft daran unsere schallnachahmenden Bezeichnungen. Der Pfau hat zwei Laute, einen tiefen und hohen, die Indogermanen nennen ihn nach dem ersten, die Chinesen nach dem zweiten (Tai). Sodann finden wir Thiere mit ausgebildeter Geberdensprache, wie namentlich die Affen. Dem Empfindungslaut entspricht die Empfindungsgeberde, dem Lock- und Bezeichnungston die Bewegung des Körpers nach dem Gegenstande, das Deuten. So kann das Thier sich mit Anwesenden und über Anwesendes verständigen. Tritt das Bedürfniß ein auch Abwesendes zu bezeichnen, so wird das Deuten zum Zeichnen eines Luftbildes, der Ton zum Lautbild. Ton und Geberde wirken beim Naturmenschen stets zusammen. Die ersten Töne des Kindes sind

Empfindungslaute, erst nach Wochen macht der Säugling von seiner Stimme als Verständigungsmittel Gebrauch um Nahrung zu verlangen. Ein Theil der Wurzeln, sagt Jäger mit uns, besteht aus Empfindungslauten, ein anderer aus Schallnachahmungen, ein dritter (der größte) entstand dadurch daß man die Eindrücke der andern Sinne (namentlich des Gesichts) in Gehöreindrücke übersette (durch artikulirte Laute im Tonbild symbolisirte). Aber all das, so schließen wir ab, wird erst zur menschlichen Sprache dadurch daß wir Begriffe bilden und im Laut, im Wort ausprägen, daß wir Urtheile in der Verbindung der Worte zum Satz aussprechen. Die menschliche Sprache ist eine Schöpfung des Menschen nach den Bildungsgeseßen seiner idealen Natur.

III.

Der Mythus.

Wie die Bildung der Sprache so geht auch die der Sage noch vor eigentlicher Poesie aus gemeinsamer Phantasiethätigkeit der jugendlichen Menschheit hervor, sie bereitet dem Epos und Drama den Weg und liefert beiden die großartigsten Stoffe zu künstlerischer Gestaltung, und ihre Ausdrucksweise klingt in der Stimmung und Sprache der Lyrik so mächtig fort daß wir ihr auch hier eine eingehende Betrachtung widmen.

Wie Denken und Dichten in der Sprachbildung noch ungeschieden zusammenwirken, wie diese noch unbewußt und unwillkürlich sich vollzieht und die Vernunft durch sie zu sich selbst kommt, so sind auch Philosophie und Poesie in der Mythenbildung noch gar nicht gesondert vorhanden, die Phantasie schafft nicht einer bereits gedachten Idee eine sinnliche Gestalt, sondern ein gewaltiger Sinneseindruck ist es durch welchen die Ahnung des Göttlichen im Gemüthe erwacht, wobei er ungesucht zu ihrem Träger und Ausdruck wird. In den Worten, in der Sprache bestimmt der Geist unterscheidend das Mannichfaltige, in der Mythologie sucht er das Eine und Ganze, das Unendliche sich zum Bewußtsein zu bringen. So wenig wie die Sprache erfindet er die Mythe mit Absicht und Reflexion; sie sind organische Erzeugnisse seiner vernunftbegabten Natur; er arbeitet sie mit Nothwendigkeit nach ihm eingeborenen noch unbekannten Gesetzen aus der Tiefe seiner Innerlichkeit hervor, und gewinnt in ihnen die Grundlage der freien künstlerischen Thätigkeit wie der philosophi= schen Betrachtung; beide heben die Schäße die in der Sprache und Mythe liegen. Wie im Worte Laut und Vorstellung, so sind Reelles und Ideelles im Mythus vereint; Antriebe die auf alle

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