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der Begeisterung knüpfte, wie die Geister des Gesangs, die Musen, eine Naturbasis in den Nymphen fanden. Waren die Naturmächte einmal in menschlicher Gestalt vorgestellt, so gewannen sie auch außer ihrem Elemente ein geistiges Dasein und Wirken; der Sonnengott als der Geisterleuchtende, als der Versöhnung und Harmonie bringende Apollon, konnte nun für sich bestehen, und wenn er der über uns Wandelnde, Hyperion, hieß, so konnte nun Hyperion wie eine zweite Persönlichkeit den Sonnenwagen lenken, während jener Orakel spendete, den Musenreigen führte. Ebenso nahe liegt es die besondern Götter in Familienbeziehung zu bringen, sie als Söhne und Töchter des ursprünglich einen Himmelsvaters, damit als Ausstrahlungen seines Lichts und Personificationen seiner Eigenschaften zu betrachten, oder von der Anschauung der Natur aus Sonne und Mond als Geschwister, die Nacht als des Tages Mutter oder Tochter, den Sonnengott bald als Sohn, bald als Geliebten oder Gemahl der Morgenröthe anzusehen. So hießen ägyptische Götter Gemahle ihrer Mütter, wie die Natur als Mutter, Schwester, Gattin des Geistes, die Erde als des Himmels gedacht werden kann. Wie aber in den vielen Göttern das ewige eine Wesen waltet, das bricht in den Veden oft ganz klar hervor; nicht blos daß von Indra ge= sagt wird er sei Varuna und Agni, der Regner sei auch das Himmelsgewölbe und das Feuer; es heißt ganz bestimmt: Dem Einen geben sie viele Namen, den Schönbeschwingten bilden begeisterte Sänger mit ihren Worten, den Eines Seienden auf vielfache Weise. So sagten auch die Aegypter in der Blüte des neuen Reichs, daß der Eine, der Lebendige, der Verborgene, Ammon, in der Sonne sich offenbare, und nach der Sphäre seines Birkens und Waltens mit den Namen der besondern Götter genannt werde.

Ich kann nicht mit Max Müller in der Sonne und Morgenröthe die ausschließliche Grundlage der arischen Mythen sehen, der lichte wie der sternenvolle dunkele Himmel, Wolken, Sturm und Gewitter, Sommer und Winter treten ja mächtig genug hervor; zwei Elemente, das stetig Wiederkehrende und das plöglich Hervorbrechende, Wechselreiche in den Naturerscheinungen haben auf das Gemüth und die Phantasie gewirkt. Aber gern wiederhole ich auch hier die Worte des poesiebegabten Forschers, der sich in die Stimmung der Urzeit zu versehen vermag:,,Die Morgenröthe, die uns nur als ein schönes Naturspiel erscheint, war dem

Beobachter und Denker damals das Problem aller Probleme. Sie war das unbekannte Land, aus dem alltäglich jene glänzenden Sinnbilder göttlicher Macht emporstiegen, welche in dem menschlichen Geist den ersten Eindruck und Fingerzeig einer höhern Welt, einer obern Macht der Ordnung und Weisheit zurückließen. Was wir Sonnenaufgang nennen das stellte den Menschen täglich das Räthsel des Daseins vor Augen. Ihre Lebenstage entsprangen einem dunkeln Abgrund, in welchem sich jeden Morgen Licht und Leben zu regen schien. Ihre Jugend wie ihr Alter war die Gabe jener himmlischen Mutter, welche im Glanz unveränderlicher Schönheit jeden Morgen erschien, während alles Irdische welkte und dahinschwand. Ein frisches Leben blühte jeden Morgen vor ihren Augen auf, und die erquickenden Winde wehten sie wie Begrüßungen an, welche über die goldene Himmelsschwelle herüberschwebten. Die regelmäßige Wiederkehr des Tages und der Nacht, das ganze Sonnendrama mit dem Kampf zwischen Licht und Finsterniß, das nie ausblieb, erweckte die Vorstellung der glanzvollen ewigen Mächte, und im Gefühl der Hülfsbedürftigkeit zugleich Vertrauen, Hoffnung, Freude in der Menschenbrust.“

Im menschlich gestalteten Gott aber tritt die Beziehung auf das menschliche Leben in den Vordergrund, der einschlagende Blig ist ein rächender Strahl des Zeus, und der Sonnengott zürnt in der verzehrenden Glut als der Furchtbare, während er in der Frühlingswärme gnädig segnet. Je mehr das geistige Leben des Volks sich entwickelt, desto geistiger werden die Götter, Principien idealer Güter, Hüter der sittlichen Weltordnung. Ist dann das Geistige, Freipersönliche in einer Göttergestalt ausgebildet, dann wird der Naturvorgang, in welchem man ursprünglich sein Walten sah, nicht mehr als das Immerwährende, Wiederkehrende, sondern als eine einmalige Geschichte aufgefaßt: aus dem Gewitterkampf wird eine Titanenschlacht; aus dem Naturvorgang daß die Sonne herabsinkt wenn der Vollmond aufgeht, wird der für Endymion tödliche Kuß Selene's; daß die Morgenröthe vor der Sonne vergeht, wird zur Sage daß Daphne Apollon floh, aber von seinem Arm berührt zum Lorber ward, denn an dessen Namen klingt der ihrige an, und der Gott schmückte sich mit dem Laub der Geliebten. Die Darstellung einer Naturerscheinung in Form einer Erzählung, die Ausprägung einer Idee in einer veranschaulichenden geschichtlichen Begebenheit macht gerade das Wesen des Mythus aus.

Je mehr ein Volk sich aus dem Naturzustand zur Cultur emporarbeitet und der innige Verkehr mit der Natur seine Ausschließlichkeit verliert vor dem Wechselverkehr der Menschen und Nationen, desto klarer wird der Mensch sich der leitenden Gottheit nun auch in der innern Erfahrung, im eigenen Los wie im Geschick des Staates bewußt, desto mehr zieht ihn jetzt die menschliche Form der Mythen an, sodaß die anfängliche Naturgrundlage vergessen werden kann wie das Tonbild im Wort. In einem Jugendalter des Heldenthums übt gerade das seinen Zauber daß die Naturerscheinungen als Thaten der Götter aufgefaßt sind, und nun wird das Abenteuerliche, das Verdienstvolle der Handlung weiter ausgesponnen. Und wenn wirkliche Erlebnisse, wirkliche Heldengestalten an solche Ueberlieferungen der Urzeit erinnern, so entsteht die Heldensage, welche durch diese Verschmelzung mit der idealen Göttermythe ihre Tiefe und ihren Glanz empfängt. Sie entwickelt sich namentlich auch dadurch daß eine Göttersage an verschiedenen Orten localisirt und eigenthümlich ge= staltet ward, dann aber ein allgemeiner Cultus an die Stelle der besondern Auffassungen trat, und während die eine Gestalt überall göttlich verehrt wird, gelten die andern für Heroen. So war Siegfried ursprünglich ein Frühlings- und Sonnengott, ward aber zum Sonnenhelden, ähnlich wie Perseus. Denn der Kampf und Sieg des Lichts über die Finsterniß war schon im grauen Alterthum als ein Streit mit Ungeheuern dargestellt, und wie Siegfried den Lindwurm, so haben Apollo, Perseus, Herakles die furchtbaren Drachen erschlagen, aber der Apollodienst überwächst den der andern, und sie werden nun zu Heroen, das Heldenhafte wird ausschließlich fortgebildet. Durch andere Sitten, andere geschichtliche Ereignisse kommen frische Motive in die Sage, aber das Ursprüngliche klingt durch. Sodann vollzieht sich der Niederschlag alter Göttersage auf neue Helden und Geschichten vornehmlich wenn in der Religion ein Wechsel eintritt, wie durch das Christenthum bei den Germanen. Die schönen Erzählungen sind dem Volk ein theueres Gut; der Naturvorgang selbst war bereits mit sittlichen Ideen durchtränkt in der mythischen Darstellung, und diese schlägt nun auf einen Helden nieder und verschmilzt mit seinem Charakter und Geschick, wie wir bei Karl dem Großen sehen werden.

Die Urmythen selbst sind ein Stoff für das religiöse Denken wie für das künstlerische dichterische Bilden; sie werden erweitert

durch neue Erfahrungen die man auf sie bezieht; sie werden entwickelt und miteinander verflochten. Wie hätte Einer die reiche Heraklessage erfinden sollen? In ihr sind nicht blos verschiedene Localsagen von Stammeshelden mit alterthümlichen Sonnenmythen verwachsen, sondern die Griechen glaubten auch in den semitischen bogenbewehrten löwenbezwingenden Göttern ihn wiederzufinden, und ließen ihn bei Omphale dienstbar sein, weil diese, die Göttin, Keule und Löwenhaut des Mannes führt, wie der Gott Gewand und Spindel des Weibes, um das die Geschlechter in sich verbindende Eine Göttliche zu bezeichnen; und wie der kleinasiatische Sonnengott im Sommer sich selbst verbrennt um das Feindselige der Feuerglut neugeboren wieder zu wohlthätiger Milde umzustimmen, so verbrennt sich nun auch Herakles auf selbstangezündetem Scheiterhaufen um gleich orientalischen Helden durch den Opfertod zu den Göttern emporzusteigen. 3m Fortschritt des Volks ward er von Dichtern und Weisen zum Ideal sittlicher Heldenkraft ausgebildet, die sich freiwillig in den Dienst des Geseges stellt und befreiend für die Menschheit wirkt.

Zu dem unwillkürlich Gewordenen gesellt sich die schon freiere Erfindung. Priesterlegenden geben Erzählungen von dem Ursprung örtlicher Sazungen und Bräuche, manches Bild wird wörtlich und eigentlich genommen, und findet nun eine mythische Deutung und Motivirung. Uns ist die Sonne als das Auge des Himmelsgottes verständlich; dadurch ward einem prosaischen buchstabengläubigen Sinn Odin einäugig, und nun sollte er sein anderes Auge zum Pfand gesetzt haben. Wenn die Veden vom Goldarm der Sonne reden, so vergleichen wir das sofort mit den Rosenfingern der Morgenröthe bei Homer; die Brahmanen aber fabelten von einem Kampf, in welchem der Gott seine eine Hand verloren und sie durch eine von Gold ersetzt habe.

Das Heidenthum erhielt in den theologischen Mythen seine eigenthümliche Form dadurch daß menschliche Gestalt und Handlungsweise auf die Natur und auf die göttlichen Principien übertragen ward; die anthropologische Mythe oder die historische Volkssage zeigt dagegen vielfach den Widerschein von Bildern, Thaten und Geschicken der Götterwelt. Ich werde bei der Betrachtung des Volksepos nachweisen wie bei Indern, Persern, Griechen, Kelten, Germanen, Slawen so viele verwandte Elemente nicht auf Entlehnung beruhen, sondern ein Erbgut aus der gemeinsamen Urzeit sind, und zwar nicht eine ursprüngliche Heldensage, sondern

Naturmhthe von der Sonne und Erde, vom Gewitterkampf, vom Streit des Sommers und Winters, von der Entrückung des Frühlings in Bergeskluft und von seiner siegreichen Wiederkehr. Wir werden z. B. dies letztere nicht blos in der Göttermythe von Indra und in der Odyssee, sondern noch in den Sagen von Karl dem Großen, Heinrich dem Löwen und Friedrich Rothbart erkennen. Die alte Ueberlieferung geht in veränderte Sitten ein und wird den neuen Umständen gemäß umgestaltet. Die im Winterschlaf erstarrte Erde, die der Sonnengott wachfüßt, wird zur Schildjungfrau, welche Odin's Schlafdorn getroffen, und die nun hinter dem Flammenwalle liegt; der Frostpanzer ist jezt die Brünne, die Siegfried's Schwert durchschneidet, wie jenen der Sonnenstrahl; aber dann wird in der christlichen Zeit aus dem Schlafdorn Odin's, der dem Volk nichts mehr bedeutet, die verhängnißvolle Spindel, mit welcher die Königstochter sich sticht und sofort sammt der Umgebung in Schlummer versinkt; aus dem Flammenwall wird die Dornhecke, von welcher die schöne Jungfrau den Namen Dornröschen empfängt, der heldenhafte Jüngling dringt muthig durch und weckt sie mit dem Brautkuß. Aber auch das Volksmärchen ist allmählich geworden, nicht mit bewußter Absicht ersonnen. Das Kind will das ihm Liebgewordene immer wieder hören, und geht an anderm vorüber, das in seinem Gemüth nicht Wurzel schlägt; so übt überhaupt der Hörer durch seine Bildungsstufe und sein Verlangen einen mitwirkenden Einfluß auf die Erzählung, was ihm gefällt wird ausgemalt, ihm. Unverständliches durch Verständliches ersetzt. Ein jeder behält was ihm zusagt, und fügt hinzu was er Schöneres weiß, und indem eine Sage von Mund zu Mund geht, gewinnt sie in dieser Gesammtthätigkeit der Geschlechter gleich viel hin- und herbewegten Rollsteinen den treffenden Ausdruck, die runde präcise Form. Bei dieser Zähigkeit der Ueberlieferung wird der Mythus zum Bande der einander folgenden Geschlechter, sodaß dieselben Bilder, die einst die Menschheit in den Tagen ihrer Kindheit schuf, noch heute den Geist der Kinder nähren, rühren und ergößen, und einen Ring bilden der die fernen Jahrhunderte aneinanderschließt.

Aber der Nachklang und Wiederschein der aus den Fäden der Naturerscheinungen gewobenen Göttermythe ist lange nicht das Einzige in der die menschlichen Dinge gestaltenden oder umranken

Carriere, Die Poesie.

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