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wie sie dem Manne die Wirthschaft führt und am Bette des Kindes sist, und den Mann der die Berufspflicht des Tages arbeitend erfüllt, sobald er uns in das Herz sehen läßt und die treue Gesinnung in der unscheinbaren Thätigkeit offenbart, er erschließt auch hier den Werth des Lebens unserm Gemüth, wie der rechte Genremaler dasselbe thut. Dabei hat denn Cervantes schon gejagt: „Das wahre Dichtergenie kommt aus dem Herzen, nicht aus dem Kopfe." Gottschall bemerkt einmal treffend: „Voß blieb bei der Anschauung stehen, und für diese hat das Kleine nur kleinen Werth; Jean Paul versenkte sich in die Empfindung, die dem Kleinsten unendlichen Werth zu geben vermag." Es gehört dazu die Erhebung über das Gemeine, Gewöhnliche, Aeußerliche zum Seinsollenden, in die sittliche Weltordnung, und daß sittliche und dichterische Kraft in der Wurzel eins seien das hat niemand bestimmter als Klinger betont, wenn er in der Geschichte eines Deutschen von seinem Helden die Worte schreibt, welche eine subjective Ergänzung zu der von Scharnhorst erkannten Poesie der Wirklichkeit bieten: „Sein Geist betrat jenes Land der reinen erhabenen Tugend, das die Menschen idealisch nennen, weil sie, verjunken im Schlamme des Eigennutes und der niedrigen Begierden das Gefühl bis zur Ahnung verloren haben: daß der Mensch sich nur als Bewohner dieses Landes von den Thieren unterscheidet, daß wir dieses unsichtbare Land nicht nur ahnen, daß wir uns bis in sein innerstes Heiligthum schwingen können. Wer es erreicht hat ist über das Schicksal erhaben; ihn tragen für immer die Fittige der hohen und echten Begeisterung der Dichtkunst, die nur aus jenem Lande die Farben und die Kraft zu ihren Darstellungen erhält. Es eröffnet sich den Geistern der Geweihten in dem Augenblicke da die moralische Kraft ihres Herzens die Wolfen durchdringt und dort ihr Dasein mit höhern Zwecken verfnüpft. Die dieses Land betreten, werden von der Beherrscherin desselben mit hohen Gesinnungen, mit unüberwindlichen Waffen zum Kampfe ausgerüstet, und ihre Thaten, ihre Gedanken und ihre Empfindungen tragen das unnachahmliche Merkzeichen ihres wiedererrungenen Vaterlandes an sich. So sind alle großen und edeln Menschen, die von dem Wege des Haufens abtraten, und Gutes, Wahres, Edles denken, thun und laut sagen, die Bewohner jenes unsichtbaren Landes, das die Menge nicht ahnet, und durch dessen Einfluß gleichwol auch sie von diesen unter sich verwandten Geistern zu den Zwecken geführt wird welche der Carriere, Die Poesie.

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erhabenste Geist dem Menschengeschlecht aufgestellt. Daher entspringt das Eigenthümliche, Kräftige, Feste und Sichere jener Dichter, thätiger Menschen und Helden; und umsonst bemühen sich alle andern, die sich über die Erde, ihre Verhältnisse und die Vortheile, die sie gewährt, nicht erheben, den sichern Schwung, die feste Haltung in Wort und That nachzuschweben und nachzuahmen; ihre Handlungen und ihre Darstellung sind nur Abdrücke jenes eigenen um sich besorgten Selbstes. Ihre kalte berechnende Vernunft, die über That und Darstellung wuchernd und künstelnd dasigt, entfernt den Geist jener Geweihten. Ernst drang in die Mitte jenes Heiligthums, und ward da zum Dichter für dieses Leben eingeweiht. Ungern sete ich zur Erläuterung dieses Wortes hinzu daß er seine Gefühle weder in Versen noch in Prosa der Welt mitgetheilt hat; daß er Dichter in einem Sinne war den ich nicht nöthig hätte anzudeuten, wenn Dichter dieser Art so gemein wären als es diejenigen sind die sich darum Dichter nennen, weil sie die Spiele ihres Wißes und ihrer Phantasie in wohl klingenden Versen zur Schau ausstellen. Die Spuren der Theorie der Dichtkunst, von welcher ich rede, findet man ebenso selten in geistigen Darstellungen als in Thaten und Handlungen; denn ich rede von der hohen moralischen Kraft, die allein den Helden und den Dichter macht, und ohne welche es zwar mancher durch Talente und glückliche Umstände scheinen, aber es nie wirklich in seinem Innern sein kann." Klinger's Wort bestätigt Milton, wenn er ein Leben würdig eines epischen Gedichts für die beste Vorbereitung zu einem solchen bezeichnete; und Schiller, wenn er in der Recension von Bürger's Gedichten schrieb: „Alles was der Dichter uns geben kann ist seine Individualität. Diese muß es also werth sein vor Mit- und Nachwelt ausgestellt zu werden. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, zur reinsten herrlichsten Menschheit heraufzuläutern ist sein erstes und wichtigstes Geschäft, ehe er es unternehmen darf die Vortreff lichsten zu rühren." Nicht Zeitvertreiber, ergögliche Unterhalter in müssigen Stunden, sondern Sängerpriester waren die Dichter der Vorzeit, Propheten, die dem Einzelnen wie dem Volk sein Schicksal deuteten, auf das Walten Gottes hinwiesen, oder Barden, die als Träger der geschichtlichen Erinnerungen die Genossen zu neuer That entflammten und durch Weisheitssprüche erleuchteten. So der wahre Dichter auch heute.

Die Wissenschaft geht von der Erscheinung und dem Besondern

zum Begriff und Gesetz der Dinge und spricht das Allgemeine in seiner Allgemeinheit aus; die Poesie veranschaulicht dasselbe wieder in den einzelnen Charakteren, Thaten, Gemüthszuständen. Auch die Wissenschaft ist Darstellung und sie lernt von der Dichtkunst die organische Gliederung und plastische Gestaltung des Stoffes. Der Geschichtschreiber bedarf der Kunst wie der Redner und der Bhilosoph, und nach dem Vorgang der Dichter vollenden sie ihr Werk, das immer nur dann nicht blos seinem allgemeingültigen Inhalt, sondern auch seiner eigenthümlichen Form nach einen Anspruch auf das Fortleben in der Culturentwickelung hat, wenn diese Form künstlerisch vollendet ist. Ebenso lernt die Poesie von der Wissenschaft. Denn der Dichter hat den Gedanken der Zeit auszusprechen und nicht blos die Außenseite der Dinge und Begebenheiten abzuspiegeln, sondern auch ihren innern Zusammenhang zu offenbaren. Dazu bedarf er der Erkenntniß, und dadurch allein kann er der Culturträger seines Jahrhunderts sein, ,,der Lehrer der Erwachsenen", wie das schon Aristophanes vom Aeschylos sagt. Es ist nicht blos um der formalen Schönheit willen daß Goethe, Schiller, Lessing fortwährend gelesen werden, sondern der Gehalt wirkt mit, die heranwachsende Jugend wird durch ihre Werke gebildet und erfährt durch sie die ideale Errungenschaft des deutschen Volks, und das ist nur dadurch möglich daß jene Männer sich der Wissenschaft angeschlossen, sich selber im Studium der Natur, der Philosophie, der Geschichte auf die Höhe des Jahrhunderts gestellt. Ohne den gleichen Weg zu gehen wird kein neuerer Dichter sich ihnen an die Seite stellen können. Nur die Offenbarung neuer Ideen in seither unausgesprochenen Worten, nur die Lösung der Räthsel, die im Kampf und den Gegensätzen unserer Tage die Gemüther quälen, nur die lichtvolle Gestaltung des Friedens von Glauben und Wissen, von Ordnung und Freiheit wird den Dichtern die Theilnahme der Nation erringen und erhalten. Daß nicht der Schmelz der Empfindung oder die akademische Formenglätte schon den Dichter machen, hat auch Guzkow wiederholt dargethan, und wenn wir bei ihm wie bei Hebbel ein Vorwiegen des selbstbewußten Geistes finden, so gesellt sich diesem das Streben nach neuem und bedeutungsvollem Gedankeninhalt der Dichtungen. Rückert sagt:

Wo der Gedanke fehlt, die unverwandte Richtung
Auf festgestecktes Ziel, da ist ein Tand die Dichtung.

Mehr als von jedem andern Künstler gilt es von dem Dichter daß die Eigenthümlichkeit wie Höhe, Weite, Tiefe seiner Weltansicht seinen Werth und seine Größe bedingt; ein Deutscher, der dadurch die Mängel der Kunst, Composition in Charakterzeichnung und Ebenmaß vielfältig vergütet, Jean Paul hat darüber so bezeichnende Worte, daß wir sie gern heranziehen: „Das Herz des Genius, welchem alle andern Glanz- und Hülfskräfte nur dienen, hat und gibt Ein echtes Kennzeichen, nämlich neue Welt- und Lebensanschauung. Das Talent stellt nur Theile dar, das Genie das Ganze des Lebens, bis sogar in einzelne Sentenzen, welche bei Shakespeare häufig von der Zeit und Welt, bei Homer und andern Griechen von den Sterblichen, bei Schiller von dem Leben sprechen. Die höhere Art der Weltanschauung bleibt als das Feste und Ewige im Menschen und Autor unverrückt, indeß alle einzelnen Kräfte in den Ermattungen des Lebens und der Zeit wechseln und sinken können, ja der Genius muß schon als Kind die neue Welt mit andern Gefühlen als andere aufgenommen und daraus das Gewebe der künftigen Blüten anders gesponnen haben, weil ohne den frühern Unterschied kein späterer denkbar wäre. Eine Melodie geht durch alle Abfäße des Lebensliedes. Nur die äußere Form erschafft der Dichter in augenblicklicher Anspannung; aber den Geist und Stoff trägt er durch ein halbes Leben, und in ihm ist entweder jeder Gedanke Gedicht oder gar keiner."

Treffend sagt darum Melchior Mehr in der Vorrede seiner Gedichte von sich selbst:,,Es wurde gefühlt und ausgesprochen daß etwas Neues und Höheres nur derjenigen schöpferischen Kraft gelingen könne, die mit klarer Einsicht in die höchsten Ziele menschlicher und menschheitlicher Entwickelung, in die letzten Endzwecke der Poesie und ihrer Formen lebendig verbunden wäre. Es wurde erkannt daß die Dichtung unserer Zeit die Offenbarungen des Lebens nicht nur wiederzugeben, sondern zugleich den ihnen eigenthümlichen Sinn und ihr Verhältniß zum Ideal klar zu machen und mit ihren künstlerischen Mitteln die gerechte Ausgleichung und liebevolle Würdigung der ganzen Reihe zu fördern habe; daß das rechte Verhältniß des Geistes zu Gott und Welt, die Kenntniß und Erkenntniß menschlicher Dinge, sicheres ästhetisches und mo ralisches Urtheil nothwendige Bedingungen einer Dichtkunst seien welche die höchsten Aufgaben der jetzigen Epoche zu lösen fähig sein solle."

Wenn Melchior Meyr demnach von einer Poesie des Geistes

als der Aufgabe der Zukunft spricht, so werden wir ihm um so weniger entgegentreten, als ja auch in der Vergangenheit schon die Poesie die Kunst des Geistes war, da dies ihr eigenthümliches Besen ausmacht. Und doch war in Hellas, wo die Plastik den Ton angab, die Poesie im Epos am vollendetsten, hier die schöne Sinnlichkeit oder sinnliche Schönheit bei Homer das stets Unübertreffliche, während die christlich mittelalterliche Dichtung ein Vorwalten des Gemüths zeigt, mit Lessing aber, dem Herolde von einem Reiche des Geistes, dieses durch die Poesie seine Offenbarung sucht und findet und sich über die andern Künste verbreitet. Der Geist schließt indeß Empfindung und Anschauung nicht aus, sondern begreift sie in sich; während Flachköpfe auch in ihrem Herzen nur leicht und oberflächlich bewegt werden, vertieft der Gedanke selbst die Gefühle, die Wehmuth wird inniger, die Freude reiner und voller durch die Erkenntniß. Ich kann weiter Melchior Mehr für mich reden lassen:,,Die Stufe des Geistes ist eine solche wo der Geist herrscht und die mit ihm vorhandenen Mächte der Natur und des Gemüths regiert. Auf dieser Stufe sind wir darum nicht nur fähig die vorangegangenen Entwickelungen zu erkennen und zu denken, sondern auch sie wieder zu sein und zu leben. Wir sind fähig die Bestimmtheiten ihres Lebens wieder zu erwecken, und zwar frei, wann wir es wollen, wie wir es wollen und so lange wir es wollen. Die Stufe des Geistes ist die Stufe der Versöhnung, des Friedens, der Harmonie und der harmonischen Thätigkeit aller menschlichen Kräfte. Der Geist, der als selbstbewußter zur Herrschaft gelangt, thut sich nur Genüge in der Erkenntniß des Ziels und des Zusammenhangs der Dinge. Er findet in dem Ziel das Ideal des Lebens, und in diesem den Maßstab mit dem er die einzelnen Erscheinungen messen kann. Diese Erscheinungen in ihrem Verhältniß zum Ideal, in ihrem eigenthümlichen Leben, in ihrem Zweck für sich und für das Ganze zit sehen und aufzufassen ist sein Geschäft. Die Poesie des Geistes wird allerdings den Geist, geistiges Leben und Streben und Schaffen besonders feiern, es in seiner eigenen lichtvollen Schönheit und Hoheit vor Augen stellen; aber eben mit dem Geiste hinabgehend in seine Voraussetzungen und erkennend wie sie für ihn, er für sie da ist, wird sie jede Lebensoffenbarung in ihrer Schönheit erglänzen lassen, am herrlichsten aber die höchste und lette, die Harmonie aller Lebensmächte."

Dabei bleibt indeß der Unterschied bestehen zwischen der poetischen

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