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als der künstlerisch freien Schöpfung und der wenn auch künstlerisch gebildeten wissenschaftlichen Prosadarstellung. Die Geschichtschreibung erfaßt allerdings gleich der epischen Poesie das handelnde Leben, sie gibt nicht blos chronikalische Berichte des Geschehenen, sondern zeichnet auch die welthistorischen Charaktere in ihrer Entwickelung durch ihr Wirken, leitet die Begebenheiten aus dem Denken und Wollen der Helden ab und zeigt die Einwirkung der Verhältnisse auf die Persönlichkeiten, ja sie erfaßt die leitenden Ideen einer Periode, ordnet das Material ihnen gemäß und offenbart sie in der Schilderung der Ereignisse. Auf diese Art liegt in den Werken eines Herodot und Thukydides, Tacitus und Machiavelli, Macaulay, Ranke, Varnhagen und Mommsen eine Energie künstlerischen Geistes, der manche namhafte poetische Erzähler oder Dramatiker in Schatten stellt. Aber das Ziel der Geschichtschreibung ist doch niemals die Schönheit, sondern die Lebenswirklichkeit und factische Wahrheit, der Historiker ist an das Gegebene gebunden und auf die Summe des Besondern hingewiesen, während der Epiker einzelne Glanz- und Höhenpunkte erfaßt um auf sie das volle Licht idealisirender Verherrlichung fallen zu lassen. Der Historiker verdichtet viele Einzelheiten zu allgemeinen Begriffen; der Dichter veranschaulicht sie in sinnvollen Thatsachen, und läßt das gesteigerte Eine Vieles vertreten. Während der Historiker seine Quellen kritisch prüft und das Factische von der subjectiven Zuthat der Auffassung zu scheiden und rein zu erhalten trachtet, hält sich der Epiker lieber an die Sage, an die Gestalt welche die Wirklichkeit im Volksgemüth durch die Volksphantasie gewonnen, um im Bunde mit ihr den 3deen eine neue Verkörperung, dem Geist der Geschichte einen idealen Leib zu schaffen und mit dichterischer Freiheit die Wesenheit des Ganzen in einzelnen strahlenden Bildern zu offenbaren. Wol mag das Herz den Redner machen wie den lyrischen Dichter, und die Erhebung und Begeisterung der Seele das Ziel beider sein; aber der Redner wendet sich an den Willen, den er überzeugen und zur That bewegen will, nicht an die Phantasie um ihr im harmonischen Erguß der Gefühle einen Genuß zu bereiten; und die Poesie verträgt das Rhetorische nur innerhalb eines größern Ganzen, wie im Drama, wo Antonins vor dem römischen Volk oder Posa vor König Philipp seine Absicht erreichen will. Endlich enthüllt zwar die Philosophie gleich der Dichtkunst den Sinn des Universums, und in der dialektischen Entwickelung bewegen sich

die Gedanken gegeneinander und ergibt sich die Ueberwindung der Einseitigkeiten, die Lösung der Widersprüche wie im Drama; aber es ist eine dichterische Zuthat, wenn Platon in seinen Dialogen auch die Charaktere lebendig zeichnet, in der Philosophie kommt es zunächst auf die Idee als solche in ihrer Allgemeinheit an, und die Befriedigung der Vernunft durch die Erkenntniß der Wahrheit ist ihr Zweck, nicht die zugleich auch sinnengefällige Darstellung derselben in einem concreten Gegenstande. Der Philosoph sucht aufsteigend von den einzelnen Erscheinungen das Besen zu ergründen, und wenn er den Begriff gefunden hat, von diesem die Thatsachen wieder abzuleiten; auf die allgemeine Idee, auf den logischen Zusammenhang kommt es ihm an, während der Dichter den Begriff sogleich in Charakteren oder Begebenheiten verwirklicht sieht und ihn untrennbar von ihnen darstellt, wie Shakespeare keine Definition von der Liebe gibt, ihre Totalität aber und ihre Stufen, ihr Walten, ihr Weh und ihre Wonne in den Persönlichkeiten und deren Geschick durch eine seiner Tragödien veranschaulicht. Die Wissenschaft ringt danach das Mannichfaltige der Erscheinungswelt als Ganzes in der Einheit einer geistigen Anschauung zu erfassen, und das Gemüth des Denkers erhebt sich zu dieser aus der Betrachtung des Besondern und seiner Vermittelung; von dieser begeisterten Stimmung und Anschauung beginnt die dichterische Phantasie, um jene ideale Einheit in der Fülle des Seins und Wirkens zu entfalten.

Daran reihen wir einige Aussprüche Steinthal's: „Wers nicht erfahren hat mag es und muß es für Phantasie halten: unser Bewußtsein ist eine Bühne, auf der Gedanken ihre Tragödie und Komödie (auch der Irrungen) agiren, und dieses Schauspiel ist unser Ich. Das ist aber für uns auch gar nichts Wunderbares; denn die Helden des Dramas sind sie für uns anders als ebenso daß sie unsere Gedanken sind? Ist die Bühne nicht dadurch vor uns daß sie in uns ist? Spielt also doch in Wahrheit jedes Drama nur in unserm Bewußtsein, so mag auch unser Vewußtsein immer eine Bühne sein. Wir fühlen die Gedankenschritte, wir fühlen die Gedankenschicksale, wie sie gegeneinander stoßen, fich aneinander zerreiben, sich freundlich anziehen. Ein Begriff ist ein Charakter, der im Fortgange der Handlung sich entfaltet; es fehlt auch nicht an Peripetieen und Katastrophen. Fragen jegen in Affect, lang unterhaltener Zweifel erregt Bangigkeit, man geräth an einen Abgrund und da heißt es: verzweifeln oder

entsagen; plötzlich öffnet sich eine lichte Aussicht vor uns, die sich doch vielleicht bald wieder schließt, oder auch glücklich erweitert. à Ein Fund, gesucht oder unerwartet gefunden, wird allseitig be- q trachtet. Man schreitet in gerader Linie vorwärts, oder kehrt in 1 immer reizvollen Windungen ungeahnt zu demselben Mittelpunkt zurück, von dem man sich zu entfernen schien. Kurz es gibt Ge- 1 dankenrhythmen und Gedankenmelodien und eine Gedankenplastik.“ Und wäre das nicht, so wären ja die Bilder und Rhythmen der Sprache ein ganz äußerlicher Zierath, nicht die nothwendige Form, die der Stoff, das innere Wesen sich selber anorganisirt; so fehlte ja dem Aeußern das Innere, und wir hätten nur eine anhängende, : keine wesentliche Schönheit in der Poesie.

,,Dichten ist ein Uebermuth!" ruft Goethe einmal, und Melchior Mehr fügt erläuternd hinzu: „Der Dichter im Schwung seiner Empfindung ist von dem geliebten Gegenstand durchaus erfüllt, er kennt nichts Besseres und Reizenderes als ihn, mit ihm verglichen erscheint alles Audere nichtig, und troßigen Muthes, die Einwendungen zahmer Vernünftigkeit misachtend, singt er dies Gefühl den Pedanten ins Gesicht und den frischen Menschen in die Seele." Was der Dichter darstellt ist ihm ein Absolutes und unendlich Werthvolles, er spricht es aus nach seiner Schönheit um der Schönheit willen; das fortschreitende Leben sorgt von selbst dafür daß er am Einzelnen nicht hafte, sondern andere und andere Erlebnisse ihn zur Verherrlichung anreizen, und so wird die Poesie des Lebens allseitig entbunden und ausgesprochen. Wenn der Dichter die Natur feiert, verleugnet er darum den Geist ja nicht, und wenn er das Glück der Sinnlichkeit, die Freuden der Erde genießt und preist, ist das noch kein Auflehnen gegen das Sittengeset. Das wäre nur dann der Fall wenn er sich schmeichelnd und verlockend an die Begierde wendete statt an den Schönheitssinn, wodurch sein Werk aber sogleich aufhörte Poesie zu sein. Man kann sich ohne innern Widerspruch an Goethe's Römischen Elegien erfreuen und doch streng auf Keuschheit und Heiligkeit der Ehe halten, denn auch das sinnliche Entzücken hat in der Liebe sein Recht, und der Dichter darf es um sein selbst willen feiern, ohne daß er dadurch dem Ideal der gemüthsinnigen Lebensgemeinschaft, ihren geistigen Gütern und Pflichten den Krieg erklärt. Thäte er das, so würde er unser Gemüth beleidigen statt zu erquicken, und die Schönheit würde von ihm fern sein. Die poetische Gerechtigkeit ist eins mit der sittlichen Welt

ordnung, und Dichter wie Homer und Shakespeare, die diese in großen Werken offenbaren, sind ihre Priester so gut wie Moses und die Propheten.

Daß der philosophische Idealismus und die dichterische Anschauung am nächsten verwandt sind, haben Platon und Schiller gezeigt; redet doch Lange in Bezug auf jenen von Ideendichtung, sagt doch Fichte daß die Kunst den transscendentalen Gesichtspunkt jum gemeinen mache! Das heißt: der schöne Geist hat von Haus aus die Lebensansicht und den Standpunkt für die Betrachtung der Dinge, zu welchem die Arbeit des Philosophen sich erhebt, den sie als den rechten erkennt und erweist. Für den gemeinen Gesichtspunkt ist die Welt als etwas Fertiges außer uns gegeben, für den philosophischen ist sie ein Werk des schöpferischen Geistes, der sich durch sie dem Geiste offenbart, und wird das Weltbild im Zusammenwirken lebendiger Kräfte außer uns mit der Kraft in uns durch diese erzeugt. Fichte selbst erläutert in der Sittenlehre seinen Ausspruch:,,Jede Gestalt im Raum ist anzusehen als Begrenzung durch die benachbarten Körper, und sie ist anzusehen als Aeußerung der innern Fülle und Kraft des Körpers selbst, der sie hat. Wer der ersten Ansicht nachgeht der sieht nur verzerrte gepreßte ängstliche Formen, er sieht die Häßlichkeit; wer der lezten nachgeht der sieht kräftige Fülle der Natur, er sieht Leben und Aufstreben, er sieht die Schönheit. So bei dem Höchsten. Das Sittengeset gebietet absolut und drückt alle Naturneigung nieder. Wer es so ansieht verhält sich zu ihm als Sklave. Aber es ist zugleich das Ich selbst, es kommt aus der innern Tiefe unsers eigenen Wesens, und wenn wir ihm gehorchen, gehorchen wir doch nur uns selbst. Wer es so ansieht sieht es ästhetisch an. Der schöne Geist sieht alles von der schönen Seite, er sieht alles frei und lebendig."

Von hier aus wird uns das Wohlgefallen verständlich das Fichte an jenen herrlichen Worten Goethe's hatte, die dieser seinem Wilhelm Meister im Gespräch mit Werner in den Mund legt; es liegt nicht blos ein wunderbarer Zauber auch des sprachlichen Wohllauts in ihnen, der Denker sah den philosophischen Idealismus aufs anmuthigste in ihnen ausgesprochen. „Sich die Menschen an wie sie nach Glück und Vergnügen rennen! Ihre Wünsche, ihre Mühe, ihr Geld jagen rastlos, und wonach? nach dem was der Dichter von der Natur erhalten hat, nach dem Genuß der Welt, nach dem Mitgefühl seiner selbst in andern, nach einem

harmonischen Zusammensein mit vielen oft unvereinbaren Dingen. Was beunruhigt die Menschen als daß sie ihre Begriffe mit den Sachen nicht verbinden können, daß der Genuß sich ihnen unter den Händen wegstiehlt, daß das Gewünschte zu spät kommt, und daß alles Erreichte und Erlangte auf ihr Herz nicht die Wirkung thut welche die Begierde uns in der Ferne ahnen läßt? Gleichsam wie einen Gott hat das Schicksal den Dichter über dies alles hinweggesett. Er sieht das Gewirre der Leidenschaften, Familien und Reiche sich zwecklos bewegen, er sieht die unauflöslichen Räthsel der Misverständnisse, denen oft nur ein einsilbiges Wort zur Entwickelung fehlt, unsäglich verderbliche Verwirrungen verursachen. Er fühlt das Traurige und das Freudige jedes Menschenschicksals mit. Wenn der Weltmensch in einer abzehrenden Melancholie über großen Verlust seine Tage hinschleicht, oder in ausgelassener Freude seinem Schicksale entgegengeht, so schreitet die empfängliche leichtbewegliche Seele des Dichters wie die wandernde Sonne von Nacht zu Tag fort, und mit leisen Uebergängen stimmt seine Harfe zu Freude und Leid. Eingeboren auf dem Grunde seines Herzens wächst die schöne Blume der Weisheit hervor, und wenn die andern wachend träumen und von ungeheuern Vorstellungen aus allen ihren Sinnen geängstigt werden, so lebt er den Traum des Lebens als ein Wachender, und das Seltenste was geschieht ist ihm zugleich Vergangenheit und Zukunft. Und so ist der Dichter zugleich Lehrer, Wahrsager, Freund der Götter und der Menschen. Der Held lauscht seinen Gesängen, und der Ueberwinder der Welt huldigt einem Dichter, weil er fühlt daß ohne diesen sein ungeheueres Dasein nur wie ein Sturmwind vorüberfahren würde; der Liebende wünscht sein Verlangen und seinen Genuß so tausendfach und harmonisch zu fühlen als ihn die beseelte Lippe zu schildern verstand.“

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