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des Ganzen an. Diese Ballade ist demnach eine warnende, abs schreckende, und mithin sittliche. Der Mensch soll im weitesten Sinne nicht einseitig sein, er soll sich vom Halben entwöhnen, um im Ganzen, Guten, Schönen resolut zu leben. Und wie soll er das? Auch das sagt die Ballade, und wenn nicht mit klaren Worten, so ist es doch leicht zwischen den Zeilen zu lesen. Was ist es, das den Fischer dem zauberischen Einflusse der Nire zugänglich macht? Seine kühle, bis ans Herz kühle Ruhe ist es. Vor solcher Ruhe soll man sich daher in Acht nehmen und thåtig sein nicht bloß mit dem Arm und dem Auge, sondern auch zumal mit dem Herzen, warmen Ans theil soll man an dem Glücke seiner Mitmenschen wie an dem eige nen und an seinem Geschäft nehmen, und dieß Geschäft soll eben auch kein erkältendes, hinterlistiges und mörderisches sein, oder wenn es ein solches wirklich ist, wie das hier bildlich vorgeführte des Fis schers, so soll der Mensch auch dieß als ein nothwendiges, ein sitt liches und menschliches treiben, und nicht wie der einsiedlerische kühle Fischer Goethe's. Er soll eine Geliebte von Fleisch und Bein hier auf der Erde und nicht ein Schattenbild seiner eignen Phantasie umarmen. Die Natur, und dazu gehört der Mensch, ist der würs digste Gegenstand seiner Untersuchungen, und der Mensch soll un tersuchen und denken, aber er soll darüber nicht das Leben vergess sen, das auch im Schaffen und Genießen besteht, nicht bloß in der Einsamkeit, sondern auch in der Geselligkeit Genuß und den höch sten finden; und wann er dort unten gewesen ist und gesehen oder nicht gesehen hat, was die heulende Tiefe verhehlt und verstehen wir darunter die Geheimnisse, die der Erdgeborene nicht begehren soll zu schauen möge er dann mit Schillers Taucher ausrufen: ,,Es freue sich, wer da athmet im rosigen Licht!"

Die dritte Ballade, der Gott und die Bajadere, hat den Bei: sah,,indische Legende." Wir wissen aber nicht, oder mir wenigstens ist es unbekannt, wie weit der Dichter einer solchen gefolgt ist, oder was daran sein Eigenthum ist, ob die Handlung, welche den dem Gedicht inwohnenden Gedanken in sich schließt, in der Legende eben diese Stufen durchgeht, oder ob der Dichter es ist, der diese so ans geordnet hat, um den Gedanken ins Licht zu sehen. Aber sowie wir das Gedicht haben, birgt es in einfacher und edler Form den köstlichsten Inhalt, und, wie Dante die Geschichte des sittlichen Les bens in seinem dreitheiligen Gedichte dem katholischen Glauben

gemäß durchführt, so ist dasselbe hier geschehen, nur daß uns hier das Inferno erlassen ist, und mit dem Purgatorio sogleich angeho ben wird, mit der Erhebung der Seele aus dem Inferno, aus dem Schlamme der Sinnlichkeit, aus den Flammen der Begierde und aus dem Froste der Herzlosigkeit, und zwar der Erhebung und Reinigung durch die Liebe, die das Sinnliche nicht ausschließt, sondern, wie Dscheleladdin Rumi sagt:,,Lieben heißt sein eigen. Ich ent behren, hier durch die Liebe der Jungfrau, die dem Manne, der sie geprüft hat, durch dessen Liebe sie sich des edleren Seins bewußt geworden ist, und dem sie mit Leib und Seele angehört, nun in die Flammen nachfolgt, um aus diesem herbsten Reinigungsbade zur höchsten Wonne emporzusteigen. Der indische Mythus, worauf die ganze Erzählung beruht, ist die Incarnation oder die Fleischwerdung der Gottheit, ihre Erscheinung auf Erden in menschlicher Gestalt, und sie wiederholt sich in der indischen Lehre mehrmals, während sie in der christlichen Religion nur einmal vorkommt, mit dem groBen Unterschiede nåmlich, daß jene indischen auf Erden erscheinenden Götter fabelhaft, Christus geschichtlich ist, daß jene Götter Phantas siegebilde, Christus eine Wirklichkeit, ein wahrer Mensch und Gott zugleich war, wobei es immer merkwürdig bleibt, daß die Einbil dungskraft auf eine doppelte Weise der Geschichte vorgegriffen hat, auf eine gröbere Weise durch die griechische Fabellehre, wo die Götter von Geburt an körperlich sind, auf eine zartere, der christlichen ähnliche, durch die indische, wo die Götter erst den irdischen Körper annehmen. Hier ist es Mahaddh, der Herr der Erde, und ich halte es für unnüß nach der Abstammung und dem Stammbaume des indischen Göttergeschlechts zu fragen, um dem Mahaddh die rechte Stelle anzuweisen, wie ich denn überhaupt bei dieser Betrachtung das Einzelne der drei Balladen nur soweit berücksichtige, als es zur Aufhellung des Ganzen beiträgt. Genug, Mahaddh ist der persön liche Gott, er kommt herab, er kommt zum sechstenmal, und ich ges stehe offen, daß ich mit dieser Zahl nichts anzufangen weiß. Aber er kommt, um, gleichwie Christus, unsers Gleichen zu werden, Freude und Qual mitzufühlen, hier zu wohnen und sich Alles selbst gesche hen zu lassen, alle menschlichen Erfahrungen an seiner eigenen Pers fon zu machen. Denn der Obere kann nur dann den Niederen richtig beurtheilen, wenn er sich in den Stand seßt, lebendig in dessen Verhältnisse, die äußern wie die innern, einzugehen. Das

Geschäft des richtenden Gottes ist aber zu strafen oder zu schonen, in welcher Bezeichnung das Erstere durch das Leßtere gemildert, und das Ergebniß seines Strafurtheils schon angedeutet ist. Aber er kann nur strafen oder schonen, wenn er die Menschen menschlich sieht, das heißt mit Beziehung des Begriffes,,menschlich" nicht auf die Menschen sondern auf den Gott, wenn er sie mit den Augen des Menschen ansieht, und auch hierin liegt die Schonung, weil er auf diese Weise in der Sünde mehr die Schwäche als die Bosheit erkennt. Auf die Erde hinabgekommen durchwandert er dann die Städte, als die Hauptorte der menschlichen Irrthümer und Verges hungen, er belauert die Großen, denn bei der Klugheit und Vers schmißtheit derselben bedarf es des Scharfblicks und der Benußung der Gelegenheit, er achtet auf die Kleinen, die sich unverstellter dar bieten, und so gelangt er Abends in die Vorstadt, wo die leßten Häuser sind, zu den von der Sitte und der Aufsicht entlegeneren und daher wohl dem Laster am meisten zugånglichen Wohnungen. Er nähert sich dem Hause einer Bajadere, eines verlorenen schönen Kindes, eines Mädchens, das um die Gunst der Männer durch Abtödtung aller Scham und aller edleren Empfindungen, zumal des Gefühls der wahren Liebe, bult, und sich dazu aller Künste bedient; ihre Wangen haben keine natürliche, sondern eine erkünftelte Farbe, sie sind geschminkt, gemalt. Der Gott grüßt sie zuerst, und zwar mit der ehrenden Anrede „Jungfrau,“ und sie ist nicht unempfindlich gegen eine solche Begrüßung, sie antwortet: „Dank der Ehre!“ aber sie eilt auch gleich hinaus und bittet ihn zuvor, zu warten, und auf seine Frage, wer sie sei, verheimlicht sie nichts, sie seht hinzu, wo er sich befinde, sie sucht ihn, noch ehe er eintritt, zu reis zen durch Musik und Tanz, durch Bewegung und Geberde,,sie rührt sich, die Cymbel zum Tanze zu schlagen, sie weiß sich so lieb lich im Kreise zu tragen, fie neigt sich und biegt sich, und reicht ihm den Kranz." Lesteves auch wohl nach Sitte der Einladung. Ja sie zieht ihn schmeichelnd zur Schwelle in das Haus, das noch düstere, denn der Gott ist in der Dämmrung gekommen. Sie ver heißt ihm, die Hütte sofort lampenhell zu machen, und ihn zu las ben, etwa, wenn er müde ist, durch ein Bad, durch Salben, und dann nach seiner Wahl durch Ruhe, Freuden oder Scherz. Das håtte sie vielleicht auch Anderen gethan, aber sie fühlt doch vielleicht schon etwas Innigeres als sonst, sie ist geschäftig für ihn, und wird

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es um so mehr, je leidenhafter der Fremdling scheint, den sie auch wohl nicht bloß aus Gefallsucht und bloßer Artigkeit sondern mit einer Regung des Herzens schöner Fremdling" genannt hat. Und der Gott erkennt eine sanfte, milde Natur in ihr, ein menschliches Herz troß des tiefen Verderbens, etwa wie der Heiland bei der Chebrecherin, troß der Kälte und Gleichgültigkeit, welche man bei ihr vermuthen sollte, eine teimende Zuneigung. Er schöpft Hoffs nung, sie zu retten, und wo und wann, möchte man nebenbei fras gen, dürfte man je diese Hoffnung aufgeben? Aber hiemit hebt auch die Heilung an, und zwar durch die Prüfung. Er verlangt Gehorsam, fie muß ihm Sklavendienste thun, und sie verrichtet sie nicht nur, sondern gern,,,immer heitrer wird sie nur," und was fie vorher zwar auch, aber aus eigennüßiger Absicht, that, was nur Künste waren, das wird nun Natur, ihre Bildsamkeit zeigt sich, fie wird eine andre, es geht nach und nach eine durchdringende Vers ånderung mit ihr vor, ihre Besserung ist nicht bloß äußerlich, nicht bloß Blüthe, sie ist noch mehr innerlich, sie ist keine taube, sondern eine fruchttragende Blüthe, ihre Dienstbarkeit geht ihr von Herzen. Diese Läuterung wird Gehorsam genannt, und mit Recht, jede wahrhafte Sinnesånderung vom Bdsen zum Euten ist ein Gehorfam gegen das göttliche Gebot, gegen die Forderung, die der Mensch an sich selbst richtet, sobald das Gewissen in ihm erwacht. Aber Gehorsam und Liebe zu Gott verhalten sich wie Ursache und Wirtung. Hier stellt sich diese höchste Liebe noch als persönliche, ja halb und halb noch als sinnliche Liebe dar, und deßhalb findet es Mahas ddh gut, auf die erste Prüfung eine zweite folgen zu lassen. Er prüft sie schårfer und schårfer, er, der Kenner der Höhen und Ties fen des menschlichen Herzens, er prüft sie durch Lust, Entsehen und grimmige Pein. Durch Lust! Er küßt sie, er zeigt ihr Gegenliebe, und jekt wird sie sich der ihrigen erst bewußt, sie wird gleichsam willenlos, sie steht wie gefangen, sie weint zum erstenmal, es sind Thränen der Ahnung, der Wehmut, der Wonne, sie vergißt alles, was sie bisher wünschte und wonach sie strebte, sie beugt sich im Uebermaaß ihres Gefühls zu seinen Füßen, nicht um Genuß, nicht um Lohn; aber nun ist sie keine Bajadere mehr, sie ist eine wirklich Liebende, und auch die Geliebte des Gottes, und so wird auch die finnliche Freude geheiligt und nimmt den Charakter der Reinheit an. Durch Lust hatte er sie geprüft, denn eine solche Wonne war

ihr noch nie zu Theil geworden; aber nur wenige Ruhe gönnt er ihr, spåt entschlummert sie und früh erwacht sie, und nun durch Entseßen prüft er sie, denn todt findet sie an ihrem Herzen den vielgeliebten Gast. Sie stürzt auf ihn nieder, sie will ihn durch ihr Angstgeschrei erwecken, umsonst, man entreißt ihr den kalten Leich nam und trägt ihn zum Scheiterhaufen, zur Flammengrube hin. Sie fällt bewußtlos hin, aber sie erwacht wieder, die Todtengesånge der Priester erwecken sie, sie eilt dem Geliebten nach, sie drångt sich durch die Menge der Zuschauer, und jeßt erst auf deren Fra gen: Wer bist du? was drångt zu der Grube dich hin?" wird fie ihren Verlust ganz inne. Sie nennt ihn ihren Gatten, sie hat ein Recht dazu, Verzweiflung ergreift sie, sie will nicht an seinen Tod glauben, an den Untergang ihrer kurzen Seligkeit. Aber die alte Lehre, daß nichts Irdisches bleibend ist, daß der Tod nichts vers schont, und die Blüthe wie die Frucht, die Alten nach allmåliger Entkräftung, und die kräftige Jugend wider Aller, wider ihr eigenes Erwarten, dahinrafft, diese alte Lehre tönt ihr aus dem Munde der Priester entgegen, und mit ihr zugleich eine zweite, noch herbere, daß der Erblichene nicht ihr Gatte gewesen sei, daß sie keine Pflicht als Bajadere gegen ihn habe, daß sie ihm zu folgen weder verpflich tet noch berechtigt sei, dieß sei nur Pflicht und Recht der Gattin gegen den Gatten, die diesem, wie der Schatten dem Körper ange höre, und für die diese Nachfolge zugleich rühmlich sei. Dieß ist die härteste Prüfung, die ihr Mahaddh auflegt, es ist die grimmige Pein, fie wird dadurch noch einmal an ihr früheres unreines, liebes und ehrloses Leben und Gewerbe erinnert, sie wird von den Pries stern der Ehre unwürdig erklärt, welche der Gattin zusteht. Und ohne daß man sich um sie kümmert, hat die Leichenfeier ihren Fortgang: Ertöne, Drommete, zu heiliger Klage, o nehmet, ihr Gdtter, die Zierde der Tage, o nehmet den Jüngling in Flammen zu euch." Aber weder die Gleichgültigkeit und gewissermaßen das Vers bot der Priester, und wenigstens Verachtung liegt in der Zurechtweisung, noch die Schrecken des Flammentodes halten sie ab, der Tod wird ihr zur höhern Pflicht nicht_nur, sondern zugleich zum Zeugniß ihrer Liebe, ihrer Reinigung durch die Liebe, ihrer Erneues rung, ihrer wiedererworbenen Würde und Würdigkeit für ein vers klärtes Dasein. Und dieses wird ihr zu Theil; denn kaum hat ein Sprung sie zu dem Heißgeliebten hinabgeführt,,,mit ausgestreckten

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