ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Handlungen Anderer, in der Gesellschaft und bei Hofe meine Meis nung laut sagen. Zu keiner Ungerechtigkeit will ich mehr schweis gen, und wenn ich auch unter dem Namen einer Demokratin verschrien werden sollte." Ich dachte, fuhr G. fort, diese Gesins nung wäre durchaus respectabel. Sie war damals die meinige und ist es noch jeßt. Zum Lohne dafür belegt man mich mit allerlei Titeln, die ich nicht wiederholen mag." Eckermann erinnerte hierauf an Egmont: er kenne kein Deutsches Stück, wo der Freiheit des Volkes mehr das Wort geredet werde, als in diesem. Be kanntlich ward Egmont deshalb auch wol von der Bühne verbannt, wie Schillers Wilhelm Tell. - ,,Man beliebt einmal, erwiederte G., mich nicht so sehen zu wollen, wie ich bin, und wendet die Blicke von Allem hinweg, was mich in meinem wahren Lichte zeigen könnte. Dagegen hat Schiller, der, unter uns gesagt, weit mehr ein Aristokrat war als ich, der aber weit mehr bedachte was er sagte, als ich, das merkwürdige Glück, als besonderer Freund des Volkes zu gelten. Ich gönne es ihm von Herzen, und tröste mich damit, daß es Anderen vor mir nicht beßer ergangen. Es ist wahr, ich konnte kein Freund der Französischen Revolution sein, denn ihre Gråuel standen mir zu nahe und emporten mich täglich und stündlich, während ihre wohlthätigen Folgen damals noch nicht zu ersehen waren. Auch konnte ich nicht gleichgültig dabei sein, daß man in Deutschland künstlicher Weise åhnliche Scenen herbeizuführen trachtete, die in Frankreich Folge einer großen Nothwendigkeit waren." Eben diese åcht volksfreundliche und vas terländische Gesinnung offenbarte G. auch bald darauf, wårend der innigsten Freundschaft mit Schiller, dem er den früher entworfenen Wilhelm Tell abtrat, im Großkophta, in den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten, und vor Allem in Hermann und Dorothea, von welchem leßten Werke er gestand, er habe darin einmal seinen lieben Deutschen recht ihren Willen gethan, und zwar so, daß er selber es nie ohne tiefe Rührung lesen konnte, und in einer solchen Vorlesung bei Schiller unter hervorquellenden Thränen ausrief: So schmilzt man bei seinen eigenen Kohlen!"

d. Goethe und Deutschlands Einheit.

[ocr errors]

Wir können Deutschland gewis als långst einig annemen in der Verehrung Goethe's, dessen eben ablaufendes Jarhundert vor

allen das seinige benannt werden muß. Wie sehr ihm aber auch die Widervereinigung des in seinen Tagen völlig zerfallenen Deuts schen Vaterlandes am Herzen lag, und wie er darüber dachte, ist um so bedeutsamer und lehrreicher in unseren Tagen, als die Hers stellung des einst so mächtigen, weltherrlichen und heiligen Deutschen Gesammtreiches die gerade vorliegende große Lebensfrage ist.

Am 17. Oktober 1828 sprach Goethe mit Eckermann über die Einheit Deutschlands, und in welchem Sinne sie möglich und wünschenswert sei. Mir ist nicht bange," sagte Goethe,,,daß Deutschland nicht eins werde; unsere guten Chausseen und künftigen Eisenbahnen werden schon das Ihrige thun. Vor allem aber sei es eins in Liebe unter einander! und immer sei es eins gegen den auswärtigen Feind! Es sei eins, daß der deutsche Thaler und Groschen im ganzen Reiche gleichen Werth habe; eins, daß mein Reisekoffer durch alle 36 Staaten ungeöffnet passiren könne. Es sei eins, daß der städtische Reisepaß eines Weis marschen Bürgers von dem Grånzbeamten eines greßtn Nachbars staats nicht für unzulänglich gehalten werde, als der Paß eines Ausländers. Es sei von Inland und Ausland unter deutschen Staaten überhaupt keine Rede mehr. Deutschland sei ferner eins in Maaß und Gewicht, in Handel und Wandel, und hundert åhnlichen Dingen, die ich nicht alle nennen kann und mag. Wenn man aber denkt, die Einheit Deutschlands bestehe darin, daß das sehr große Reich eine einzige Residenz habe, und daß diese eine große Residenz, wie zum Wohl der Entwicklung einzelner großer Talente, so auch zum Wohl der großen Masse des Volkes gereiche, so ist man im Irrthum.

Man hat einen Staat wol einem lebendigen Körper mit vie len Gliedern verglichen, und so ließe sich wol die Residenz eines Staates dem Herzen vergleichen, von welchem aus Leben und Wohlsein in die einzelnen nahen und fernen Glieder strömt. Sind aber die Glieder sehr ferne vom Herzen, so wird das zurückstrdmende Leben schwach nnd immer schwächer empfunden werden. Ein geistreicher Franzos, ich glaube Dupin, hat eine Karte über den Kulturzustand Frankreichs entworfen, und die größere oder ges ringere Aufklärung der verschiedenen Departements mit helleren oder dunkleren Farben zur Anschauung gebracht. Da finden sich nun, besonders in südlichen, von der Residenz entlegenen Provinzen

einzelne Departements, die in ganz schwarzer Farbe daliegen, als Zeichen einer dort herrschenden großen Finsterniß. Würde das aber wol sein, wenn das schöne Frankreich statt des einen großen Mits telpunktes, zehn Mittelpunkte hätte, von denen Licht und Leben ausginge?

Wodurch ist Deutschland groß, als durch eine bewundernswür dige Volkskultur, die alle Theile des Reichs gleichmäßig durchdrungen hat. Sind es aber nicht die einzelnen Fürstensiße, von denen ste ausgeht und welche ihre Tråger und Pfleger sind? Gesetzt, wir hätten in Deutschland seit Jahrhunderten nur die beiden Residenzstädte Wien und Berlin, oder gar nur eine, da möchte ich doch sehen, wie es um die deutsche Kultur stünde; ja auch um einen überall verbreiteten Wohlstand, der mit der Kultur Hand in Hand geht.

Deutschland hat über zwanzig im ganzen Reich vertheilte Uni versitäten und über hundert eben so verbreitete Bibliotheken. An Kunstsammlungen, und an Sammlungen von Gegenständen aller Naturreiche gleichfalls eine große Zahl, denn jeder Fürst hat dafür gesorgt, dergleichen Schönes und Gutes in seine Nähe heran zu ziehen. Gymnasien und Schulen für Technik und Ins dustrie sind im Ueberfluß da. Ja, es ist kaum ein deutsches Dorf, das nicht seine Schule håtte. Wie steht es aber um diesen leßten Punkt in Frankreich?

Und wiederum, die Menge deutscher Theater, deren Zahl über fiebenzig hinausgeht, und die doch auch als Träger und Beförderer höherer Volksbildung keinesweges zu verachten. Der Sinn für Musik und Gesang und ihre Ausbildung ist in keinem Lande so verbreitet, wie in Deutschland, und das ist auch etwas.

Nun denken Sie aber die Städte, wie Dresden, München, Stuttgart, Kassel, Braunschweig, Hannover und ähnliche: denken Sie an die großen Lebens. Elemente, die diese Städte in sich selber tragen; denken Sie an die Wirkungen, die von ihnen auf die benachbarten Provinzen ausgehen: und fragen Sie sich, ob das Alles sein würde, wenn sie nicht seit langen Zeiten die Sihe von Fürsten gewesen?

Frankfurt, Bremen, Hamburg, Lübeck sind groß und glänzend, ihre Wirkungen auf den Wohlstand von Deutschland gar nicht zu berechnen. Werden sie aber wol bleiben, was sie sind,

wenn sie ihre eigene Souveränitåt verlieren und irgend einem gros Ben Deutschen Reich als Provinzialstädte einverleibt werden? Ich habe Ursache, daran zu zweifeln.“

Welcher Vaterlandsfreund stimmt nicht gern ein in diese Schilderung des Deutschen Vaterlandes und ihre Bedeutung? Und unbes denklich darf man heute), wo die große Aufgabe des starken ein heitlichen Zusammenfaßens des Deutschen Gesammtreiches gestellt ist, unter den von dem Altvater Goethe nicht weiter genannten Gegen, stånden dieser Einheit auch hinzufügen: die Einheit der Gesetze, der Rechtspflege, der åußeren Angelegenheiten, und wie sich schon von selber vorweg gemacht hat, die Einheit des Heer- und Kriegswesens, an der Spize, nicht mit einem Römischen Kaiser welchen Gers mania nur durch einen Kaiserschnitt zur Welt bringen möchte auch nicht mit einem Römischen König, sondern mit einem Deuts schen Heerkönig, als höchsten der Deutschen Herzöge.

e. Goethe und die politische Poesie.

Wir haben unter diesen Mittheilungen aus und über Goethe die vorige von Deutschlands Einheit damit begonnen, daß wenigs

*) Im März 1849. Damals war „Kaiserschritt“ anstatt „Kaisersch n itt" gedruckt, und veranlaßte folgende Bemerkung: „,,der sonderbare Druckfehler gibt auch einen Sinn da der neue Deutsche Kaiser allerdings mit einem kühnen Schritt ins Leben tres ten könnte: wie wir an dem ersten Französischen Kaiser erlebten. Es ist jedoch klar, daß es „Kaiserschnitt“ heißen soll: wodurch der erste Cäsar (Deutsch),Schwertge burt") ans Licht trak, zwar auch durch einen kühnen Schritt, über den Rubikon, aber zugleich durch einen kühnen Griff und Schnitt. Dieser,,Kaiserschnitt könnte freilich auch noch als ein solcher verstanden werden, wodurch ein Kaiser seinen Schnitt an Deutschland macht: das ist jedoch nicht die Meinung. Wir dachten dabei an das neulich finnvoll angewandte Bild des Meisters Cornelius zu Goethe's Faust, wie Gretchen (als Germania) niederliegt, und dem Faust, da Merhistopheles (dem Schmerling ähnlich) neben ihm erscheint, zuruft:

,,Was steigt aus dem Boden herauf?

Der der! Schick' ihn fort!

Was will der an dem heiligen Ort?

Er will mich!

Heinrich (Bagern), Mir graut's vor Dir."

Wir leben aber der guten Hoffnung, daß Germania troß aller dieser Wirren und
Wehen, genesen und erstarken wird, und gedenken hiebei noch eines Goethe'schen
Gedichts, welches erst nach Goethe's Tode bekannt geworden ist, Vermächtniß“
überschrieben, und worin es heißt:

,,Sie wollten uns in dieses Treibhaus pflanzen:
Allein die Deutsche Eiche wuchs zum Ganzen;
Ein neues Wachsthum ist ihr angekommen,
Sie hat das Glas vom Treibhaus mitgenommen.
So wachs, o Eiche, denn zum Weltvergnügen!
Schon seh' ich neue Sonnen-are fliegen."

stens in der Verehrung Goethe's die Deutschen einig sein möchs ten; und ebenso wird diese Einigkeit angenommen bei der nahe bevorstehenden Jahrhundertfeier Goethe's. Solche Voraussetzung scheint leider unrichtig, und vornåmlich schallt vom Rhein und sor gar aus Goethe's Vaterstadt her, daß auch hierin die Parteienwut sich kundgeben, und die Feier des Erzaristokraten“ und „Fürstenknechts" von den Demokraten verschmäht und uns Anderen übers laßen bleiben soll. Wir können uns freilich leicht deshalb trösten, und den großen Mann und Deutschen Dichterfürsten uns als den unsern gefallen laßen, müßen jedoch wiederholen, daß Goethe in höchster Bedeutung ein Volksfreund und Mann des Deutschen Vaterlandes war, namentlich mehr als Schiller, welchen vielleicht die Demokraten für sich in Beschlag nehmen möchten. Wir können darüber, nächst Goethe's Gesprächen mit Eckermann Bd. 3, besons ders noch sein Gespräch mit Luden 1815 (aus dessen Nachlaß ges druckt) anfüren:

Als Goethe Luden von der Herausgabe der „Nemesis“ abrieth, da er an einer bedeutenden Wirkung zweifelte, sprach er: „Glauben Sie ja nicht daß ich gleichgültig sei gegen die großen Ideen Freiheit, Volk, Vaterland! Nein, diese Ideen sind in uns, sie sind ein Theil uns sers Wesens und niemand vermag sie von sich zu werfen. Auch liegt mir Deutschland warm am Herzen. Ich habe oft einen bittern Schmerz empfunden bei dem Gedanken an das deutsche Volk, das so achtbar im einzelnen und so miserabel im ganzen ist. Eine Vergleichung des deutschen Volks mit andern Völkern erregt uns peinliche Gefühle, über welche ich auf jegliche Weise hinwegzukommen suche, und in der Wissenschaft und in der Kunst habe ich die Schwingen gefunden durch welche man sich darüber hinwegzus heben vermag; denn Wissenschaft und Kunst gehören der Welt an, und vor ihnen verschwinden die Schranken der Nationalität. Aber der Trost den sie gewähren, ist doch nur ein leidiger Trost, und ers seht das stolze Bewußtsein nicht, einem großen, geachteten und ges fürchteten Volke anzugehören. In derselben Weise tröstet auch nur der Glaube an Deutschlands Zukunft; ich halte ihn so fest als Sie, diesen Glauben; ja, das deutsche Volk verspricht eine Zukunft und hat eine Zukunft. Das Schicksal der Deutschen ist, um mit Nas poleon zu reden, noch nicht erfüllt. Hätten sie keine andere Aufs gabe gehabt als das römische Reich zu zerbrechen und eine neue

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »