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Und so möge denn diesen Kranz Goethe'scher Lieder und Sprüche über die geliebte, einzig von ihm geübte, durch ihn veredelte und ihn verehrende Muttersprache ein Lied beschließen, welches auch schon durch den tiefen Klang der Sprache mächtig widerhallt, und worin sein ståter Sinn, daß die Dichtung, wie alle Kunst, aus dem Ur borne des Lebens frei herausquillen müße, die Worte durchdringt:

„Entschluß.

Worauf kommt es überall an,
Daß der Mensch gesundet?
Jeder hört gern den Schall an,

Der zum Ton sich rundet.

Alles weg, was deinen Lauf stört,

Nur kein düster Streben!

Eh' der Dichter singt und eh' er aufhört,

Muß der Dichter leben.

Und so mag des Lebens Erzklang

Durch die Seele dröhnen.

Fühlte der Dichter sich das Herz bang,
Wird sich selbst versöhnen."

Wie für die Zerstreuung der Sprachen, für ihre Wahrheit und Dichtung, Goethe die Liebe als die alleinige Vereinung erkennt, so verkündet er diese höchste der geistlichen Tugenden welche zugleich die einzige Rettung gegen das Genie ist, auch als die auf Erden vor allen beglückende, in der

,,Lebensregel.

Willst du dir ein hübsch Leben zimmern,
Must dich ums Vergangne nicht bekümmern;
Das Wenigste muß dich verdrießen;
Must stets die Gegenwart genießen,
Besonders keinen Menschen hassen,
Und die Zukunft Gott überlassen.“

Welchen Spruch er dann noch erweiterte:

,,Willst du dir ein hübsch Leben zimmern,
Must ums Vergangne dich nicht bekümmern,
Und wäre dir auch was verloren,
Must immer thun wie neu geboren;
Was jeder Tag will, sollst du fragen,
Was jeder Tag will, wird er fagen;

Must dich am eignen Thun ergehen,
Was andre thun, das wirst du schäßen;
Besonders keinen Menschen hassen,
Und das Uebrige Gott überlassen.“ *)

v. d. Hagen.

7. Goethe's Jahrhundertfeier.

Goethe schrieb (1805) ein Buch Winkelmann und sein Jahr: hundert": in noch höherem Sinne und weiterem Umfange ist das heute abgelaufene Jahrhundert Goethe's Jahrhundert.

Er war und ist ein Såcular- Mensch, wenn irgend einer; ja er ist der Mann eines Jahrtausends, und noch mehr. —

"

Er war ein Mann! nehmt Alles nur in Allem,

Ich werde nimmer seinesgleichen sehn.“

Seine äußere Erscheinung war das Abbild seines Geistes: er war einer der schönsten Männer, und noch auf dem Todbette er staunte man über die göttliche Schönheit,,,seiner Glieder Götter pracht," sodaß auch leiblich sein Bild in ewiger Jugend dasteht.

In Wahrheit heißt er,,Göttlich von Namen, Blick, Gestalt, Gemüthe." Ja:

Ist der Goethe ein Gott, so werd' als ein Gott er verehret: Ist er ein Mensch, gleichwol werd' er verehrt als ein Gott." So war er nicht bloß begeisterter Verkünder, Kundiger, ja selbst Hervorbringer der bildenden Kunst, sondern zugleich ihr würdigster Gegenstand, der in jedem Alter, in jeder Darstellung erfreut: wie er denn zu diesem Festtage uns wieder durch Rauch's Meisterhand in vollendeter Bildung vor Augen gestellt ist; in inniger Verbins dung mit seinem Geistesbruder Schiller, zum leuchtenden Zwillingss gestirne **).

*) So steht er zuerst in der Sol. Ausg. (1836) I, 82.

Der Ausschuß des zur Goethe-Jahrhundertfeier und -Stiftung hier ge bildeten Vereins hat eben, am 31. October, einstimmig beschloßen, den für das Jahr 1850 von ihr ausgefeßten Preis von tausend Thalern auf das würdigste Werk der bildenden Kunst dem von Rauch zur Goethe-Jahrhundertfeier modellir

Für uns Deutsche ist Goethe das, was er in Voltaire als dem vollendeten Ausdruck der Franzosen erkannte, was Dante den Ita lienern, Cervantes den Spaniern, Camoens den Portugiesen und zunächst Shakspeare den Engländern war, ist und sein wird.

Er vereinigt aber zugleich alle diese in sich, und noch mehr: ,,Wie Homer der Griechen, Dante der Italiener, Shakspeare der Engländer, so wird der Dichter des Gök, Faust, Hermann und Do rothea immerdar die allvereinende Heimståtte, der allbelebende Geist unsrer Kunst und Wissenschaft sein und bleiben, so lange unsre Sprache Deutsch_bleibt.“ *)

Seine Allseitigkeit und Tiefe, die innige Durchdringung von Kunst und Wißenschaft, von Geschichte und Dichtung erheben ihn über Alle, und ich bekenne frei: mit seinen Werken, in drei mäch tigen Bånden, würde ich vor allen Anderen in der Alleinsamkeit mir genügen laßen, versteht sich nächst der Heiligen Schrift. Man weiß, daß Zelter sich zuleßt freiwillig entschloß, nur noch seinen brüderlichen Freund Goethe zu lesen, dem er bald in den Tod folgte.

Seine Lieder, zunächst in den Tönen der Zeitgenoßen befreun deter Meister Reichardt, Zelter u. a. werden ståts die schönste Blüte der Deutschen Geselligkeit sein und bleiben; wie wir eben auch heute fröhlich erleben, indem wir den ewig jungen Dichter mit seinen eigenen unverwelklichen Blüten bekränzen.

Moses schreibt:,,Da kam ein andrer Pharao, der wuste nichts von Joseph." Wehe über Deutschland, wenn es einst heißen sollte: ,,Da kam ein andres Geschlecht, das wuste nichts von Goethe'n.“

Ich kann es mir nicht denken, daß jemals Deutsche solche Schmach erleben sollten: sie würden damit aufhören Deutsche zu sein.

So gewis die Hoffnung der Zukunft Europa's bei den Deutschen beruht: so gewis ruht die Hoffnung der Deutschen bei den Deutschen Frauen, die Goethe ja vor allen verherrlicht und die heute vor allen sein Fest verschönen: ihnen ist mit der Geburt die Kind

ten Standbilde Goethe's, in einer mit Schiller verbundenen Gruppe, zu erteilen, zur baldigen Ausführung (am füglichsten wol in Erz), diese auch fernerhin auf alle Weise zu fördern, und so zum würdigen Denkmale der beiden im Leben so innig vereinten größten Dichter des Vaterlandes mitzuwirken. Nachdem beider be sondere Heimat sich schon eines Standbildes des ihrigen erfreuet, gebürt es sich um so mehr, nun auch ein solches Gesammtdenkmal beider dem gesammten Deuts schen Vaterlande vor Augen zu stellen.

*) Der ewige Jude von Cruciger (1832) S. 20.

heit, die erste Pflege und Bildung des neuen Geschlechts vertraut, die erste Mitteilung der nach ihnen benannten Muttersprache in ihrer Tiefe, Reinheit und Macht, wie vor allen Goethe von seiner trefflichen Mutter sie überkam und am höchsten offenbarte.

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Gibt es jeho schon Deutsche (wie es leider von jeher dergleichen gab), welche ihn nicht anerkennen, Litteraten und Poeten die nichts von ihm wißen wollen, so wollen wir ihn gern als den unsern behalten und feiern.

Die Recensenten und Hyperkritiker, die an ihm måkeln und mångeln, oder ihn gar verneinen, -die hat er schon in seinem 21sten Jahre mit einem,,Schlagt ihn todt!" begrüßt, und dann noch über den Tod hinaus abgefertigt *), in den erst aus seinem Nachlaße bekannt gemachten,,Invectiven," mit der Dichtung vom todten Moses, der, als die Teufel heranfuhren ihn zu holen, sich gegen sie vom Tode erhob und mit seinem gewaltigen Stabe sie verjagte.

Wie sein Geist, an dessen „Sphåre“ wir heute,,lange gefogen, von ihm mächtig angezogen," fortwårend unter uns walten und wirken soll, spricht ein Gedicht aus, welches auch nach seinem Tode zum Vorschein kam, und als sein,,Vermächtniß an die jüngere Nachwelt" bei seinem 50jährigen Weimarschen Jubelfeste, sich gibt, und zwar in seinen Werken nicht steht, aber wol in seinem Sinne und aus seinem Munde ist. Es lautet:

„Ihr sollt nicht mit dem Edeln Kurzweil treiben,
crst sollt ihr leben und nach diesem schreiben,
erst sollt ihr dichten und nach diesem malen:

sonst spielt ihr nur mit Farben, Kunst und Zahlen,
und seid, obwol von jedermann gelesen,

doch selbst nur Schrift und Pergament gewesen.

Ein jeder sehe, wie und was er schreibe, das Haupt sei angemessen seinem Leibe:

**) Sol. Ausg. Bd. 1, S. 139, zunächst gegen Pustkuchen-Pusterich:
Ueber Moses Leichnam ftritten

Selige und Fluch - Dämonen;
Lag er doch in ihrer Mitten,
Kannten sie doch kein Verschonen.
Greift der stets bewußte Meister
Nochmals zum bewährten Stabe,
Hämmert auf die Pustrichs-Geister:
Engel brachten ihn zu Grabe.

zehntausend Schultern Einem anzupassen,
das nennen sie erfinden und verfassen.
Wir aber nennen dies Manier, ob Viele
sie auch verwechseln mit dem ernsten Style.

Der ernste Styl, die hohe Kunst der Alten,
das Urgeheimnis ewiger Gestalten,

es ist vertraut mit Menschen und mit Göttern,
es wird in Felsen, wie in Büchern blättern,
denn was Homer erschuf und Scipionen,
kann nimmer im gelehrten Treibhaus wohnen.

Sie wollten in dies Treibhaus uns verpflanzen:
allein die deutsche Eich erwuchs zum Ganzen,
ein Sturm des Wachsthums ist ihr angekommen,
sie hat das Glas vom Treibhaus mitgenommen.
Nun wachs, o Eich', erwachs zum Weltvergnügen:
schon seh' ich neue Sonnenaare fliegen.

Und wenn sich meine grauen Wimpern schließen,
so wird sich noch ein mildes Licht ergießen,
bei dessen Widerschein von jenen Sternen
die spätern Enkel werden sehen lernen,

um in prophetisch höheren Gesichten

von Gott und Menschheit Höh'res zu berichten.”

Das Licht, welches der Verklärte hier verkündet, ist das in seis nen Werken, die zum Teil erst nach seinem Tode erschienen, unvergånglich leuchtet und stralt, und das er noch in seinen leßten Worten,,mehr Licht! mehr Licht!" aussprach, als am Morgen des Frühlingsanfanges, den er jährlich so freudig begrüßte, sein „sonnenhaftes Auge" sich schloß, und das unsichtbare Licht der Ursonne ihm aufgieng.

Es lebe und leuchte immerdar Goethe, der Mann des ewigen göttlichen Lichtes!!!

Vorstehendes wurde zur Nachfeier des Goethes Tages in der Deutschen Gesellschaft vorgetragen. Bei der öffentlichen, von unsrer Gesellschaft ausgegangenen Feier am 29. August 1849, über welche von einem Mitgliede, Dr. Holzapfel, ein Bericht mit allem Zubehör erschienen, ist das folgende Gedicht gesprochen, zum Beschluße der manigfaltigen Gedichte, Sprüche und Reden, und steht daher nicht in der beim Feste verteilten Sammlung derselben.

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