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In diesen beiden Punkten weicht auch Livius 1, 6, 4---1, 7, 1 von Ennius ab. Livius hat also an dieser Stelle den Ennius nicht zugrunde gelegt. Ebensowenig geht es natürlich auf Ennius zurück, wenn Livius 1, 7, 2 erzählt, es sei Streit entstanden, weil Remus weniger Vögel, aber früher, Romulus die doppelte Zahl, aber später gesehen habe und bei diesem Streit sei Remus umgekommen. Nach Ennius konnte es ja über den Ausgang des Auspiziums gar keinen Streit geben, da nur Romulus Vögel zu Gesicht bekam.

Anders steht es mit der Variante, die nun bei Livius folgt (1,7, 2): vulgatior fama est ludibrio fratris Remum novos transiluisse muros; inde ab irato Romulo, cum verbis quoque increpitans adiecisset 'sic deinde quicumque alius transiliet moenia mea! interfectum. Diese Version läßt sich nicht nur mit der ennianischen Darstellung des Stadtgründungsauguriums ohne weiteres in Einklang bringen, es wird auch durch ein direktes Fragment bezeugt, daß sie die ennianische ist (frg. L Vahlen [Macr. sat. 6, 1, 15 Serv. Aen. auct. 9, 420]: non pol homo quisquam faciet impune animatus hoc nisi tu: nam mi calido das sanguine poenas). Livius hat also mit 1, 7, 2 Ennius als Quelle aufgenommen1). Interessant ist, wie er die Worte des Ennius kürzt (sic deinde quicumque alius transiliet moenia mea': die einfachere Ausdrucksweise des Ennius hat Livius nach Rhetorenart umgebogen: Ennius sagt, keiner wird künftig die Mauern überspringen außer Remus, Livius dagegen, so wie Remus d. h. nur mit Verlust des Lebens wird auch jeder andere die Mauern überspringen).

Es würde nun unserer Untersuchung sehr zustatten kommen, wenn Livius den Ennius, den er in der Variante 1, 7, 2 aufgenommen hat, als Quelle beibehalten hätte. Leider ist dies nicht der Fall. Das zeigen die nächsten Worte des Livius (1, 7, 3): ita solus potitus imperio Romulus; condita urbs conditoris nomine appellata. Nach Ennius ist ja schon durch. das Augurium entschieden, daß Romulus der Stadt seinen Namen gibt; nach ihm ist daher Romulus schon zu Lebzeiten des Remus der einzige König. Die Vermutung, daß Livius nach der Variante über den Tod des Remus zu einer anderen Quelle übergegangen oder zurückgekehrt ist, wird verstärkt durch die Worte, die jetzt folgen: Palatium primum, in quo ipse (Romulus) erat educatus, muniit. Nach Ennius sind die Mauern schon vor dem Tode des Remus gebaut; sonst hätte ja Remus nicht darüber springen können. Charakteristisch ist es für die spätere Tradition, daß der Teil der Stadt, der zuerst befestigt wird, genau bezeichnet wird (der Palatin). Ennius genügte es, einfach zu berichten, daß Romulus die Stadt mit Mauern umgab. Wie diese Mauern verliefen, kümmerte den Dichter 1) Vgl. Schwegler I 389, 12; Vahlen, Ennius2 p. CLXIII. Die andern Fragmente des Ennius (XLVIII und XLIX), die Vahlen bringt, sind nicht mit Sicherheit hierher zu ziehen.

und seine naiven Leser nicht; erst der kritische Historiker fragte darnach und hatte natürlich für seine Frage auch sofort eine Antwort.

Auch weiterhin finden sich bei Livius keine sicheren Spuren des Ennius mehr. Wir sind daher jetzt auf die direkten Fragmente und auf allgemeine Erwägungen angewiesen.

Eine solche allgemeine Erwägung sagt uns, daß der Raub der Sabinerinnen bei Ennius nicht gefehlt haben kann, denn er ist die Voraussetzung für den Sabinerkrieg. Im einzelnen läßt sich freilich nicht viel Sicheres feststellen. Der Anlaß des Raubs war wohl wie bei Livius') die penuria mulierum). (Die spätere Tradition wußte andere Gründe dafür anzuführen3).) Ob die Spiele, zu denen Romulus die Nachbarn einlud, schon bei Ennius die Consualia waren, ist zweifelhaft. Vergil singt Aen. 8,635f.: raptas sine more Sabinas consessu caveae magnis circensibus actis und Servius bemerkt dazu: raptae autem sunt Sabinae Consualibus, hoc est mense Martio 4). .. errant ergo qui dicunt 'magnis circensibus' aut Megalesiacis aut Romanis, quos constat fieri ante Kal. Ian. Es gab also im Altertum Leute, die magnis circensibus bei Vergil nicht auf die Consualia bezogen. Das wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn schon Ennius von den Consualia gesprochen hätte. Vermutlich hatten die Spiele bei Ennius überhaupt keinen Namen. Der Gott, zu dessen Ehren in den ennianischen Annalen die Spiele gefeiert wurden, war vielleicht Juppiter. Darauf führt wenigstens Schol. Bern. Verg. georg. 2, 384 (p. 912 Hagen): Romulus cum aedificasset templum lovi Feretrio, pelles unctas stravit et sic ludos edidit, ut caelestibus (caestibus Burmann) dimicarent et curru (cursu Hagen) contenderent, quam rem Ennius in annalibus testatur. Da, wie wir gleich sehen werden, bei Ennius der Krieg gegen Caenina, an den die spätere Traditron die Erbauung des Juppiter-Feretrius-Tempels knüpfte, nicht zu lesen war, so liegt es nahe, die Notiz der Schol. Bern. auf die Spiele zu beziehen, bei denen der Raub der Sabinerinnen stattfand. Dagegen scheint allerdings Varro, de vita pop. Rom. lib. I (bei Nonius p. 21 M) zu sprechen: etiam pellis bubulas oleo perfusas percurrebant ibique cernuabant. a quo ille versus vetus est in carminibus: ibi pastores

1) 1, 9, 1; vgl. Dionys. ant. 2, 31, 1.

2) Daraus ist dann vermutlich die Sage vom Asyl abgeleitet, die ihrerseits die penuria mulierum erklären sollte (vgl. Schwegler, RG I 468 oben; J. B. Carter, Roschers myth. Lex. IV [1909] S. 185 oben). Der Erfinder des Asyls ist vielleicht Piso, unser ältester Zeuge dafür (Serv. Aen. auct. 2, 761; vgl. Mommsen, die Tatiuslegende [hist. Schr. I S. 26. 33, 2] und Pais, storia di Roma I 232, 2 [= storia critica I 2 S. 382, 2]); Piso war wie Cato ein Gegner der Geburtsaristokratie.

3) So schon Cicero rep. 2, 7, 12; vgl. Dionys. ant. 2, 31, 1.

4) Servius verwechselt hier die Consualia, die am 21. August gefeiert wurden, mit den Equirria (Wissowa, Religion S. 202, 1).

ludos faciunt coriis Consualia'. Aber es liegt nichts im Wege, anzunehmen, daß Ennius Festgebräuche der Consualia auf ein Fest der Juppiter übertrug1).

Von direkten Fragmenten bezieht sich wohl auf den Raub der Sabinerinnen frg. LII V.2 (bei Fest. p. 325 M): virgines; nam sibi quisque domi Romanus habet sas. Den Jammer der beraubten Eltern schildert vielleicht frg. LIV: maerentes flentes lacrimantes commiserantes. Man vergleiche Liv. 1, 10, 1: raptarum parentes tum maxime sordida veste lacrimisque et querellis civitates concitabant.

Vor dem Sabinerkrieg stehen bei Livius 'sozusagen als Vorpostengefechte' die Kriege gegen Caenina, Antemnae und Crustumerium. Mommsen2) macht auf die Ungereimtheiten aufmerksam, die durch diese Partie in die Erzählung kommen. Besonders schwer wiegt die Ungehörigkeit einen Krieg, der nicht zum Siege des einen oder des anderen Teils, sondern zum Vertrage führt und führen soll, mit der Vernichtung dreier Städte einzuleiten'. Mit Recht fährt Mommsen fort: 'Darum scheinen diese Kriege nicht zu der ursprünglichen Erzählung zu gehören, sondern nachträglich in diesen Zusammenhang gebracht zu sein.' Daß sie jedenfalls bei Ennius noch nicht standen, zeigt die ganze Mache, die poetisches Kolorit durchaus vermissen läßt.

Nach der Verschmelzung mit den Sabinern wurden nach Ennius die 30 Kurien und die drei Reiterzenturien eingeführt. Das berichtet noch Livius (s. oben S. 17ff.). Er übergeht, daß nach Ennius Tatius in sakraler Beziehung Neues brachte. Wenigstens scheint mir das hervorzugehen aus Varro, ling. 5, 74 e[t] ar[a]e Sabinum linguam olent, quae Tati regis voto sunt Romae dedicatae: nam, ut annales dicunt, vovit Opi, Flor[a]e, Vedio(io)vi Saturnoque, Soli, Lunae, Volcano et Summano, itemque Larundae, Termino, Quirino, Vortumno, Laribus, Dianae Lucinaeque3). Bei der Weihung des Altars des Quirinus sprach er vermutlich die Worte (frg. LXIII V.2): 'Quirine pater veneror Horamque Quirini1).'

Hierauf mußte Tatius wieder verschwinden, da er seine Rolle ausgespielt hatte. Auf einen gewaltsamen Tod des Tatius deutet vielleicht

1) Abzuweisen ist die Vermutung von Pais, storia di Roma I 235, 1 (= storia critica I 385, 2), der von Varro zitierte versus vetus beziehe sich auf die Spiele des Romulus beim Raube der Sabinerinnen. Das anzunehmen, liegt nicht der geringste Grund vor.

2) Die Tatiuslegende. Hist. Schr. I 23. 25.

3) Vgl. Aug. civ. 4, 23 Romulus constituit Romanis deos Ianum, Iovem, Martem, Picum, Faunum, Tiberinum, Herculem . . . Titus Tatius addidit Saturnum, Opem, Solem, Lunam, Vulcanum, Lucem et alios inter quos etiam deam Cluacinam. Dazu Dionys. ant. 2, 50, 3.

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4) Diese Worte hat Vahlen fälschlich auf die Identifizierung des Romulus mit Quirinus bezogen; die richtige Erklärung steht bei Wissowa, Religion' S. 155, 5.

frg. LX V.2: 0 Tite tute Tati tibi tanta tyranne tulisti1). Genaueres wissen wir über die ennianische Version nicht.

Die Kriege gegen Fidenae und Veji, die Romulus nach Livius als Alleinherrscher führte, sind, wie schon Niebuhr 2) bemerkt hat, 'ohne den Geist und die Züge eines Gedichts', sind also sicher nachennianisch.

'Das Gedicht erscheint wieder in seinem vollen Glanze wo Romulus der Erde entrückt wird.' Darüber hat uns Cicero ein schönes Fragment überliefert (rep. 1, 64):

iusto quidem rege cum est populus orbatus,

pectora diu tenet desiderium,

sicut ait Ennius post optimi regis obitum;

simul inter

sese sic memorant: o Romule Romule die
qualem te patriae custodem di genuerunt!

o pater, o genitor, o sanguen dis oriundum!

non eros nec dominos appellabant eos, quibus iuste paruerunt, denique ne reges quidem, set patriae custodes, set patres et deos. nec sine causa; quid enim adiungunt?

tu produxisti nos intra luminis oras.

Für Ennius war also Romulus der gute König, den sein Volk aufrichtig betrauert, nicht der Tyrann, den die spätere Tradition malt3). Das Verschwinden des Königs erfolgte während einer plötzlich eintretenden Finsternis (Cic. rep. 2, 17 cum subito sole obscurato non comparuisset; Liv. 1, 16, 1 subito coorta tempestas cum magno fragore tonitribusque tam denso regem operuit nimbo, ut conspectum eius contioni abstulerit; Dionys. 2, 56, 2 ζόφου κατασκήψαντος ἐξ αἰθρίας καὶ χειμώνος μεγάλου καταρραγέντος ἀφανῆ γενέσθαι; es sei dahingestellt, ob Ennius diese Finsternis als eine eigentliche Sonnenfinsternis darstellte; Cic. rep. 1, 25 spricht eher dagegen als dafür). Was dieses Verschwinden bedeutete, lehrt uns wieder Cicero (Tusc. 1, 27):

Romulus in caelo cum dis agit aevum,

ut famae adsentiens dixit Ennius. Dieser Vers ist vielleicht richtiger überliefert bei Serv. Aen. 6, 763:

Romulus in caelo cum dis genitalibus aevum degit.

Diese Fragmente werden ergänzt durch Liv. 1, 16, 1-3: his immortalibus editis operibus cum ad exercitum recensendum contionem in campo ad Caprae paludem haberet, subito coorta tempestas cum magno

1) Vgl. Schwegler, RG I 516, 2; Vahlen, Ennius' p. CLXV denkt an die Möglichkeit einer anderen Auffassung des Verses.

2) Röm. Gesch. I2 S. 238, 13 S. 258.

3) Vgl. Niebuhr, RG I2 239, 18 259; Schwegler, RG I 536.

fragore tonitribusque tam denso regem operuit nimbo ut conspectum eius contioni abstulerit. nec deinde in terris Romulus fuit. Romana pubes sedato tandem pavore, postquam ex tam turbido die serena et tranquilla lux rediit, ubi vacuam sedem regiam vidit, [etsi satis credebat patribus, qui proxumi steterant, sublimem raptum procella, tamen] velut orbitatis metu icta maestum aliquamdiu silentium obtinuit. deinde a paucis initio facto deum deo natum, regem parentemque urbis Romanae salvere universi Romulum iubent; pacem precibus exposcunt, uti volens propitius suam semper sospitet progeniem.

Daß dieser Passus auf Ennius zurückgeht (vielleicht mit Ausnahme der eingeklammerten Worte), ist kein Zweifel'). Als neue Züge der ennianischen Tradition kommen hinzu, daß Romulus bei einer Musterung des Heeres auf dem Marsfeld bei den Ziegensümpfen verschwand (vgl. Dionys. ant. 2, 56 οἱ μὲν οὖν μυθωδέστερα τὰ περὶ αὐτοῦ ποιοῦντες ἐκκλησιάζοντά φασιν αὐτὸν ἐπὶ στρατοπέδου ζόφου κατασκήψαντος ἐξ αἰθρίας καὶ χειμώνος μεγάλου καταρραγέντος ἀφανῆ γενέσθαι καὶ πεπιστεύκασιν ὑπὸ τοῦ πατρὸς Αρεος τὸν ἄνδρα ἀνηρπάσθαι), ferner das anschauliche Bild der leeren sedes regia, die wir uns natürlich wie die spätere sella curulis vorzustellen haben.

Aus der vollständigen und in sich abgeschlossenen Darstellung des Livius, der die des Dionysius zu Hilfe kommt, ergibt sich, daß die Geschichte von Proculus Iulius, dem Romulus erschienen sei, ebenso der nachennianischen Tradition angehört wie die Identifizierung des Romulas mit Quirinus 2).

Die Aufnahme unter die Götter verdankte Romulus natürlich seinem Vater Mars, dem dies Juppiter schon früher zugesagt hatte durch den Vers (frg. XXXIX V2).

unus erit quem tu tolles in caerula caeli templa3).

Sehr wahrscheinlich hat Elter4) gemacht, daß Ennius anläßlich der Himmelfahrt des Romulus auf Hercules, Castor und Pollux, Liber exemplifizierte, die auch nach ihrem Tode unter die Götter aufgenommen wurden. Besonders deutlich wird das durch Cic. Tusc. 1, 27:

Romulus in caelo cum dis agit aevum,

ut famae adsentiens dixit Ennius, et apud Graecos indeque perlapsus 1) Vgl. Vahlen, Ennius' p. LXI, Pais, storia di Roma I 239, 2 (= storia critica I 2 S. 389, 2).

2) Wissowa, Religion2, 1912, S. 155, 5 weist mit Recht die Ausführungen Elters (Donarem pateras, Bonn 1907, S. 40, 31 ff.) zurück, 'der die Gleichsetzung Romulus-Quirinus auf Ennius zurückführt'.

3) Vgl. Skutsch, REV 2605.

4) Donarem pateras S. 36 ff. Elter denkt allerdings an den 'Scipio', nicht an die Annalen (S. 40, 15); daß nicht bloß Romulus, sondern auch Scipio von Ennius unter die Götter versetzt worden sei, hat sich Elter vergeblich zu beweisen bemüht.

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