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Bei Râmânuja ist die Welt, wie in dem orthodoxen Vedânta, durchaus monistisch gefasst, es gibt nichts als das eine allumfassende Wesen; während dieses aber bei Çankara die reine, nur als Denken bestehende, eigenschaftslose Existenz ist, sind bei Râmânuja Existenz und Denken nicht seine Substanz, sondern seine Eigenschaft; das Absolute besteht nicht aus Existenz und Denken, sondern es ist ein Wesen, welches existiert und denkt und welches so weit davon entfernt ist, eigenschaftslos zu sein, dass es vielmehr alle Eigenschaften besitzt, und zwar in so vollkommener Weise, dass sie ihm absolute Macht und absoluten Wert verleihen. So wird Brahma als ein alles durchdringendes, allmächtiges, allwissendes, allbarmherziges Wesen gedacht. Demgemäss ist er auch nicht unterschiedslose Einheit: die ganze, mannigfaltige Welt der Realitäten besteht in ihm; die Seelen und Stoffe bilden seinen Körper, aber nicht sein Wesen; sie sind ihm untergeordnet, wie der Körper dem Geist, und existieren, was ein Hauptpunkt ist, in ihm mit einer relativen Selbständigkeit. Hierdurch wird eine Individualität der Seele ermöglicht, und so weit geht die Selbständigkeit der Seelen, dass manchmal gesagt wird, nicht sie bestehen in Brahma, sondern Brahma wohnt in ihnen als das konstituierende Prinzip; auch werden sie, als von Ewigkeit existierend, nie ganz in ihm sich auflösen. Da die Dinge aber zugleich ursprünglich aus Brahma hervorgegangen sind, werden sie in einem doppelten Verhältnisse zu ihm stehen müssen: zuerst haben die Dinge als Keime in Brahma eristiert und sind durch einen Willensakt Brahmas, der die Schöpfung ist, aus ihm hervorgegangen; und zweitens bleiben sie nach der Schöpfung doch ihrem Wesen nach in ihm bestehen. Alles Lebende ist in Seelenwanderung (samsâra) begriffen, aus der sich die Seele durch Erkenntnis des Brahma, nicht durch Werke befreien kann; sie wird dann in die Welt Brahmas zu ewigem, seligem Leben erhoben werden und an Brahmas göttlichen Eigenschaften, ausgenommen jedoch an seiner Macht, die Welt auszusenden, zu regieren und wieder in sich aufzunehmen, teilhaben. Wir sehen, wieviel Raum in diesem System der Realität der Dinge gelassen ist; noch wichtiger aber ist die Rolle, welche die Persönlichkeit spielt. Denn einerseits ist Gott seinem Wesen nach ein persönliches Prinzip, anderseits hat auch die Seele eine wirkliche und bleibende Individualität, die sich nicht dadurch aus der Seelenwanderung befreit, dass sie vermittelst eigener Kraft ihre Einheit mit Brahma erkennt und in Brahma aufgeht, sondern dass sie durch Brahmas gnädige Hilfe sein Wesen erkennen und betrachten lernt und dadurch den höchsten Zustand der ewigen Freiheit und Seligkeit in seinem Himmel gewinnt.

Religiösen Gehalt gewinnt dieses System dadurch, dass es den Gedanken der Vaterschaft Gottes ermöglicht, und faktisch wird die Gottheit Rāmānujas als lebendiger Gott dargestellt: „ein höchstes Wesen, mit allen guten Eigenschaften ausgestattet, voller Liebe und Erbarmen gegen die sündenvollen Wesen, die ihn anbeten; der erlösten Seele verleiht er eine Heimat ewiger Seligkeit in seiner Nähe - ein Heim, wo keine Seele ihre Einheitlichkeit verliert und wo vollkommener Friede herrscht. In seiner unendlichen Liebe und Barmherzigkeit hat dieser Gott, um die Erlösung des menschlichen Geschlechtes zu erwirken, sich in verschiedene Gestalten inkarniert, seine vollste und edelste Verkörperung war in Rama Candra, dem grossen Vorbilde der Menschen" (GRIERSON).

Diese neue Frömmigkeit hat Ramananda und vor allem Tulsi Dâs weiter ausgebaut. Letzterer, der weder ein System gebildet noch eine Sekte gestiftet hat, hat eben durch diese Unbefangenheit seiner Religiosität den Ton getroffen, den jeder Fromme verstehen kann, und was er von seinem Rama spricht, kann auch der Krishnaverehrer brauchen; ja der edlere Kultus der Rama hat durch dieses Gedicht tatsächlich den niederen Krishnakult beeinflusst und veredelt: „Ein höchstes Wesen gibt es; der Mensch ist von Natur unendlich sündhaft und der Erlösung unwürdig. Das höchste Wesen hat jedoch in seiner unendlichen Barmherzigkeit sich in der Person des Rama inkarniert, um die Welt von Sünden zu befreien. Dieser Rama ist in den Himmel zurückgekehrt, wo wir jetzt einen Gott besitzen, der nicht nur voller Barmherzigkeit ist, sondern aus eigener Erfahrung weiss, wie gross die Schwächen und die Versuchungen, die an den Menschen herantreten, sind, und obgleich selbst von keiner Sünde befleckt ist er allezeit bereit, dem sündigen Menschen, der ihn flehend anruft, zu helfen. Dazu kommt, nicht als willkürliche Zutat, sondern als notwendige Folge, die Pflicht, die man dem Nächsten schuldet, und die Lehre von der universellen Bruderschaft der Menschen.“ „Rama ist Gott, darum kann er Menschen erlösen; Rāma ist Mensch, darum kann der Mensch seine Liebe greifen" (GRIERSON). Ob diese Heilsgedanken sich unter christlichem Einfluss gebildet haben, lässt sich nicht bestimmen, ist aber nicht wahrscheinlich. Erst im Jahre 1580, sechs Jahre nachdem Tulsi Das sein Ramayana angefangen hatte, kam die erste jesuitische Mission nach Agra.

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Die Selbständigkeit, welche Râmânuja für die Realität der Dinge und die Individualität der Seele gewonnen hatte, genügte indessen nicht allen. Immer war der Grundcharakter des Systems monistisch, und die Dinge hatten nur als Attribute Gottes Existenz. Hiermit

unzufrieden, gründete Anandatîrtha oder Mâdhva sein dualistisches System, in welchem ein scharfer Unterschied durchgeführt wird zwischen: 1. Gott und den Seelen, 2. Gott und den Dingen, 3. Seele und Ding, 4. verschiedenen Seelen, 5. verschiedenen Dingen. Hier ist, wie man sieht, der letzte Schimmer von Vedântadenken erloschen; die neue Denkweise hat indessen nicht zu einer neuen Religiosität geführt, und der Charakter der Bhagavatareligion bleibt noch in der Mâdhvasekte bestehen.

Eine völlige Umgestaltung der Religiosität ist dagegen bei der Vallabhas ekte unverkennbar; mit dem spiritualistischen Weltbegriff ist hier auch die geistige Weltanschauung aufgegeben, und die Ideen von Gott und Mensch, von Leben und Seligkeit, die in der Vishnureligion ausgebildet waren, werden in dem Krishnakulte der Vallabhas auf plumpe Weise versinnlicht. Der Himmel heisst hier Goloka, die Kuhwelt, von Krishna und den Gopis bevölkert, mit denen die Seligen die Jugendabenteuer des Gottes in Ewigkeit fortsetzen.

Die philosophischen Systeme der Çaivas lehnen sich an die Sânkhyaphilosophie wie die der Vaishnavas an das Vedânta an, entfernen sich aber noch weiter von der ursprünglichen Schule, indem sie einen entschieden theistischen oder vielmehr deistischen Charakter annehmen. Die Welt besteht aus drei Entitäten: Gott, Seelen und Stoffen; diese sind ihrem Wesen nach und ewiglich voneinander unterschieden. Wohl hat Gott die Welt geschaffen, aber nur als wirkende Ursache (causa efficiens), nicht, wie die Vedântas lehren, als materielle Ursache, da er von aller Materie wesens verschieden ist. Er schafft die Welt, wie der Töpfer den Topf, d. h. ohne den Stoff hervorgebracht zu haben, oder wie der Spiegel das Bild, d. h. von dem Prozesse ebensowenig innerlich affiziert. Dieser Gott ist Çiva, der auch als Vorsehung über die Welt herrscht.

Während also die Natur als Wirkung und Gott als Ursache betrachtet werden muss, hat die Natur (prakṛti) anderseits ihr materielles Prinzip in sich selbst, da sie mit plastischer Kraft (pradhâna) versehen ist; sie kann sich also gewissermassen unabhängig konstituieren, wird aber doch von Çiva durch seine Çakti (als instrumentale Ursache) regiert, bzw. erhalten und zerstört. Innerhalb des Weltlaufs sind nun die Seelen, von denen mannigfaltige Arten existieren, in der Materie eingeschlossen und dadurch von Gott entfernt. Die Aufgabe ist, die Seele aus den Banden der Materie zu befreien und sie zu Gott zurückzuführen, wie das Vieh (paçu) aus den Ketten, damit es zu seinem Besitzer (pati) zurückkehre. Nach Çiva als Viehherrn (paçu-pati) hat das wichtigste Çaivasystem seinen Namen. Diese

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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Erlösung geschieht, je nach den verschiedenen Systemen, kraft einer göttlichen Prädestination oder durch freie Initiative des Menschen. Der Weg zur Erlösung ist teils Meditation (yoga), teils Befolgung der rituellen Vorschriften (viddhi). Das Ziel der Erlösung kann nach den Voraussetzungen der Lehre nie das Aufgehen in die Gottheit sein; der Erlöste wird nicht Çiva selbst, sondern nur Çiva gleich.

§ 25. Das religiöse Leben.

Das Verhältnis zu den Göttern ist im Hinduismus so verschiedenartig wie die Vorstellungen über die Götter; die verschiedenen Arten der Frömmigkeit entsprechen genau den drei Stufen des Gottesbewusstseins, die in dieser Religion bestehen: dem Pantheismus, dem Theismus und dem Fetischismus. Als höchster Heilsweg erscheint noch. immer die Meditation, die aber in der praktischen Ausübung sofort mit Askese versetzt wird; wo die Vedântaansichten vorherrschen, wird das erzielte Eins werden mit dem Höchsten immer noch durch tapas erreicht. Wie diese Leidenschaft der Inder auch auf den tieferen Stufen der Gottesverehrung ihre Herrschaft ausübt, werden wir später sehen.

Die wichtigste Form des Verhältnisses zu Gott und das Neue, das der Hinduismus in dieser Beziehung bringt, ist indessen die schon erwäknte praktische Frömmigkeit (bhakti), die für diejenigen besteht, welche sich nicht selbst (durch Meditation und Askese) zur Seligkeit verhelfen können. Viele Erklärungen geben die Inder, alle jedoch laufen darauf aus, dass bhakti eine Liebe zu Gott oder Hingabe an Gott sei. „Bhakti ist die höchste, auf Gott gerichtete Liebe." „Bhakti ist ein Gemütszustand, worin man sich von allem andern abwendet, und dessen einziger Zweck das ist, was dem unendlich Wonnevollen (Gott) lieb ist." Nun heisst es einerseits zwar, dass bhakti „eine Liebe sei, die auf der Erkenntnis des höchsten Gottes beruht", oder „in dem unablässigen Betrachten von Gott allein besteht", anderseits aber wird sie schon durch die blosse Hingabe erreicht, und die Wörter, durch die bhakti erklärt wird, haben überwiegend den Charakter der Unmittelbarkeit: anurakti (Verliebtheit), sneha (die sinnliche Liebe) u. ä. Dieses halb erotische, halb von Erkenntnis getragene Gefühl ist mystischer Art und kulminiert gewöhnlich in ekstatischer Entzückung. Von der gewöhnlichen indischen Frömmigkeit unterscheidet sich die bhakti zunächst dadurch, dass sie einem Theismus entspricht, dass der Fromme sich einem persönlichen Gotte gegenüberstehend fühlt. Bald wird seine Hingabe an Gott mit dem Gehorsam des Dieners, bald aber sogar mit dem Vertrauen des Kindes verglichen, und in dieser edleren

Form erreicht die hinduistische Frömmigkeit einen im Heidentum sehr selten vertretenen Höhepunkt. Die bhakti ist ferner ein individueller Zustand: die Frömmigkeit ist persönlich wie die Gottheit, an die sie sich richtet. Dementsprechend ist sie ein erworbener Zustand, mitunter ein plötzlicher Durchbruch, der inmitten sorgloser Weltlichkeit oder trübem Weltschmerz als Bekehrung erscheint und die Seele zu wonnevoller Entzückung hinreisst. Diese plötzlich eintretende Glückseligkeit wird immer als göttliche Gnade empfunden: der Mensch vermag sich nicht selbst zu retten; er ist bei seiner Erlösung passiv; der Gott hat die Initiative ergriffen. Er ist es, namentlich Vishnu als Râma und Krishna, der dem Menschen entgegentritt, helfend, segnend, rettend. Wie der Mensch nun dieser Gnade Gottes teilhaftig werde, ist eine Streitfrage der Schulen. Vor allem haben sich die Anhänger Râmânujas über diesen Punkt entzweit, indem die einen meinten, der Mensch ergreife die Gnade selber, wie das kleine Aeffchen sich an die Mutter fest anklammere, während die andern den Menschen für ganz passiv hielten und das Verhältnis unter dem Bilde der Mutterkatze gegenüber ihren unbeholfenen Jungen darstellten. So unmittelbar dieses Gottesverhältnis auch zu sein scheint, ist es doch im Praktischen vielfach vermittelt.

Die Priester spielen eine grosse Rolle, nicht wie in den Veden als Opferer, sondern als Lehrer (guru), als Leiter des religiösen Lebens. Der Guru ist vermöge seiner Persönlichkeit der Mittler zwischen Mensch und Gott, ja noch mehr, er ist der lebendige Vertreter der Gottheit, welche sich in ihm inkarniert hat und in ihm verehrt werden will. Er hilft dem, der sich ihm anvertraut, zur Seligkeit, indem er all die religiösen Pflichten erfüllt, die für diesen sonst notwendig wären, „gleichwie die Mutter eine Arznei nimmt, um ihren Säugling zu heilen". Obgleich nun diese Wirksamkeit des Guru der Theorie nach eigentlich nur für die Unmündigen, die nicht zu jñâna, karma oder bhakti taugen, bestimmt ist, hat seine Macht sich weit über diese Grenze ausgedehnt, und der Guru ist vielmehr unter den besitzenden Klassen wie für den Haufen des Volkes der unentbehrliche Leiter und Ratgeber. Für die Niedriggestellten, denen Geld und Bildung fehlen, um an dem wirklich religiösen Leben teilzunehmen, genügt die rein äusserliche Verehrung eines Gottes oder Guru oder das blosse Sichanschmiegen an den Kult. Auch hier bemerken wir also, und zwar in ganz bedenklichem Grade, die Elastizität des Hinduismus. Das Leben der Gurus ist in den verschiedenen Sekten sehr verschieden. Nicht immer ist das Priestertum an die Priesterkaste gebunden; doch finden sich Sekten, die nur brahmanisch usw. sind.

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