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Aber nicht nur die Gegenstände und Elemente der Natur, auch die zeitlichen Erscheinungen, Blitz, Donner z. B., riefen bei den primitiven Menschen Vorstellungen von lebendigen Wesen hervor, nicht zum wenigsten auch der Wechsel im Vegetationsleben der Erde nach den Jahreszeiten, die Zeugung, das Werden und Vergehen im Tier- und Menschenleben. Dasselbe taten auch zufällige Vorkommnisse, Freud und Leid, die dem Menschen zu teil fielen, sein Schlaf, sein Traum, was er selbst verrichtete, wenn er säte, pflügte, erntete, auf die Jagd ging, ja fast alles, was vor sich ging. Man könnte meinen, dass man sich solche Erscheinungsgottheiten immer als frei waltende Wesen dachte, doch war dem nicht so. Auch hier bestand das Bedürfnis, sie in bestimmte Objekte festzulegen, den Donner z. B. im sog. Donnerkeil.

Staunenswert ist es - und dies haben USENERS schöne Untersuchungen uns gelehrt, wie nüchtern auch der primitive Mensch allen solchen Eindrücken gegenüberstehen konnte. USENER (in seinem „Götternamen") hat gezeigt, dass fast alle indogermanischen Religionen Götter gekannt haben, deren Wesen in der Weise der römischen Indigitamentagötter in begrifflich völlig durchsichtigen Namen seinen Ausdruck fand und sogar einen so vollkommenen Ausdruck, dass solche Götter durchaus nichts anderes waren, als was ihre etymologisch völlig verständlichen Namen andeuteten. USENER nennt Götter dieser Art ,,Sondergötter"; diese sind für die römische Religion geradezu charakteristisch, aber auch die griechische kannte sie. Wir nennen nur die Damia und Auxesia, „Wachstum“ und „Gedeihen“, die Thallo und Karpo, „sprossende" und "reifende Frucht", die Herse „Tau“ usw. Es versteht sich aber, dass, wo Göttererkenntnis und Begriffsbildung fast dasselbe sind, der Verstand sehr leicht dazu kommen konnte, auch aus sich selbst heraus Götter zu schaffen. Wir wissen, wie die Römer in ihren Indigitamenta in der kleinlichsten Weise ebenso viele Götter ausklügelten, als sie für die Zusammensetzung ihrer gekünstelt systematischen Götterreihen bedurften. Weit davon sind die Griechen entfernt, aber auch bei ihnen, wie bei andern Völkern, kommen absichtlich gebildete, nicht direkt Eindrücken von aussen her entsprechende Begriffe als Götter personifiziert vor; so jener „Stadtbewahrer" Sosipolis, so Heilgötter, die ihre Funktion durch ihre Namen sofort völlig ausdrückten, Iatros, Amynos usw. Wie mehrere der hier gegebenen Beispiele beweisen, wurden auch Begriffe, welche nur als solche galten, deren Ausdruck ein Gemeinname war, gleichsam zum Gott erhoben, so dass der Gemeinname ein Eigennamen wurde (z. B. der Gott Iatros). Noch im 5. Jahrh. bekam man

in Athen eine Göttin „Gesundheit", Hygieia, und 371 v. Chr. wurde ein Kult für Eirene (Frieden) gegründet. Wie stark nun aber bei Göttern dieser Art das Begriffliche hervortritt, einen gewissen Grad der Persönlichkeit hatten sie immer, und auch sie wurden in Gegenständen und Tieren hausend gedacht. So war, wie gesagt, jene Sosipolis eine Schlange und die Damia und Auxesia waren Schnitzbilder, Idole gewöhnlichen Schlages; als die Athener sie aus Aigina fortführen wollten, da fielen sie nach einer Erzählung bei Herodot (v. 86) in die Kniee. Und was die Personifizierung solcher Begriffe betrifft, jetzt noch haben poetische Personifikationen für die dichterische Empfindung einen gewissen Grad von Realität, in alter Zeit konnten sie ein allgemein anerkanntes persönliches Dasein führen. „Schrecken" und „Furcht“, Aɛiuos und Þóßoç, Söhne des Ares, waren nach Homer auf dem Schilde des Agamemnon abgebildet. Noch im 4. Jahrh. schuf die damalige Kunst für jene Hygieia einen Typus; für die Eirene verfertigte Kephisodotos ein in Kopie noch erhaltenes Bild (Eirene mit Plutos). Der Uebergang zur bewussten Allegorie war hier sehr leicht. Doch waren die Begriffsgötter ihrem ursprünglichen Wesen nach dies gewiss nicht.

Darin hat USENER sicherlich nicht recht, dass er sein Sondergöttertum etwa als die notwendige Vorstufe der Entwicklung für die olympischen Götter betrachtet. Indem der Name eines wichtigen Sondergottes, meint USENER, durch lautliche Veränderung seine Verständlichkeit einbüsste, wurde er zu Eigennamen, wodurch erst eine grossartige persönliche Ausgestaltung in Mythus, Kultus, Dichtung und Kunst möglich wurde. Es kann aber ein sprachlicher Vorgang nur der Ausdruck eines mächtigen Umschwungs in der Denkweise eines Volkes, nicht dieser selbst sein. Auch brauchte nicht jede religiöse Entwicklung in derselben Weise wie die der Griechen, in einer fortwährend weitergehenden Personifikation des Göttlichen auszulaufen. Für die Religion mehrerer Kulturvölker sind sogar Begriffe darstellende Gottheiten charakteristisch, ja es findet sich eine solche (Hestia) auch unter den Olympiern. Die Sondergötter USENERS sind und darauf kommt alles an- von den personifizierten des geschichtlichen Griechentums im Grunde ihres Wesens nicht verschieden, nur dass, was den Hauptcharakter dieser ausmacht, bei jenen stark zurücktritt. Es ist aber die persönliche Ausgestaltung der Gottheit das eigenste Werk der Phantasie, und dass diese erst später, nachdem der immer begrifflich fassende Verstand das Seine getan hatte, sich an der Bildung von Göttervorstellungen beteiligt haben sollte, ist undenkbar. Diese Vorstellungen waren immer Schöpfungen des ganzen menschlichen

Geistes, in denen das Begriffliche und das von der Einbildungskraft Ausgemalte einander durchdrangen, mögen auch bei der einen das eine, bei der andern das andere stärker vorgeherrscht haben. Dass aber in den ältesten Zeiten sogar umgekehrt die Phantasie vorherrschte, ist unzweifelhaft. Ohne diese war es nicht einmal denkbar, dass alle jene Eindrücke von aussenher die Vorstellung vom wirkenden Wesen hervorriefen. Wie wäre es nur möglich, dass die Phantasie diese nicht sofort weiter auszugestalten versucht hätte? Als eine verheerende, Mensch und Tier hinwegraffende Seuche auf den Geist den Eindruck eines individuellen Wesens machte, da war es, als hörte man die schwirrenden Pfeile unerwartet erschienener Götter, welche Menschen und Tiere zu Hunderten niederstreckten. Und bei Donner und Blitz, wie sollte nicht die Gestalt eines mächtigen Himmelsherrn vor den Augen aufsteigen, den Blitz schleudernd, die Welt erschütternd? Ja, auch die Beobachtung der Phantasie konnte ruhig hinausschauend ins einzelne gehen. Als das erste Morgenleuchten sich plötzlich durch den ganzen Luftraum ausbreitete, dachte man sich zwei jugendliche Götter auf schnellen, von fliegenden Rossen gezogenen Wagen (Aşvinen, Dioskuren), plötzlich hervorbrechend, in zügelloser Fahrt den Raum durcheilend. Dies ist wahrscheinlich schon eine Vorstellung der indogermanischen Vorzeit. Es bildeten auch umfassendere Konzeptionen sich aus, das Ergebnis mehrerer ins Besondere gehender Beobachtungen, vielen Nachsinnens, einer immer regen Einbildungskraft, ein Stück volkstümlicher philosophisch-poetischer Weltanschauung. Eine solche war bei den Indern der sehr zusammengesetzte Komplex von Vorstellungen über das Feuer (Agni), und auch im Leben der Griechen und Italiker spielte der Gedanke an die den Hausstand, den Staat, die Gesellschaft, ja die Welt erhaltende Macht des Feuers eine grosse Rolle. Auch hier haben wir es unzweifelhaft mit einem geistigen Besitztum urindogermanischer Zeit zu tun. Sehr bekannt muss, wenigstens bei den Vorfahren der Griechen, die Vorstellung gewesen sein, bei der der Wechsel der Vegetation nach den Jahreszeiten als das Geborenwerden, kräftige Leben, Sterben eines göttlichen Wesens gedacht wurden. Dass beim Zustandekommen solcher geistiger Gebilde der Verstand mitfunktionierte, wurde schon angedeutet und versteht sich von selbst. Sogar ist bei Namenbildungen eine Begriffsbildung unentbehrlich. Je umfassender und grossartiger aber die Konzeption wurde, desto unmöglicher wurde es, sie unter einen einzigen begrifflichen Ausdruck zu bringen, und desto mehr sank der Name zu einer äusserlichen Andeutung herab. Er war immer etwas Gleichgültiges und änderte sich leicht, während die Konzeptionen selbst blieben. Was die Inder Aşvinen, „Rosseherren“,

nannten, bezeichneten die Griechen mit einem auf das ursprüngliche Wesen derselben gar keinen Bezug habenden Namen „Zeusknappen", Atóoxoupot. Es scheint nur ein Name aus der indogermanischen Urzeit übrig geblieben zu sein, der des Himmelsherrn Zeus. Ebenso waren solche, ihrem Begriff so unvollständig entsprechende Namen lautlichem Wandel stark ausgesetzt; die meisten Namen von Olympiern sind unverständlich geworden. Dass aber auch bei grossartigen Konzeptionen der Anteil, den der Verstand an ihrer Bildung hatte, ziemlich gross sein konnte, und sie mithin manchmal sehr begrifflich waren, wurde schon angedeutet. Agni, Hestia, Vesta waren sehr geeignete Namen für Sondergötter, doch wurde dabei unendlich mehr gedacht als in ihrer etymologischen Bedeutung lag. Aber wie stark personifiziert, wie grossartig aufgefasst göttliche Wesen dieser Art auch sein mögen, auf ewig gelöst von jedem Fetisch sind auch sie nicht. Hestia bestand sogar nicht ausserhalb der Herdfeuer, Vater Zeus hauste in Dodona in einer Eiche, und so sehr poetisch ausgestattete Wesen wie die Dioskuren begegnen uns in Sparta in zwei Balken. Wie das Begriffliche und von der Phantasie Ausgemalte fast ineinander übergingen, so war es dem primitiven Menschen auch ein inniges Bedürfnis, seinen Vorstellungen sofort eine materielle Realität zu geben, und dies tat er im Fetischismus in durchweg unbeholfener Weise. Dieser Fetischismus ist auch nicht der notwendige Durchgangspunkt für jede religiöse Entwicklung. Alle Religionen waren fetischistisch, aber zugleich poetisch und begrifflich in ihren Auffassungen. Die römische Religion wurde überwiegend begrifflich, die griechische poetisch, sehr viele andere aber fetischistisch, auch eine weitere Entwicklung, aber in verhängnisvoller Richtung. Was nun wiederum jene Sondergötter betrifft, so sind sie grossenteils wohl nur ärmliche, lokale Bildungen, welche den mächtigeren Konzeptionen zuletzt gewichen sind.

Das psychische Leben primitiver Völker ist uns nur sehr unvollkommen verständlich. Es ist durch jene Neigung des naiven Menschengeistes, alles persönlich aufzufassen, dass CARL OTFRIED MÜLLER zuerst das ursprüngliche Wesen des Mythos erklärt hat. Sogar Gegenstände und Pflanzen erscheinen als lebendige Wesen. Vorgänge, welche man wahrnahm oder der Geist sich nur vorstellte, wurden als Erlebnisse und Handlungen individueller Persönlichkeiten aufgefasst, auch wo sie es sicher nicht waren. Selbstverständlich gilt dies von Naturvorgängen ebensogut wie von allen andern. Doch ist ein Mythos niemals in allen Einzelheiten das Spiegelbild einer reellen Erscheinung. Er ist immer eine freie Schöpfung einer durch wirkliche oder vermeinte Vorgänge nur äusserlich angeregten Phantasie. Für uns sind Mythen

wie z. B. die genannten der Dioskuren und des Geboren werdens und Sterbens des Vegetationsgottes nur poetische Bilder. Für den primitiven Menschen müssen sie eine weit grössere Realität gehabt haben; ob aber jemals genau dieselbe, welche für uns die äussere Erscheinungswelt hat, lässt sich bezweifeln. Jedenfalls hat man sehr bald einen Unterschied z. B. zwischen dem Baum und dem Baumwesen gemacht, und schon beim geringsten bewussten Nachdenken mussten z. B. die reellen Erscheinungen des Vegetationslebens sofort als nicht identisch mit den Erlebnissen eines Gottes erscheinen. Je mehr man sich nun aber einer Kluft zwischen Realität und Mythos bewusst wurde, desto mehr musste sich der Charakter letzterer ändern. Er, der Mythos, bekam entweder mehr die Geltung eines symbolischen Ausdrucks, oder wohl die Erlebnisse des Gottes wurden in die Geschichte zurückversetzt: z. B. Geburt und Tod des Vegetationsgottes waren einst geschehene Ereignisse. Es fragt sich aber, ob nicht jeder Mythos fast vom Anfange an ein weniges von einem solchen historischen Charakter hatte. Bei den Griechen sind zuletzt die Mythen in vollkommenster Weise historisiert worden. Auch jenes zum Fetischmachen seiner Vorstellungen ist ein für uns ziemlich unerklärter psychischer Vorgang. Wir beanspruchen denn auch nicht im entferntesten, hier eine Psychologie des primitiven Menschen zu geben. Es sind nur einige vereinzelte, äusserlich erfasste psychische Erscheinungen, auf die wir hier hinweisen.

Das Verhältnis zwischen Toten- und Götterverehrung ist noch nicht ganz aufgehellt, jedenfalls bestand zwischen beiden ein inniger Zusammenhang. Wenn irgend, so stehen wir auch bei den Griechen mit der Totenverehrung auf dem Boden primitiver menschlicher Kultur. Unheimlich schwärmen auch nach griechischer Vorstellung die Geister umher, bis ihre Körper bestattet sind und, waren sie Seelen Ermordeter, bis sie durch Blutrache gesühnt sind. Im Grabe wurde den Toten auch bei den Griechen, wie fast überall auf Erden, alles fürs Leben Nötige, wie Waffen, Geräte, Zierate, mitgegeben. Opfer fanden bei der Bestattung statt, aber auch später noch erhielten die Toten fortwährend Speise und Trank; Spenden wurden durch ein offenes Loch ins Grab hinabgeworfen. Es war, als hausten die Toten im Grabe. Aber man dachte sich diese doch auch in der Unterwelt. Und diese selbst, lag sie wirklich unter der Erde oder erreichte man sie nicht vielmehr. indem man immer nach Westen fuhr? Wenn irgend, so ist man hier in der Region unklarer Gedanken, verworrener, nicht ausgedachter Vorstellungen. Sowohl für die Bestattung als für die nachträgliche Pflege, die Totenopfer, hatten die Familienglieder und Angehörigen zu sorgen. Neben Liebe aber war es Kummer und Angst vor den Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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