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identifiziert. Es bekamen nun diese beiden Gottheiten, nach dem Vorbild der orphischen, ihre Orgien.

Wo dies zuerst geschah, wissen wir nicht. Vielleicht hat man auch hier an Böotien zu denken. Jedenfalls hat der Peloponnes schon sehr früh an der Bewegung teilgenommen. Es lässt sich denken, dass die neu aufkommende Kultform für die tatenfrohen Achäerfürsten, deren vom Hades sich abwendende Weltanschauung in den homerischen Gesängen nachklingt, sehr wenig Ansprechendes hatte. Man unterschied diese neuen Jenseitsgedanken nicht von der gewöhnlichen Hadesfurcht, welche man von seinem Geiste soviel als möglich fern hielt. Doch muss es auch bald viele gegeben haben, welche erkannten, dass nichts so sehr die Geister vom Drucke zu befreien und der Tatkraft neuen Schwung zu verleihen im stande war, als gerade der thrakische Glaube. Die gewaltsam zurückgedrängte Hadesfurcht kehrte doch. immer wieder zurück, und im Grunde der Seele, welche sich so ganz der Herrlichkeit des irdischen Daseins zu ergeben schien, schlummerte manchmal die tiefste Wehmut, ja unüberwindlichste Todesfurcht. Der thrakische Glaube dagegen, mit seinen festen Glückseligkeitsverheissungen, gab dem Geist eine Ruhe und ein Sicherheitsgefühl, die ihm bis jetzt fremd waren. Auch erhöhte das tiefere Sittlichkeitsbewusstsein die geistige Kraft.

So kann es uns nicht wundern, dass es auch adelige Geschlechter gegeben hat, welche sich mit voller Seele dem neuen Glauben zusagten. Die eleusinischen Herrscher haben ihren Eleuthiakult mit einem Demeterkult nach thrakischem Muster verbunden, indem sie beide Gottheiten identifizierten. Wie stieg nicht auch ihr Ansehen durch ihre hohenpriesterlichen Befugnisse! Was in Thrakien einem einzelnen Hohenpriester zukam, das ging hier, den Verhältnissen der ritterlichen Zeiten sich anpassend, auf ganze adelige Geschlechter über. Und die Kraft des neuen Glaubens hat sich glänzend bewährt. In den Kämpfen mit den übermächtigen Akropolisherrschern hielten die Eumolpiden stand, wie kein anderer der attischen Gaufürsten, und als sie besiegt waren, erwies sich ihr Glaube doch als unbesiegbar. Ihre Heiligtümer wurden nicht, wie die anderer Besiegten, nach der Akropolis oder deren nächster Umgebung übergebracht, sondern es wurde dort nur ein zweites Eleusinion gestiftet, während die Hauptkultstätte in Eleusis blieb. Der Sieger war glücklich, sich am Kult des Besiegten beteiligen zu dürfen.

Etwa im Anfange des ersten vorchristlichen Jahrtausends brachen die Dorier in den Peloponnes ein. Ihr stark auf Verherrlichung des irdischen Daseins gerichteter Sinn machte sie den Mysterienkulten,

welche sie im Peloponnes vorfanden, in hohem Grade feindlich gesinnt. Nach ihrem Auftreten sind denn auch die Demeterkulte im Peloponnes erloschen1. Gewaltsam wurde in den messenischen Kriegen der berühmte Mysterienkult von Andania unterdrückt. Seine Priestergeschlechter flohen nach Eleusis. Jedoch, unverwüstlich, wie dieser Glaube war, wurde er nach dem Zusammenbruch der spartanischen Macht bei Leuktra (371 v. Chr.) wiederhergestellt.

Orphische und griechische Mysterien, wie die der Demeter, waren zwei derselben Quelle entsprungene, parallel nebeneinander laufende Strömungen. Der Glaube war in den ersten wahrscheinlich intensiver. Die Mysterien der zweiten Art verliefen am leichtesten in Formalismus; es hat sogar manchmal den Anschein, als ob dieselben nicht völlig ernst genommen würden. Doch war wahrscheinlich eben wegen dieser Verflachung, wodurch sie sich mehr der gewöhnlichen Denk- und Gefühlsart des Griechentums fügten, ihr Einfluss in den älteren Zeiten allgemeiner. Besonders das attische Geistesleben lässt sich ohne diesen Einfluss nicht denken, und in der Periode des Niedergangs der hellenischen Kultur kamen neben den orphischen auch die übrigen Mysterien in Aufschwung. Auch die eleusinische Kultform erwies sich als mehr in der allgemein menschlichen, als in der speziell hellenischen Geistesart begründet. Denn mehr darf man sich von jenen thrakischen Einflüssen auch wiederum nicht vorstellen, als dass sie Ahnungen und Tendenzen, welche fast in jeder menschlichen Seele anwesend sind, ganz andern geistigen Strömungen gegenüber grossgezogen, erstarkt und gestaltet haben.

Dass der Demeterkult wahrscheinlich nicht der einzige war, welcher schon in alter Zeit im neuen Geiste umgeschaffen wurde, ist schon bemerkt worden. Doch wurden die Mysterien, welche neben den eleusinischen am meisten in Betracht kommen, die der grossen Götter zu Samothrake, der Kabeiroi, wahrscheinlich mit Unrecht von Herodotos 2, der selbst in denselben eingeweiht worden war, der pelasgischen Vorzeit zugeschrieben. Ausser auf Samothrake fand man ein Kabireion auf Lesbos, auf andern Inseln und in der Nähe von Thebe; letzteres ist kürzlich ausgegraben worden. Wahrscheinlich waren alle Kabeiroikulte mystisch. Die Mysterien von Samothrake erreichten in den hellenistisch-römischen Zeiten den Höhepunkt ihres Ruhmes und standen damals den eleusinischen an Ansehen nur wenig nach. Dieser Kult trug einen ausgesprochen chthonischen Charakter. Die Kabeiroi sollen ursprünglich phönikische Götter gewesen sein, Vater und Sohn, Be

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Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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schützer des Seeverkehrs, welche dann von den Seefahrern der griechischen Inseln übernommen wurden. Für fremde Kulte schien die Mysterienform besonders geeignet. So werden in späterer Zeit besonders Isismysterien vielfach erwähnt, auch die des Mithras.

§ 13. Oeffentlicher Kult und Volksglauben.

Vergegenwärtigen wir uns im folgenden noch einmal, wie das griechische Kultwesen geordnet war. Im wesentlichen war der Kult Staatskult. Die ständige Verehrung der Gottheit bestand aus den Kultakten und Komplexen von Kultakten, welche im Festkalender einer jeden Stadt verzeichnet waren; unter besonderen Umständen, z. B. in Zeiten von Seuche und Krieg, wurden manchmal besondere Kultakte vollzogen. Der einzelne konnte, z. B. durch Schenkung von Opfertieren, den Glanz eines Staatsfestes erhöhen. Zahllos waren vor allem die Weihgeschenke, welche den Heiligtümern von allen Seiten zuströmten. Auch für sich opferte und betete der einzelne in den öffentlichen Heiligtümern, doch gab es auch einen häuslichen Gottesdienst. Neben den Staatskulten bestanden auch noch jene besonderen Kultgenossenschaften, Oiacot, pavot. In den Amphiktionien vereinigten sich mehrere Staaten zu einem gemeinschaftlichen Kultus. Dann gab es noch jene ideellen Kultgenossenschaften des ganzen Hellenentums; aber auch diese lehnten sich besonderen staatlichen Kulten an, so dem des elischen Staates in Olympia. Die Mysterien waren ihrem Wesen nach kirchliche Gemeinden; doch waren auch diese häufig in die Staatskulte eingereiht.

Der öffentliche Kultus umfasste also die meisten Aeusserungen des religiösen Lebens, wie verschieden sie manchmal ihrer ursprünglichen Natur nach gewesen sein mögen. Und bereits dieser Umstand wirkte einer scharfen Trennung auf religiösem Gebiete entgegen. Grundsätzliche Unterschiede zwischen der Religion der Gebildeten und der der niederen Volksklasse gab es vor der Zeit der Philosophie und der Sophistik eigentlich nicht. Es werden die Ungebildeteren die mit Fetischismus und Zauber zusammenhängenden Kulthandlungen anders betrachtet haben als die geistige Aristokratie, doch nahm diese daran noch keinen Anstoss. Mythen konnten in grossartigerem oder naiverem Sinne aufgefasst werden. Pindar1 beschreibt die Athenageburt in unbestimmten Umrissen als ein mächtiges Naturereignis. Soviel lässt sich über die Komposition des östlichen Parthenongiebels noch wohl ermitteln, dass Athena darin in voller Grösse neben dem Vater stand.

1 Ol. VII 38.

Phidias stellt den Moment, nachdem die Göttin geboren ist, dar: das Wunder ist geschehen, der ganze Olympos, ja die Welt ist ergriffen von dem, was dort vor sich gegangen ist; wie dies aber geschehen ist, sieht man nicht. Dagegen ist bei den Vasenmalern Athena ein kleines Püppchen, das aus dem Kopf des Vaters kriecht. Hierin herrscht also grosse Verschiedenheit der Auffassung vor, und dennoch ist der Mythos genau derselbe. Es erfüllte das geheimnisvolle Walten der göttlichen Gesetze Geister wie Aeschylos und Sophokles mit Ehrfurchtsschauer. In welcher gedankenlosen Weise aber dieselben Gesetze als etwas rein Aeusserliches betrachtet werden konnten, zeigt die Geschichte, welche uns Plato in seinem Eutyphro erzählt. In Zorn und Trunkenheit hatte ein Sklave vom Vater des Eutyphro einen andern ermordet. Der Vater wirft den Mörder mit gebundenen Händen und Füssen in einen Graben und sendet jemand nach einem Exeget, um zu erfahren, was die Blutgesetze in solchen Fällen vorschreiben. Der Vater aber vergisst die ganze Geschichte und der Gebundene stirbt vor Hunger und Kälte. Nun aber ist der Vater selbst Mörder geworden und der Sohn glaubt, dass die göttlichen Gesetze ihn verpflichten, den Vater als solchen zu verklagen.

Eine besondere Bewandtnis hat es mit jenen sog. Orphikotelesten. Diese waren, indem es, wie wir wissen, dem orphischen Kult nicht gelungen war, sich in Athen eine Stellung im öffentlichen Religionswesen zu erwerben, ganz in die Kreise des niedrigen Volkslebens, wo kleinlichere Tendenzen und Auffassungen vorherrschten, herabgesunken. Sie wurden allgemein verachtet und verlacht, was sie auch wohl nicht besser gemacht haben wird. Plato1 spricht von Zauberern und Weissagern, welche den Türen der Reichen entlang gingen mit der Versicherung, dass sie durch Opfer und Zauber einen jeden von seinen Sünden, sogar von den ererbten, auf die genussreichste Weise, mit Festlichkeiten, genesen könnten, ja, dass sie sogar bereit wären, für wenig Geld die Götter zu zwingen, jemand gegen seinen Feind, auch wenn dieser ein Gerechter war, beizustehen. Dies ist freilich der Zauber in seiner naivsten Form. Doch hat Plato hier wohl auf das freilich sehr abstossende Aeusserliche zu viel Gewicht gelegt; vielleicht ist seine Vorstellung auch stark übertrieben. Jedenfalls begegnet uns hier, allerdings in sehr roher Form, derselbe Glaube, der in seiner orphisch-pythagoreischen Verklärung auch von Plato selbst sehr hoch gestellt wurde.

Betrachten wir jetzt etwas genauer, wie sich die religiöse Idee in

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den edelsten Geistern Griechenlands gestaltet hat und so auch, wie das philosophische Denken sich ihr gegenüber verhielt.

§ 14. Die religiösen Beziehungen in der Philosophie
und der Poesie.

Literatur: Für die Philosophie gebrauche man die Quellensammlung von H. RITTER und L. PRELLER; die knapperen Uebersichten in den Handbüchern, namentlich von Fr. UEBERWEG, M. HEINZE und von W. WINDELBAND; vor allem aber das klassische Werk von E. ZELLER, die Fundgrube für jeden Forscher der alten Philosophie. Für diese ältere Periode ist auch wichtig. J. BURNETT, Early greek philosophers (1892); während A. W. BENN, The greek philosophers (2 vol., 1882) namentlich die kulturgeschichtlichen Momente beleuchtet. Von höchster Wichtigkeit ist auch GOMPERZ, Griechische Denker (2. Aufl. 1903). Ueber die Lyrik gebrauche man die einschlägigen Kapitel in den Literaturgeschichten.

Obgleich, wie wir bereits hervorhoben, die griechische Kultur durchaus von hieratischen Fesseln frei war, und die Literatur, das Denken und Dichten, einen weltlichen Charakter trug, so haben die griechische Philosophie und Poesie doch für die Religion eine zu grosse Bedeutung gehabt, als dass sie in einer Religionsgeschichte übergangen werden dürften. In einer gedrängten Uebersicht wollen wir, ohne die vielen Fragen zu beleuchten, welche sich auf die uns nur fragmentarisch überlieferte alte Naturphilosophie beziehen, ihre vielfach verschlungenen Beziehungen zur Religion andeuten. Man hat die ältesten Philosophen von Thales an allzu oft als reine Denker dargestellt und den Zusammenhang ihrer Lehren mit der Religion übersehen. Doch mag die Naturphilosophie mit den mythischen Theogonien manche Berührungspunkte gehabt haben. Wahrscheinlich würden wir den Zusammenhang zwischen den mythischen und den philosophischen Kosmogonien besser beurteilen können, wenn uns mehr bekannt wäre von jenen nachhesiodischen Theologen, Verfassern von theogonischen Systemen, wie Pherecydes von Syros, Akusilaos u. a.

Doch war jedenfalls mit der Philosophie der Ionier ein neues Prinzip gegeben. Die Philosophie, die gleich mit einer Welterklärung beginnt, sucht die àpxý des xóopos nicht in persönlichen Wirkungen, sondern in unpersönlichen Kräften, sie erzählt nicht mehr phantastische Geschichten aus einer Urzeit, sondern erklärt den gegenwärtigen Zustand der Welt. Inwiefern dieser Gegensatz den ältesten Philosophen selbst bewusst gewesen ist, müssen wir freilich dahingestellt sein lassen; dass aber mit Thales ein neuer, wesentlich antimythologischer Ausgangspunkt für das Denken gewonnen war, ist unleugbar.

Im Laufe der Entwicklung kommt der hier berührte Charakter der alten Naturphilosophie scharf zum Vorschein. Mit den Atomisten

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