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drücklich vor der 53pts. Der Mensch fällt dem Tode anheim, ist jedem Wechsel unterworfen, er wandelt als ein Blinder, unkundig der Zukunft, er vermag nicht zum Himmel empor zu dringen, noch den Pfad zu finden zum seligen Volk der Hyperboreer1; so lerne er denn sich bescheiden, pflege die Hoffnung und verwerfe den Genuss nicht, wo dieser sich darbietet.

In einer kräftigen Zeit, in welcher die nationale Stimmung durch den Triumph über die Perser so sehr gehoben war, und bei einem Dichter, der die Siege im Wettkampf verherrlichte, haben diese düsteren Ansichten, diese resignierte, massvolle Stimmung etwas Auffallendes. Auch im Lob, das Pindar den Siegern spendet, klingt sie durch. Wohl preist er die persönliche Tüchtigkeit, die Tugend und Tapferkeit seiner Helden; aber diese Vorzüge kommen doch nur in zweiter Linie in Betracht. Sehr oft gilt sein Lob dem Glück, ja sogar dem Reichtum der Sieger. Nicht weil er in niederer Gesinnung den Erfolg über die sittlichen Eigenschaften stellte, sondern weil er im Glück, im Reichtum, im Sieg die Zeichen der Gottgefälligkeit schaute, sie sind die Siegel, welche die Götter ihren Lieblingen aufdrücken, die Gaben, die sie ihnen spenden. Dazu kommt nun noch, dass der Aristokrat Pindar die Tugend für etwas Ererbtes und Angeborenes hielt. Freilich sind nicht alle Nachkommen eines edeln Geschlechts tugendhaft, aber doch liegt in der Abstammung ein πότμος συγγενής, eine Bestimmung für den Charakter, eine sittliche Prädisposition. Die Tugend hat auch erst da ihren vollen Wert, wo sie auf diesem Grund ererbter Anlage, qua, entsprossen und dann persönlich betätigt ist; als bloss anerzogen ist sie viel niedriger angeschrieben.

Tief fühlte Pindar für die Herrlichkeit der menschlichen Erscheinung im irdischen Dasein: die elische Männertugend begeisterte auch ihn; sie konnte die Seele über Druck und irdische Bedrängnis erheben. Dort reichte sein Blick unendlich weiter. Er sah nicht nur, wie gesagt, den einzelnen immer im Zusammenhange mit seinem Geschlechte und Volke, sein heutiges Dasein immer verknüpft mit einer langen vorangehenden geschichtlichen Vergangenheit, sondern sein Geist richtete sich auch auf eine unendliche Zukunft nach dem Tode. Zum Teil finden wir bei ihm die gewöhnlichsten Jenseitsvorstellungen vom Hades und den elyseïschen Gefilden, aber im ganzen war er viel mehr dem Glauben zugetan, den wir als den orphischen kennen lernten. Nicht der Leib war ihm der eigentliche Mensch, sondern die Seele, das ai@vos sïòwhov, das allein von den Göttern stammt, und das sich schon

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hier beim Ruhen des Körpers in vorbedeutsamen Träumen tätig erweist1. So glaubte Pindar fest an die Unsterblichkeit, ja sogar an die Seelenwanderung. Dieser Glaube gab seiner Moral einen Rückhalt, indem er die Strafen der Bösen und den Lohn der Guten in das jenseitige Leben versetzte. Die Seelen der Gottlosen irren unstet umher, die der Frommen sind im Himmel, wo sie den seligen Gott mit Hymnen preisen. Mit der Moral, welche durch diese Aussichten eingeschärft wird, können wir uns des näheren nicht befassen. Nur so viel heben wir hervor, dass sie nicht bloss im Unsterblichkeitsglauben ihr Motiv, sondern auch in der Frömmigkeit, eboéßata, ihr Prinzip hatte, aus welchem die einzelnen Tugenden sich entwickeln.

An Gesinnung war der erste der grossen Tragiker Aeschylos (525-456) dem Pindar verwandt. Aber seine Kunstgattung wie seine Umgebung waren ganz andere. Die Tragödie förderte Probleme an den Tag, welche den Epinikien fremd waren. Und der athenische Dichter nahm denn noch ganz anders Anteil an der nationalen Bewegung, als der thebanische; hatte er doch selber bei Marathon, Salamis und Platää mitgekämpft. Die Tragödie atmete den Geist der Freiheitskriege, der den Pindar nur indirekt berührte. Eine grossartige Auffassung, wie die des Aeschylos, für den der Sieg seines Volks ein Beweis der göttlichen Gerechtigkeit war, und der die Anerkennung der menschlichen Persönlichkeit mit der der sittlichen Weltordnung zu verbinden wusste, konnte nur auf dem Boden einer grossen nationalen Erhebung entstehen. Die andere Voraussetzung der Tragödie war der Dionysoskult. Das Band, das beide vereinigte, war nicht ein bloss äusserliches, sondern die Tragödie nährte sich von dem Geist der mystischen Religion, deren Hauptgegensätze, Schuld und Sühne, Leben und Tod, sie anschaulich machte. Zugleich machte sie die Mythen zu Trägern sittlich-religiöser Gedanken, die Heroen zu Typen von Menschen in ihrem Leiden und Sterben. So erweckte die Tragödie nach Aristoteles' Definition die Affekte des λsos und φόβος und bewirkte eine κάθαρσις τῶν παθημάτων.

Wie fast alle griechischen Dichter betont Aeschylos das Vergängliche des menschlichen Lebens, das nur eine xaлvоù σxtά (fragm.) ist, weshalb man nicht auf Menschliches baue: γίγνωσκε τανθρώπεια μn σéßev ayav. Der Tod ist unerbittlich, er nimmt keine Gaben. oder Opfer, Peitho wendet sich von ihm ab. Dennoch kann er auch als erlösender Genius erscheinen, und bleibt dem Menschen der Trost

μὴ σέβειν

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"Die klassische Stelle Ol. II 105-142, und mehrere Fragmente: 106, 109, 110.

der Hoffnung unbenommen. Aeschylos stellt das Leiden als eine lehrhafte Zucht vor; Zeus hat beide verbunden: яáde pádos. Die Betrachtung des menschlichen Leidens ist verklärt durch den Glauben an die göttliche Gerechtigkeit, die allerdings hart straft und manche sogar verführt und in Verblendung verstrickt, aber doch nicht ohne Bezug auf die eigene Schuld. Dies letztere hat NÄGELSBACH bestritten, indem er einige Aussagen des Dichters1 so deutet, als lehrten sie, dass die Gottheit aus blosser Willkür oder aus Neid auch die Unschuldigen ins Verderben stürze. Es ist hier wieder derselbe Fall wie bei Pindar, und die wahre Meinung des Tragikers ist der des Lyrikers sehr ähnlich. Allerdings verdirbt der Gott die Menschen vielfach auf grausame Weise, aber nicht ohne höhere ethische Gründe. Dies spricht sich deshalb nicht so deutlich aus, weil Aeschylos sich nicht bewusst losgerissen hatte von jener alten Vorstellung einer dämonischen Gewalt, die wirklich die Menschen böswillig verstrickte, verblendete und auch in voller Unwissenheit in grausame Uebertretungen des heiligen Rechtes verfallen liess, jenes Rachegeistes, αλάστωρ, συλλήπτωρ ἀλάστωρ, xxxòç daíuwv, der sich mit höllischem Vergnügen des Menschen bemächtigt, um ihn zu verderben. Soweit es nun in diesem Rahmen möglich war, hat Aeschylos seinen erhabenen ethischen Ideen Ausdruck gegeben und möge sein Geist bei Beurteilung der Geschicke des einzelnen manchmal in jenen Vorstellungen ziemlich befangen gewesen sein, dass im allgemeinen in allem, was geschah, doch eine ewige göttliche Gerechtigkeit waltete, daran hat er wohl niemals gezweifelt. Das Schrecklichste war ihm denn auch die Auflehnung gegen die göttliche Macht. Hauptsächlich diese führt die Menschen ins Verderben. Das deutlichste Beispiel dieser Wahrheit ist Xerxes, der sich mit Uebermut vermass, den heiligen Hellespont zu überbrücken und Poseidon selbst herauszufordern, und den die göttliche Rache traf und verblendete, so dass er die Schlacht bei Salamis wagte. Dieser Rachegeist ist ebenfalls altgriechischen Vorstellungen gemäss besonders δαίμων γέννας, in ganzen Geschlechtern wirksam. So verwüstete die póτapуos áty, die apá, die Erinnys, das Haus Agamemnons; ergreifend ist die tragische Wirkung, als Klytämnestra sich selbst als blosses Werkzeug dieses Geschlechtsfluches erkennt und vergeblich ihm ein Halt ein! zuruft. Merkwürdig ist, wie sowohl hier, als bei den feindlichen Brüdern Eteokles und Polynikes die objektive Macht des Fluches und die persönliche Schuld ineinandergreifen. Die letztere denkt sich Aeschylos

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Niobe).

u. a. θεὸς μὲν αἰτίαν φύει βροτοῖς ὅταν κακώσαι δώμα καμπήδην θέλῃ (fragm.

als Folge des ersteren: in den Geschlechtern, welche der Erinnys anheimgefallen sind, pflanzt der Fluch sich fort als eine erbliche Depravation; die Nachkommen des Verfluchten sind selbst der Tugend, namentlich des Sinnes für die heiligen Ordnungen der Gesellschaft und für die Bande der Familie bar. Es ist ganz verfehlt, wenn man die objektive Macht der göttlichen Strafe, die Erinnys, verflüchtigt zu einer Personifikation des strafenden Gewissens: eine moderne, freilich schon euripideische Auffassung, die dem Aeschylos ganz fremd ist.

Dieser schrecklichen Macht ist nun eine andere, versöhnende, übergeordnet. So lautet die erhebende Predigt der Orestie. Die Erinnyen haben Recht und Macht über Orest, der seine Mutter erschlug; aber der mit Blut Befleckte sucht die Sühne bei Apollo und Athene. Diese Götter wahren nun wohl das Recht der Erinnyen, wissen sie aber zu Eumeniden umzustimmen und so den Schuldigen zu entsühnen. Die patriotische Bezugnahme auf den Areopag ist ein mitwirkendes Motiv.

In dieser Trilogie tritt der freilich nicht unlösbare Gegensatz zu Tage zwischen dem alten Göttergeschlecht, dem die Erinnyen, und dem neuen, dem Apollo und Athene angehören. Aehnlich steht Zeus dem Titan Prometheus gegenüber, der den anfänglich ganz kulturlosen Menschen das Feuer und damit die Bedingung einer höheren Existenz mitgeteilt hatte. Beim ersten Eindruck ist unsere Sympathie für den Titanen, der auch in den Fesseln seine Persönlichkeit zu behaupten wagt gegenüber dem tyrannischen Zeus, der keine besseren Diener hat als Kratos und Bia. Aber die Absicht des Dichters mit der Trilogie, von der wir nur ein Stück besitzen, ist eine andere: das Ende zeigt. nicht bloss die Befreiung des Prometheus, sondern die Rechtmässigkeit der Herrschaft des Zeus, der sich mit Themis verbindet.

Der Geist der äschyleischen Poesie ist durch und durch religiös. Alle gesellschaftlichen und sittlichen Ordnungen tragen bei diesem Dichter einen religiösen Charakter: das díxatov ist das ostov, der Frevel ein deoßaßeiv. Nicht ganz mit Unrecht meint man in einigen Aussagen, wie im berühmten Chor des Agamemnon, monotheistische Ansätze zu finden. Wenigstens soviel ist davon wahr, dass die Tragödie, wie Aeschylos sie auffasste, die Götter von ihrer Beschränktheit und den willkürlichen Zügen des Persönlichen entkleidete und sie zu Repräsentanten der Weltregierung machte. Dass Aeschylos aber im allgemeinen auf dem Boden der griechischen Religion und namentlich ihrer mystischen Seite stand, geht aus der ganzen Anlage seiner Stücke hervor; kein Dichter scheint die mythischen Stoffe so völlig beherrscht und sie so natürlich zu Trägern seiner hohen Gedanken gemacht zu haben als er. Dabei trat

er dem Volksglauben nicht entgegen: von der Mantik, den Träumen, Erscheinungen, Ahnungen machte er vielfach Gebrauch.

Sophokles war dreissig Jahre jünger als Aeschylos und erreichte ein höheres Alter (496-406); so gehörte er wesentlich einer andern Zeit und Umgebung an wie sein Vorgänger. In Aeschylos atmete das Griechenland der Perserkriege; in den darauffolgenden Zuständen fühlte er sich nicht mehr heimisch, er verliess Athen und starb in Sicilien. Sophokles genoss die Blüte der perikleischen Zeit und war noch Zeuge der raschen Auflösung aller Verhältnisse und des Verfalls seiner Vaterstadt. Allein die Stimmungen dieser letzteren Zeit spiegeln sich in den uns erhaltenen Stücken nicht ab. Mehr als irgend ein anderer ist Sophokles der Dichter der Blütezeit Athens, der griechischen Kultur auf ihrem Höhepunkt. Dies zeigt sich nicht bloss in seiner vollendeten Kunstform, sondern auch in seinem religiösen Standpunkt.

Der Schwerpunkt des Interesses liegt bei Aeschylos im Konflikt der göttlichen Mächte, die das menschliche Los bestimmen, bei Sophokles im Innern des Menschen, in den Motiven seiner Handlungen, im Leben seines Gemüts. Sophokles hat aber dabei die Objektivität der göttlichen Mächte weder geleugnet noch in den Hintergrund geschoben. Im Gegenteil: er erkennt die göttlichen Ordnungen an, die ewig bestehen, und die der Mensch ehren muss, will er nicht durch sie zu Grunde gehen. Der Thron der Dike steht neben dem des Zeus selbst1. Die Frömmigkeit als ehrfurchtsvolle Scheu vor dem Willen der Götter ist die Bedingung des wahrhaft menschlichen Lebens: charakteristisch ist das Lied auf die árvsía2. Wenn also das Menschliche bei Sophokles mehr zu seinem Recht kommt als bei Aeschylos, so ist es doch nicht auf sich selbst gestellt, es bleibt an die höheren, göttlichen Mächte gebunden. Wiederholt betont Sophokles, dass alles nach dem Willen des Zeus oder des Schicksals geschieht. Auch den Orakeln misst er grosse Bedeutung bei. In Philoktetes, Ajax, Trachiniae ist es ein Hauptpunkt, dass das Verhängnis durch göttliche Orakel vorherverkündet war. Nirgends tritt dies stärker hervor als im Oedipus Tyrannos. Sowohl Oedipus' Eltern als er selbst suchen dem Verhängnis zu entgehen, aber gerade dieser Versuch bewirkt die Erfüllung der Weissagungen. Es ist eine grossartige Tragödie: der König sucht das Licht über die verschleierte Vergangenheit aufgehen zu lassen, und mit unerbittlicher Deutlichkeit muss er erfahren, was ihn selbst völlig zu Grunde richtet. Nirgends ist der Gegensatz schärfer zwischen der 1 Dike ist sowohl ξύνεδρος Ζηνὸς ἀρχαίοις νόμοις (Od. Kol. 1375), als ξύνοικος τῶν κάτω θεῶν (Antig. 451).

Der Chor Oed. Tyr. 863 ff.

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