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Nebel gehüllt. Die Griechen kannten keine bösen Götter, die ihrem Wesen nach und immer den guten feindlich gegenüberstanden, aber sie schrieben ihren Göttern selbst neben willkürlichen auch verderbliche Taten zu. Dies führte einerseits zur scharf zugespitzten Lehre Herodots vom Neid der Götter, anderseits zur Opposition Platos, der nur das Gute von den Göttern herleitete, damit aber die Welt und das Leben grösstenteils auf sich selbst stellte. So haben die Griechen den religiösen Gedanken der Vorsehung nicht zu fassen vermocht.

Die Götter, welche dem Bedürfnis einer gerechten Weltleitung nicht entsprachen, taugten ebensowenig zu ethischen Vorbildern. Wir sahen bereits, wie viel Anstoss die unsittlichen Geschichten der Mythologie erregten. Die Götter waren wohl zu Idealbildern verklärt, aber bloss von einem ästhetischen, nicht von einem ethischen Standpunkt aus; nur die Geschichte des Herakles brachte ethische Gedanken zum Ausdruck. Hiermit hängt es wesentlich zusammen, dass die Griechen sich mit ihren Göttern so wenig innig verbunden fühlten. Bezeichnend ist der Spruch: ἄτοπον ἂν εἴη εἴ τις φαίη φιλεῖν τὸν Δία'. Die Götter konnten keine anziehende Kraft, keinen läuternden Einfluss ausüben. Wohl stellten die Pythagoreer und Plato die ouoiwots dos dem Leben als Ziel; diese Gottähnlichkeit hatte aber nur einen mageren Inhalt.

Man könnte versucht sein, den Einfluss, den der Gedanke des Jenseits in den Mysterien auf das Leben übte, für eine befriedigende religiöse Begründung der Moral zu halten, und unzweifelhaft haben die mystischen Werke auch zur Vertiefung des sittlichen Bewusstseins beigetragen. Es wurde aber oben bereits auf die innerlichen Schwächen auch der Mysterienreligion gewiesen. Um das Leben wirklich ethisch gestalten zu können, dafür wurde die Kraft jener Weihen doch zu äusserlich und zu magisch aufgefasst. Auch war der Mysterienkultus immer einer neben vielen andern Kulten. Erst in späterer Zeit erhielt er etwas von einer das ganze Leben beherrschenden Religion; grundsätzlich wurde er schwerlich jemals zu einer solchen. Sich weihen zu lassen, war für die meisten eine Sache vorübergehender Bedeutung. Im Kreise dieser Religionsübungen wurde der Geist für die Erkennung des absolut Geltenden, ohne welchen sich auch keine wahre Sittlichkeit denken lässt, nur schwach erzogen. ·

So haben die Griechen die Orientierung des sittlichen Lebens in der Religion gesucht, aber nicht gefunden. Ihre Haupttugenden, σοφία, ἀνδρεία, σωφροσύνη, δικαιοσύνη, bezogen sich nur indirekt auf die Götter. Die Sünde war dem hochstrebenden Volke mit seinem un

'Aristoteles, Eth. 22 11.

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gebundenen Freiheitssinn hauptsächlich das Nichtachten der Schranken, die Ueberhebung, ößps. Besonders in einer Hinsicht rächte es sich, dass diese Moral so schwach in der Religion begründet war. Für das sittliche Leben ist das gesellschaftliche Zusammenleben von Menschen gewiss von der höchsten Bedeutung; auch die Griechen übten ihre Tugend vor den Augen der Götter und der Menschen aus. Bei der geringen Bedeutung der Götterfurcht für das sittliche Leben wurde dafür die Rücksicht auf das Urteil des Nebenmenschen manchmal allzusehr massgebend. Die griechische potuía, es wurde darauf schon hingewiesen, lehrte den äusseren Schein vor den Menschen höher achten als die ewige Wahrheit vor der Gottheit. Ungeachtet aber aller dieser sittlichen Schwächen haben doch die Griechen auch um die Ethik nicht zu unterschätzende Verdienste erworben. So haben sie feine ethische Probleme zu fassen und unter einen religiösen Gesichtspunkt zu bringen gewusst, wie z. B. aus der eingehenden Beschäftigung mit der Theodicee hervorgeht. Kein Volk des Altertums hat sich in ethischer Hinsicht so hohe Ziele gesteckt und hat seine Mängel so tief gefühlt. Die Griechen haben die sodapovía in einem harmonischen Dasein erstrebt, wie sie sich ihre Götter als Selige, pánapes, dachten. Die Bedingungen dieses Glücks haben sie aber nicht gefunden und die Hindernisse nicht erklärt.

§ 19. Die hellenistische Periode.

Beschäftigen wir uns zum Schluss noch kurz mit der Zeit der Nachblüte der griechischen Kultur in der sog. hellenistischen Periode. Wie die Römer zuletzt das Erbe der griechischen Kultur antraten, wird später erörtert werden.

In der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. erreichte, wie wir wissen, das griechische Leben seinen Höhepunkt. Seitdem befand es sich in stetigem Niedergang. Mit dem Königsfrieden (386) wurde der grosse Nationalgedanke, Freiheit des Griechentums gegenüber den Barbaren, aufgegeben. Man suchte dafür wenigstens die eigene städtische Freiheit und Demokratie zu erhalten, verfiel aber der makedonischen Hegemonie.

Es folgen die Eroberungszüge Alexanders des Grossen. Mit diesen hält gleichsam die griechische Kultur ihren festlichen Einzug in Asien. Wiederholt wurden auf diesen langen Kriegszügen an verschiedenen Orten gymnische und musische Wettkämpfe abgehalten; überall wurde den griechischen Göttern geopfert; sogar am Ufer der Hyphasis, am Endpunkt seines Siegeszuges, wurden zwölf Altäre für die olympischen Götter errichtet. Der Orient lernte zugleich griechische Religion und griechische Festfreude kennen. Der griechischen Sprache und

der griechischen Kunst stand eine neue Welt offen. Ueber das ganze Gebiet jener ehemaligen despotischen Barbarenherrschaft wurden nach griechischem Muster sehr viele freie Stadtgemeinden gegründet, z. B. in Aegypten Alexandria.

Dies alles konnte als ein glänzender Sieg des Hellenentums betrachtet werden. Doch war es dies nicht. Schon dass Alexander neben den griechischen Göttern auch Melkart in Tyrus, Jahwe in Jerusalem, Ammon in der lybischen Wüste, Baal in Babylon verehrte, dass er die orientalische und griechische Religion als gleichberechtigte nebeneinander stellte, dass z. B. in Alexandrien neben griechischen Göttern auch die ägyptische Isis ihren Kult hatte, weist auf eine Mischung des Griechischen mit dem Orientalischen hin, und gerade diese war in jeder Hinsicht das Ziel, dem Alexanders Politik bewusst nachstrebte. Am schmerzlichsten aber wurde empfunden, dass dieser sog. Vertreter des Hellenentums bald völlig die Rolle eines orientalischen Herrschers, gleichsam eines Gottes auf Erden, übernahm und von freien Männern sogar die Anbetung, posxóvnos, forderte. Was nützte dabei jener Schimmer städtischer Freiheit!

Unter den Nachfolgern Alexanders, z. B. den Ptolomäern in Aegypten, den Seleukiden in Syrien, später den Attaliden in Pergamos, hat die griechische Kultur wirklich eine unbestrittene Herrschaft über die ganze orientalische Welt ausgeübt, doch nicht ohne selbst wiederum stark von dieser beeinflusst zu werden. Auch jene Mischung des Griechischen und Orientalischen, besonders in der Religion, hat sich weiter fortgesetzt. Besonders die Isis, Serapis und die Göttin von Hierapolis wurden hoch verehrt. Am meisten aber erfolgte eine gewisse Entartung wohl dadurch, dass die griechische Kultur, welche auf einem nationalen Boden erwuchs und in einer Atmosphäre eigentümlicher Anschauungen und Gefühle gross gezogen wurde, jetzt in eine ganz andere Welt verpflanzt worden war. Nationale Hochgefühle und Republikanismus waren ihre Lebenskräfte, sie sollte jetzt kosmopolitisch und monarchisch sein. Der wahre Schöpfungstrieb ist in ihr denn auch allmählich erloschen. Schulgelehrtheit trat an seine Stelle. Besonders lebendig wurde das historische Interesse auch für die nicht griechische Vergangenheit; Berossos schrieb über das babylonische, Manetho über das ägyptische Altertum. Grammatische Studien, z. B. eines Aristarchos, sollten die überlieferten literarischen Schätze fruchtbar machen. Die Literatur beschäftigte sich gerne mit individuellen Erlebnissen, wie Menanders Komödie und der Roman. Sie malte Genrebilder aus dem wirklichen Leben oder pries im Idyll, z. B. dem des Theokritos, den verwöhnten Grossstädtern die Einfachheit des Landlebens

an. Besonders aber, wo man nach alter Art einem erhabeneren Geistesflug folgen wollte, wie wenn Apollonios von Rhodos ein Epos, Kallimachos Hymnen dichtete, war die Gefahr für Manieriertheit nicht gering. Ebenso tritt in der Kunst das Genrehafte mehr hervor, auch ausser dem eigentlichen Genre, z. B. bei der Abbildung niedriger, göttlicher Wesen, wie Satyrn, Tritonen u. a., doch verfiel man auch nicht selten in übertriebenes Pathos, wenn man sich zu einer mächtigen monumentalen Schöpfung aufschwang, wie z. B. im pergamenischen Gigantenfries. Doch war die griechische Kultur auch so noch. unendlich schön, und manchmal konnte man meinen, dass eine gewisse freie Bewegung nach Lossagung vom Banne des Althergebrachten ihr zugute kam. Alle Geistesrichtungen fanden eine Aufnahme. Neben dem ausgesprochensten Unglauben blühten mystische Kulte, wie fast niemals zuvor. Auch wurde die Idee eines allgemeinen Menschtums, wo die so weit verbreitete griechische Sprache und gleichartige kulturelle Zustände die Völker zusammenbrachten, mächtig gefördert.

Es ist deutlich, dass der hier geschilderte Prozess der Umwandlung nicht ganz als etwas Aeusserliches an das griechische Geistesleben herantrat. Wir haben nur einiges gelegentlich Bemerkte zusammenzufassen, um einzusehen, dass der tiefste Grund hierfür im Wesen der griechischen Kultur selbst lag.

Fast beispiellos in der Geschichte ist im 4. Jahrh. jenes plötzliche Aufgeben des höchsten Ideals, das man kannte, für welches man gelitten und gestritten hatte, das durch die Tradition geheiligt war. Wir bemerkten oben, welch einen schwachen sittlichen Halt das hellenische Leben hatte. Auch war, wie wir wissen, der Panhellenismus religiös äusserst schwach begründet. Die Einheit des Griechentums sollte in einer Gemeinschaft von Göttern und Kulten ihren Ausdruck finden, doch war der Grieche zu nichts so sehr bereit, als fremde Götter den seinigen gleichzusetzen, so dass für ihn fast alles auf eine Namensverschiedenheit zurückging. So wurde Ammon bereits im 5. Jahrh. hochverehrt. Pindar dichtete ihm einen Hymnus und weihte ihm in seinem Heiligtume in Theben ein von Kalamis verfertigtes Kultbild. Prinzipiell war mithin die Theokrasie der alexandrinischen Zeit nichts Neues. Auch hatte schon in der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. die nationale Religion als Grundlage für eine Welterklärung beinahe ausgedient; das philosophische Denken befasste sich mit der Lösung der Fragen, welche vorher in der Religion fast als gelöst vorzuliegen schienen. Aber auch als Religion genügte sie immer weniger. Ihr natürlicher Hang führte zu immer weiter gehendem Anthropomorphismus. Von den Göttergestalten des Phidias mit ihrem noch

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II,

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immer allgemeinen Ausdruck des erhaben Menschlichen ging man durch die mehr spezialisierten des Praxiteles zu denen des hellenistischen Zeitalters, welche bisweilen sogar das zufällig Individuelle und die Schönheit niedrigerer Art zum Ausdruck brachten. Alexander liess sich zum Gott erklären. Zuerst aber hatte Alexander selbst sich für einen jener Göttersöhne gehalten, deren die griechische Sage so viele kannte und ein Mensch, der Gott ward, war den Griechen schon vorher kein fremder Gedanke; Lysander gab, wie wir wissen, das erste Beispiel. Nur erhielt dieser Gedanke in der alexandrinischen Zeit eine grosse Verallgemeinerung, und Enemeros mit seiner Lehre, dass alle Götter verstorbene Menschen wären, erhob denselben zu einem System. Verehrung von Fürsten als Götter wurde etwas sehr Gewöhnliches, und wie tief das religiöse Bewusstsein dabei gesunken war, zeigt die Verehrung des Demetrios Poliorketes in Athen, dem man als xata:ßátys einen Altar errichtete, dem man opferte und den man wie einen Orakelgott befragte.

Neben allem dem ist denn auch ganz verständlich, dass man sich in der alexandrinischen Zeit immer mehr den orientalischen Göttern zuwandte, welche den wahren religiösen Bedürfnissen besser entsprachen. Welch einen Einfluss dies aber auf das hellenische Wesen ausüben musste, ermisst man daraus am besten, dass die orientalischen Götter vieles von echtem Zauber, Fetischismus und Daimonismus mit sich führten, d. h. eben das, was die griechische Aufklärung immer am meisten zurückzudrängen geneigt gewesen war. Doch bemerkten wir schon, dass der griechische Geist den fremden Göttern fast niemals schroff gegenüberstand. Auch war das Eindringen der thrakischen Religion in der Vorzeit im Grunde nichts anderes, als z. B. das des Isis- oder Serapisdienstes in der alexandrinischen Periode, war auch gewiss jene alte Bewegung weit bedeutungsvoller als diese. Wie schon bemerkt wurde, gewann auch in dieser Periode die thrakische Geistesrichtung an Einfluss, sowohl in ihrer mehr griechischen Erscheinungsform der Mysterien, als fast noch mehr in Gestalt jenes Orphismus, der zum hellenischen Geiste in ziemlich schroffem Gegensatz stand. Auch diese Bewegung aber fing schon vor Alexander an. Schon im 5. Jahrh. bekamen, wie wir wissen, der Verflachung des religiösen Bewusstseins gegenüber bei den edelsten Geistern. Griechenlands auch die uralten dämonistischen Vorstellungen eine höhere Bedeutung. Auch dies hat sich fortgesetzt. Jahrhundertelang lebte der des Göttlichen bedürftige Geist hauptsächlich von demjenigen, was der Orient überbracht hatte, was Jahrhunderte vorher aus Tkrakien herübergekommen war, auch bei den wiederbelebten Anschauungen

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