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Allein Ennius war nur ein Vorläufer. Kurz nach seinem Tode kam eine Gesandtschaft nach Rom, die in der Geschichte der römischen Philosophie Epoche macht (155). Die Athener, in einem Streit mit Oropus durch schiedsrichterlichen Spruch zu schwerer Geldstrafe verurteilt, schickten drei Häupter philosophischer Schulen, den Stoiker Diogenes, den Peripatetiker Kritolaus und den Akademiker Karneades nach Rom, um von der Verpflichtung los zu werden. Die missliche Sache musste durch gewandte Redekunst verteidigt werden, und namentlich Karneades machte durch seinen glänzenden Vortrag und seine das sittliche Urteil verwirrende Dialektik grossen Eindruck auf die römische Jugend. Gerade der Vertreter der skeptischen Richtung der neuen Akademie war besonders der Mann dazu, die Grenzlinie zwischen Recht und Unrecht zu verwischen, und er scheute sich nicht, die Römer daran zu erinnern, dass sie selbst, wären sie nicht durch Unrecht gross geworden, noch die Hütten am Palatin bewohnen würden. Noch grösser aber als Karneades' Einfluss war der des Stoikers Panaetius, der ebenfalls noch im 2. Jahrh. v. Chr. sich in Rom ansiedelte. und dort zum Lehrer vieler und zum eigentlichen Begründer der römischen Philosophie wurde.

Es versteht sich freilich von selbst, dass die fremden Kulte, Sitten. und Gedanken nicht um sich rissen, ohne dass sich auch eine Reaktion nachdrücklich geltend machte. Noch im Jahre 161 verbannte der Senat griechische Rhetoren und Philosophen aus der Stadt. Es war namentlich der ältere Cato, der mehr als ein halbes Jahrhundert lang (er lebte 234-149) die altrömische Tugend gegen fremde Kulte, entnervenden Luxus und griechische Bildung vertrat. Gegen die letztere war er so schroff, dass, obgleich er selbst der Vater der lateinischen Prosa ist, er die Schreiberei verurteilte und von ihr den Untergang des echten Römertums befürchtete. Von fremden Kulten wollte er nichts wissen; er gebot seinem Oekonom, nur dem Hausherd und dem Fluraltar zu opfern und keine fremden Weissager um Rat anzugehen. Aber den einheimischen Aberglauben pflegte er aus Ueberzeugung oder aus Politik; sein Buch De re rustica enthält Formeln für sympathetische Kuren und Rezepte von Zaubermitteln.

Schon unter Catos besten Zeitgenossen und in der gleich darauf folgenden Generation fanden die Neuerungen, die er bekämpfte, eifrige Vertreter. Der ältere Scipio und Aemilius Paullus, später der Kreis des jüngeren Scipio, zu welchem auch der Grieche Polybius gehörte, die Gracchen, Laelius waren Freunde griechischer Bildung. Merkwürdig war die Stellung, welche Polybius der römischen Religion gegenüber einnahm. Während er ein grosser Verehrer der römischen Politik

war, galt ihm die römische Religion nur als ein Mittel, um die unvernünftige Menge in Schranken zu halten. Wo eine solche Gesinnung unter den Verständigen herrschte, da war die Religion ernsthaft gefährdet. Dieser Gefahr konnte man vorbeugen, indem man in der Philosophie eine Stütze für die Religion suchte, und eine solche schien allerdings die Stoa gewähren zu können. Allein für eine positive Religion, wie die römische, ist die Philosophie eine gefährliche Bundesgenossin; daher versuchten andere die Reflexion aus dem Gebiete der Staatsreligion zu entfernen. Dies ist die Bedeutung der Unterscheidung, welche Scaevola zwischen dem Staatskultus (religio civilis), der Philosophie (religio naturalis) und der Mythologie (religio poetica) machte. Q. Mucius Scaevola war ein sehr geehrter und einflussreicher Jurist und pontifex maximus, der in den marianischen Unruhen durch Mörderhand im Vestatempel fiel. Er war gewiss, wie freilich das ganze römische Recht dieser Zeit, in seinen Voraussetzungen von der Stoa abhängig; dass aber die Dreiteilung, die wir soeben berührten, allgemein bei den Stoikern gültig war, hat man ohne zureichenden Grund behauptet. Merkwürdig bleibt immerhin, dass ein Mann von der Stellung und dem Ernst Scaevolas die Religion als Staatsinstitut und Kultus nur dadurch verteidigte, dass er sie als Gegenstand des Glaubens ganz preisgab. Dies letztere nun tat Varro nicht. M. Terentius Varro (115—25) ist der grösste Gelehrte und Theologe, den die Römer aufzuweisen haben; als solchen haben wir ihn bei der Behandlung der Quellen schon aufgeführt. Obgleich er die Unterscheidung der religio triplex von Scaevola beibehielt, hatte sie bei ihm eine andere Bedeutung. Die bürgerliche Religion handhabte er nicht bloss um ihrer Zweckmässigkeit und Unentbehrlichkeit willen, sondern durch Allegorisierung legte er den Göttern des Volksglaubens einen natürlichen und vernünftigen Sinn unter. So deutete er von den drei kapitolinischen Göttern Jupiter auf den Himmel, Juno auf die Erde, Minerva auf die Ideen, ferner die Mythen des Saturn auf den Ackerbau usw. Auf diese Weise strebte er danach, die altväterliche Religion mit der stoischen Philosophie in Einklang zu bringen. Dieser erste Versuch einer theologischen Behandlung der römischen Religion war aber zugleich der letzte. Wir werden noch manche interessanten Erscheinungen der Frömmigkeit und der Unfrömmigkeit in den letzten Jahrzehnten der Republik und in der Kaiserzeit zu verzeichnen haben; von einer theologischen Spekulation, die irgend welche selbständige Bedeutung beanspruchen könnte, wird aber nicht mehr die Rede sein.

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§ 9. Der Ausgang der Republik.

Wie zerrüttend die oben geschilderten Einflüsse auf das römische Gemeinwesen einwirken mussten, wird aus dem Charakter desselben zum vollen erklärt. Die Grundlage von Staat und Gesellschaft bildeten. die Ordnungsliebe, Arbeitsamkeit, sittliche Strenge einer freien bäurischen Bevölkerung, welche sich durch harte Arbeit auf einem eigenen Acker, wenn dieser auch nur bescheidenen Umfangs war, eine unabhängige Existenz erworben hatte und jetzt mit voller Hingebung und unerschütterlicher Treue für den Staat eintraten, dem sie den Schutz ihres mühevoll erworbenen Wohlstandes verdankten. Für das Wohl desselben kam man in den Volksversammlungen zusammen, und kämpfte man in den Heeren. Aktives Bürgerrecht, zu dem auch das Recht, im Heere zu dienen, gerechnet wurde, hing von einem gewissen Grade des Wohlstandes ab. Dem Proletarier, der sich keine würdige Lebensstellung hatte erwerben können, meinte man auch keinen wesentlichen Anteil in der Verteidigung des Vaterlandes zuerkennen zu dürfen. Auch bei den Römern war mit dem Staat die Religion aufs engste verbunden. Die Aufrechthaltung des einen bedeutete die Aufrechthaltung der andern. Der Kampf für das Vaterland galt als der Kampf für die Götter. Die ganze Persönlichkeit wurde durch das, was man als Bürger war, in Anspruch genommen. Die Idee der Menschenwürde ging völlig in der des Wertes und der Bedeutung als Bürger auf.

Ein solche Bürgerschaft erwarb nun die Weltherrschaft. Hier war es nicht die Macht neuer Ideen, welche zur Welteroberung fortriss. Seine sittlichen Eigenschaften, welche für die Erhaltung von Staat und Gesellschaft so besonders geeignet waren, verhalfen dem Römer auch zu seiner Herrschaft. Die unterworfenen Völker erhielten von ihm eine gesellschaftliche und staatliche Ordnung, wie sie diese noch niemals zuvor gekannt hatten. Das römische Volk fühlte sich zum Herrschen berufen, weil es zum Herrschen fähig war. Das „civis romanus sum" erhielt eine noch höhere Bedeutung. Die majestas populi romani schien der Weltherrschaft ihre sittliche Berechtigung zu geben.

Doch war die staatliche Organisation dafür kaum geeignet. Bereits litt die Feldwirtschaft unter der Abwesenheit so vieler Ackerbauer, welche in den weitabgelegenen Provinzen in den Heeren dienten. Auch wuchs in dieser Zeit notwendigerweise die Macht der Nobilität, des neuen Amtsadels, der an die Stelle des seines politischen Ansehens beraubten Patriziats getreten war und im Senat sein Organ

hatte. Die Gemeinde war praktisch ausser stande, die Weltherrschaft zu führen, diese kam an den Senat, der fast wie ein ständiger Ausschuss aus der souveränen Volksversammlung funktionierte. Die bürgerliche Freiheit vertrug sich schlecht mit der Weltherrschaft.

Als nun mit der Einführung fremder Sitten die altväterliche Einfachheit, Arbeitsliebe, strenge Zucht, in einem Worte die bürgerlichen Tugenden, welche Rom gross gemacht hatten, schwer angegriffen wurden, war die Grundlage des ganzen Gemeinwesens und zugleich der Weltherrschaft tief erschüttert. Verhängnisvoll war auch die Entartung der römischen Religion, die gerade in ihren ältesten Formen am meisten die Interessen des Staates zu wahren schien. Ebenso hielt die Ueberzeugung vom höheren Beruf des römischen Volkes nicht stand gegen die fortwährende Berührung mit Griechen und Orientalen deren Ueberlegenheit in mehreren wichtigen Hinsichten, besonders in allem, was Religion und Kunst betraf, der Römer schon längst praktisch anerkannt hatte. Von selbst drang die Idee einer die Völker der Erde umfassenden Menschheit mehr oder weniger hervor. Was man als Mensch sein sollte, war eine Hauptfrage der Philosophie, mit der sich mancher gebildete Römer beschäftigte. Je mehr die Weltherrschaft von der ideellen Bedeutung, welche sie für den Römer hatte, einbüsste, desto mehr traten die materiellen Vorteile, welche man von ihr erwartete, in den Vordergrund. Die Erwerbung von Reichtümern wurde das grosse Ziel der Eroberung; die Provinzen wurden ausgesogen. In grossen Landgütern, latifundia, legte man das erworbene Kapital an; der kleine Grundbesitzer wurde von seinem Acker vertrieben. Mit diesem verschwand der Bürgerstand, welcher die römischen Heere ausmachte. Es brach eine Zeit an, in welcher die soziale Ungleichheit tief gefühlt wurde. Der ärmere Bürger forderte von der Nobilität seinen Anteil an den Vorteilen der Weltherrschaft. Der Einwohner Italiens beanspruchte Gleichsetzung mit dem römischen Bürger, der Sklave mit dem Freien.

Vergebens versuchten die Gracchen, den römischen Staat auf der alten Grundlage eines grossen, begüterten Bürgerstandes wieder herzustellen. Marius tat den verhängnisvollen Schritt, indem er die Armee den besitzlosen Bürgern offen stellte. Ein nach Beute lechzendes Proletariat wurde als cives romani über die Provinzen ausgegossen. Die Einwohner Italiens erhielten das Bürgerrecht. Sulla meinte die Macht der Nobilität nicht besser befestigen zu können, als durch Ausrottung des Mittelstandes und des italischen Volkstums. Sklaven bedrohten Rom. Eine Zersplitterung der Weltherrschaft schien unvermeidlich. Das elende Gesindel, das jetzt grösstenteils das römische Volk bildete,

war meistens nicht einmal römisch von Abstammung und fühlte nur sehr wenig für die Traditionen, deren Erbe es war.

Auch die Nobilität empfand den Einfluss davon, dass sie keinen höheren Zielen mehr nachstreben konnte. Das öffentliche Wohl trat in den Hintergrund, man kannte für dieses weder Begeisterung noch Pflichtgefühl mehr, sondern ging ganz seinen Privatinteressen nach. Manche Gerichtsreden Ciceros zeigen, in wie hohem Masse dies in Rom der Fall war. Auf einem solchen Boden kann es verwegenen Abenteurern, wie Clodius und Catilina, gelingen, auf den Strassenpöbel gestützt, den Staat in Gefahr zu bringen. Und selbst die besseren Männer, deren Rom in dieser Zeit eine nicht zu verachtende Zahl aufweisen konnte, hatten ihren Halt verloren und standen der allgemeinen Zerrüttung machtlos gegenüber. Wer noch etwas in der Welt ausrichten will, büsst dabei seine Charakterfestigkeit ein, es bleibt nichts übrig als unterzugehen; der schwachköpfige jüngere Cato wird seines philosopischen Selbstmordes wegen zum Heiligen. Bei den meisten war aber auch die Beschäftigung mit der Philosophie nicht ernsthaft genug, um eine würdige Lebensaufgabe sein zu können; die vornehmen Römerjünglinge suchten in den Schulen von Athen und Rhodus weniger die Erkenntnis der Wahrheit, als eine verfeinerte Bildung und rhetorische Fertigkeit.

In dieser Zeit taten sich in Rom die verschiedenartigsten philosophischen Bestrebungen kund. Schon seit der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. war die griechische Bildung in Rom vertreten, aber die Originalität und Kraft des Denkens waren in den philosophischen Schulen Griechenlands erstarrt; die griechischen Freunde der vornehmen Römer und Lehrer der Jugend waren zum Teil reine Eklektiker oder Skeptiker, oder, falls sie einer bestimmten Lehre sich anschlossen, wie Panaetius und Posidonius, die Väter des römischen Stoizismus, taten sie sich doch mehr durch enzyklopädisches Wissen hervor, als durch tatsächliche Förderung der philosophischen Probleme. Nicht unpassend vergleicht BENN diese Denker mit den Sophisten, nur dass sie diesen an Gedankenschärfe ebenso sehr nachstanden, wie sie sie an Gelehrsamkeit übertrafen. Wir haben hier nicht den Inhalt der verschiedenen philosophischen Systeme zu entwickeln, müssen aber zeigen, wie sie den römischen Bedürfnissen entsprachen und sich dem römischen Charakter anpassten.

Zuerst kommt die Stoa in Betracht. Diese Philosophie schloss mit dem römischen Wesen einen so engen Bund, dass sie ein nationalrömisches Gepräge erhielt und anderseits der Römer zum Typus des Stoikers wurde. In der stoischen Philosophie fanden die Römer eine

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