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gentium, und speziell der römischen Sitte und den Anstandsbegriffen seiner Umgebung hohen Wert bei. Sein Prinzip der Sittlichkeit ist das honestum, welches das decorum (лρéлоv) einschliesst, er definiert dieses als: id, quod tale est, ut detracta omni utilitate sine ullis praemiis fructibusve per se ipsum possit jure laudari1, macht es also wohl von dem Erfolg, nicht aber von der Ehre und Billigung der Menschen los. Auf der andern Seite aber ist seine Philosophie durchaus nicht so uneigennützig, wie denn die Tusculanae Disputationes gerade res ad beate vivendum maxime necessarias behandeln.

Auch Cicero hat die Scheidung zwischen der bürgerlichen und der philosophischen Betrachtung der Religion in seinem Leben durchgeführt. Während er in seinen philosophischen Traktaten oft skeptisch ist, spricht aus seinen Gerichtsreden der gläubige Staatsmann, der an göttliche Vorzeichen und an eine strafende Gerechtigkeit glaubt. Dass man in einem Privatgespräch die Existenz der Götter bezweifelte, schloss nicht aus, dass man sich im öffentlichen Leben energisch zu ihnen bekannte. Cicero, der so ziemlich an aller Divination zweifelte, war selbst Augur.

Sucht man bei Cicero nach festen religiösen Ueberzeugungen, so kommt ein gewisser Vorsehungs-, namentlich aber ein starker Unsterblichkeitsglauben in Betracht. Ueber den letzteren handelt er im ersten Buch der Tusculanen, im Somnium Scipionis und auch sonst, meist mit platonischen Argumenten und in dem Tone einer warmen Ueberzeugung. Die Seele gilt ihm als göttlich, wie aus ihren Empfindungen und Kräften, kurz aus ihrem ganzen Wesen hervorgeht; ihr Verhältnis zum Körper wird mit dem zwischen Gott und der Welt verglichen, wie er denn auch für Gott keine höhere Vorstellung bilden konnte, als die der menschlichen Seele entlehnt war. Merkwürdig ist nun, dass dieser Unsterblichkeitsglauben das einzige religiöse Element ist, das in Ciceros Privatleben zu entdecken ist. Seine Korrespondenz zeigt durchaus keine religiösen Motive und Gedanken; als er aber im vorgeschrittenen Alter seine bereits erwachsene Tochter Tullia verlor, suchte er Trost in dem Unsterblichkeitsgedanken. Er schrieb für sich selbst eine consolatio und wollte sogar der verstorbenen Tochter auf seinem Landgut ein Heiligtum errichten und sie daselbst als eine Gottheit verehren. Da dem Römer die griechischen Begriffe von dämonischen und heroischen Wesen fehlten, musste er gleich zur vollen Apotheose schreiten. Bei Cicero wie bei Lukrez sehen wir, dass der Todesgedanke sich dieser Zeit mit Gewalt aufdrängte, die erste

1 De finib. bon. et mal. II 14.

Bedingung eines glücklichen Lebens ist nach den Tusculanen: De contemnenda morte.

Betrachten wir jetzt noch einmal die altrömische Religion, wie sie unter dem Einfluss der geschilderten Zeitumstände und geistigen Strömungen werden musste, so begegnet uns selbstverständlich nur ein Bild des tiefsten Verfalls. Die wichtigsten priesterlichen Würden, die eines Pontifex, Augur oder Xvirs hatten für das religiöse Leben fast keine Bedeutung mehr. Sie wurden nur gesucht, weil sie politischen Einfluss gewährten. Nur sehr wenig kümmerten sich die Priester um ihre Pflichten. Die pontifices z. B. hatten die Jahresschaltung so vernachlässigt, dass die Zeitrechnung des Kalenders um mehrere Monate von der wirklichen abwich; es war unmöglich geworden, die Opfer zu den bestimmten Tagen darzubringen; die feriae fielen nicht im entferntesten auf die Tage, welche nach altväterlicher Verordnung für sie bestimmt waren. Die Lehre der Auspizien war den Auguren unbekannt geworden. Mehrere Priesterschaften waren eingegangen, andere, wie die fratres arvales und sodales titii, sogar vergessen. Priesterliche Würden, welche kein politisches Ansehen gaben, wurden nicht begehrt; manchmal musste auf die Besetzung priesterlicher Stellen verzichtet werden. Der altehrwürdige Posten eines flamen dialis blieb 75 Jahre frei. Auch Kulte, sogar die sacra privata, wurden vernachlässigt. Viele Heiligtümer verfielen. Nur an den Spielen blieb die Beteiligung ausserordentlich rege; die Zahl der Spieltage in den letzten zwei Jahrhunderten der Republik hat sich verfünffacht.

§ 10. Die Reform des Augustus.

Literatur. Das letzte grössere Werk über die Kaiserzeit, bis hinab zu Theodosius, ist H. SCHILLER, Geschichte der römischen Kaiserzeit (2 Bde in 3 Thln, 1883/7, wo auch die Quellen und die bisherigen Bearbeitungen verzeichnet sind). Für die spätere Zeit ist E. GIBBON, Decline and fall of the Roman Empire (anfangend mit dem Tod Marc Aurels), wenn auch aus dem 18. Jahrh., noch immer wichtig; freilich raubt der „solemn sneer" (Byron), womit GIBBON über religiöse Sachen aburteilt, seinem Buch einen Teil seines Werts. Ueber die Zeit von Augustus bis Marc Aurel handeln: G. BOISSIER, La religion romaine d'Auguste aux Antonins (2 vol., 1874), und G. FRIEDLAENDER, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms (3 Bde, namentlich der 3. [5. Aufl. 1881] enthält wichtige Schilderungen der religiösen Zustände). Ueber den Ausgang des Heidentums: V. SCHULTZE, Geschichte des Untergangs des griechisch-römischen Heidentums (2 Bde, 1887, 1892); G. BOISSIER, La fin du paganisme (2 vol., 1891); jetzt auch namentlich O. SEECK, Geschichte des Untergangs der alten Welt (2 vol. 1897-1902; 1. vol. in 2. Aufl.).

Allgemeine Werke über die sittlichen und sozialen Zustände im heidnischen und im christlichen Rom sind: C. SCHMIDT, Essai historique sur la société civile dans le monde romain et sur sa transformation par le christianisme (1853); W. E. H. LECKY, The history of European morals from Augustus to Charlemagne

2 vol., 1869); C. MARTHA, Les moralistes sous l'empire romain (1865); Etudes morales sur l'antiquité (1883).

Auch die Forschung über das Urchristentum hat in der neueren Zeit die römische Literatur und Geschichte eingehend und in verschiedenem Sinn berücksichtigt. Wir erwähnen hier: E. RENAN, Histoire des origines du Christianisme, namentlich den 4. und den 7. Band (L'Antéchrist und Marc Aurèle); E. HAVET, Le christianisme et ses origines (4 vol. wovon namentlich die zwei ersten hierher gehören); A. HAUSRATH, Neutestamentliche Zeitgeschichte, 2 Bde; BRUNO BAUER, Christus und die Cäsaren (1876); B. AUBÉ, Histoire des persécutions de l'église jusqu'à la fin des Antonins (2 vol., 1875/8), fortgesetzt in: Les chrétiens dans l'empire romain de la fin des Antonins au milieu du IIIe siècle (1881) und L'Eglise et l'Etat dans la seconde moitié du IIIe siècle (1886); Tí. Keim, Rom und das Christentum (posthum, 1881); besonders wichtig ist K. J. NEUMANN, Der römische Staat und die allgemeine Kirche bis auf Diocletian (I. 1890).

Von den zahlreichen Monographien nennen wir das schöne Buch von J. RÉVILLE, La religion à Rome sous les Sévères (1886).

In solche zerrütteten Zustände, wie die der letzten Jahre der Republik, konnte nur die Diktatur Abhilfe bringen. Pompejus befestigte die Weltherrschaft und hielt die gesellschaftliche Ordnung wenigstens einigermassen aufrecht. Cäsar hielt das Reich, das fast auseinander zu fallen drohte, fest zusammen und schaffte mit kräftiger Hand Ruhe und Sicherheit. Er fasste den mächtigen Gedanken, auf dem republikanischen Boden Roms eine starke Monarchie zu gründen, in deren Schatten ein ganzes Weltall Glück und Gedeihen finden sollte. Er wollte die Aemter der Republik in einer Hand vereinigen, die Imperatorwürde sollte dem Herrscher als Führer der Armeen eine unbezwingbare Macht zur Verfügung stellen, seine Abstammung von der Venus verlieh ihm die Ueberzeugung seines göttlichen Herrscherrechtes. Ihn, wie einst Alexander, hatten die Ideen des Orients ergriffen: er wollte dominus et deus sein, „Gott und Herrscher", nach altägyptischer und orientalischer Auffassung, die aber auch der Herrschaft der griechischen Diadochen eine moralische Grundlage gegeben hatte.

Er wurde ermordet. Neue Unruhen brachen aus. Endlich sicherte August der von so vielen Kämpfen ermüdeten Welt bleibende Ruhe zu. Er schlug andere Wege, als Cäsar sich vorgezeichnet hatte, ein. Er wollte die bestehende republica soviel als möglich aufrecht halten. Allein das römische Volk war eine formlose, von keinem höheren Gedanken zusammengehaltene Menschenmasse geworden, welche zu keiner regelmässigen einheitlichen Handlung mehr fähig war, für welche sich der Begriff der Souveränität in die Worte „Brot und Spiele", panes et circenses, zusammenfassen liess. Die res publica konnte praktisch nur der Senat sein, und diesem gab er, zugleich mit

der Ritterschaft, eine Organisation, bei welcher er das Ueberlieferte, und was sich geschichtlich entwickelt hatte, so viel wie möglich aufrecht erhielt, demselben aber eine feste Normierung gab. Doch wagte er es vorderhand nicht, dieser Republik die Führung der Geschäfte wirklich ganz zu übertragen. Neben ihr wurde, gleichsam zu ihrer Stütze, anfänglich nur für eine bestimmte Zeit, das Prinzipat, die Würde eines ersten Bürgers (princeps), eingesetzt. Diese war eigentlich eine neue, gleichsam private, Staatsgewalt neben der alten öffentlichen, mit etwa denselben Befugnissen ausgestattet wie diese, aber von unendlich grösserer Autorität. Auch liess sich die Monarchie, wie Cäsar sich diese dachte, nicht vollständig beiseite setzen. Der princeps war auch imperator. Die Göttlichkeit des Herrschers war eine Notwendigkeit, der man nicht mehr entgehen konnte, wenn sie auch in ihrer Form abgeschwächt wurde. Sogar die Idee eines dominus, gegen die sich der römische Republikanismus am meisten sträubte, schimmerte einigermassen hindurch.

Die Versorgung der armen Bürger wurde geordnet, die persönliche Sicherheit überall hergestellt, die Stadt in Regionen mit 265 Unterabteilungen, vici, eingeteilt. Seitdem alle Einwohner Italiens das römische Bürgerrecht erhalten hatten, stand nicht mehr Rom, sondern Italien an der Spitze der Welt. Italien behielt seine Geltung als das Herrscherland, und römische Bürger bewahrten den Provinzialen gegenüber eine bevorzugte Stellung. Doch war die Verfügung über die gefährlichsten Provinzen nicht dem etwa als Repräsentanten des Volkes geltenden Senat, sondern dem princeps übertragen. Auch ausserhalb Italiens herrschte überall Sicherheit und Ruhe. Die Weltherrschaft sollte mehr befestigt als erweitert werden.

Kein Römer konnte sich eine staatliche Reorganisation denken, die nicht zugleich das Religionswesen betraf. Schon Cäsar wollte auch dieses reformieren; er verbesserte z. B. den Kalender. August nahm diese reformatorische Tätigkeit sofort zur Hand; später, nach dem Tode des Lepidus (12 v. Chr.), wurde er pontifex maximus, welche Würde er damit für alle Zukunft mit dem Prinzipate vereinigte. Die fast völlig verschollenen Kollegien der sodales titii und fratres arvales wurden wieder hergestellt, ebenso die verfallenen alten Priestertümer; nach 75jähriger Unterbrechung wurde das Amt des flamen Dialis wieder besetzt; die Abneigung der angesehenen Familien, ihre Töchter Vestalinnen werden zu lassen, wurde erfolgreich bekämpft. Im Zusammenhang mit jener Neueinteilung der Stadt wurde auch der Larenkult reformiert. In den vielen Kapellen der 265 vici dieser Einteilung wurden neben den zwei Lares compitales auch der Genius Augusti

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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verehrt. Verfallene Tempel, 82 an der Zahl, wurden wieder hergestellt, mehrere von Grund aus neu aufgebaut. Ebenso erneuerte August alte Feste und Kultbräuche. Auch die ludi saeculares wurden reformiert, eine neue Reihe von saecula von je hundertjähriger Dauer wurde eröffnet; neben der Verehrung der Totengötter Dis und Proserpina kam die mehrerer anderer Götter, besonders des Jupiter o. m., der Juno, des Apollo, der Diana. Neben den nächtlichen Feiern kamen glänzende Feste bei Tage. Bei der Feier, die er selbst abhielt (17 v. Chr.), ging am dritten Tage vom Palatin zum Kapitol und von dort wieder zurück zum Palatin eine Festprozession, der ein Doppelchor von Knaben und Mädchen voranging, die das von Horaz gedichtete Festlied sangen.

Auch entsprachen seine kultlichen Anordnungen dem Charakter seiner staatlichen Reorganisation. Wie die Staatsgewalt des princeps neben der öffentlichen der res publica stand, wurde auf dem Palatin, wo August seinen Palast hatte, auf ihm zugehörigen Boden, ein glänzender Tempel für Apollo gegründet, der mit der Diana für die Herrschaft des princeps das werden sollte, was für die der res publica die kapitolinische Trias bedeutete. Bei der Säkularfeier wurde denn auch nach jener neuen Anordnung das palatinische Götterpaar zugleich mit dem kapitolinischen Jupiter und der Juno verehrt; die Prozession ging zwischen Kapitol und Palatin hin und her. Der Palatin erhielt sogar seinen eigenen Vestatempel, der das Ansehen des uralten Vestaheiligtums des Staates wesentlich beeinträchtigte. Wie im Palatin etwa sein Kapitol, so besass die neue Staatsgewalt in dem neugegründeten cäsarischen Forum auch ein Seitenstück zum alten Forum. Dieses neue Forum hatte sogar seine Rednerbühne, rostra. Es wurde ganz als ein Denkmal des julischen Geschlechtes behandelt. Die göttliche Stammmutter des Geschlechtes, Venus genetrix, hatte dort einen Tempel, ebenso Cäsar als Gott seine aedes divi Iulii. Mit ausserordentlichen Privilegien ausgestattet, welche ihn fast zu einem wichtigen staatlichen Mittelpunkt machten, war der ebenfalls dort errichtete Tempel des Mars Ultor, des Rächers des ermordeten Cäsar, dem hier wiederum die Venus, die Stammmutter der Julier, beigesellt wurde. Von hier sollten die Magistrate nach den Provinzen gehen, hier der Senat über Kriege und Triumphe beschliessen usw.

Höchst wichtig war weiter die schon erwähnte Bestimmung, dass der Genius des Augustus zugleich mit den Laren verehrt werden sollte. So erhielt der Herrscher seine göttliche Ehre, doch wurde die Schwierigkeit umgangen, einen noch lebenden Menschen als Gott zu verehren, was noch immer nach römischer Ansicht misslich war. In

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