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gischer Sklave eines hartherzigen Herrn, später ein Freigelassener, lehrte er in Rom und nach der Verbannung der Philosophen durch Domitian in Nikopolis. In Rom soll er durch seine rücksichtslose Art, die Leute über ihr Seelenheil auszufragen, sich Feinde gemacht haben. Als Beispiel stand ihm dabei die sokratische paíevots vor Augen. Seine Lehre hat später sein Schüler Arrian überliefert in den diaτpißxí, fünf Büchern, von denen wir noch vier besitzen, und mehr zusammenfassend in einem kleinen Sittenspiegel, dem erxetpiotov. Bei Epiktet finden wir die Unbeugsamkeit des Stoikers gepaart mit dem Freimut des Cynikers. Der Reichtum und die Vielseitigkeit des zivilisierten Lebens üben keine Anziehungskraft auf ihn. Es fällt ihm nicht schwer, Lehre und Leben miteinander in Einklang zu bringen. Sein Stolz als Philosoph, seine Grossherzigkeit in Leiden und Armut, die Innigkeit, womit er, wenn auch gegen den Kultus gleichgültig, die Gottheit lobt und preist, haben Epiktet, man möchte sagen, zu einem Heiligen gemacht, wie denn Celsus den Christen frägt, ob es keine der Verehrung würdigere Gestalt gebe als Jesus, z. B. Epiktet. Auch bei Epiktet ist die Philosophie ganz der sittlichen Praxis zugekehrt; dennoch gibt er einige Grundgedanken der stoischen Schule getreuer wieder als Seneca und Marc Aurel. So legt er viel Gewicht auf die Lehre von der Vorsehung (лpóνοα), welche alles, auch das Kleine und auch das Uebel leite, so dass wir in der Welt überall Harmonie finden können. Man klage also nie über die Gottheit, welche das Uebel zu unserer sittlichen Uebung schickt, wie die Ungeheuer, die Herakles bekämpfte, dessen Kraft erst entwickelten. Der stoische Gleichmut und die stoische Härte haben ihre Theorie gefunden in der im Encheiridion beständig wiederkehrenden Unterscheidung zwischen den Dingen, die in unserer Macht sind, und denen, die wir nicht in unserer Macht haben, die uns darum aber auch nichts angehen (τὰ ἐφ' ἡμῖν und τά oùx è' quiv). Zu letzterer Kategorie, der der Dinge, welche den Weisen nicht anfechten, gehören alle äusseren Umstände, Verluste, Krankheit usw. Bei jedem Unglück sage man sich, dass es nicht wirklich für uns da ist, da das Uebel allein in unserer Meinung besteht. Ein Kernspruch, der die Lehre Epiktets zusammenfasst, lautet: àvéyou καὶ ἀπέχου'.

Marc Aurel kennen wir aus seinem Briefwechsel mit seinem Lehrer Fronto und aus den zwölf Büchern seines Tagebuchs: tá siç Éautóv. Das letztere enthält Selbstbetrachtungen, die der Kaiser zum Teil im Zelte des Feldherrn während seiner Kriege gegen die Völker

1 Gellius XVII 19.

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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schaften an der Donau geschrieben hat. Er dankt darin seinen Lehrern und Erziehern und vor allem der göttlichen Führung, die ihn zu dem gemacht haben, was er geworden ist. Er hält sich selbst seine Pflichten als Mensch und als Römer vor und stimmt seine Seele zur inneren Ruhe mitten im Treiben der Welt und bei dem Gedanken an den Tod. Der Ernst und die Bescheidenheit, womit dieser Herrscher sein Gewissen untersucht und sein Seelenheil zu Herzen nimmt, sind ja durchaus ehrenwert. Wenn man aber Marc Aurel nicht bloss als eine der letzten, sondern zugleich als eine der höchsten und reinsten Inkarnationen heidnischer Tugend darstellt, so lässt sich manches gegen dieses übermässige Lob anführen. Er war ein guter Mensch, seine Güte hatte aber einen Beigeschmack von Egoismus, sein eigenes Seelenheil und seine persönliche Gemütsruhe waren seine grösste Sorge, über die Schlechtigkeit in der Welt, wenn er sie überhaupt sah, wusste er nur zu seufzen. Er hat den Pflichten seiner Stellung ohne Begeisterung, sogar ohne inneres Interesse obgelegen; als Herrscher war er kleinlich, von grossen Gedanken über die Regierung oder von einem Staatsideal findet sich bei ihm auch nicht die. Spur. Er gab einige philanthropische Vorschriften, liess verlassene Kinder versorgen, machte ein Gesetz gegen die Delatoren, liess Polster legen, damit die Akrobaten nicht gefährlich fielen; im übrigen war er aber von der Vergeblichkeit äusserer Massregeln ohne vorhergehende innere Besserung zu fest überzeugt, um irgend etwas mit Kraft zu unternehmen. Ihm fehlte es an Tatenlust; er muss sich schrecklich gelangweilt haben, worin freilich RENAN die Vollendung der Weisheit sieht.

Merkwürdig ist, dass noch in dieser Zeit die Christen so wenig die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Plutarch erwähnt sie nie; Epiktet und Marc Aurel jeder nur einmal und zufällig mit derselben Bemerkung über ihre Todesverachtung, welche diesen Weisen nicht aus dem rechten Prinzip hervorzugehen schien. Die Christenverfolgungen unter Marc Aurel waren nur lokal. Das Christentum machte schon Fortschritte in der Welt. Die Periode der christlichen Apologien, meist an die Kaiser gerichtet, fängt an. Die erste literarische Polemik gegen das Christentum soll Fronto, der Lehrer Marc Aurels, geführt haben, wie aus dem Octavius des Minucius Felix hervorgeht. Nicht mit Sicherheit zu bestimmen, wahrscheinlich aber gegen 180 und gewiss noch ins 2. Jahrh. anzusetzen ist die Entstehung von Celsus' 'A&ydùjs Aóros, der allerdings verloren ist, sich aber aus der Entgegnung des Origenes ziemlich vollständig rekonstruieren lässt'. Von der Höhe

1 Diese Rekonstruktion versuchten AUBÉ und KEIM, Celsus' wahres Wort (1873).

einer platonischen Gottesidee bekämpfte Celsus die christlichen Vorstellungen der Schöpfung, Menschwerdung und Auferstehung, die ihn unwürdig und mit Gottes Erhabenheit unvereinbar dünkten.

Wir haben zuerst die drei berühmten Stoiker besprochen; gehen wir jetzt einige Jahrzehnte zurück, um die interessanteste Gestalt dieses Zeitraums, Plutarch (+50-125), zu betrachten'. Plutarch nahm die Bildung seiner Zeit in sich auf, indem er in den Hauptstädten der Welt lernte und lehrte, und zog sich dann in seine Vaterstadt Chäronea zurück, wo er hochgeehrt als Magistrat und Apollopriester lebte. Seine 44 Bío napáλλŋλa erörtern in lebhaftem Stil, mit vielen Anekdoten, ohne kritische Schärfe, das Leben der berühmten Griechen und Römer. Eine Sammlung von 92 grösseren und kleineren, zum Teil unechten Schriften, ist, obgleich griechisch verfasst, unter dem Namen moralia bekannt. Die einzelnen Schriften sind an Beschaffenheit und Inhalt sehr verschieden. Trostschreiben und Tischgespräche, polemische Traktate gegen Epikureer oder Stoiker, Abhandlungen über religiöse oder philosophische Probleme, Betrachtungen über ethische Fragen, Artikel über irgend einen besonderen Gegenstand, Sammlungen von Notizen: von dem allem enthalten Plutarchs moralia Proben.

Man suche bei Plutarch kein systematisch abgerundetes und streng in sich geschlossenes System. Er ehrt Plato als den grössten Philosophen, wandelt auch oft auf platonischen Wegen, im einzelnen aber kann man ihn bei mancher Inkonsequenz ertappen. Seine Interessen waren durchgängig religiöser Natur. Er wollte den väterlichen Glauben stützen. Das Erbe, das er sich und der Welt erhalten wollte, war das der griechisch-römischen Welt; denn der Grieche Plutarch war dem römischen Kultus und der römischen Herrschaft sehr gewogen. Gegen orientalische Superstitionen verhielt er sich spröde, vom jüdischen Aberglauben redete er verächtlich; nur wo er die Einheit der Religion herausfinden konnte, z. B. wo er die ägyptischen Götter in den griechischen wiedererkannte, war ihm auch das Fremde recht. Im ganzen verteidigte er den überlieferten Glauben. Einen Hauptpunkt dieses Glaubens bildete die Lehre von der göttlichen Offenbarung, und so trat Plutarch in drei Traktaten über das delphische Orakel und auch sonst gelegentlich für die Mantik ein. Die menschliche Seele hat nicht bloss das Vermögen, sich an Vergangenes zu erinnern, sondern auch

1 Ausser den allgemeinen Werken nennen wir vor allen andern R. VOLKMANN, Leben, Schriften und Philosophie des Plutarch von Chaeronea (2. Aufl., 1873). Ausserdem O. GRÉARD, De la morale de Plutarque (3 éd., 1880); R. C. TRENCH, Plutarch (5 lectures, 2 ed., 1874); W. MOELLER, Ueber die Religion Plutarchs (Rede, 1881).

die Zukunft zu schauen. Bei seiner Theorie der Mantik brachte Plutarch sowohl die göttlichen als die materiellen Ursachen in Anschlag: sie wirken zusammen, und deshalb ist es nicht gottlos, auch die Ausdünstungen der Erde unter die Faktoren, welche den Enthusiasmus hervorbringen, mitzurechnen.

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Die Hauptsorge Plutarchs war, den Gottesbegriff von unwürdigen Vorstellungen rein zu halten. Es gibt viele verkehrte Gedanken über die Götter, welche man mit ihren Bildern oder Symbolen identifiziert, und über welche die Dichter allerlei lügen. Plutarch verwarf sowohl die euhemeristische Mythenerklärung als die physische der Stoa; er selbst neigte, wie sein Traktat De Iside et Osiride zeigt, am meisten einer ethischen Allegorisierung zu. Merkwürdig ist die Art, wie er das Anstössige in den überlieferten Vorstellungen sich zurechtlegte. So erklärte er, während monotheistische Ansätze bei ihm nicht fehlen, die Vielheit der Götter einerseits aus der Pluralität der Welten, anderseits aus den Tugenden der Güte und Gerechtigkeit, welche der Gottheit eigen sind, aber allein in der Gemeinschaft ihre Betätigung finden, also notwendig eine Mehrheit göttlicher Wesen voraussetzen. Aber der glücklichste Fund", wie Plutarch selbst sagt, war die Dämonenlehre 1. Die Lehre von den Dämonen leistete bei Plutarch verschiedene und sehr wichtige Dienste. Dieselben sind Mittelwesen zwischen den Göttern und den Menschen, an der Natur beider teilnehmend; es gibt unter ihnen gute und böse Geister. Die Götter werden nun in ihrer Erhabenheit gelassen, ohne in das irdische Treiben hereingezogen zu werden, und doch göttliche Kräfte den Menschen nahe gebracht. Die Dämonen sind die Diener der Götter, sie bestrafen die Bösen und verleihen Segen, sie geben Orakel, ihnen gelten Opfer und Feste. Was man den Göttern Böses, Unwürdiges angedichtet hat, kann nur von den Dämonen gelten. Dass die Dämonen mitunter auch sterblich sind, beweist die Geschichte von dem grossen Pan, dessen Tod in wunderbarer Weise Seefahrern verkündet wurde. So haben sie allerlei Funktionen. Eine der wichtigsten ist, dass sie den guten Menschen als Schutzgeister beigegeben sind, dieselben warnen und leiten, wie das dauóvov (der Genius) des Sokrates.

Unter Plutarchs Traktaten befindet sich auch der interessanteste Beitrag zur Theodicee, den diese Periode aufzuweisen hat: De sera numinis vindicta. KEIM hat mit Recht bemerkt, dass bei der platonischen, dualistischen Weltanschauung die Uebel in der Welt nicht so

'Man findet sie hauptsächlich in den Traktaten De defectu oraculorum, De Iside et Osiride, De genio Sokratis.

schlechthin als göttliche Strafen erscheinen konnten; aber bei Plutarch herrschte das religiöse Interesse so stark vor, dass er sich notwendig mit einer Frage beschäftigen musste, die sein Vorsehungsglaube ihm zu einem Rätsel machte, der Frage, warum die Gottheit die Bösen augenscheinlich nicht oder erst so spät und so langsam strafe. Die Behandlung dieser Frage durch unsern Philosophen zeichnet sich durch ihre Vielseitigkeit aus; er gibt mehrere Antworten und bringt die Uebel unter die verschiedenen Gesichtspunkte der strafenden Vergeltung, der reinigenden Züchtigung und des abschreckenden Beispiels. Er weist auch auf die göttliche Langmut hin, welche die Gelegenheit und Zeit zur Besserung offen lasse und uns lehre, nicht in zorniger Hast zu verfahren. Er mildert das Peinliche, das in dem Anblick des Glücks der Bösen liegt, indem er an die Grenzen unserer Einsicht erinnert und von den Strafen der inneren Unruhe und Gewissenspein redet, welche den Bösen auch bei äusserem Wohlergehen nicht erspart werden. Auch die Solidarität der Geschlechter zieht er zur Erklärung herbei und versäumt endlich nicht, die Aussicht auf eine Herstellung des Gleichgewichts im zukünftigen Leben zu Hilfe zu nehmen.

Es ist nicht richtig, wenn man die Religion Plutarchs als ein Christentum ohne Christus beschreibt. Wohl aber ist er, und zwar in ganz anderer, tieferer und vollständigerer Weise als Marc Aurel, ein Repräsentant heidnischer Frömmigkeit im 2. Jahrh. Er hat das religiöse Erbe der alten Welt zu retten gesucht und zugleich, ohne es zu wissen, manche neuen Bildungen vorbereitet. Namentlich hat seine Dämonenlehre, die schon im griechischen Altertum wurzelt, bei Plutarch aber ganz neue Dienste leisten musste, auf den christlichen Gedanken vom Schutzengel bestimmend eingewirkt. Die grosse Bedeutung Plutarchs liegt einerseits darin, dass seine Biographien die lebendige Form geworden sind, unter welcher der Begriff der antiken Tugend überliefert wurde und fortgewirkt hat, und dann, dass er das Bedürfnis einer reineren Fassung der Gottesidee klar gefühlt hat.

§ 13. Der religiöse Synkretismus im Anfang des 3. Jahrh. Nach dem Tode Marc Aurels treten andere Zeiten ein. Beinahe hörte sogar die Fiktion des römischen Bürgertums auf, als Caracalla allen Einwohnern des Weltreiches das römische Bürgerrecht schenkte. Auch der Senat, welcher die Bürgerschaft vertrat, verlor fortwährend an wirklichem Ansehen.

Die kaiserliche Gewalt gewann an Bedeutung, sie wurde fast die einzige reelle Staatsmacht. Sie zeigte eine starke Neigung, sich

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