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ist. So tritt mit dem Ablauf dieses Daseins für die Wissenden die völlige und ewige Erlösung ein: „,seine Lebensgeister ziehen nicht aus, sondern Brahman ist er und in Brahman löst er sich auf“ 1.

Das Vedanta ist ein spiritualistischer Monismus: das in Wahrheit Seiende ist nur Eines, und zwar ein Geistiges: das Brahma. Diese Weltanschauung ist einfach und einheitlich, aber sehr unvollständig, der Wirklichkeit wenig entsprechend; die Vielheit der Dinge, die Realität der Erscheinungen, der Unterschied zwischen Materie und Geist wird von dem Vedânta gänzlich übersehen.

Diese Schwächen des priesterlichen Denkens entgingen nicht der Aufmerksamkeit der nicht-brahmanischen Denker Indiens: die Sânkhyaphilosophie, die innerhalb der Kriegerkaste entstand, hatte schon ihre Kritik der ganzen Denkweise bereit, als das Vedanta sich noch nicht schulmässig ausgebildet hatte. Ihren nicht-priesterlichen Charakter kennzeichnet das Sânkhya, das auf den mythischen Kapila zurückgeht, dadurch, dass es die Anknüpfung an die Veden verwirft, dass es den heiligen Werken jede Bedeutung abspricht und sogar von keinem Gott hat reden wollen. Ebenso verzichtet diese Philosophie darauf, das Dasein als unmittelbare Einheit nachzuweisen oder als etwas ausschliesslich Geistiges zu bestimmen: die Sânkhyaphilosophie ist realistisch, pluralistisch, atheistisch.

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Dass sie die Welt als eine Vielheit auffasst, sehen wir schon aus dem Namen der Schule: sânkhya bedeutet „Aufzählung“, nämlich der 25 Prinzipien, aus denen die Welt entstanden ist. Der Realismus des Sânkhya offenbart sich darin, dass das erste dieser Prinzipien die Materie oder die Natur ist und dass der Geist erst als letztes, 25. Prinzip erscheint. Die Materie heisst prakṛti, „das Hervorbringende"; der Geist oder die Seele wie in den Upanishaden: purusha (die Person, das Männlein). Diese beiden Grössen sind selbständige und selbstgültige Realitäten, und zwar sind sie beide als Vielheiten gedacht. Die Materie ist aus drei konstituierenden Bestandteilen (gunas) gebildet: der Wesenheit (sattva), dem Leichten und Leuchtenden; der Leidenschaft (râga), dem Anregenden und Beweglichen; dem Dunkel (tamas), dem Schweren und Hindernden. Aber diese gunas haben auch ihre seelischen Seiten, bzw. Freude, Schmerz und Apathie; also konstituieren sie auch die Zustände der menschlichen Individualität. - Die Materie ist im stetigen Wandel und Wechsel begriffen; der samsâra, die Umwandlung, woran auch

1 Diese Darstellung, zum Teil wörtlich, nach DEUSSENS kurzer Uebersicht über die Lehre („System des Vedânta", Anhang).

die unerlösten Seelen beteiligt sind, ist die selbstverständliche Voraussetzung des Sânkhyasystems.

Die Realität und Selbständigkeit der Seele zeigt sich zunächst darin, dass sie mit keiner überweltlichen Götterseele identisch ist oder verschmilzt; denn eine solche wird gar nicht angenommen: unter Seele werden in der Sânkhyalehre Menschenseelen verstanden oder jedenfalls eine Vielheit von individuellen Seelen, die eben in der Verschiedenheit der menschlichen Existenzen und Zustände ihre Mannigfaltigkeit zeigen. Auch der Materie gegenüber besteht die Seele vollkommen selbständig; denn der Einfluss, den die Materie durch die drei gunas auf die menschliche Individualität ausüben kann, berührt wohl die untere oder psychische Seele (die Körperseele), nicht aber die eigentliche oder geistige Seele. Diese ist vielmehr absolut, keiner Qualitäten oder Attribute teilhaftig und also nicht für materielle Einwirkung zugänglich. Die absolute Seele ist rein geistig, ist schlechthiniges Denken, ist unteilbar, ja atomartig und deshalb unveränderlich und unvergänglich, hat weder Anfang noch Ende.

Es besteht also ein absoluter Wesensunterschied zwischen Materie und Geist; dieser Unterschied ist der Angelpunkt des Sânkhyasystems, und hierin liegt sein Hauptgegensatz gegen das übrige indische Denken, besonders gegen die Vedântaphilosophie. Trotzdem findet das Sânkhya Materie und Geist empirisch miteinander verbunden, und diese Verbindung ist sogar notwendig; denn ohne die Leitung der denkenden Seele würde die Materie sich ziellos bewegen, und ohne die Bewegung der Materie würde die Seele untätig sein. Denn sie ist an sich objektlos und vermag sich nicht selbständig zu betätigen. Darum können die beiden nur durch Vereinigung ihrer Kräfte etwas ausrichten, „wie der Lahme von dem Blinden getragen“ sagt das Gleichnis. Diese empirische Verbindung mit der Materie ist für die Seele ein Leiden, denn alles bewusste Leben ist, weil es auf Körperlichkeit beruht, mit Schmerz verbunden. Nun kann die Seele, wegen ihres Wesensunterschiedes vom Körperlichen, nicht im eigentlichen Sinne von den Zuständen des Körpers berührt werden; aber es fällt doch ein Reflex dieser Zustände auf die Seele wie von der roten Hibiscusblume auf den Kristall, in dem sie steht und durch diesen Reflex wird die Seele sich des Schmerzes bewusst. Dieses schmerzliche Bewusstsein des körperlichen Gebundenseins ist das eigentliche Weltübel, dessen Beseitigung die höchste Aufgabe des menschlichen Strebens ist.

Diese Beseitigung ist die Erlösung, und sie wird dadurch erreicht, dass der Mensch den Wesensunterschied zwischen Körper und

Seele vollkommen begreift; wenn er erkannt hat, dass die Teilnahme der Seele an dem Gebundensein der Körperlichkeit eine rein illusorische ist, dass es nur ein Reflex ist, der die Seele ebensowenig modifiziert wie der Farbenschimmer der roten Blüte den Kristall — dann hat er den Schmerz und die Welt überwunden. Denn dann kann er den schmerzlichen Reflex vermeiden, was in dem unaufgeklärten Zustande des „Nichtunterscheidens" unmöglich ist.

Durch diese Erkenntnis, die aber, wegen der den Menschen angeborenen Disposition zum Nichtunterscheiden, äusserst schwierig zu erreichen ist, findet eine vollkommene Trennung der Seele von Körper und Körperseele statt. Die Seele geht nicht zu Grunde, weil sie unteilbar und mithin unzerstörbar ist, auch wird sie nicht zu Gott weil es keinen Gott gibt. Ebenso wenig kann von einer Seligkeit der Seele die Rede sein, denn nach der Trennung hat die Seele an keinen Affektionen teil. Sie dauert in der Erlösung zwar individuell, aber in dem Zustand absoluter Bewusstlosigkeit fort. Diesen höchsten Zustand kann der Erlöste schon im Leben erreichen, und nach dem Tode ist er dessen gewiss.

Die Sânkhyaphilosophie ist wie das Vedânta ein Streben nach Erlösung, nur ist der intellektualistische Charakter der Erlösung hier noch schärfer hervorgehoben als bei jener. Von irgend einer Verdienstlichkeit oder Bedeutung der priesterlichen oder ethischen Werke kann keine Rede sein, sie sind nur der Erlösung hinderlich. Asketische Uebungen sind nur statthaft, wenn sie ausschliesslich darauf abzielen, die erlösende Unterscheidungskraft zu steigern, sind aber hierzu nicht ungeeignet.

Auch der Pessimismus des Sânkhya ist viel entschiedener als der des Vedânta. Jeder bewusste Zustand ist nach dieser Lehre schmerzhaft; auch die Freude und das Glück, von dem uns die Erfahrung zu zeugen scheint, existieren nicht wirklich, denn jede Lust ist mit Schmerzen durchsetzt"; und nur im traumlosen Schlafe, in der Ohnmacht u. ä. ist man zeitweilig vom Schmerze befreit; diese Befreiung soll durch die Erlösung vollkommen und endlos werden.

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Eine gewisse Humanität kann man der Sânkhyaschule nicht absprechen. Vor allem hat sie, wohl als Polemik gegen die Priester, die Kastentrennung vollkommen aufgehoben und lässt, im Gegensatze zum Vedânta, sowohl den Çûdras als den Frauen den Weg des Heiles offen. Auch wird es jedem Erlösten gestattet, als Lehrer der Wahrheit aufzutreten. Von einer aktiven Betätigung dieser Menschenliebe waren die Sânkhyaanhänger leider durch die Lehre von der Schädlichkeit alles Tuns ausgeschlossen.

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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Wie die Vedantaphilosophie durch ihre Verbindung mit dem Veda religionsgeschichtliche Bedeutung hat, so beansprucht die Sânkhyaschule ein nicht geringeres religiöses Interesse; denn sie ist der philosophische Vorläufer der mächtigsten der indischen Religionen: des Buddhismus.

Bevor wir diesen und seine ältere Schwesterreligion, den Jainismus, betrachten, müssen wir jedoch einem eigentümlichen Phänomen aus der brahmanischen Zeit, dem sog. Yoga, unsere Aufmerksamkeit widmen.

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Yoga (von yuj jungo) bedeutet „Anbinden", nämlich die Verknüpfung der Seele mit dem Höchsten, und ist insofern nur ein Ausdruck für den Prozess der philosophischen Spekulation. Derselbe verlor aber mit seiner Verbreitung den philosophischen Charakter und wurde zu einer Art asketischer Uebung oder geistiger Kasteiung, durch welche man dieselbe Erlösung zu erreichen suchte, wie mit der philosophischen Erkenntnis. Die Yogapraxis war eine Selbsthypnotisierung, die nach bestimmten Methoden fertig gebracht wurde; durch zusammengekauertes Stillsitzen, durch Fixierung des Blickes, durch Anhalten des Atems und unablässiges Festhalten abstrakter Begriffe oder bedeutungsvoller Silben, wie z. B. des berühmten Om, der mystischen Formel für Brahma, wurde die Ekstase erreicht, in der man sich mit dem Höchsten identisch fühlt. Das war die sinnliche und sinnlose Weise, in welcher man das Ziel der religiösen Philosophie, das erlösende Erlöschen des Bewusstseins, suchte. Der Yogin, wie der diese Askese Ausübende genannt wurde, glaubte sich über alle Bestimmungen und Schranken des Weltlichen erhaben und im Besitz göttlicher Allgewalt; dieselbe Macht über das Göttliche, die das vedische Opfer zu erreichen wusste, wurde dem Yogin zu teil.

Bei der geistigen Kasteiung blieb es jedoch nicht. Ueberall in dem Brahmanismus sehen wir eine Neigung zur wirklichen Askese. Das Einsiedlerleben im Walde, besonders die letzte Stufe desselben, war eine den Priestern obligatorische Form des Asketismus, aber das leibliche Absterben von der Welt beschränkt sich keineswegs auf diese geregelte Praxis. Mit welcher Wildheit brahmanische Priester die Tötung des Fleisches getrieben haben, ist bekannt: vom Ausstrecken oder Festbinden der Arme, wodurch sie verwelken sollen, vom Starren in die Sonne bis zur Erblindung der Augen, vom Stillstehen zwischen vier Feuern, von stundenlangem Stehen auf dem Kopfe oder gefahrvollem Balanzieren in schwindelnder Höhe, von Fasten, wobei man das Essen, dem Monde folgend, ab- und wieder zunehmen lässt, wird noch heute berichtet. Diese Uebungen haben

alle den Charakter der tatlosen Entsagung oder Selbstlähmung; sie sind die praktischen Auswüchse der trüben Passivität, die in dem indischen Volkscharakter ihre Wurzel hat und die in der Denkweise der Philosophie sich theoretisch betätigt.

Eine philosophische Schule bilden die Yogisten insofern, als sie mit staunenswerter Energie die psychologischen Analysen der Denkprozesse betreiben, durch die der Yogin überall das Akzidentelle beseitigt, um die Wesenheit der Dinge zu ergreifen. (Beispiele bei Patanjali a. a. O.)

Der Jainismus.

§ 13. Die Jainasekte und ihre Lehre.

Literatur. Die Ehre, zuerst Zuverlässiges über die Jaina mitgeteilt zu haben, kommt wieder COLEBROOKE zu, in dessen Misc. Ess. sich mehrere Abhandlungen über sie finden, denen der Herausgeber COWELL noch Mâdhavas Bericht über die Jaina hinzugefügt hat. Ueber die Jainaliteratur handeln A. WEBER, Ueber die heiligen Schriften der Jaina (Ind. Stud. XVI, XVII); E. LEUMANN, Beziehungen der Jainaliteratur zu andern Literaturzweigen Indiens (Act. d. Or. Congr. Leiden, 1883). Eine Uebersetzung von einigen Schriften mit besonders orientierender Einleitung gibt H. JACOBI, Jaina Sûtras (S. B. E. XXII u. XLV); vgl. die Einleitung zu seiner Ausgabe von Kalpasūtra (Abh. f. d. Kunde des Morgenlandes 1879); Ferner: JOHS. KLATT, Extracts from the historical records of the Jainas. (Indian Antiquary XI.) S. J. WARREN, Over de godsdienstige en wijsgeerige begrippen der Jainas (1875); de MILLOUÉ Religions de l'Inde (Ann. Mus. Guimet 1890 bes. p. 328 ff.). G. BÜHLER, Die indische Sekte der Jainas (Alm. d. Wiener Akad. 1881) gibt eine kurze, vorzügliche Darstellung. - R. HOERNLE, Jainism and Buddhism. (Calcutta Review 1898, überarbeitet im Annual Adress in Proceedings of the Asiatic Soc. of Bengal, 1898 p. 39 f. sehr instruktiv). F. OTTO SCHRADER, Ueber den Stand der ind. Philos. z. Zeit Mahāvīras und Buddhas (1902).

Das heilige Wissen, das Studium der Veden, war von Haus aus der Brahmanenkaste vorbehalten. Wie wir gesehen haben, blieb es nicht immer so: die Kriegerkaste beteiligte sich eifrig an den theologischen Studien, ja erreichte sogar einen freidenkerischen Standpunkt, auf dem sie den Glauben an die Göttlichkeit dieser Bücher überwunden hatte und mit einer gewissen Geringschätzung auf die an die Schrift gebundenen Brahmanen herabsehen konnte. Einen viel grösseren Reiz übte die andere Seite des brahmanischen Lebens, das praktische Eifern nach Heiligkeit, das Entsagen und die Einsiedelei auf die Adeligen aus; aber eifersüchtig enthielten die Priester ihnen diese Würde und Seligkeit vor, solange es möglich war. „Kein Ritter darf den Mönchsweg wandern", war lange eine feststehende Formel unter den Brahmanen. Aber die Ritter liessen sich auch hier nicht durch die priesterlichen Verbote zurückhalten: schon um das 8. vorchristliche Jahrhundert bemerken wir asketische Bewegungen

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