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der Inder nicht viel zu finden, selbst bei den vedischen Hymnen gehören die dichterisch wertvollen zu den Ausnahmen. Dass es indessen den Indern keineswegs an ästhetischem Sinn fehlte, das beweist in erster Linie ihre profane Dichtung, die sowohl in dem Epos als in dem Drama eine bedeutende Höhe erreicht hat; in den bildenden Künsten brachten sie es lange nicht so weit: ausser den wunderbaren Leistungen ihres Kunstgewerbes ist nur ihre prächtige Baukunst rühmend zu nennen; weder in der Plastik noch in der Malerei jedoch haben sie etwas Hervorragendes hinterlassen.

Die vedische und brahmanische Religion.

§ 2. Die Veden.

Literatur. R. ROTH, Zur Literatur und Geschichte des Weda (1846). FR. MAX MÜLLER, Lecture on the Vedas (1865, Chips. I). Uebersetzungen des Rigveda von H. GRASSMANN (metrisch 1876–77); bedeutender, aber schwer zugänglich: A. LUDWIG (1876-79, mit wertvollem Kommentar samt Literatur und mythologischen Erörterungen); MAX MÜLLER (in S. B. E. XXXII). - Eine gute Auswahl in gefälliger metrischer Form ist GELDNER und KaEGI, 70 Lieder des Rig-Veda (1875). - Ueber die Religion der Veden handeln ausser MUIR V.: A. KAEGI, Der Rigveda (2. Aufl. 1881), als Einleitung sehr zu empfehlen. — H. OLDENBERG, Die Religion des Veda (1894), bis jetzt wohl die beste Darstellung. Kürzer und ganz praktisch: E. HARDY, Die vedisch-brahmanische Periode der Religion des alten Indiens (1893). Objektiv und detailliert: A. MACDONELL, Vedic mythology (1897) im Grundriss. Nur für den Fachmann zu gebrauchen: A. HILLEBRANDT, Vedische Mythologie I-III bis 1902 (die Einleit. d. Bd. III übersichtlich); LUDWIG, Beiträge zu der Mythologie, im Bd. III seines Rigveda (1878), das früher bahnbrechende Werk von A. BERGAIGNE, La religion védique (3 vol., 1878—83), und H. S. VODSKOV, Sjaeledyrkelse og Naturdyrkelse I (1897) (Rig-Vedas mythologiske Alder og Art). — P. REGNAUD, Le Rig-Veda (1892), ist durch BARTHS Kritik (RHR 1893) als ganz unzuverlässig nachgewiesen. Viele Grundfragen der Vedaforschung sind in PISCHEL und GELDNER, Vedische Studien, behandelt.

Die älteste uns bekannte Periode der indischen Religion nennen wir nach ihren heiligen Schriften die vedische.

Veda bedeutet „Wissen" (cfr. Foda). Das heilige Wissen, das in diesen Büchern niedergelegt ist, ist durch Offenbarung zu stande gekommen; die Veden „sind nicht von Menschen geschriebene"; sie sind rein göttlicher Herkunft, im strengsten Sinne des Wortes inspiriert. Drum sind sie die unfehlbare Autorität für Glaube und Leben. - Die vedische Literatur ist sehr umfangreich; sie enthält nicht nur die heiligen Lieder, sondern auch Lehrbücher des Rituals der praktischen Theologie und die ersten Anfänge der philosophischen Spekulation. Die Liedersammlungen, die den Grundstock des Veda bilden, und die wir gewöhnlich schlechthin als „Veda" bezeichnen, wer

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den mit dem indischen Worte mantras genannt. Sie zerfallen in vier Abteilungen (samhitâs Sammlungen): Rigveda, das Buch der religiösen Gedichte, Sâmaveda, die Gesänge, Texte, Yajurveda, die Opferformeln, wozu noch eine der Redaktion, nicht aber dem Inhalte nach, spätere Sammlung: der Atharvaveda, das Buch der magischen Lieder und Sprüche, kommt. Von diesen Büchern kommen für die Religionswissenschaft vornehmlich Rig und Atharva in Betracht; die beiden andern Sammlungen, die einen mehr technischen Charakter haben, sind für unsere Zwecke weniger ergiebig.

Der jüngere, durchweg in Prosa geschriebene Veda, besteht aus den sog. Brâhmanas. Sie befassen sich mit dem gesamten Opferwesen, wobei aber viel Mythologisches, Theologisches, ja sogar Sprachliches besprochen wird. An die Brâhmanas reihen sich als Nachträge an die Aranyakas, „die Waldbetrachtungen", und die Upanishads, „die Unterweisungen", die die älteste Philosophie der Inder enthalten.

Nachvedisch, aber zum Teil demselben Literaturkreis angehörig, sind die Sûtras (auch Vedângas, „Glieder des Veda", genannt). Sie sind „Leitfaden" des Schulunterrichts, deshalb überwiegend in knapper Form abgefasst, während die Brâhmanas breit und redselig sind. Die Autorität der Sûtras ist viel geringer als die der Brâhmanas; die letzteren werden sämtlich (ebenso wie die Mântras) zu der Offenbarungsliteratur (Cruti) gerechnet. Diese Ehre kommt dagegen nur wenigen Sûtren (çrautasûtras) zu; die meisten werden zur Tradition (Smrti) gerechnet (smârtasûtras). Diese behandeln u. a. die Haussitten (Grhyasûtras) und die Rechtslehre (Dharmasûtras). Das berühmte Gesetzbuch Manus ist aus dieser Dharmaliteratur hervorgegangen.

Ueber das Alter der Vedalieder (der Mantras) gibt es nur vage Mutmassungen. Selbst wenn wir den Zeitpunkt ihrer Redaktion bestimmen könnten, wäre nur wenig geholfen; denn diese Dichtungen sind Denkmäler einer langen, in vielen Stufen verlaufenden religiösen Entwicklung, die in unabsehbar ferner Vorzeit hat beginnen können. Mögen wir aber diese Lieder noch so weit zeitlich hinaufrücken, Eins steht fest: die Vedalieder tragen schon ein rein indisches Gepräge, woraus man schliessen darf, dass sie unter allen Umständen auf indischem Boden, unter indischer Sonne gezeitigt sind.

Die astronomischen Verhältnisse im vedischen Weltbilde berechnend haben JACOBI und TILAK neuerdings die Zeit der vedischen Kultur auf ca. 2000 v. Chr. festgesetzt, ja sie meinen zudem Spuren einer noch älteren Zeitrechnung, die für die Zeit 4000 passen würde, gefunden zu

haben. (Dagegen A. WEBER, Ved. Beiträge, 3. Berl. Sitz.-Ber. 1894; WHITNEY, Proc. Am. Or. Soc. 1894.) Ueber die Entstehungszeit der vedischen Poesie ist damit aber nichts Bestimmtes ausgesagt; gewöhnlich wird diese auf ca. 1200-1000 v. Chr. angesetzt, aber wenn man bedenkt, dass die Jainasekte, die um 850 v. Chr. auftrat, sich erst auf den Trümmern des Vedismus, ja sogar nach der Blütezeit des später als dieser entstandenen Brahmanismus hat entwickeln können, scheint diese Datierung nicht weit genug zurückzugehen.

So gehören die Veden jedenfalls zur ältesten Literatur der Menschheit, und doch tragen diese altehrwürdigen Gesänge durchaus das Gepräge, nicht aus dem Anfang, sondern aus dem Schlusse einer religiösen und dichterischen Periode herzurühren. Dieses lässt sich, im Gegensatz zu der früheren, besonders von MAX MÜLLER aufgestellten Behauptung, wir ständen hier einer naiven Volksdichtung aus der Kindheit der arischen Rasse gegenüber, ganz deutlich erkennen. Wohl finden wir im Veda Spuren jugendlicher Phantasie und primitiver Ansichten, die auf eine Frühzeit des Volkes zurückweisen mögen, dieselben bleiben immer nur Spuren und verleihen der Dichtung im grossen und ganzen keineswegs ihren Charakter. Die ganze dichterische Behandlung des mythischen Stoffes und die theoretische Ausgestaltung der religiösen Ideen verrät durchgehends einen Verfall und ein Altern des geistigen Lebens, wo Schulmethode und Pedanterie das Denken vorwiegend beherrschen, wo der Glaube zur Theorie, der Kultus zum Ritual geworden ist und selbst der priesterliche Dichter nur durch gelehrte und gekünstelte Wendungen dem alten Stoff etwas Neues zuzuführen weiss.

Denn die Dichtung, aus der unser Veda hervorgegangen, war schon zu einer Art Gewerbe geworden; die Verskunst wurde in Dichterschulen nach bestimmter Technik gelernt; der dichterische Apparat ist fertig ausgebildet, und es gilt jetzt, ihn so gescheit und sinnreich als möglich anzuwenden und das Lied durch Wortspiele und Rätsel, durch Doppelsinn und schwerverständliche Anspielungen möglichst kunstvoll und dem gelehrten Kenner schmackhaft zu machen. Dass bei solcher Methode Mittelmässiges herausgekommen ist, liegt auf der Hand; der grösste Teil der so hoch gepriesenen vedischen Dichtung ist formell und dürr, gedankenarm und gesucht und selbst für den Inder schwerfällig und dunkel; dass in dem alten Liederstoff Schönheiten verborgen. waren und dass sich unter den uns bekannten Vedahymnen geistvolle und vortreffliche Dichtungen befinden, ist dadurch nicht ausgeschlossen.

So wenig diese Poesie also unmittelbar aus dem Volke hervorgegangen ist, so wenig ist ihr Motiv ausschliesslich ein religiöses gewesen.

Nicht alle Gedichte des Rigveda sind geistliche Lieder, wie auch das Prinzip dieser Liedersammlung durchaus kein liturgisches ist; viele Lieder sind ganz profanen Charakters, wie das Klagelied des Spielers, das Lied von den Fröschen, wo über die Brahmanenschulen gespottet wird; Tierfabeln und poetische Märchen finden sich im Rigveda, von Wettrennenliedern und sehr obszönen Versen ganz zu schweigen.

Einen besonderen Anlass Lieder hervorzubringen boten die grossen Opferfeste, die auf Veranstaltung eines Fürsten oder eines andern reichen Herrn gegeben wurden. Der Brahmane, welcher der geschulte Dichter war, musste dann ein Lied vortragen, in älterer Zeit am liebsten ein neues Lied, das für diese Gelegenheit gemacht war. In ganz unwürdiger Weise haben die Dichter ihre Leistungen der Situation angepasst; nicht nur sind viele Vedalieder höfisch in ihrem Ton, dem Opferherrn und seinen Passionen schmeichelnd, sondern das Verlangen nach reichlichem Honorar, das in Kühen bestand, kommt oft in dem Liede selbst ganz unverhüllt zum Ausdruck; denn dass eine so schwere Kunst nicht unentgeltlich betrieben wurde, wird man verstehen. Deshalb wird der Ton des Liedes oft genug so gestimmt, dass möglichst viele Kühe dabei herauskommen.

Bei den meisten Vedaliedern wird der Name des Verfassers angeführt; häufig sind diese Angaben ohne alle Bedeutung, ja ganz sinnlos. Dass aber eine feste Tradition über die Verfasser des Veda bestanden hat, ist gewiss, und zwar scheint diese vielfach auf historischem Boden zu fussen. Bestimmte Dichterfamilien lassen sich nämlich nicht nur durch das, was von ihnen erzählt wird, sondern aus den Liedern selbst, aus ihrem Charakter, ihrem Refrain usw., erkennen. An der Spitze jeder Familie stand der Ahnherr, der heilige Rishi, nach dem die Familie und die Dichtungen der Familie genannt wurden. Der berühmteste von diesen Rishis ist Vasishtha, dessen Familie das siebente Buch des Rigveda zugeschrieben wird. Wie die Rishis in der vedischen Literatur auftreten, sind sie überwiegend legendarisch behandelt. Die Geschichte von Vasishthas Streit mit dem König Viçvamitra mag historische Wahrscheinlichkeit haben, denn die Kuh, um die sie sich stritten, war eben der Sängerlohn, den der priesterliche König wohl dem berühmten Rishi abgewinnen mochte; die meisten andern Züge, die von den beiden Sängern erzählt werden, sind ganz legendarisch, ja mythisch. Vasishthas Geschichte ist mit dem Indramythus eng verwoben, und es wird ihm göttlicher Ursprung zugeschrieben. Er steht da wie Musaios oder ähnliche Sänger der fernen Vorzeit, die wohl existiert haben mögen, nur nicht in der Form, in der wir von ihnen wissen.

In der Ordnung der einzelnen Teile des Rigveda wird auf die Dichterfamilien grosse Rücksicht genommen. Diese Anordnung der Lieder ist sehr sorgfältig nach so bestimmten Prinzipien vorgenommen, dass der Franzose ABEL BERGAIGNE sogar glaubte, ein arithmetrisches System (Anzahl und Länge der Lieder und der Strophen) als Ordnungsprinzip nachweisen zu können; dieses gelang allerdings nur gezwungen: zunächst werden die Lieder nach den Dichtern, dann nach der Gottheit Agni zuerst, nach ihm Indra usw. dann nach dem Metrum geordnet; erst nachher wird auf die Strophen Rücksicht genommen, aber dieses allerdings mit ganz pedantischer Genauigkeit. Von den 10 Büchern (Mandalas) des Rigveda bilden das 1. und das 10. Abteilungen für sich; Mandala 2—9 (die Familienbücher) bilden eine Klasse; von diesen sind das 7., das Vasishthabuch, das 8. und das 9., das Somabuch, besonders zu nennen. Das 10. Buch, das besonders viele Zauberlieder und philosophische Lieder enthält und dadurch dem Atharvaveda ähnlich wird, gilt häufig für jünger als die andern Bücher, was jedenfalls von der Redaktion gelten mag —, denn offenbar ist das Buch ein späterer Zusatz, - nicht aber im gleichen Grade von dem Inhalte, welcher teilweise alt ist. Für die Religionsund Sittengeschichte der vedischen Zeit ist das 10. Buch sehr wichtig.

Ueber Wert und Autorität der Veden hegten die Inder früh ganz phantastische Vorstellungen. Nicht nur dass sie jedem Orthodoxen als inspiriert und ganz unfehlbar gelten, sondern sie werden von der brahmanischen Theologie als mythologische und kosmische Grösse verehrt. Die heiligen Rishis, die sie verfasst haben, werden schon in den Veden selbst als die Tischgenossen der Götter betrachtet; später heisst es aber, die drei Veden seien unmittelbar aus dem Opfer des Urmenschen hervorgegangen (Purushasūkta X, 90); im Çatapathabrâhmana heisst es, dass Prajapati, der anfangs allein existierte, durch Devotion die drei Welten (Erde, Luft, Himmel) aus sich selbst hervorgehen liess, aus diesen wieder Agni, Vayu und Surya (Feuer, Wind, Sonne), aus diesen wiederum die drei Veden. Die Welten sind in den drei Veden zusammengefasst und ruhen in ihnen, ja selbst die vedischen Metra werden als schöpferische Potenzen verehrt. Die guten Brahmanen verraten durch solche Erwägungen nur zu deutlich, welche Zauberkraft sie der Rezitation dieser Opferhymnen beigelegt haben, besonders wenn sie die mystischen Opferrufe, bhur bhuvas svas als die kräftigste Essenz der ganzen Vedadichtung betrachten und wiederholt versichern, dass die Rezitation ebenso mächtig ist wie das Opfer selbst. (Hierüber näheres in MUIR, Or. Sanskr. Texts, III und in § 68 der zweiten Ausgabe dieses Lehrbuchs.)

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