ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

XV.

Weifsenfels, 18. Juli 1517.

Herzog Georg an seine Räte in Dresden.
(Konzept von Kochel's Hand.)

Heut ist die Bulle über den Ablafs für St. Annaberg in seine Hände gelangt; er schickt sie ihnen hiermit nebst einer Kredenz an den Bischof von Meifsen auf den Pfarrer zu Dresden gestellt; letzterer soll gleich zum Bischof gehen und ihm die Bulle vorlesen; ist dies geschehen, so sollen die Adressaten sie gleich,, dem techande von Meyssen, den man auff Sant Annenbergk finden wirdet", überschicken. Die Sache hat Eile, da doch ,, solche gnade vor nehestkunfftigem Sant Annentagk publicirt vnd eroffent werden" solle.

Nachschrift: Für den Fall, dafs der Dresdener Pfarrer nicht einheimisch, liegt eine Kredenz für den Pirnaer Pfarrer bei, der dann zum Bischof gehen solle 1.

XVI.

Rom, 3. September 1517.

Nikolaus von Hermestorff an Herzog Georg.

99

Er hofft seine Briefe vom 5. und 8. Juli seien angekommen, ebenso die Bullen und die beiden Brevia, die er durch die Fugger habe senden lassen. „Die andere Bulla vor den Campo Sancto" dachte er selbst mitzubringen. Aber - wie wol ich itzunt innerhalb zcweben tagen, Bo got will, auffzcuseyn gedenck, doch auff das solche bulle deste sicherer, och villeicht deste ehr zcu a. f. g. handen queme, habe ich sie mitsampt einem transBumpt der Bullen, Bo vor das Hospital des Campi sancti alhie von diesem Babst gegeben, durch der fucker banck a. f. g. zcu

[ocr errors]

1 Ein Abdruck der Bischöftlichen Approbation und Zulassung des Jubeljahres" d. d. Stolpen, 30. Juli 1517 findet sich in der Chronica der Bergstadt St. Annaberg" (1746), S. 77.

schicken wollen. Aber die andere Bulla der Cardinal, och etzliche pfundt der erden des Campi Sancti wil ich mit mir hynaus furen" 1.

3.

Über Melanchthon's Ratio discendi.

Von

Dr. Karl Hartfelder
in Heidelberg.

In einem aus zwölf Blättern bestehenden Schriftchen, von dem aber blofs elf bedruckt sind, und in welchem weder Drucker noch Druckort genannt werden 2, steht neben vier anderen Stücken eine Ratio discendi von Philipp Melanchthon, also eine Anleitung zum Studium oder eine Anweisung, wie man das Studium methodisch einrichten mufs.

Der Inhalt derselben ist eine warme Empfehlung der Humanitätsstudien unter religiösem Gesichtspunkte. Die Sprachen werden als notwendig für das „, Evangelium", d. h. für die Lehre der evangelischen Kirche bezeichnet. Als empfehlenswerte Schrift

[ocr errors]
[ocr errors]

1) Warum die Einweihung des Gottesackers und die Ausstreuung der heiligen Erde erst am 27. Oktober 1519 erfolgte, nachdem doch die bischöflich Approbation schon am 12. Dezember 1517 (vgl. ihren Abdruck Chronica" S. 238) gegeben war, vermag ich nicht zu sagen. Vgl. über die bei der Einweihung beobachteten Zeremonieen die ,Chronica" S. 241. Ein Abdruck des Transsumpts in der Chronica" S. 233. In der Nachschrift zu einem Brief an Kanzler Kochel (gleichen Datums und Inhalts wie der Brief an Georg) schreibt Hermestorff: Dux Urbini misit huc legatos ex exercitu suo, qui Pontifici max. condiciones pacis offerrent. Sed tales, qui Pontifici non placuerunt. Interim hic de pace agitur: Dux in agrum Florentinum irruit, aliquot castella et opida diripuit. Quo fit, ut multi existiment, iter versus Florenciam non satis tutum fore. Dubius itaque sum, quam viam amplectar."

[ocr errors]

2) Die v. Ponikau'sche Bibliothek zu Halle a. S., welche unter der gleichen Verwaltung mit der dortigen Universitätsbibliothek steht, besitzt ein Exemplar des seltenen Schriftchens, welches ich durch die Güte des Herrn Oberbibliothekar Dr. Hartwig benutzen konnte.

über den gleichen Gegenstand wird des Desiderius Erasmus Commentariolus de ratione discendi bezeichnet und dessen wiederholte Lektüre empfohlen 1.

Es unterliegt keinem Zweifel, dafs diese Ratio discendi die früheste Zusammenfassung von Melanchthon's methodischen Prinzipien ist 2. Aber sie enthält kein ausgeführtes und geordnetes System, sondern es sind gelegentliche Bemerkungen, wie sie ein akademischer Lehrer in seinen Vorlesungen einfliefsen läfst. Dafs dem so sei, dafür spricht das tradita, welches auf dem Titelblatt za Ratio hinzugefügt ist, noch mehr aber Wendungen wie, vobis exponam, an non videtis, ne ignoretis, vos obtestor und andere 3.

Wir haben also keine von Melanchthon für den Druck bestimmte und ganz ausgearbeitete Schrift vor uns, sondern eine Nachschrift aus seinen Vorlesungen, wie sie etwa ein fleifsiger Student macht. Diese Annahme hilft uns zugleich zur Lösung einer weiteren Schwierigkeit.

Die Schrift enthält nämlich aufser der Ratio discendi Melanchthon's, die an dritter Stelle steht, noch folgendes: 1) Judicium D. Martini Lutheri de Erasmo Roterodamo. 2) Philippi Melanchthonis de Erasmo et Luthero Elogion. 4) Eiusdem (sc. Melanchthonis), Quo iudicio Augustinus, Ambrosius, Origenes, ac reliqui Doctores legendi sint. 5) D. Martini Lutheri ad Vuolfgangum Fabritium Capitonem theologum, Epistola utilissima.

Die beiden Urteile über Erasmus sind entschiedene Zurückweisungen dieses hochberühmten Gelehrten, der vielen Zeitgenossen wie eine Art Orakel erschien. Er ist dargestellt wie ein Vorläufer von Luther, dessen Bedeutung hauptsächlich darin besteht, dafs er die Eloquentia, d. h. die klassische und philosophische Bildung der Alten besitzt. Er kennt die Lehren der alten Philosophen. „Aber was hat Christus mit den Philosophen zu thun?"

1) Indicarunt illam (sc. viam discendi) docti homines quidam, et in primis Erasmus in eo commentariolo, quem de ratione discendi inscriptum edidit, quem volo ut iterum atque iterum relegatis. Vermutlich ist mit dieser Schrift des Erasmus diejenige gemeint, welche in dessen gesammelten Werken (Lugduni Batav. 1703) I, 517 De studio bonarum litterarum überschrieben ist. Ob dieselbe sodann mit De ratione studii et instituenda pueritia commentarii duo (Buisson, Répertoire des ouvrages pédagogiques, p. 240) identisch ist, kann ich zur Zeit nicht entscheiden.

2) Über andere Rationes discendi Melanchthon's vgl. K. Hartfelder, Ph. Melanchthon als Praeceptor Germaniae (Berlin 1889), S. 468.

3) Vgl. Corpus Reformatorum, ed. Bretschneider et Bindseil (Brunsvigae 1854) XX, 701-704, wo die Melanchthon zugehörigen Teile des Schriftchens wieder abgedruckt sind.

frägt Melanchthon. Der Geist Luther's dagegen ist Erasmus fremd. Unter beiden Urteilen steht nun aber das Jahr 1522 1, und das bringt uns einen Schritt weiter in der Beweisführung.

Es erhebt sich nämlich sofort die Frage: War im Jahre 1522 das Verhältnis zwischen Erasmus einer- und Luther nebst Melanchthon anderseits schon so, dafs man von Wittenberg aus zur offenen Kriegserklärung gegen Erasmus überzugehen Neigung hatte? Als eine solche aber mufste der gefeierte Erasmus die kleine Schrift ansehen, wenn sie von den Männern ausging, deren Namen mehrmals auf dem Titelbatt stand.

Nun ist es eine Thatsache, dafs Luther sich sehr früh des inneren Gegensatzes bewusst wurde, in welchem er zu Erasmus stand. Schon 1516 liefs er durch Spalatin allerlei Zweifel an Erasmus über dessen Ansichten gelangen 2. Aber als der Sturm der Reformation sich erhob und eine Welt von Feinden über den Wittenberger Augustiner herfiel, da suchte Luther, gewiss auf Melanchthon's Rat, Fühlung mit dem grofsen Humanisten zu gewinnen, denn seine Feder und sein Wort galten etwas in ganz Europa. So blieb denn das Verhältnis zwischen Erasmus und den Wittenbergern bis in die Mitte der zwanziger Jahre wenigstens aufserlich ein ganz erträgliches. Ja als im Jahre 1522 sich der heftige Streit zwischen Erasmus und Hutten erhob, da traten die Wittenberger auf des Erasmus Seite 3. So war es noch 1523, als Hutten kurz vor seinem Tode seine letzte Streitschrift schrieb. Nun führt aber kein Aktenstück in unserem Schriftchen über das Jahr 1522 hinaus. Daher wäre es unverständlich, wenn die Wittenberger zur gleichen Zeit, wo sie in zahlreichen Briefen erklärten, nicht gegen Erasmus Partei ergreifen zu wollen, eine solche litterarische Herausforderung an denselben doch hätten ausgehen lassen.

Anderseits aber scheint man in Wittenberg selbst, auch in den Vorlesungen vor Studenten, kein Hehl aus dem Gegensatz gemacht zu haben, in dem man sich zu Erasmus fühlte. Das läfst sich wenigstens aus einem Briefe schliefsen, welchen der Student Albert Burer den 30. Juni 1521 von Wittenberg aus an Beatus Rhenanus schrieb. Die bezeichnenden Worte lauten: ,,Je höher bei euch (zu Basel) Erasmus geschätzt wird, um so

1) Unter dem Urteil Luther's steht: Vuittenbergae M.D.XXII. feria quarta post Urbani (- 28. Mai 1522). Unter dem Urteil Melanchthon's steht: Vuittenberge in Saxonib. Anno salutis &c. xxij.

2) Der Brief Spalatin's steht Erasmi opp. III, 2, 1579. Vgl. auch Th. Kolde, Luther (Gotha 1884) I, 127.

3) Vgl. die bezeichnenden Briefe Hutteni opp. ed. Böcking II, 250. 254 258. 259. Ausführlicher ist diese Sache behandelt bei Hartfelder, Melanchthon, S. 147.

geringer hier (zu Wittenberg)." Besonders charakteristisch, im wesentlichen mit dem erwähnten Urteil Luther's und Melanchthon's stimmend ist sodann der Satz: Man behauptet, Erasmus habe den Geist noch nicht erlangt, den Luther besitzt."

[ocr errors]

Wenn es also im höchsten Grade unwahrscheinlich ist, dafs Luther oder Melanchthon die fragliche Schrift veröffentlichten, so ist dafür doch die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs ein Wittenberger Student, ein Zuhörer Luther's und Melanchthon's, dieselbe veröffentlicht hat. Durch einen zufälligen handschriftlichen Fund glaube ich denselben nachweisen zu können.

2

In der deutschen Handschrift Nr. 980 der Münchener Hofund Staatsbibliothek (Cgm. 980) habe ich Teile des genannten Schriftchens gefunden. Um die Vergleichung zu ermöglichen, will ich nur eine Probe hierhersetzen:

Schrift Blatt 5b:

Quod Vuittenberga discedenti tibi censuram in Aurelij Augustini libros non dederim, quanquam caussari non omnino temere occupationes meas possem, tamen fateri culpam malo, nempe apud amicum, cum delatum officium praestari nunc quoque possit pari commodo. Libenter gratificor tibi, non modo amico tali, sed etiam quia de rebus christianis interpellor. Mirifice namque gaudeo, te synceram Theologiam uel tandem aliqua ex parte degustasse etc.

Cgm. 980, fol. 75:

Quod Vuittenberga discedenti tibi censuram in Aurelii Augustini libros non dedi, quanquam caussari non omnino temere occupationes meas possem, tamen fateri culpam malo, nempe apud amicum, maxime cum dilatum offitium praestari nunc quoque possit pari commodo. Libenter autem gratificor tibi, non modo amico tali, sed et quia de rebus christianis interpellas. Mirifice nanque gaudeo te synceriorem theologiam vel tandem aliqua ex parte degustasse etc.

Eine Vergleichung der beiden Texte führt zum Ergebnis, dafs die Münchener Handschrift den ungefeilteren, also ursprünglicheren Text hat, der für den Druck noch tüchtig durchkorrigiert wurde. Zum gleichen Ergebnis führt eine Vergleichung des C. R. XX, 705-707 abgedruckten Abschnittes: Quonam iudicio legendi Autores, mit fol. 73 und 74 der Handschrift. Doch kann letztere nicht unmittelbar für den Druck gedient haben, da der Text der Druckschrift am Anfang und am Ende vollständiger ist.

1) Aiunt Erasmum nondum eum spiritum nactum esse, quem habeat Lutherus. Ad. Horawitz u K Hartfelder, Briefwechsel des B. Rhenanus (Leipzig 1886), S 281.

2) Über diese Handschrift vgl. diese Zeitschrift VII, 450.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »