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XXII.

Am Himmelfahrtstage.

Text: Hebr. I. s.

Aufwärts mit Nachdenken zu blicken; ins Auge zu fassen, was ausser unserm Erdkreise vorhanden ist; die unermeßlichen Räume ge wahr zu werden, welche sich da nach allen Seiten hin öffnen und zahllose Weltkörper enthal, ten; sogar den Zusammenhang zu fühlen, wel cher alles mit einander verknüpft, und sich die Schöpfung als ein Ganzes zu denken: dieß kann auf Erden Niemand, M. 3., als der Mensch; dieß ist der grosse Vorzug, der uns von allen unsern Mitgeschöpfen unterscheidet und uns weit über sie erhebt. Nicht umsonst ist unser Körper schon durch seine Gestalt von der Erde emporgerichtet und unser Antlig zu einer frenen Umsicht erhoben; wir sollen nicht an der Erde hången, wie die Thiere, sondern unsern Gesichtskreis erweitern und vergrössern, so viel wir können. Nicht umsonst ist uns eine Wißbegierde gegeben, die nicht müde wird, Kenntnisse zu sammeln und sich von allem zu D. Reinh. Pred, zter Band 16te Samml. A

unter

unterrichten, was da ist; wir sollen nichts un. beachtet lassen, was unserm Auge sich darstellt, und alles zu Gegenständen unsers Nachdenkens und/unsrer Betrachtungen machen. Nicht ums sonst find wir endlich mit einer Vernunft be gabt, die sich selbst über den Kreis des Sinn. lichen und Endlichen zum Ueberfinnlichen und Unendlichen emporschwingen kann; durch sie sol len wir alles ordnen, was uns durch die Sinne bekannt wird; follen die zahllosen Gegenstände der auffern Empfindung zu einem Ganzen ver knüpfen; sollen uns über den Ursprung und das Bestehen dieses Ganzen Rede und Anwort ge. ben; sollen uns die Ueberzeugung verschaffen, es sey das Werk eines Wesens, das kein Sinn erreicht, das unendlich und alles durch sich selbst` ist, das den lezten und höchsten Grund alles Daseyns und aller Fortdauer, alles Lebens und aller Wirksamkeit enthält.

Wollte Gott, wir fühlten, wozu wir ge schaffen sind; wir bedienten uns der Vorzüge, welche Gott unserm Geist und unserm Körper verliehen hat; wir wären gewohnt, unsern Blick nachdenkend aufwärts zu richten und der lehr. reichen, der Seelen erhebenden Umsicht, die uns möglich gemacht ist, uns zu freuen. Aber wie beschränkt, wie klein und dunkel, ich darf wohl sagen, wie niedrig und unwürdig ist der Ge sichtskreis, in welchem wir gewöhnlich verwei, len, wo wir, uneingedenk unsrer Bestimmung und Würde, unser Leben gleichsam verträumen!

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Unfre

Unfre nächsten Verhältnisse, der Haufe von' Menschen, mit welchen wir in Verbindung ste hen, die alltäglichen Geschäfte, welche uns auf. getragen sind; die niedrigen Bedürfnisse, welche wir fühlen; die kleinen Zwecke, die wir uns vorgesezt haben; die vergånglichen Güter und Freuden, nach welchen wir streben: das sind die Dinge, die uns unablässig beschäftigen, von de nen wir immer voll sind. Aber dabey verges. sen wir, auf welchen Schauplak die Hand Got. tes uns geführt, welche Welt sie vor uns auf, gethan, mit welcher Herrlichkeit sie uns umge ben, zu welchem Reiche sie uns aufgenommen hat; und Tausenden verschwinden Tage, Wochen, Jahre, ohne daß sie aus ihrer Trägheit erwachen, ohne daß sich ihr Geist auch nur eins mal über das Allrägliche und Gemeine erhebt, ohne daß sie auch nur einmal empfånden, wozu sie bestimmt sind, und was sie werden sollen.

Das Evangelium Jesu hat keine Schuld, M. 3., wenn wir uns so vergessen und an der Erde hången. Erhebung von der Erde, Richtung unsrer Seele auf das Unsichtbare, Heilige und Ewige, Weckung und Bildung ei nes Geistes und Sinnes, der sich über das Ganze erweitert, der sich mit edlem Hochgefühl als einen Theil desselben betrachtet und daran arbeitet, daß der Wille Gottes auf Er. den geschehe, wie im Himmel: dieß ist der grosse Zweck des Evangelii, dieß ist die Wire kung, die es durch seine Lehren und Anstalten

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bey Allen hervorbringt, die ihm gehorsam wer den; dieß ist die Absicht, welche es insonderheit durch die Feste befördert, die jährlich zur Ehre unsers Herrn und zum Andenken seiner Thaten und Schicksale gefeiert werden. Wer fann Theil an diesen Festen nehmen, wer kann in sonderheit das heutige feiern, ohne angeregt, ohne aus den Träumen der Sinnlichkeit auf, geweckt, ohne gleichsam genöthigt zu werden, fich mit seinen Gedanken über die Erde zu ers heben und sich in Verhältnissen mit dem Him. mel zu erblicken? Möge er diese Wirkung bey uns allen haben, dieser festliche Tag; möge er uns mächtig fühlen lassen, in welcher wunder `vollen Gemeinschaft wir schon jezt mit dem Himmel stehen, und wie verwandt wir demselben sind; möge es uns gelingen, uns mit unsern Gedanken und Empfindungen dem nachzuschwingen, an deffen Verherrlichung wir uns heute erinnern, der sich gesezt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe! Er sen mit uns und befestige die Ueberzeugung, belebe die Hoffnung in uns, daß wir ihm einst folgen sollen zur Herrlichkeit. Wir flehen um diese Gnade in stiller Andacht.

Text: Hebr. I. v. 1—3.

Nur hören darf mån die vorgelesenen Wor te, M. 3., um an die Verbindung erinnert zu werden, in welcher das Sichtbare mit dem Un fichtbaren, das Irdische mit dem Himmlischen,

die Zeit mit der Ewigkeit, und unser Geschlecht mit Gott und dem Eingebornen seines Wesens steht. Nicht bloß das Daseyn verdankt die Welt der Schöpferkraft Gottes: fie befindet fich auch unter seinem immerwährenden Eins fluß; sie ist das unermeßliche Reich, wo der Sohn Gottes waltet und alles trägt mit seinem kräftigen Wort; selbst auf der klei nen Erde, die wir bewohnen, selbst gegen uns, die Geschöpfe von Staub, hat er sich nicht uns bezeugt gelassen; manchmal und auf mans cherley Weise hat er durch die Pro pheten und zulezt durch den Sohn zu unserm Geschlecht geredet; und um das Band zwischen Himmel und Erde desto fester zu knüpfen, um es unauflöslich zu machen, hat sich der Sohn, nachdem er gemacht hatte die Reinigung unsrer Sünden durch sich selbst, gesezt zur Rechten der Majestät in der Höhe. Welche wunder volle Gemeinschaft, M. Br.! Wie viel muß daran gelegen seyn, daß sie uns recht' anschau lich und fühlbar werde! Wie ganz anders wer den wir denken und empfinden, urtheilen und handeln, wünschen und hoffen, wenn uns der heilige Zusammenhang vor Augen schwebt, ̄ der alles vereinigt, was da ist, der das Niedrigste mit dem Höchsten verknüpft, und unsre schwache Matur in eine Verbindung mit dem Unend. lichen bringt. Unsern Tert werden wir ohne. hin weder verstehen, noch benußen, wenn wir nicht

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