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kein Recht auf sie, und haben uns noch überdieß derselben unwürdig gemacht.

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Nicht umsonst ruft der Dichter in unserm Terte: barmherzig und gnådig ist der Herr, geduldig und von grosser Güte... Ihm ist die Huld, die freye, unverdiente Huld, mit der sich Gott seiner Geschöpfe annimmt, alles. Auf Seiten der Geschöpfe erblickt er nehmlich nichts, gar nichts, was ihnen ein Recht auf jene Huld geben könnte; daher beschreibt er sie als Barmherzigkeit und Gnade, als ein Mitleiden mit dem húlflosen Zustande der Geschöpfe, als eine Herablaffung zu ihrer Niedrigkeit; sogar als Geduld stellt er sie vor, als eine Nach ficht mit der Schwachheit der Geschöpfe, als un aufhörliche Schonung derselben. Und wie wahr, M. 3., wie einleuchtend wahr ist diese Betrach. tung! Denket euch das erhabenste Geschöpf, ein Geschöpf, das alles in fich vereinigt, was einem endlichen Wesen zu Theil werden kann: ist es weniger abhängig von Gott, als der Wurm im Staube; ist es der Schöpferkraft Gottes sein Daseyn nicht eben so schuldig, als dieser? Und hat es ein Recht, etwas von Gott zu fordern? Kann es sich um den Unendlichen ein Verdienst erwerben, oder ihn verpflichten? Hat es ihm etwas zuvor gegeben, das ihm werde wieder vers golten? Muß es nicht vielmehr alles, ohne An sprüche zu haben, von der freyen Huld seines Schöpfers erwarten? Bleibt es endlich, selbst bey den höchsten Vorzügen, nicht ewig in einem

uner

unermeßlichen Abstande von Gott und in Vers gleichung mit Gott ein niedriges, schwaches, stå. ter Nachsicht bedürftiges Wesen? Was kann also die Huld, mit der Gott es umfaßt, anders seyn, als Barmherzigkeit und Gnade, als Ge duld und unverdiente Güte? Ist dieß aber der Fall bey den vollkommenften Geschöpfen, kann selbst der erhabenste Engel nichts von Rechts wegen fordern, sondern muß alles von der Huld und Gnade Gottes empfangen: was bleibt uns, M. Br., ́ was bleibt uns in unserm Staube übrig? Ist nicht jede Wohlthat, die uns Gott zu Theil werden läßt, das Werk einer Huld, die fich felbst ihrer geringsten Geschöpfe erbarmt; das Geschenk einer Gnade, die sich selbst zu der tiefsten Niedrigkeit herabläßt? Und doch sind dieser Wohlthaten so viele, M. Br.; doch em pfangen wir mit jedem Athemzuge Gutes von Gott; doch sind wir mit Beweisen seiner Huld auf allen Seiten umgeben; doch ist Keiner unter uns, der nicht schon unendlich viel empfangen hårte; es giebt sogar Ausgezeichnete, denen mehr als Andern zugetheilt ist. Und das sollte uns nicht rühren? Eine solche Erbarmung Gottes sollte keinen Eindruck auf uns machen? Wir sollten es nicht empfinden, daß wir uns nicht mehr entehren, uns die Verachtung und den Abs scheu aller vernünftigen Wesen nicht gewisser zu ziehen können, als wenn wir bey den Beweisen einer solchen Güte fortfahren, nachlässig und pflichtvergessen zu seyn?

Aber

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Aber ich muß noch mehr sagen, M. 3., nicht bloß kein Recht haben wir auf die uns aussprechliche Erbarmung Gottes; dieß habr ihr so eben gesehen; wir haben uns der felben noch überdieß unwürdig ge macht. Wie wahr, wie fürchterlich wahr dieß ist, darf ich nicht erst beweisen. Die Feier dieses Tages hätte keinen Sinn, wir håtten nicht Ursache gehabt, uns heute vor Gott zu versammeln, wenn wirs nicht fühlten, daß wir Sünder sind, und nichts weniger ver. dient haben, als von ihm geschont und mit Wohlthaten überhäuft zu werden. Und in der That, ist es nicht schon Sünde, und zwar schwere Sünde, daß wir die Wohlthaten Got. tes so wenig erkennen; daß wir sie geniess sen, ohne mit dankbarer Mührung an den Ges ber zu denken; daß es unzähligen Menschen Jahre lang nicht beyfällt, sich mit ihren Ges danken und Empfindungen zu' dem zu erheben, von welchem jede gute und jede vollkommene Gabe auf uns herabkommt? Und was soll ich vollends von dem Mißbrauche der Wohle thaten Gottes sagen? Wer ist unter uns, der sich nie einer Verschwendung seiner Zeit, nie einer pflichtwidrigen Anwendung seiner Kräfte, nie einer Vernachlässigung seiner Gesundheit, nie einer fehlerhaften Verwaltung irdischer Güs ter, nie eines unmåssigen Genusses finnlicher Freuden, nie eines tadelnswürdigen Verhaltens in seinen geselligen Verbindungen schuldig ge

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macht

macht hätte; wo ist unter den zahllosen Gna. denbezeigungen Gottes auch nur Eine, die nicht bald durch unsern Leichtsinn, bald durch unsre Verkehrtheit gleichsam entweiht worden wäre? Und doch dauern fie fort, diese Gnadenbezei gungen; Gott wird nicht müde, uns mit Gü tern aller Art zu segnen. Es überlege und berechne nur Jeder, wie lang er nan schon da ist, wie mächtig ihn Gott erhalten hat, wie viele Güter und Freuden aller Art von ihm genossen worden sind; mit welchen Vortheilen er sich noch immer umgeben sieht; und das ben tausend Fehlern, die er gemacht, bey tausend Thorheiten und Ausschweiffungen, denen er sich überlassen hat, ben tausend Widersetzlichkeiten gegen alles, wodurch Gott ihn beleh, ren und bessern wollte. Die Sache redet sel ber, M. Br. Sind wir nicht unfähig zu jeder vernünftigen Ueberlegung geworden, ist nicht jedes edlere Gefühl in unserm Herzen erstor ben: so muß eine Nachsicht, die so lange schonen, eine Geduld, die so viel ertragen, eine Huld, die so unaussprechlich segnen kann, unser Innerstes rühren; so müssen wir es mit der tiefsten Beschåmung empfinden, wie unverdient alles ist, was Gott uns erzeigt; so bleibt uns nichts anders übrig, als an unsre Besserung zu denken und die unaussprechliche Erbarmung Gottes nicht länger zu mißbrauchen.

Und wahrlich, uns diese Besserung ein wichtiges Geschäft seyn zu lassen, haben wir

hohe

hohe Ursache. Die unaussprechliche Erbarmung Gottes ist nehmlich auch mit Ernst vers knüpft, und das soll uns warnen. Hätten' wir mit einer Gute zu thun, die sich mißbrauchen läßt, wäre die Huld und Erbarmung Gottes weichmüthige Schwachheit: so wäre es zwar im, mer schändlich, bey allen Wohltharen Gottes un dankbar fortzufündigen, aber schaden würde es uns nicht, wir würden nichts daben zu besorgen haben. Allein wehe Jedem, der die Erbar mung des Unendlichen für Schwachheit hålt! Wie ganz anders kannte sie der Dichter in unserm Texte! Er wird nicht immer hadern, ruft er, noch ewiglich Zorn halten. So giebt es denn Zeiten, wo auch der Allgütige has dert, wo er sein Mißfallen über unsre Vergehungen äussert; es giebt Zeiten, wo er zúrnt, wo er unsre Vergehungen bestraft und auf das empfindlichste ahndet. Und wie bestås tigt unsre Erfahrung dieß alles! So unauss sprechlich die Erbarmung Gottes gegen uns ist, vermöge des Ernstes, der mit ihr in Verbin dung steht, läßt sie uns die schädlichen Folgen der Sünde bey unsern besons dern Angelegenheiten und in den Bes gebenheiten der Zeit mit warnender, unerbittlicher Strenge fühlen.

Ich führe dich zurück in dein voriges Leben, in den Zusammenhang deiner Angelegenheiten und Schicksale, wer du auch seyn, was du auch bisher erfahren haben magft. Ein Gegenstand

der

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