ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

zum Univerfalerbe einer alten geizigen Tante, einem Fünften muste seine Frau den Daumen aufs Auge drücken; der sechste und siebente folgs ten allemahl, wie zahme Hammel, dem vierten und fünften nach: Auf diese Weise waren die meisten Stimmen glücklich im Beschlage! Man schritt also nunmehr ungesäumt zur Wahl; das Zeichen mit ber Glocke ward gegeben; der leßte Ruck geschah und — fertig war der neue Pastor Prizelius! Ein groffer Theil der Gemeinde murrete darüber laut und sprach öffentlich von Cabalen und Intrigen, von Simonie, von Schleichwegen in den geistlichen Schafftall und von himmelschreyender Verlegung des Wahleides! Allein die Antrittspredigt des Magisters stopfte jedermänniglich den Mund: Denn darinn bewies er mit unumstößlichen Gründen, daß sein Beruf unmittelbar vom Himmel und eine wahre wirkliche Eins gebung des heiligen Geistes fey!

Der erste Gedanke bet jedem andern in gleichen Umständen wäre nunmehr wohl eine Frau gewesen! Auch fehlte es nicht an Antrå? gen, denn die Pfründe trug, wie ich bereits gesagt, nahe an 1000 Thaler: Allein unser Mann wies fie allesamt fyrz und rund von sich, und erklärte ein für allemal, daß er izt und in langer Zeit noch an kein Heyrathen denken könne! Seine Inclination hieng nach einer ganz andern.

Geliebten; und so wie Alexandern sein Mace donien viel zu klein war, so war auch seinem sich nun erst rechtemporsträubenden theologischen Ehrgeize der Posten eines Hauptpastors viel zu enge, und er strebte weiter und höher. Zu dem Ende nahm er seine Schwester, ein gutes, hüb sches, wirthschaftliches Mädchen von 18 Jahren, vom Lande zu sich in die Stadt, übergab ihr mit unumschränkter Autorität sein ganzes Hauswesen und sagte bloß zu ihr, wie Archimedes zum Römischen Soldaten. Noli turbare circules meos! Und nun giengs mehr als jemals an ein wütendes Studiren vom Morgen bis in die tiefe Nacht. Er gab und nahm bloß die schlechterdings unvermeidlichen Besuche, und auch in diesen war seine Zerstreuung und Abwesenheit des Geistes mehr als zu sichtbar. Ein ganzes Jahr lang währte das in einem Strich fort, und die losen Spötter, die sich noch immer an Esaus Linsengericht erinnerten, fragten unter einans der: Nun was wird da endlich herauskommen? Vermuthlich eine Abhandlung über die Läuse der Egyptier, oder über Simsons EselsKinnbacken, oder über den Schwanz von des Tobias Hindlein? Allein dismal wurden fie artig attrapirt, fo. wie die ganze Stadt aufferordentlich überrascht ward, als mit einemmale von der theologischen Facultät zu ***, eben da,

wo unser Mann feinen vierjährigen Curfum ges macht hatte, das Diplom eines Do&oris Theologia mit der Post ankam, und folglich der Hochehrwürdige zum Hochwürdigen in optima forma erhoben ward, Nun lag es am Tage, warum er sichs diese Zeit über so blutsauer mit Studiren werden lassen: Er batte nebmlich in aller Stille feine Inaugural-Dise fertation ausgearbeitet und im Manuscript eins geschickt, die auch hernach öffentlich im Druck erfcbien!

War vorher schon der Ruhm des gelehrten Magisters in der ganzen Haupt- und Residenzstadr erschollen, so erscholl der Ruf des neuen Doctors der Theologie nun gar bis an den Hof: Man war begierig, ihn zu sehen, und er erhielt einen Wink, feine Cour zu machen. Er erschien; und seine Jugend, sein unerwartet muntres und gesundes Aussehen, da man sich ihn als ein vom Studiren ausgezehrtes Gerippe vorgestellt hatte; sein gravitätisches Aer, das er sich nun auch im Angesicht seines Fürsten zu geben wuste: Das alles gefiel so sehr, daß er mit den Huldreichsten Versicherungen der Gnade, und daß man bey erster Gelegenheit an ihn denken werde, entlassen wurde. So viel Glück und Ehre auf einmal fonnte unmöglich ohne seine ges wöhnlichen Gefährten bleiben: Schmeichler

und Neider! Die erstern übergeh ich: von den legtern nenn ich nur einen! Nenn ihn mit herzlichem Scufzen und Achselzucken über die Schwäs che des menschlichen Herzens! Es war der Cona fistorialrath; der grosse Gönner und Patron, er selbst! Kein Donnerschlag, der ein paar Schritt neben ihm in die Erde gefahren wäre, håtte ihn mehr alteriren können, als die Nachricht: „Prizelius ist Doctor Theologiå – sist izt, was du nicht bist — ist es bloß durch fich selbst, ohne dein Zuthun, geworden →→→→ „hat mit dem Fürsten gesprochen, mit dem du „nie sprachst wird noch mehr werden,

„Ohne daß er deiner Hülfe je weiter bedarf!" Ein jeder solcher Gedanke war für ihn ein Dolch ins Herz! Und um seine Quaal vollzumachen, þurfte er nicht einmal seine Galle so recht nach Herzensluft ausschütten und sie in einem Strome von Lästerungen und Schmähungen über seinen Feind ergiessen! Wie, um aller Welt Wunder willen, würde das gelassen haben? Was würden die Leute zu diesem plözlichen Absprunge von vergötterndem Lobe zum verteufelnden Tadel gesagt haben? Sie hatten ja die eigentliche wahre Ursach mit Händen greifen müssen! Um deßwillen muste er nicht nur alle dis fressende und nagende Gift bei sich behalten, sondern sogar dem Doctor zu seiner neu erlangten Würde

Glück wünschen und sich wenigstens mit dem Munde herzinniglich darüber freuen, obgleich die sauerfüffe Mine, die er dazu machte, schier eben dieselbe war, die Milton den Teufeln beilegt, wenn sie gezwungen find, den lieben Gott zu loben. Insgeheim aber, zwischen vier Wänden, in der Gesellschaft einiger auserlesener Freunde und Gevattern, überwältigte ihn seine Leidenschaft und er konnte sich unmöglich enthalten los, zubrechen. Da gieng es denn an ein entseßli ches, fürchterliches Ehr und guten Nahmen. abschneiden! Undank ist der Welt Lohn war das Thema zum Eingange der Strafpredigt, Drauf folgte im ersten Theile eine weitläuftige Erzählung aller der grossen und überschwenglichen Wohlthaten, die der hochwürdige Herr seinem ehemaligen Magister, theils wirklich erwiesen, theils erwiesen haben wolte: Und nun, im zweis ten Theile, erhob sich seine Stimme wie eine Pofaune, gegen den Undankbaren, den Nies „derträchtigen, den Heimtückischen, den. „Verråther, daß er es ihm so boßhaft ver„schwiegen und ihm auch nicht'eine einzige Sylbe „davon gesagt, daß er damit umgienge, Doctor „der Theologie werden zu wollen. Bloß dis, „dieser Mangel an Aufrichtigkeit und Zutrauen, diefe offenbare Hintanseßung und Verachtung, „sey für sein zärtliches Herz eine Kränkung

[ocr errors]

"

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »