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Hohne ihres gleichen; zu geschweigen, daß sein Gewissen ihm nun die bittersten Vorwürfe mache, daß er, wiewohl aus menschlichem Irr „thum, einer so schwarzen Seele in das Het, „ligthum des Priesterstandes geholfen.“ Die Herrn Freunde und Gevattern stimmten, wie leicht zu erachten, in alles dieses mit Herz und Munde ein; ols aber meine klügern und tiefer schauendern Leser ein gleiches thun dürften, darə an möcht ich aus guten Gründen schier zweifeln.

Unterdeß war unser neuer Doctor immer noch ganz trunken von seinem Glücke und merkte kaum einmal die erloschene Freundschaft und Zärtlichkeit in dem Herzen seines ehemaligen großfen Gönners und Patrons. Es giebt eine gewisse Art von Vertrfchachteln oder Eyern; wenn man sie aufmacht, findet man eine zweite dito; öfnet man diese, eine dritte; dann eine vierte, fünfte und so fort, bis der Raum verschwindet und der Spaß ein Ende hat. Diese Schachteln oder Eyer find, dünkt mich, ein sehr finnliches Bild von dem Character eines Stolzen! Eine erschlis chene oder errungene Ehrenstelle ist immer nur die Schachtel, worinn die Begierde nach einer zweiten und höhern versteckt liegt. Als unfer Justus Samuel Prizelius noch mit der Mappe unter dem Arm aus einem Collegio ing andre lief, hatte er keinen höhern Wunsch, als®

Magister zu werden: Und er wurd's! Eine Landpfarre oder ein Diaconat in der Stadt konnte ihm nun nicht entgehen; Uber nach seinem Eramen verschmähte er die eine, wie das andre, Ein Pastorat war das wenigste, wornach er ftrebte, und er erhielt ein sehr gutes! In demfelben Augenblicke kroch auch schon wieder ein neues Ey aus seiner Hülle; wie den Geizigen sein Geldkasten, so lachte ihn der reizende Ettel eines Doctors der Theologie an; Er wagte den Fleiß eines Jahres dran, und wurd's! Nunmehr giengs recta auf den Consistorials rath loß und er beschloß, theils um sein Andenken am Hofe frisch zu erhalten, theils fich über: haupt in der ganzen theologischen Welt einen fe ften Namen zu gründen, ein grosses weitläufti= ges gelehrtes Werk, in Quart wenigstens, wo nicht gar in Folio, ans Licht zu stellen. Lange konnte er nicht mit sich eins werden, von welchem Inhalte es seyn sollte! Bald wolte er eine neue Dogmatik schreiben; bald einen arabischen Autor von neuem mit Anmerkungen herausges ben; bald fiel er auf eine Kirchengeschichte, bald auf eine Homiletik. Endlich an einem glücklis chen Vormittage sprang, so wie Minerva aus Jupiters Gehirn, aus dem feinigen der Titel des groffen Werks! Håresiomastix folte das Kind heissen; und so wie Rübezahl einmal

einem Bauern mit seiner Peitsche die Pferde mit ten von einander hieb, so wolte auch er mit sei ner Geiffel die Keger aller Zeiten und Völker auf Krautstücken hauen. Achtzehn Bånde, nach der Zahl der achtzehn Jahrhunderte nach Christt Geburt, solte das Werk stark werden, und der erste davon auf das feinste Holländische Papier gedruckt und in rothen Sammt gebunden, dem Fürsten dedicirt werden. Schon ergriff unser Mann die Feder und schrieb und schrieb was hoffentlich keiner meiner Lefer begierig ist, zu wissen. Ich vermelde also bloß den Ausgang der Sache, daß nehmlich in Zeit von anderthalb Jahren der erste Band des Håresiomastix wirklich die Presse verließ und auf obgedachte Weise auch dem Fürsten allerdevotest zugeeignet wurde.

Die Zeiten sind heutiges Tages ziemlich vors bey, wo die Fürsten Latein verstehen. Mit den Beiten aber ist es vollends gar aus, wo Theolo gie am Hofe eben so viel galt, als izt die Finanzund Kriegskunst; wo ein Doctor facrofan&to eine eben so ehrenhafte Stelle an einer Für stentafel bekam, als izt ein Feldmarschall oder erster Minister; ja wo fogar die Fürsten den Geistlichen ins Handwerk fielen, ein George von Anhalt Pfarrherr zu Merseburg war, *)

*) S. Herrn George Fürstens zu Anhalt Pres digten und andre Schriften, mit Melanche

ein Friedrich Wilhelm von Sachsen precationes pias schrieb, und ein Ernst von Gotha, ohne daß er den Titel führte, den Generalsupe rintendentendienst so treufleißig verrichtete, als man es von manchem, der den Titel führt, wohl wünschen möchte **). Auch an gegenwärtigent Hofe hatte weder das Latein, noch die Theologie

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thons Vorrede. Wittenb. 15ss. Fol. D. Lus ther pflegte von ihm zu sagen: „Fürst Gürge ,,ist frömmer, denn ich; Wo der nicht in ,,Himmel kommt, werde ich wohl heraussens ,, bleiben."

**) „Bey des frommen Ernsts Visitationen hat sich einst ein artiges Histörchen zugetragen, ,,welches zwar bekannt genug ist, gleichwohl aber feiner Ausnehmenheit wegen wohl vers „dienet, daß es denen nachläßigen, eigennüķis ,,gen Mierlingen, welche mehr bedacht seyn, ,, wie sie Kisten und Kasten, Boden und Keller „füllen, und sonst ihre Gemächlichkeit brauchen, als die Bibel lesen und ihr Amt abwarten mis „gen, bey aller Gelegenheit vor die LTase ,,gelegt werde. Nehmlich, es kam der kluge „Erneftus einsmahlen in einem gewissen Stadtgen zu dem Lehrer, und nachdem er sels „ner Gewohnheit nach allerhand mit ihm gès „sprochen hatte, ließ er sich die Bibliothec meis »sen, in derselben fand er unter andern des Predigers Bibel. Weil sie nun mit vielem Staube bedeckt war, gedachte der scharfsinnige „Herr, dieser Mann muß gewiß nicht fleißig in "der Bibel lesen. Damit er sich aber in sols

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die Ehre, anders als par Renommée gekannt zu feyn, und der arme Håresiomastix, so schön gedruckt und gebunden er auch war, genoß dens ,,chem Verdacht und Argwohn gleichwohl nicht übereilen möchte, bediente er sich folgender Probe. Er öffnete die Bibel, und wie der „Prediger seine Augen anders wo hatte, steckte ,,er unvermerkt einen Ducaten in die Offenbas ,,rung Johannis, machte das Buch wieder zu, "und setzte es an seinen Ort. Uebers Jahr ,kam der Herzog abermahl in dasige Gegend, „und wolte sich erkundigen, was für Fata sein „Ducaten bey der eingeholten Kundschaft "würde gehabt haben. Der Paftor locí gieng ,,ihm getrost entgegen, theils weil die Besus ,,chung vorm Jahre so gut abgelaufen war; ,,theils weil ihm sonst bekannt genug war, daß „der Herzog zar gern mit sich reden ließ, und „diejenigen am liebsten hatte, welche sich freymüthig und munter erzeigten. Derergestalt ,,kamen fie ins Haus, ins Wohngemach), und endlich in die Studierstube. Der Prediger "hatte bisher ohne Zweifel gar nicht, der Hers njog aber desto fleißiger an die Bibel gedacht. „Darum machte er bey denen andern Büchern "nicht viel Wesens, sondern ergriff die Bibel, „und weil er aus dem Staube und andern Umständen leicht abnehmen konnte, wie es inwendig aussehen würde, so fragte er mit Fleiß den Paftorem, wie er es doch mi feis „nem Bibellesen zu halten pflege? - Der Pastor war mit seiner unverschämten Antwort bald parat und sagte: Er bediene sich sons ,,derlich Lectionis curforiæ, daher låse kr die

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