ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

Auch will ich gar nicht in Abrede feyn, daß unser Doctor so recht der Mann gewesen wäre, von einem Weibe vom Kopf bis auf die Füsse umgeschäffen zu werden: Allein die schöne Leoz nore war nun gerade himmelweit entfernt, ein solches Weib seyn zu können oder zu wollen. Die Stelle der Schrift, die auch für die besten Weis ber ein Dorn im Auge ist, die sie so gern aus der Bibel herauskrazen möchten, und um derentwillen sie den Kennicots und Semlern Ehrensäulen segen würden, wenn sie darthun könnten, daß sie in den alten Codicibus nicht stünde: Die Stelle Und er soll dein Herr seyn“ *) war Leonoren tief ins Herz geschrieben. Sie liebte ihren Mann nicht bloß, sondern verehrte ihn. Auf Befehlen machte sie durchaus keinen Anspruch, so wie die Sara Abraham gehorfam war und hieß ihn Herr, sondern behielt

[ocr errors]

*) Ich habe bloß gesagt, diese Stelle sey auch für die besten Weiber ein Dorn im Auge: Folgende Geschichte aus dem achten Theile des Vademecums wird lehren, daß ich noch zu wenig gesagt habe. „Ein kleines Mäd „chen von fünf Jahren in Hannover hörs ,,te die Worte der Schrift, das Weib müsse ,,unterthan seyn ihrem Manne! Ach Mams "fell, sagte sie einige Zeit hernach zu ihrer Gouvernante: Ich wollte, der liebe Gott „hätte das nicht gesagt!"

[ocr errors]

fich bloß das Schmeicheln und Bitten vor, und auch dann flammte nie in ihrem Gesichte die allerkleinste Röthe von Zorn oder Empfindlichkeit über eine abschlägliche Antwort. Andem Character ihres Mannes Fehler oder Flecken zu finden, war für sie eine schwere Sünde: Wie hätte sie fonach auf den Gedanken kommen kön nen, ihn umschaffen zu wollen? Unschuldigerweise bestärkte sie ihn vielmehr in seiner stolzen Selbstzufriedenheit; und so wie ihn vorher die, oft mehr satyrischen als ernstlich gemeynten Los beserhebungen auf seine Gelehrsamkeit und auf feinen erlangten Doctor-Titel nicht wenig kizela ten, so that es ihm izt, mit D. Luthern zu reden, gar sanft auf der rechten Kniescheiben und an der linken Fersen, wenn ihm sein Weibchen mit ihrer Sammt Hand den Bart streichelte, ihm mit ihren Rosen-Lippen auf Mundund Bangen und Stirn und Angen einen füssen Kuß nach dem andern drückte, ihn ihren besten, liebsten, goldnen, einzigen Mann hieß und ihn versicherte, daß sie Gott nie genug danken könne, daß er sie so glücklich gemacht, seine Gattin zu feyn.

Mit einem Worte, er blieb in aller Abficht der Alte, und bloß das Aussenwerk ward da und dort geändert! So z. E. ließ izt sein Privatfleiß auf der Studirstube um ein grosses noch, und der Håresiomastir gerieth ganz und

gar ins Stecken, weil der Verleger nach einem genauen Ueberschlage gefunden hatte, daß wenn der Absaß des Werks so fortgienge, wie jezt, er netto mit dem 1 5 ten Theile bankrut seyn würde. Dagegen aber fuhr nun unser Mann als neuer Con fistorialrath desto gewaltiger ins Zeug, und gleich fein erstes Examen verbreitete einen allgemeinen Schauer durch die ganze Candidatenwelt! Ein guter armer Schelm, eines Tagelöhners Sohn, der sich, vom Studirgeiste getrieben, auf die kümmerlichste und mühseligste Art auf Schulen und Universitäten durchgefressen, und vollkom men so viel gelernt hatte, um einer geringen Dorf Pfarre vorzustehen, ward durch ihn ohne Gnade und Barmherzigkeit verurtheilt, abgewiesen zu werden. Seine Herrn Collegen widersetzten sich aus allen Kräften; sagten ihm, daß wenn er so examiniren wollte, so würde kein einziger Kandidat bestehen und die Kirche ohne Lehrer bleiben müssen! Er aber verseßte ihnen in einem sehr harten Tone, und wenn man so examinirte, wie sie es bisher zu thun gewohnt waren, so würde die Kirche mit einer Sündfluch von Ignoranten und Dummköpfen überschwemmt und es würden zuleßt die Zeiten wiederkommen, wo man die Kinder in nomine patrias et filias et fpirituas fanclas taufte! Er für sein Theil bliebe fest und unerschütterlich

dabey, der Candidat müsse als ein Ignorant ab gewiesen werden, und wenn ihnen das nicht an, stünde, so fähe er sich genöthiget, deshalb nach Hofe zu berichten. Dis Wort, nach Hofe, war ein Donnerschlag für das gesammte Collegium, und ganz verðußt davon unterzeichnete ein jeder die Achts: Erklärnng des armen unglück lichen Schelmen von Candidaten. Der grosse Gönner und Patron, jezt noch tausendmal mehr in seinem Innersten erschüttert, als ehemals über die Nachricht, Prizelius ist Doctor Theos logia, behtelt kaum so viel Kraft, um sich mit seinem Collegen V**, dem obengedachten Tho mas Aquinas und Duns Scotus, nach Hause zu schleichen. Der alte B** aber, der, wenn von Ignoranten und Dummköpfen die Rede war, gerade immer am ersten Ursach hatte, sich bey der Nase zu ziehen, blieb mitten unter diesem Vorfalle bey vollkommen guter Laune. Und so wie jener französische Abbe' in Göttingen, als er sich im Concert, aus Eitelkeit oder Irrthum, auf die Damen - Stüble feßte, und Kästner ihm auf frischer That durch ein wohlgepfeffertes Epigramm *) das Trinkgeld davor gab, zu diesem * Ich meyne das sehr bekannte:

Die Stühle sind zwar nicht für das Abbes

Geschlecht:

Doch als ein Geistlicher hat er das Weis

ber, Recht.

bösen Spiele die beste Mine von der Welt machte und den Dichter auf die höflichste Art zu sich zum Essen lud; auch wirklich an ihm keinen undankbaren Gast fand: So lud auch der sich vollkommen fühlende Domine non fum dignus den Doctor auf den nächsten Tag zu sich, ließ auftragen, daß die Tische knakten, und legte sich ihn bei einem freundlichen Glase Burgunder gänzlich zum Ziele, daß er in tiefer Berchrung seiner höhern Einsichten nie einen andern Wils Ien haben würde als den seinigen. Dafür genoß er noch zehn Jahr und drüber in Ruh und Friede fein, obzwar für andre unnüßes, doch für ihn sehr behagliches Leben; dahingegen E**, der feinem Verger und Verdruffe keine Grenzen zu seßen wuste, von Stund an den ersten Fuß ins Grab feste. Noch ein paar Jahre schleppte cr fich elend und mürrisch hin, hatte noch manchen harren Strauß mit dem Doctor, in dem er aber allemal den Kürzern zog; und so wie es der Maria von Medices auf ihrem Sterbebette unendlich hart ankam, daß sie dem Cardinal Richelieu verzeihen sollte, so ward es ihm nicht minder schwer, dem Doctor zu vergeben; dens noch that er es endlich und folgte dann seinem vorangegangenen Collegen Werth, obwohl nicht mit dem leichten Herzen und mit der reißenden Aussicht in die Ewigkeit nach.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »