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Was ist dir, armes liebes Weib, rief Kle ver sogleich mit gerührter Stimme, indem er seinen Arm um sie schlug und ihre Wange an die feinige drückte: Was ist dir? Wird dir deine Bürde so schwer?

Hannchen. Ach nein, das nicht!

Klever. Nun du quälft dich doch nicht etwan gar mit dem Gedanken

Hannchen. Nein, liebstes Herz! Ich habe keine Ahndung von meinem Tode, und wenn ich eine hätte, würde ich sie gewiß auf das sorgs fältigste vor dir verbergen. Aber ich habe keine, wahrlich keine!

Klever. Aber weßwegen seufztest du denn so erschrecklich schwer?

Hannchen. Acb ich muß wohl ich kann nicht anders! So oft ich mir den Gedanken den=. te, du sollst Mutter werden, liegt es mir wie ein Stein auf dem Herzen.

Klever. Odu kleiner garstiger Quålgeist, wie kannst du doch jezt gegen sonst so ganz umge kehrt seyn, daß du alles von der schwarzen und traurigen Seite betrachtest? Du bist eines Geistlichen Tochter und solltest die Bibel besser inne haben, wie ich: Hast du denn nicht geles fen, daß auf der ganzen Welt keine Freude. grösser ist, als die Freude einer Mutter, wenn fie ihr Kind zur Welt gebohren hat? Stelle

dir nur einmal vor, es ist erst alles vorbey, als les glücklich überstanden, und du hast denn eis nen hübschen muntern Jungen oder ein hübsches niedliches Mädchen im Arme: Wirst du da niche vor Freuden ganz ausser dir sevn? Und ich, wenns ein Junge ist, o so renn ich gar mit dem Kopfe gegen die Wand!

Hannchen. Alles gut, alles schön, wenns nur nicht so oft einträfe, was auch in der Btbel steht: Eure Freude soll in Wehklagen verkehret werden! Ich will einmal annehmen, es gienge alles so glücklich wie du sagst: Sind wir denn hernach schon über den Berg? Was wünschtest du lieber, wenn du die Wahl hättest, gar keine Kinder, oder ungerathene, gottlose, die dir nichts als Kummer und Herzeleid machten und dich vor der Zeit ins Grab brachten

Klever. Oschweig mir still mit solchen hypochondrischen Grillen! Was sind das für Eins fälle? Gleich morgendes Tages sollst du mir wieder zur Ader lassen, damit du das garstige schwere söwarze Blut los wirst.

Hannchen. Du irrst dich, liebster Mann! Glaube mir, es ist nicht das schwarze Blut, was aus mir spricht: Wenn du recht ernsthaft überlegen willst, kannst du nicht anders urthei len, wie ich! Es heißt immer im Sprüchwort, der Apfel fällt nicht weit vom Stamme

Aber es ist nicht andem, davon wolle ich die hundert Beyspiele anführen! Bedenke nur, wie viele Eltern, und oft die allerbesten, denen wir uns nicht an die Seite stellen können, haben nicht das schwerste Kreuz an ihren Kindern! Klever. Das ist ihre Schuld

Hannchen. Halt ein, halt ein und sprich nicht das Verdammungs - Urtheil über dich selbst und über mich aus! Freylich wohl ist es grossentheils ihre Schuld: Aber wie ist sie es? In der ganzen weiten Welt giebt es wohl schwerlich ein einzig paar Eltern, die ihre Kinder vors feßlich und muthwillig lasterhaft erziehen: Wenn fie es also doch werden, wie geschieht es? Bloß aus Mangel an Einsicht und Verstand! Das arme Volk machts so gut es kann, und machts doch schlecht! Wird es uns denn wohl ein Haar beffer gehen? Werden wir nicht bey allem guten Willen, du in den, ich in jenen Fehler fallen? Du zu streng, ich zu gelinde? Du gleich voll Feuer und Flamme bey dem geringsten Versehen, und ich hingegen zu weichherzig und durch die Finger sehend, wo wirklicher Ernst und Schärfe nöthig wäre? Durch diese beyden Fehler allein find schon tausend und abermal tausend Kinder in den Grund verdorben worden. Doch still, Das ist nur ein kleiner Anfang! Wir alle beyde Find nicht im Stande, ein Kind allein zu erzies

hen; wir müssen schlechterdings Gehülfen anneh men. Nun will ich jezt gar noch nicht an einen künftigen Informator oder an eine öffentliche Schule denken, sondern bloß beym ersten beym nächsten stehen bleiben, bey einer Kinderfrau. Gütiger Gott! ich habe heute wieder eine dars auf angesehen, das ist glaub ich schon die zehnte: Und noch kann ich mich nicht entschliessen! Ich fodre wahrlich nichts unmögliches ; ich will bloß ein gefeßtes, erfahrnes, vernünftiges Weib, auf die ich mich vollkommen verlassen kann und die nicht hinter meinem Rücken das bißchen Gute. wieder zerstört, was ich mir Mühe gåbe zu bauen. Eine solche hab ich unter allen zehnen nicht wahrgenommen: Geschieht das nun am grünen Holz, was will am dürren werden?

Klever. Nein, nein, nicht also, liebstes Weib! Borhin war ich zu voreilig, jezt bist du es. Wer fuchet, der findet, sagt das Sprüchwort: Und wer so suchet wie du, der wird, der muß endlich ganz gewiß finden! Was aber das andre anbe trift, was du da sagtest, von Mangel an Einsicht und Verstand, so will ich gern meine Schwäs che erkennen und meine Fehler eingestehn: Uber daß ich oder du im Stande seyn sollten, unser Kind, was man eigentlich nennt, zu verderben, nein, nun und nimmermehr geb ich das: zu! Gut, laß mich einmal einen Pudel schief-i

fen, fo werd ich doch ganz gewiß hinterher eina sehen, daß es ein Pudel war, und ich komme denn des Weges nicht wieder. Das eigentliche Berderben kommt nur zunächst aus bösen Beyspie Jen, die die Kinder zu frühzeitig sehen und nachmachen: Wirst du die unserm Kinde geben? Wahrlich nicht! Nun ich auch nicht, um so wes niger, da meine Contorgeschäfte mich nur leider. zu sehr abhalten werden, mich viel mit meinem Kinde abzugeben. Und. eben so wenig bin ich bange vor fremden bösen Beyspielen; denn du wirst gewiß dein Kind so wenig und so selten aus den Augen lassen, daß nichts vorfallen kann, was du nicht merktest!

Hannchen. Ach lieber Mann, das geht ja nur auf eine kurze Zeit! Wie lange währts, so muß ein Sohn aus dem Hause, wenn er was rechtschaffenes lernen foll: Und denn gute Nacht, Tugend! Gute Nacht, väterliche und mütterliche Lehren und Ermahnungen! Je frömmer, stiller und eingezogener man denn sein Kind gezogen hat, desto grösser ist die Gefahr der Verführung. Ach. es schaudert mir durch Mark. und Bein, wenn ich nur dran denke!

Klever. Und mir schauderts nicht, liebstes Weib! Ich bin dabey ganz getrost und heiter, denn ich habe das feste Vertrauen zu dir, daß, du unserm Kinde nicht bloß Liebe zum Guten,

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