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als ob sie an und für sich untauglich gewesen wåre: Keinesweges! Die Idee war excellent! Aber mehr um deinet, als um meinetwillen hab ich sie aufgegeben: Ich kenne das weibliche Herz zu gut! Lorchen. Wie so mein Kind? Wie sollt ich jemals auf den Gedanken kommen, dir irgend worin entgegen zu seyn?

Doctor. Das will ich dir erklären. Schau; mein Kind; ich war anfangs Willens, aus unferm Sohne einen zweyten Baratier zu machen. Was dünkt dir dazu? Erstaunst du nicht über diese Idee?

Lorchen. Du wirst es meiner Unwissenbeit ju gute halten, wenn ich dich vorher frage

Doctor: Wie? Ist es möglich? Delhi Vas ter hat dir nie von dem weltberühmten Baratier etwas gesagt?

Lorchen. Nie, daß ich wüßte! Doch vielleicht auch, ich mag es nur verġessen haben.

Doctor. Nein, nein, so was bergißt sich nicht wieder! Wenn du nichts weißt, so bat er dir auch nichts gesagt; und das hießt ihm fast ähnlich; denn nimm mitš nicht übel seine Asche in allen Ehren → aber in puncto der Gelehrsamkeit, besonders der neuern, da hieß es, wie Horatius fagt: Quandoque dormitat bonus Homerus: Doch wieder zur Sache zu tommen: Dieser Baratier for etnes franzéft,

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schen Geistlichen Sohn aus Franken, ein wahres Monftrum von Genie und Gelehrsamkeit. Mit seinem fünften Jahre stelle dir nur por sprach er bereits vollkommen'lateinisch, französisch und deutsch! Mit dem achten las er die Bibel griechisch und hebräisch. Im dreyzehnten hatte er bereits alle Patres gelesen und wuste feinen Origenes, Tertullianus, Eufebius, Chryfoftomus und so weiter auf dem Nagel herzusagen! Mit vierzehn Jahren warð er Magifter, folglich acht Jahr eher, wie ich, der ich es doch in Vergleichung mit andern sehr jung ward! Nebenbey legte er sich noch auf viele andre Wissenschaften, und schickte einige mathematische Abhandlungen an die Academieen der Wissenschaften zu Paris und London, die ihm das vor auf das verbindlichste Dank sagten. Ers Staunst du nun nicht, mein Kind?

Lorchen. Allerdings, und ich sehe hier an einem neuen Beyspiele, daß Gottes Macht unendlich ist! Uber, mein bester Mann, wie kannst du so ungerecht gegen mich seyn, zu glauben, daß es mir nicht die innigste Freude seyn würde, ·wenn Gott unserm Kinde eine gleiche Gnade er: wetsen wollte. Du sagtest vorhin, du kenntest das weibliche Herz zu gut.

Doctor. Still, still! Der nuncius claudicans, wie ich zuweilen im Scherz zu sagen pflege,

auf deutsch: Der hinkende Böthe komme nach. Eben dieser Baratier starb in seinem zwanzigsten Jahre auf die allerkläglichste Urt, an einem rechten Zusammenflusse von Krankheiten, die er sich durch sein gar zu vieles Studiren zugezogen hatte. Darauf bezog es sich, wenn ich vorhin sagte, ich hätte die Idee, aus meinem Sohne einen zweiten Baratier zu machen, mehr um deinet als um meinetwillen aufgegeben! Ich, als Mann, würde mich über einen so frühzeitigen Tod, in Betrachtung des damit vers knüpften unsterblichen Namens, viel eher zu gute geben: Aber ihr Frauen seyd nun einmal solcher hohen Begriffe nicht fähig.

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Lorchen. Rein, mein bester Maan! Ich gestehe es aufrichtig: Viel lieber wollt ich, ohne der Vorsehung zu nahe zu treten, gar keinen gelehrten Sohn haben, als daß ich diesen Jammer und dis Herzeleid erfahren sollte.

Doctor. Dachtichs doch! Sagt ichs doch ↑ Glaubst dus nun, daß ich das weibliche Herz kenne? Doch sey nur ruhig: Ich verspreche dirs, du follst das Herzeleid nicht haben! Ja, wenn das der einzige Weg wäre, von dem es hiesse: hic itur ad aftra, dann könnt ich dir vor nichts Bürge seyn: Uber so! Ich habe schon einen an=” dern erwählt, der nicht minder herrlich und schön

ist

Kennst du den berühmten Hermannus

Conringius?

Lorchen. Nein; ich muß zum zweytenmale schamroth werden

fondern

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Doctor. Ha! Die Schande trift nicht dich, Na, ich will ihn nicht nennen! Aber das muß ich sagen, wenn ich eine Tochter håtte und ich sollte ihr nichts von solchen berühmten Männern, wie ein Hermannus Conringius oder ein Baratier ist, vorsagen, ich glaubte, ich müßte mich vor Scham in alle Winkel vers friechen. Nun ich will dirs mit zwey Worten erklären: Dieser Hermannus Conringius (im Vorbeygehen, er war auch eines Predigers Sohn, wie denn alles, was nur jemals groß war, aus dem geistlichen Stande hergekommen ist,) dieser Hermannus Conringius, sag ich, war ein volltommner Polyhiftor, in omni fcibili verfatus! Er war groß, als Theolog; groß, als Jureconfultus; groß, als Medicus; groß, als Philosoph: Laßt sich was gröffers von einem Menschen sagen? Heute schrieb er eine Abhandlung aus der Kirchengeschichte; morgen eine aus dem Jure publico; übermorgen eine pom Fieber z. E. oder von der rothen Ruhr, oder vom Podagra, pder von der Hypochondrię u. f. w. Und damit du nicht zum zweitenmale erschrickst, will ich gleich noch hinzufügen: Diefer Hermannus Conrin

gius erlebte bey seinem stupenden Fleiffe und ber seiner ungeheuern Gelehrsamkeit ein Alter von 75 Jahren. Nun hast du doch woh! hoffentlich nichts dawider, wenn aus unserm Auguftinus Prizelius ein zweiter Hermannus Conringius*) werden sollte?

Lorchen. Aus unserm Auguftinus Peis zelius! Wie soll ich das verstehen?

Doctor. Ja,das rathe einmal, mein Schaß!

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*) Ewig Schade, daß der Doctor kein französisch verstand, und weder des Pafquier Recherches de la France, noch des Goulart Histoires admirables et memorables gelesen hatte: Sonst würd er ohne Zweifel seinen Flug noch höher genommen haben! Im Jahre 1445, ,,wird erzählt, kam ein junger Mensch von ,,etwa 20 Jahren nach Paris: Dieser wuste „alle sieben freye Künste; er spielte alle mus sikalische Instrumente; er sang, wie ein Fa„rinelli; mahlte, troh einem Raphael; Das Rappier führte er mit der linken Hand eben "so geschickt wie mit der rechten und focht alles ,,danieder. Nebenbey besaß er das ganze Bißs chen Gelehrsamkeit des Hermann Cons "rings auch; war ein perfecter Theolog, Jurist und Medicus, disputirte mit allen Gelehrs „ten in Paris und trieb sie auch alle zu Paas „ren. In Sprachen war er eben so stark, wo "nicht noch stärker als Baratier; verstand sein "Latein, Griechisch, Hebräisch, Chaldäisch, "Syrisch und Arabisch, und hätte damals bei "der Sprachen Verwirrung einen treflichen

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