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waren hier offenbar nur zwey Fälle: Entweder der Candidat konnte Latein, oder er konnte keins. Konnte er es, o dann war der hochwürdige Herr ungemein scharmirt darüber, versicherte ihn seiner ganzen Zufriedenheit, und sagte ihm, daß es bey so bestallten Sachen überflüßig seyn würde, ihn weiter im Latein zu prüfen : Aber dagegen wolle er nun sehen, wie es um das Deutsche fründe und sich deshalb mit ihm in der Muttersprache unterreden. Konnte der Candidat nichts, dann hieß es umgekehrt: Ev sehe schon, daß es leider mit dem Lateinischen schlecht bestellt sev; er müsse sich also nur schon zum Deutschen herablassen und sehen, ob es wenigstens damit fortrolle. Natür lich nahm jeder schlechte Candidat dis als eing Aeuserung der schonenden Menschenliebe und Erbarmung und jeder gute als ein sehr schmeichelhaftes Compliment auf, und fast alle waren mit diesem Manne, so wie er mit ihnen, überaus zufrieden.

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Ungleich schärfer und strenger, und wie Fichs von selbst versteht, auch ungleich gelehrter war E**, der zweite hochwürdige Herr im Collegio. Zu seiner Zeit hatte der vortref liche General - Superintendent Jacobi in Zelle noch nicht die bekannte Abhandlung herausgege hen, worin er mit starken Gründen zu beweisen,

fucht, daß auch ohne Griechisch und Hebräisch ein sehr guter Pastor möglich sey. Dis rettete diesen Mann von der Gelbsucht, die er sich ohne Zweifel auf der Stelle an den Hals geårgert hätte, wenn ihm diese *** Abhandlung vor Augen gekommen wäre. Hätte er aber gar den Jammer erleben sollen, daß ihm, so wie den ConsistorialRäthen im Preußischen, eine Ordre zugefertigt worden wäre, keinen Candidaten wegen Unwissenheit im Hebräischen abzuweisen, so war ein Schlagfluß die unvermeidliche Folge. Dis ist nun keinesweges so zu verstehen, als ob dieser geschworne Ritter und Vorfechter des Grundtextes etwa ein zweiter Reuchlin oder Grotius oder Michaelis gewesen wäre. Vielmeyr war es mit ihm eben so, wie mit viel tausend andern Rittern, die in jedem Augenblicke bereit sind, sich um ein gewisses Etwas, was sie Ehre nennen, die Hälse zu brechen, ohne daß sie yon diefem Etwas das geringste mehr als den Nahmen wissen, Ein Bedienter von mittelmäßigem Kopfe, der bey einem Profeffor des Griechischen oder Hebräischen fleißig aus - und einges gangen wäre und die abfallenden Brocken aufges lefen håtte, muste vollkommen eben so weit seyn, wie er. Ueberdem machte er selbst nie, weder auf der Kanzel, noch im Beichtstuhl, noch beym Kranken-Bette den geringsten Gebrauch vom

Grundterte, sondern behalf sich überall mit D. Luthers ehrlichem deutschen Terte. Gleichwohl, wehe dem Candidaten, der sein Typto und Katal nicht inne hatte: Wurde er auch just nicht abgewiesen, so muste er sich doch sicher bey offnen Thüren jämmerlich und elendiglich auss hunzen lassen. Dis war die Consistorialfeite des hochwürdigen E **. Ausser dieser aber hatte er noch eine andre, die ihn, wenn er Cars dinal der römischen Kirche gewesen wäre, sehr leicht zu den Posten eines Richelieu, Mazarin, Fleury, Alberoni 2c. hätte erheben kön nen. Tausend politische Händel von tausens derley Art und Natur giengen tagtäglich durch feinen Kopf, und er beendigte sie mehrentheils mit eben so groffer Geschicklichkeit als Glück. Er stiftete Ehen und trennte sie auch wieder, wenus verlangt wurde; Studirenden verschaffte er Stté pendia und Wittwen Pensionen; Capitale wuske niemand besser auf sichere Hypothek unterzubrins gen, wie er; vom Burgemeister bis zum Nachts wächter herab, erstreckte sich sein Einfluß in die Besetzung der Aemter und Stellen; er zettelté Processe an und stiftete Vergleiche; hatte man ihn bey Schlieffung eines Contracts zum Beystande, so konnte man gewiß vor Uebervortheis lung sicher seyn. Man würde dein Manne uns recht thun, zu sagen, daß bloffer Eigennuß die

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Triebfeder zu dem allen gewesen wäre; sehr oft erwieß er, ohne den geringsten Vortheil für sich felbst, Leuten die größten und wesentlichsten Diens ste: aber es versteht sich von selbst, daß dieje nigen, die es hatten, nicht undankbar waren und oft sehr reichlich belohnten, so, daß also cin Fall den andern übertrug. Zum Studiren blieb, wie leicht zu erachten, unter allen diesen Geschäften groß und klein, wenig Zeit übrig: Indeß sah doch der hochwürdige Herr zu, wie er es machte, daß er dann und wann eine Schrift ausgeben ließ, die aber nie nur halb so gut war, wie die schlechteste seiner Negotiationen.

Der Dritte in der Reihe V** war der leibhafte Thomas Aquinas und Duns Scotus des iztlaufenden achtzehnten Jahrhunderts. Was Bibel? Die Bibel war für ihn nichts: Aber das System, das System! Die allein feligmachende Dogmatik! Und das Schwerdt des Glaubens, die Polemik! In beyden war er gleich firm; auch die kraftvollsten Sprüche der göttlichen Bücher sah er nie von der Seite an, wie He das Herz zu edlen Empfindungen und tugend, haften Handlungen erheben, Geduld im Leiden, Muth im Unglück, Stärke im Todeskampfe cinflössen, sondern nur immer von der Seite, was wird dadurch bewiesen? was widerlegt? Jea den Keter, und weyn er such nur ein Hagrbreit

von der rechten lehre abwich, distinguirte er durch ganze Ketten von Schlüssen in denSack herein und heraus: und des lieben Gottes Geheimnissewaren für ihn keine! Seraph Eloah, der doch nach Klopstoks Beschreibung ein gar stattlicher Theologus seyn soll, håtte bey ihm in die Schule gehen, und viel lernen können.

Der Bierte und Leßte, Werth, war ein fee Tenguter, practisch frommer Pietist; nur, als Examinator betrachtet, ein wenig sehr schwach und einfältig. Sein Examen war so eigentlich kein Examen, sondern bloß ein einziger, langer frommer Seufzer, deffen Ton und Inhalt von der jedesmaligen Mine des Candidaten abhieng, Sah der junge Herr etwan ein wenig stark nach Fleisch und Blut aus, trug er noch sein eigen Haar, oder auch nur ein paar Hårchen über die Perücke gestrichen, ließ er wohl gar eine weisse zierliche Busenkrause zwischen einer schwarzseidenen oder manschesternen Wefte hervorblicken, dann feßte es gewöhnlich eine scharfe Strafpredigt von denLüften dieser Welt, von den Fleischtöpfen Egypti, von der Kreußigung des Fleisches samt den Lüften und Begierden! Hatte er hins gegen die achte frömmelnde Mine, (und die hatte fast ein jeder, weil immer einer den andern im voraus stempelte) schlug er fein sittfam und jungs Fräulich die Augen nieder, sprach er fein fanft und

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