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delle der beyderseitigen Mütter! Doch wir müffen Georgen vors erst ganz fahren lassen, um Augustins erste Jugend- und Erziehungs-Ges schichte ein wenig nåber zu beleuchten.

Gleich anfangs begieng Lorchen eine in ih, rer Art und unter den Umständen wirklich herois sche That! So wie überhaupt in groffen Städ ten, vornehmlich in Residenzen, Einfalt und Natur höchstens nur noch am Claviere besungen oder auf dem Theater beklatscht wird, so war auch hier bey Damen von der groffen Welt die alte einfältige Naturfitte, Kinder selbst zu stillen, långst aus der Mode gekommen. Man versteckte sich nicht einmal mehr hinter eine scheins bare Ausflucht, sondern hielt es für eine Wahrs heit so klar wie der Tag, daß es von einem Kinde die entseßlichste Impertinenz seyn würde, von feiner Mutter zu verlangen, daß sie beynahe ein ganzes Jahr, auf Oper, Redoute, Ball, Cos mödie, Concert, Assemblee, Promenade 20. 26. Verzicht thun sollte! Auch die Damen vom geists lichen Stande, ob sie gleich von den meisten die fer Bergnügungen ausgeschlossen sind und folglich einen groffen Reiz weniger haben, ihr Kind der Bruft einer Umme Preiß zu geben, hatten sich größtentheils vom Strome hinreissen lassen. Lore chen aber erklärte schon lange vor ihrer Nieders Eunft öffentlich, „, daß sie keinen Begriff davon

¿habe, wie eine Mutter, nachdem sie den sæbwer»sten und schmerzhaftesten Theil ihrer Pflicht über„standen, sich hinterher freywillig dieser sö leich⭑ „ten und angenehmen Beschäftigung entschlagent „könne, die doch die eigentliche Belohnung für „jene ausgestandne Schmerzen wåre!“ Dis Wort gieng wie ein Heckefeuer durch einen großs sen Cirkel von Damen und seßte die Zungen derfelben nicht wenig in Bewegung. Einige gabett Ihr den sehr wißig seyn sollenden Eckelnahmen einer Grönländerin und warfen die Frage auf, ob sie denn auch wohl, wie diese, ihr Kind bis ins vierte Jahr würde saugen lassen? Undre borgten noch niedrigere Vergleichungent von Thieren, die ich verschweige: Im Herzen aber waren sie, eine wie die andre, über diesett Entschluß in der allergrößten Bestürzung und Verlegenheit. Lorchens Schönheit, die durch den Ehestand eher noch gewonnen als verloh= ren hatte, gab atten ihren Handlungen ein gar zu groffes Uebergewicht! Nur eins anzuführen! Ihr Herz war natürlich weit entfernt davon, an den Eitelkeiten der Mode zu hängen; ohne im mindesten zu wissen, was die Pariser Pußmas cherinnen kürzlich vor allerliebsten Land ausgeheckt hatten, kleidete sie sich vom Kopf bis auf die Füsse mit einer ausserordentlichen Simplicitäť, folgte der herrschenden Mode nur ganz von fersi

ne nach, und wechselte in Zeit von einem Jahre wenig oder gar nicht. Gleichwohl ohne es selbst zu wissen, ohne fichs nur träumen zu lassen, war sie, diese unmodische, bey einem groffen Theile von Schönen die förmliche Gefeßzgeberin der Mode! Alles wurde in diefelben Falten ges legt, alles in dieselbe Form gegoffen, wie bey ihr, in der schmeichelhaften Hofnung, dadurch eben den Reiz zu bewirken, der jedermann so ganz entzückt in sie machte. Wie sehr war nun nicht sie zu besorgen, daß Lorchens Beyspiel, vollends durch die obenangcführte einschmeichelnde Refle-. rion unterstügt, das Selbststillen der Kinder en vogue bringen könnte? Es brauchte nur irgend eine Dame am Hofe oder in der Stadt, in eis nem Anfalle von Bizarrerie, nachzufolgen, so war die Sache richtig; so durfte man hernach, weils die neuste Mode war, keine Umme mehr halten und muste denn auch (lugete o Veneres Cupidinesque!) auf eine so unermeßlich lange Zeit aufhören, Thörin zu seyn! Um diesem Jammer vorzubeugen, schmiedeten einige Das men ein förmliches Complott unter sich, das les diglich darauf abzielte, Lorchen von ihrem Grönländischen Entschlusse abzubringen. Alle Künste der Intrige würden in Bewegung ges fest! Arzt, Hebamme, Wårterin stürmten gemeinschaftlich auf korchen ein und suchten sie zu

überreden, daß ihr zårter und delikater Körper durchaus nicht zu einer Strapaze von der Art gemacht sey, daß fie unfehlbar unterliegen müsse und folglich eine Mörderin an sich selbst werden werde. Auf alles dis antwortete Lorchen bloß mit einem standhaften Nein; versicherte übrigens, daß wenn sie in der Folge fån. de, daß ihre Gesundheit merklich litte, so würde fie schon zu rechter Zeit abzubrechen wissen. Da dis nicht anschlug, legte man ihr eine andere. und ungleich verfänglichere Schlinge: Man gab ihr ganz von fern zu verstehen, daß ihr Ents schluß wohl im Grunde keine andere Quelle habe, als Eitelkeit und Stolz; sie wolle bloß, daß man mit Fingern auf sie weise und sie als ein Muster von einer Mutter aufstelle und lobpreise. Das hieß Lorchens Gewissen intereßiren, und da dieses bey ihr aufferordentlich zärtlich und felbst ängstlich war, so geschah es nicht selten, daß sie sich bey der Prüfung ihres Herzens einer Sünde schuldig zich, an die sie wahrlich nicht gedacht hatte. Allein dismal half ihr ihr gesuns der und richtiger Verstand glücklich durch. Sie erklärte ernsthaft und nachdrücklich, daß sie bey allen ihren Handlungen, und folglich auch bey dieser, bloß die Ehre Gottes und ihre Christens pflicht vor Augen håtte; daß sie nicht davor könnte, bey einer so natürlichen Sache eine Unst

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nahme zu machen, und daß fie denjenigen von Herzen verziehe, die aus Unwissenheit sie des Stolzes und der Eitelkeit beschuldigten, worein nur diejenigen fallen könnten, die es vergåssen, wem sie ursprünglich alles zu verdanken hätten, Daben blieb es denn und das Complot ward volfig vereitelt: Auch litt Lorchen während der Zeit ihrer Ammenschaft so wenig an ihren Kräften, daß sie sich vielmehr nie gesunder gefühlt hatte.

Wie sehr wünschte ich nun, im Stande zu seyn, meinen Lesern zu schildern, auf welche geschickte Weife Lorchen die ersten Keime der Menschheit in ihrem kleinen Augustin entwickelte: Wie glücklich fie fast jedesmal, wenn er fcbrie, feine kleinen Nöthen und Bedürfnisse er rieth, und ihnen auf das schnellste abhalf; wię fie dadurch den Geist der Ungeduld und Unzufriedenheit erstickte und auf seinem Gefichte eben Das holde, sanfte Lächeln festgründete, das ihr selbst zur andern Natur geworden war; wie się allmählig auch das Band seiner Zunge lößte und ihn noch im ersten Jahre etwas mehr reden lernte, als Papa und Mama. Doch alle diese mûtterlichen Arbeiten und Künfte bestehn aus so pielen schlechterdings unbeschreiblichen Mienen, Beichen, Tönen und Spielereyen, daß ich es gänzlich aufgehen muß,

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