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auch der vergönnten Luft in der Welt vergißt! Gott ist der Mittelpunkt unserer Seele. Wie nun in einem Kreise, was dem Mittelpunkt am nächsten ist, am wenigsten bewegt wird, also, je näher fich die Seele zu Gott hält, je weniger Unruhe und Bewegung ist sie unterworfen. Versuche es auf einem ebnen Plah, stecke einen Stab in die Erde, binde einen langen Faden daran und zieh nach demselben um den Stab als den Mittelpunkt einen ziemlich weiten' Kreis, laß dann einen deiner Freunde in dem Kreis umhergehen, du aber bleibe unfern vom Stabe, so werdet ihr erfahren, daß jener viel mehr Schritte bedarf und fast laufen muß, seinen Kreis zu`vollenden, da du mit etlichen wenigen zukommen kannst. So ist es mit deiner Seele; je weiter sie sich von Gott und geistlichen, himmlischen Dingen entfernt, je mehr geräth sie in Weitläufigkeit, läuft, rennt und weiß nicht warum, sucht Ruhe und findet sie nicht. Wer sich aber Gott aufs nächste in Andacht, Glauben, Liebe und Unterwerfung seines Willens hält, der findet, was sein Herz wünscht. Mein Gott! ich weiß wohl, daß du unserem Leib und Gemüth zu seiner Erquickung eine und andere Luft wol gönnst, allein zu beflagen ist es, daß wir solche zuweilen allzuweit suchen und unser Herz von dir flüchtig wird! So sollst du nun in aller meiner Lust meine höchste Luft sein und, wenn mein Leib sich in vergönnter Lust ergößt, soll doch mein Geist in deiner Güte seine höchste Ergößlichkeit suchen.

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193. Die Fische.

Als Gotthold in einem kleinen Heller fischen ließ und nunmehr etliche Hechte im Garn zappeln sah, gedachte er bei solcher Luft mit Freuden an Gottes Güte und Segen, die sich im Waffer nicht weniger, als auf trocknem Lande verspüren lassen. Gott hat seine großen Teiche und Heller, das Meer, die See, Ströme und Flüsse, da wimmelts ohne Zahl, beide, große und kleine Thiere. Pf. 104, 25. Wir wundern uns, wenn wir lesen und erfahren, daß die Fische in den Teichen sind gewöhnt worden, daß sie, wenn man mit den Händen geklatscht, mit einem Glöcklein geklungen, oder sie bei Namen gerufen, ans Ufer geschwommen, sich speisen und wol gar greifen lassen. Allein, was ist doch dies gegen die mannigfal

tigen Wunder des Höchsten, die er auch an den Fischen beweiset? Er giebt ihnen ein Zeichen, so kommen sie mit Haufen und in uns fäglicher Menge, sie gehen hinauf in die Ströme und Flüsse, sie eilen ans Ufer und in die Neße und lassen sich dem Menschen zu Dienst willig fangen. Was ist es für eine große wunderliche Güte, die er jährlich an dem Hering beweist, der zu gewisser Zeit so häufig gefangen wird, daß er in viel tausend Tonnen gepackt, weit und breit verführt und fast die ganze Welt damit gespeiset wird? Wer kann die andern alle zählen, die jährlich, monatlich und täglich kommen und gleichsam sagen: hie sind wir, Mensch, genieß unser und lobe deinen und unsern Schöpfer! Als da sind die Lachse, Schnäpel, die Neunaugen, die Barse, die Aale, die Lampreten, die Quappen, die Hechte, die Gründlinge, die Smerlen, die Forellen, die Braffen, die Aländer, die Welse, die Plößen, die Barben, die Schleie, die Rothfedern, die Karautschen, die Karpfen, die Krebse, und andere mehr. Wenn nun der milde fromme Gott diese alle in der Tiefe zwingt, daß sie sich fangen lassen und uns zu Tisch kommen, was sagt er anders, als: Mensch, beliebt dir der eine nicht, hie ist ein anderer; genieß ihrer nach aller Lust deiner Seele, nur vergiß meiner nicht und bezahle mir diese mannigfaltige Lust nur mit einem dankbaren Seufzer. Mein Vater! wie wunderreich ist deine Güte, wie unzählbar sind deine Wohlthaten! Den Fischen hast du keine Stimme gegeben, dich zu loben, mir aber haft du einen Verstand verliehen, deine Mildigkeit zu erkennen, ein Gedächtniß, deine Wohlthaten zu behalten, Augen, deine Wunder zu sehen, eine Zunge, deine Süßigkeit in den Geschöpfen zu kosten und dich dafür zu loben, und ein Herz, dich zu lieben. Sei hoch gelobt, sei ewig gepriesen, mein Gott! für alle deine Güte.

194. Das Händewaschen.

Als Gotthold des Morgens Waffer nahm, erinnerte er sich der Worte des königlichen Propheten: Ich wasche meine Hände mit Unschuld, Pf. 26, 6., damit er anzeigt, wie gefliffen er gewesen sei, einen unbefleckten Wandel zu führen und in steter Gottesfurcht einher zu gehen, und sagte bei sich selbst: mein Gott! so oft ich künftig werde Wasser nehmen, mich früh morgens, vor oder

nach Tisch zu waschen, so will ich mich deß erinnern, daß ich müsse meine Hände von bösen Thaten, meinen Mund von bösen Worten und mein Herz von sündlichen Begierden und bösen Lüften reinigen, auf daß ich möge heilige Hände zu dir aufheben, 1. Tim. 2, 8., und dich mit gottseligem Munde und unbeflecktem Herzen, fo viel möglich ist, anbeten und preisen. Was hilfts, wenn ich mich äußerlicher Reinlichkeit befleißige und mein Herz vor dir voller Greuel ist? Wie kann mir der Bissen gedeihen, den ich mit unreinen Fäusten erworben, mit Frevel und Ungerechtigkeit zu mir gerissen und mit Sicherheit und Undankbarkeit meinem Munde geboten habe? Ach nein, mein Gott! mir nicht solche Bissen! meine erste Sorge soll sein, daß ich meinen Wandel unbefleckt behalten möge, die nächste, wie ich, wenn ich aus Unvorsichtigkeit mich beschmugt, mich wieder waschen, reinigen und mein böses Wesen von deinen Augen thun möge. Entfündige mich, mein Gott! daß ich rein werde, wasche mich, daß ich schneeweiß werde. Pf. 51, 9.

195. Das Vogelnest.

Als Gotthold in einem Garten umher ging, sah er ein Vöglein daher fliegen, welches etliche Würmer im Schnabel führte, daraus er bald schließen konnte, daß selbiges an einem Ort sein Nest und Junge haben müßte, und als er ein wenig über Seite gegangen, ward er bald inne, wohin es sich wendete, und fand das Neft mit den Jungen nach wenigem Suchen. Hiebei erinnerte er sich, daß dieses Vöglein, welches mit Zuführung der Speise seine Jungen entdeckt hatte, ein artiges Bild gebe derselben Eltern, so viel Güter mit Recht und Unrecht zusammen bringen, ihren Kindern, wie sie sagen, zum Besten, wie aber die Erfahrung oftmals bezeugt, zum höchsten Schaden. Denn das übel erworbene Gut bringt nicht allein die Eltern um ihre Seligkeit, (wie denn ihrer viele, damit ihre Kinder mögen wohlleben, zum Teufel fahren), sondern giebt auch den Kindern Anlaß, entweder in der Eltern Fußstapfen zu treten und ihren Geiz und Ungerechtigkeit fortzuseßen, oder, was die Eltern mit Mühe und Verlust ihrer Seele erworben, mit Luft und Ueppigkeit zu verschwenden, welches beides ohne äußerste Gefahr ihrer Seelen nicht geschehen kann. Was hilfts, wenn die Eltern ihren

Kindern Schäße sammeln, da an einem jeden Pfennig ein Blutstropfen und Thräne der Armen hängt? Wie schrecklich ist es, selbst zur Hölle fahren und den Kindern eine Brücke bauen, über welche sie spornstreichs hernach folgen mögen! Mein Gott! was soll ich meinen Kindern sammeln? Mein Vermögen ist gering, und von täglicher Nothdurft bleibt mir wenig über. Hilf, daß ich sie zu deiner Furcht gewöhnen, in Gottseligkeit, nothwendiger Wissenschaft und tugendhaften Sitten unterrichten, einen rühmlichen guten Namen ihnen hinterlassen und sie deiner Gnade und Segen ohne Unterlaß befehlen möge! Besser weiß ich sie nicht zu versorgen.

196. Die gaksende Henne.

Die Henne, wie bekannt, hat die Art, daß, wenn sie ein Ei gelegt, sie solches mit vielem Gaksen und Schreien gleichsam ausruft und ihrem Hausherrn anmeldet. Als nun Gotthold folches hörte, gedachte er bei sich selbst: das Huhn macht es wie die stolzen Heiligen und Heuchler, die aus der Gottseligkeit ein Gewerbe machen und sobald nicht etwas Gutes mit halbem Herzen verrichtet haben, als sie wünschen, daß es zu ihrem Ruhm allenthalben ausgeblasen und kund gemacht würde. Allein die rechten Christen sind viel anders gesinnt; wie das Auge, das edelste Glied am menschlichen Leibe, sich selbst nicht sieht, also kennt die Frömmigkeit und Gottseligkeit sich selbst nicht. Die Gläubigen glauben nicht, daß sie glauben; die Demüthigen wissen nicht, daß sie demüthig sind; die besten und andächtigsten Beter haben mit Gott viel zu schaffen, daß sie nicht wissen und nicht daran gedenken, daß sie ganz inbrünstiglich gebetet haben; die mildesten Wohlthäter können sich nicht erinnern, daß sie viel Gutes gethan, und wundern sich, wenn man ihnen für ihre Gutthat dankt; den Frommen dünkt immer, sie seien nicht fromm, und daher kommts, daß sie immer kämpfen, ringen und sich üben und bemühen, fromm zu werden, und eben hierin besteht das Wachsthum ihrer Gottseligkeit. Mein Gott! nichts ist mir mehr verdächtig, als wenn ich ein sonderlich Gefallen an mir selbst, an meinem Glauben, Gebet und Almosen habe, und solches gebe. ich ganz verloren, weil, was mir selbst wohl gefällt, dir nicht gefallen kann; das Mißfallen aber, das ich an mir selbst und meinen

Werken habe, erhält mich in steter kindlicher Furcht, Demuth und fleißiger Uebung, und also hoffe ich, daß, was mir mißfällt, dir in Gnaden um meines Herrn Jesu willen gefallen wird.

197. Der indianische oder türkische Hahn.

Etliche Knaben hatten ihr Spiel mit einem türkischen Hahn; sie zerrten ihn mit Pfeifen und einem rothen Tuch, welches er, wie bekannt, nicht wohl leiden kann; darüber ereiferte er sich und kollerte seiner Art nach. Gotthold sah dieses und fand bald an ihm ein Bild eines boshaftigen und neidischen Menschen, sagend: Wie dieser Hahn die rothe Farbe und das Pfeifen nicht leiden kann, davon er doch keinen Schaden hat, als den er sich selbst durch seine Thorheit verursacht, so sind die Neider mit anderer Leute Freude und Wohlstand nicht zufrieden, ob schon ihnen daran nichts abgeht. Dies ist gar ein teuflisches Laster, das seinesgleichen nicht viele hat, welches über anderer Leute Unglück sich freut und über ihr Glück sich betrübt. Es ist gar ein verkehrtes Laster, weil es aus fremder Freude seine Traurigkeit und in anderer Leute Aufnehmen seinen Fall und Verderben sucht, maßen denn der Neid ist wie der Holzwurm, der das Holz frißt und verzehrt, darin er gewachsen ist; er muß immer etwas zu nagen haben; kann er eines andern Herz nicht erlangen, so muß er sein eignes fressen. Dem Mißgünstigen ist es leid, daß Gottes Güte und Mildigkeit so groß ist und ihre Strömlein so häufig ergießt; könnte er zu dieser Quelle kommen, er würde sie unverstopft nicht lassen. Das Herz des Mißgünstigen ist eine Pfüße, darinnen alle andern Laster zusammenlaufen; er liebt Gott nicht, sondern haßt ihn wegen seiner Güte und Vollkommenheit; er betet nicht, sondern murrt und grunzt; er hilft niemand, sondern schadet jedermann, wo er kann; er ist ein Schadenfroh, voller Falschheit, Haß und Feindseligkeit, voller Eigennuß und Geiz, voll Lügen und Betrugs, mit einem Wort, ein rechtes Bild des Teufels, dessen Lust ist, wenn er etwas verderben kann. Und weiß ich nicht, ob man an einem Laster klärlicher erkennen kann, wie viel Gifts der Schlangenkopf in die menschliche Natur geblasen, und wie sehr sie verderbt ist. Ach, mein Gott! reinige mein Herz von diesem schändlichen Lafter und gieb mir die Gnade,, daß ich fröhlich sei mit den Fröh

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