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das aus seinem oder andern Munde geht, nicht achtet, da man doch wegen dieser mehr, als wegen jenes, sich Unglück und göttliche Strafe zu befahren hat. Ich will aber hiebei noch weitere Gelegenheit zu guten Gedanken nehmen. Die Eule ist ein Vogel, der das Licht scheut und die Finsterniß liebt; des Tages sieht man sie selten, bei der Dämmerung aber machen sie sich hervor und suchen ihre Nahrung; kommen sie bei Tag hervor, so sind die andern kleinen Vögel häufig um sie her entweder aus Verwunderung, oder angeborner Feindschaft. Solchermaßen sind sie ein Vorbild gottloser Weltkinder, die die Finsterniß mehr lieben, als das Licht; selbige find klug und scharfsichtig in eitlen, vergänglichen und fündlichen Sachen; in götte lichen, geistlichen und himmlischen aber sehen und verstehen sie weniger, denn nichts. Ein böser Mensch bringt auch mit seinem ärgerlichen Erempel und gottlosen Reden oftmals viel andere vom Wege der Gottseligkeit ab, und wie der Vogler viel kleine Vögel auf der Leimruthe mit der Eule fängt, also muß ein böser Mensch dem Teufel viele andere zu berücken und zu verführen dienen. Aber was es für einen Ausgang gewinnt, dessen können wir uns bei diesem angenagelten Vogel erinnern; sie haben die Werke der Finsterniß geliebt, drum werden sie in die äußerste und ewige Finsterniß hinaus geworfen und mit den Nägeln der göttlichen schrecklichen Gerichte und der unendlichen Ewigkeit an der Höllenpforte zur ewigen Qual angeheftet. Darum lasset uns ablegen die Werke der Finsterniß und anlegen die Waffen des Lichts, lasset uns ehrbarlich wandeln als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht in Hader und Neid! Röm. 13, 12. 13.

224. Der Kindertod.

Einem gottseligen Mann waren zween liebe Söhne von vierund dritthalb Jahren gestorben, die er mit vielen Thränen und großem Herzeleid lange betrauerte. Gotthold merkte, nachdem er eine Weile der Natur ihren Willen gelaffen, daß er zu viel machte und sagte: Was hat denn der liebe Gott euch so groß zuwider gethan, daß ihr, wie sehr euch sein Wille mißfällt, mit so häufigen und langwierigen Thränen bezeugt? Er hat eure Söhne weggenommen;

bedenket aber, daß sie mehr sein, als euer waren, und daß er, der ihnen das Leben und euch sie verliehen hatte, über ihr Leben mehr, als sie und ihr zu gebieten gehabt; bedenket, von wannen er und wohin er sie genommen, aus der Welt in den Himmel, das ist, aus der Gefahr in die Sicherheit, aus der Sünde in die Vollkommenheit, aus dem Mangel in den Reichthum, aus dem Leid in die Freud, aus dem Ungewitter in die Stille, aus dem Tode ins Leben. Er hat ihre Seele aus dem Tode gerissen, ihre Augen von den Thränen, ihren Fuß vom Gleiten, sie wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen. Pf. 116, 8. 9. Wie? gönnt ihr ihnen denn nicht, daß sie eher in den Himmel kommen, als wir? Ist es nicht eine seltsame Sache, daß wir über die mancherlei Noth, Angst, Beschwerde und, mit einem Wort, über das wie eine Kette an einander gegliederte Elend des menschlichen Lebens so oft und so sehnlich klagen und dennoch gleichsam mit dem frommen Gott zürnen, wenn er die, so uns am liebsten sind, davor sichert, als wäre es uns leid, daß sie nicht so viel Unglück erfahren, als wir? Ach, wie oft habe ich gehört, daß betrübte, arme, sorgende, sterbende Eltern gewünscht, daß sie ihre Kinder mit in den Himmel nehmen könnten, so wollten sie fröhlich und willig sterben; so ists ja besser, wenn man sie nicht erst mitnehmen darf, sondern wenn sie schon vorher drinnen sind. Ich weiß, daß einmal ein frommer Prediger bei gefährlichen Kriegsläuften vom Lande in eine benachbarte Stadt mit den Seinigen hat fliehen müssen, woselbst, weil die Blattern oder Pocken sehr grassirten, ihm von denselben auch seine beiden Kinderlein mit hinweg gerafft worden, darüber die Eltern nicht weniger, als ihr jezt, sich betrübt; weshalb sie auch mit Kummer und Herzeleid, nachdem es auf dem Land wieder sicher geworden, aus der Stadt, in welcher sie ihren liebsten Schaz verlassen mußten, gezogen. Was geschieht? Bald nachher geschieht selbiger Orten ein neuer, unverhoffter und feindlicher Ueberfall, daß sie nebst ihren Nachbarn bei nächtlicher Weile in die nächstgelegenen Moräfte und fumpfiges Gebüsch fliehen müssen, nichts, als das Leben mit sich nehmend. Als sie nun daselbst in großem Ungemach, in Hunger und Frost und tausenderlei Sorgen gesessen, sehen sie, wie etliche ihrer Nachbarn die meiste Betrübniß wegen ihrer Kinder haben, welche weinten und winselten, maßen sie sich vor Kälte und Hunger nicht schüßen konnten; da nehmen sie Ursach zu erkennen, wie wohl Gott

an ihnen gethan, und wie großer Sorge er sie befreit, da er ihre Kinder in sichern Gewahrsam durch den zeitlichen Tod gebracht, dans ken ihm für seine Schickung und bitten um Verzeihung wegen ihrer unbedachtsamen Ungeduld, damit sie sich seinem allezeit guten Willen widersezt. Ich zweifle nicht, wenn euer Gemüth von den Wolken der Traurigkeit in etwas entledigt werden wird, ihr werdet erkennen, daß es der fromme Gott nicht böse machen oder meinen kann; der liebe Gott muß auch oft uns viel zu gut halten und zu uns sagen: Was ich thue, das weißt du jezt nicht, du wirsts aber hernach erfahren. Joh. 13, 7.

wie felig seid ihr doch, ihr Frommen,

Die ihr durch den Tod zu Gott gekommen.
Ihr seid entgangen

Aller Müh, die uns noch hält gefangen!

225. Das neue Haus.

Als Gotthold ein neugebautes Haus besichtigte, fragte er den Wirth und etliche andere, welches sie für das beste Gemach im selbigen Hause achteten? Darauf fielen unterschiedliche Beantwortungen. Einer sagte: er hielte es mit der Stube, die fein hoch, licht und leicht zu heizen wäre. Andere merkten, daß die Frage ein weiteres Aussehen hätte, und sagten, theils die Küche wäre das Beste, als daraus die Speise zum Unterhalt der Einwohnenden käme, theils der Keller, daraus man einen frischen Trunk zum Labsal haben und sich sein zur Erhaltung allerlei Vorraths im Sommer und Winter bedienen könnte, theils die Schlafkammer, darinnen der durch Arbeit und Sorgen ermüdete Leib seine Ruhestätte findet. Gotthold sagte: Es muß auf diese Frage mancherlei Antwort fallen, darnach die Gemüther hier oder dort hin geneigt sind. Ein Geiziger wird den Ort, wo er seinen Schaß aufbehält, ein Schlemmer die Küche, die Speisekammer und den Keller, ein Gelehrter sein Studierstüblein, ein Handwerksmann seine Werkstatt, ein Kaufmann seinen Laden für das beste Gemach seines Hauses halten; allein, ich frage vornehmlich, welches eines frommen und gottseligen Christen bestes-Gemach sei, und sage darauf, es sei die Betkammer oder der Ort, da er sein Gebet zu Gott aufzuschicken pflegt, davon unser Erlöser spricht: Wenn

du beteft, so gehe in dein Kämmerlein und schließe die Thüre zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen, und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dirs vergelten öffentlich. Matth. 6, 6. Ein solcher Ort ist wie das Heiligthum im Hause, daraus als aus einer Quelle aller Segen in alle Winkel fließen und geleitet werden muß. Ueber einem solchen Kämmerlein oder Räumlein ist der Himmel offen; hier steht die Himmelsleiter, und die Engel Gottes steigen auf und ab; hier redet der Mensch mit seinem Gott als mit seinem Freunde; hier schüttet er sein Herz vor ihm aus; hier vertraut er ihm all sein Anliegen, hier schöpft er Trost in Trübsal und Freude in der Traurigkeit; hier steht die Bundeslade, um welcher willen das ganze Haus gesegnet wird, wie Obed Edoms, 2. Sam. 6, 11. Selig ist das Haus! gesegnet ist der Mann, wo dieses Kämmerlein wohl eingerichtet und wohl gebraucht wird! Ein armseliges Hüttlein, darinnen man fleißig be= tet, ist allen Pallästen aller Gottesverächter vorzuziehen. Mein Gott! mein Betkämmerlein ist, wo ich mein andächtiges Herz im Glauben zu dir richte; ich habe ja auch meinen Ort, da ich dich anzusprechen gewohnt bin, doch weiß ich, daß deine Güte an keinen Ort verbunden ist, und kann also mein Betkämmerlein allenthalben bauen.

226. Die Hirsche.

Ein großer Potentat ließ über hundert Hirsche fangen und in hölzerne Kaften verschließen, daß sie einem andern mächtigen Könige über das Meer sollten zugeschickt werden. An diesen Thieren nun war merkwürdig, daß, wie wild und scheu sie auch vorhin gewesen, fie nunmehr den Menschen aus der Hand aßen, was ihnen von Hafer, Heu, Kohl und dergleichen dargereicht wurde. Gotthold fah solches und sagte bei sich selbst: ach, mein Gott, wie ein seliger Zwang ist das liebe Kreuz! wie dienlich ist es, uns fromm und zahm zu machen! Wenn das menschliche Gemüth außer Noth, frei und sicher ist und in weltlicher Lust, guter Gesundheit und Gesellschaft ohne Mangel und Sorgen durch die Welt, wie der freie Hirsch durch den Wald, trabt, da achtet es deiner so viel, als der Hirsch meiner. Der freie Hirsch flieht, wenn er den Menschen sieht, und nähme nichts aus seiner Hand, wenn es auch das Niedlichste wärez 38 H.

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so machen wir Menschen es auch bei guten Tagen; wenn du rufft: mein Kind, wo bist du? so verstecken wir uns. 1. Mos. 3, 9. 10. Wenn du uns lockst, so fliehen wir; wenn du uns deine Gnade in deinem Wort anbietest, so ist uns nichts darum, ja unfere Seele ekelt vor solcher losen Speise, 4. Mos. 21, 5., und wir fliehen dich als unsern Feind. Wie aber dem sichern Hirsch der Jäger aufpaßt und ihn oft mit einem Schuß unvermuthet fällt, also steht unsere Seele niemals in größerer Gefahr, als wenn sie außer Gefahr zu sein meint. Habe Dank, mein Gott! daß du uns in solcher Gefahr nicht lässeft; du heßest uns durch Verfolger und Verleumder, du verwickelst und fängst uns in mancherlei verschränkten und verwirrten Trübsalen als in Neßen, du verschließst und zwingst uns in Armuth und Krankheit, innerlicher und äußerlicher Noth; alsdann beginnen wir an dich zu denken, so werden wir demüthig und fromm, da erkennen wir dich als unsern lieben Gott und Vater und nehmen den Troft, den du mit deiner Gnadenhand uns darreichst, begierigst an. Das heißt: Wenn ich betrübt bin, so denk ich an Gott. Pf. 77, 4. ten Tagen wirds oft vergessen. Ich danke dir, demüthigst und hilfft mir! Ps. 118, 21.

227. Das Kirchengehen.

Denn bei gudaß du mich

Als Gottholds Leute sich anthaten, daß sie wollten in die Kirche

Sehet zu, daß ihr die rechte andächtiges und den Willen

zur Predigt gehen, sagte er zu ihnen: Kirche zu Hause nicht vergesset; euer Gottes zu lernen und zu vollbringen begieriges Herz ist die rechte Kirche; werdet ihr das nicht mit in die Kirche nehmen, so ist euch euer Kirchengehen nichts nüße. Ihr seht die Bilder, Pfeiler, Stühle und Bänke in der Kirche, die sind lange Jahre darin gewesen und bleiben doch leblose Dinge. Ihr aber seid vernünftige Menschen, ja, was mehr ist, getaufte Christen; ihr habt Ohren zu hören und ein Herz das Wort Gottes zu fassen; geschieht solches nicht, so seid ihr durch euer Kirchengehen nichts gebessert; ja an jenem großen Gerichtstage wäre manchem besser, daß er sein Leben lang in keine Kirche hätte kommen können, als wenn er zwar oft hinein gekommen, ohne Frucht aber und Besserung wieder heraus gegangen ist;

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