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cs wird erträglicher gehen denen, die von Gottes Wort nichts gewußt, als denen, die es reichlich gehabt, oft gehört und doch nicht darnach gethan haben. Soll der ́Feigenbaum, der von sich selbst keine Frucht trug, abgehauen werden, wie vielmehr der, welcher, nachdem er auf das fleißigste umgegraben und gedüngt ist, bennoch fruchtlos bleibt! Luc. 13, 7. 8. Da sie nun weggingen, seufzte Gotthold bei sich selbst und sagte: ach, Herr Jesu! mein allerliebster Heiland, es sind viele Kirchen auf Erden, aber wenig Herzen, die deine Kirchen sind! Mein Erlöser! Nimm ein mein und der Meinigen Herz, heilige es durch deinen Geist, besprenge es mit deinem Blute, schmücke es mit deiner Gerechtigkeit, treibe heraus den Satan mit aller seiner Bosheit, fülle es mit deiner Gnade, beschüße es durch deine Macht, erfreue es durch deinen Trost, erhalte es durch deine Kraft zur Seligkeit und laß es also zeitlich und ewig deine Kirche und Wohnung sein!

228. Die Kälte.

Ein kleines Kind war in der Kälte seinem Spiel so lange nachgelaufen, daß ihm darüber die Hände ganz braun geworden. Als es nun der Stube und dem Ofen zueilte, empfand es wegen der ges schwinden Veränderung gar große Schmerzen, wie denn bewußt ist, daß dieselben, wenn man die gefrornen Glieder plöglich zum Feuer hält, zu erfolgen pflegen. Gotthold kam hierüber auf die Gedanken, wie mancherlei grausame Schmerzen in der Welt seien, denen der menschliche Körper unterworfen ist. Hier streitet, sprach er, die Hiße mit der Kälte und verursacht fast unleidliche Schmerzen, noch größer ist das Zahnweh, das Augenweh, das Haupt- und Hüftweh und andere. Hat nun der gerechte Gott den Menschen zur Züchtigung' in der Zeitlichkeit so vielen und großen Schmerzen unterworfen, was will denn in der Hölle werden, da er seinen gerechten und grimmigen Zorn in alle Ewigkeit über die Verdammten ausgießen wird? In der Hölle wird Frost und Hiße sein, weil die Verdammten in ewiger Flamme brennen und doch heulen und zähnklappern werden. Können nun die Schmerzen, die kaum eine halbe Viertelstunde währen, diesem Kinde solche Angst machen, was werden die Höllenschmerzen thun, die in Ewigkeit währen? Wie aber die Kinder, indem

sie dem liederlichen Spiel nachhängen, der Kälte nicht gewahr werden und der darauf folgenden Schmerzen sich nicht erinnern, so gehts uns Alten auch; wir folgen der Narrheit der Welt und lassen uns durch ihre schnöde Lust bethören, darüber oft der zeitlichen und ewi gen Strafen, die auf Sünde erfolgen, vergessen wird. Ach, mein Gott! führe mich in die Hölle, weil ich lebe, damit ich vor der Hölle gesichert sei, wenn ich sterbe!

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Es trug sich zu, daß etliche Wochen an einander der Wind fast gar nicht wehte, welches zwar an den Dertern, wo die Wassermühlen sind, nicht geachtet wird, allein, wo man, wie jener im Scherz redet, vom Winde leben muß, (er meinte, wo man nur lauter Windmühlen hat und ohne Wind kein Mehl zum Backen oder Malz zum Brauen haben kann), da verursacht es nicht geringe Noth und Beschwerde, maßen denn auch für diesmal viele Leute in etlichen Tagen kein Brod im Hause gehabt, ob es ihnen wohl am Korn nicht fehlte. Als nun hievon geredet ward, sagte Gotthold: Wenn wir meinen, wir haben alles von Gott erbeten, was wir bedürfen, so sollte es uns wol gehen, wie ein großer Lehrer (Luther) von einem Bauern dichtet, der immer das Wetter Gottes meisterte und, als ihm solches zu verwalten in die Hände gegeben wurde, und er bald regnen, bald die Sonne scheinen ließ, daß es ein Wetter war, wie man es wünschen möchte, befand er doch im Ausgang, daß die Kornähren taub und leer waren und er des Windes vergessen hatte. Der Wind hat seinen großen Nußen, er reinigt die Luft, führt die Schiffe, treibt die Mühlen, versammelt und zerstäubt die Wolken, macht Felder und Wälder fruchtbar, und dennoch wirds von wenigen erkannt, und werden die Wohlthaten des Windes in den Wind geschlagen; darum denn auch der Wind oftmals erzürnt und entweder gar stille ist, oder also sauset und brauset, daß wirs mit Schrecken und Schaden inne werden, damit wir doch lernen mögen auch seinethalben Gottes Güte und Ernst erkennen. Seht aber

hiebei, wie Gott mitten im Ueberfluß uns Mangel zuschicken kann, und wie wir so gar nimmer sein entrathen können. Es gehört viel dazu, ehe man einen Bissen Brod in den Mund stecken kann, und wenn es so weit gekommen ist, so kann er dennoch ohne Gottes Segen uns nicht gedeihen. Es ist nichts, daß wir gedenken: ich habe Geld im Beutel, Korn in der Scheuer und auf dem Boden, Vorrath in Küche und Keller, es kann mir nicht fehlen. Du Narr! dein Beutel kann durch Gottes Fluch löchericht werden, deine Scheuern kann das Feuer, dein Korn können die Würmer verzehren, dein Vorrath kann zerrinnen und verschwinden, und, wenn du am meisten auf deinen großen Vorrath troßst, so kanns am ersten heißen: Du Narr! diese Nacht wird man deine Seele von dir nehmen, und weß wirds sein, das du bereitet hast? Luc. 12, 20. Darum laßt uns stets in der Furcht Gottes wandeln und alle Zuversicht nicht in unser Vermögen, sondern in seine Gnade seßen. Mein Gott! du versuchst es mit uns zu unserm Besten auf mancherlei Art! Zuweilen lässest du dich in deinen Wohlthaten oder Strafen gewaltig sehen und hören, zuweilen hältst du dich still und verbirgst dich, ob wir dich auf eine andere Art erkennen und dich suchen lernen wollten. Ach welche Dümmlinge sind wir Menschen, die wir oft das eine so viel, als das andere verstehen!

230. Die Todtenbahre.

Gotthold sah vor einem Hause eine Todtenbahre stehen zur Anzeige, daß darin eine Leiche wäre, die förderlichst würde beerdigt werden. Dabei erinnerte er sich sofort seiner Sterblichkeit und sagte bei sich selbst: vielleicht wird es eben diese Bahre sein, darauf man dich wird zu Grabe tragen, oder ists diese nicht, so ist doch das Holz schon gewachsen, daraus man eine für dich zimmern wird, darum halte dich zum Tode gefaßt und mache es so, daß, wenn man deinen Körper ins Grab, die Engel deine Seele in den Himmel tragen mögen. Im Fortgehen dachte er weiter: ach! wenn vor allen Häusern, darinnen ein Todter ist, eine solche Bahre sollte gesezt werden, so dürften wir ihrer viel zu wenig haben! Denn mancher Mensch ist lebendig todt, der nämlich in Unbußfertigkeit und vorsäßlichen Sünden lebt. Gott ist der Seele Seele und unsers Lebens

Leben; Chriftus muß in unserm Herzen durch den Glauben wohnen, er muß unsers Herzens Herz sein, daß wir mit dem h. Paulus sagen können: Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir! Gal. 2, 20. Gleichwie das Herz die Quelle ist der Le= bensgeisterlein und eine Werkstätte der Seele, daraus sie die natürliche Wärme und Lebenskräfte in alle Adern und Glieder vertheilt, also muß der Herr Jesus in uns das geistliche Leben wirken und seinen Geist in alle unsere Kräfte, Sinne, Begierden, Gedanken und Bewegungen ergießen. Wo das nicht ist, da ist kein Leben. Der gottlose Mensch ist ein lebendiges Aas, er stinkt vor Gott und seinen h. Engeln; die Würmer der sündlichen Begierden durchwühlen sein Gewissen, er ist ein Greuel vor Gottes Augen. Wie sich die Raben und andere unreine Vögel über ein Aas freuen und versammeln, so freuen sich die höllischen Geister über die in Sünden todte Seele, und wo ist ein Haus, darin man solche nicht findet? Ach, mein Herr Jesu! ich will lieber nicht leben, als dir nicht leben! Laß mich sterben, daß ich lebe! Was ists, lange leben und lange fündigen? Ich will gerne noch länger leben, wenn du in mir lebst; sonst wäre mir besser, diese Stunde sterben. Sei du mein Leben, oder ich mag nicht länger leben.

231. Das Ahnen.

Die Erfahrung bezeugts, daß einem Menschen zuweilen das Herz schwer wird, und er eine sonderliche Bangigkeit verspürt, ob er wohl alsdann noch keine Ursache seiner Traurigkeit ersehen kann. Als nun Gotthold hierüber befragt wurde, sagte er: Man findet hievon auch bei den Alten viele Zeugnisse und Erempel, mit deren Anführung aber ich weder euch, noch mich bemühen mag, zuvörderst da es uns selbst an merkwürdigen Erempeln nicht fehlt. Es ist in diesem Lande vor wenig Jahren geschehen, daß ein Edelmann von feinem Gut in eine benachbarte Stadt reitet, woselbst er einen seiner Vettern antrifft, mit welchem er sich zum Trunk niederseßt. Indessen kommt seiner Frau daheim, als sie über Tische mit den Kindern und deren Lehrer sigt, eine sonderliche und unverhoffte Traurigkeit an; fie klagt, ihr Herz sei ihr so schwer und beklommen, daß sie es nicht sagen könne, sie vergißt Essen und Trinken und kann, wo sie geht,

der Thränen sich nicht enthalten, die ihr häufig die Backen herab fließen, wobei sie öfters seufzend sagt: Ach, mir steht ein groß Unglück bevor! Ach, wenn ich wüßte, wie es um meinen Junker wäre! Doch fällt mir oft ein der Vers des Gesangs: Auf meinen lieben Gott u. f. w.: Mein Unglück kann er wenden, es steht in seinen Händen. Was geschieht? Der Edelmann geräth wit seinem Vetter in Streit, so, daß sie beide, weil die Pferde gesattelt vor der Thür standen, zu denselben laufen, die Pistolen heraus reißen und mit aufgeschlagenen Hähnen einander sie auf die Brust sezen, auch los drücken. Allein, hier sah man die Wirkung der Thränen jener frommen Frau, welche, so zu reden, das Pulver geneßt, daß es kein Feuer fangen wollte, also daß ihnen beiden die Pistole versagte und also andere Leute Zeit gewannen, dazwischen zu kommen und sie von einander zu bringen. Es ist in dieser Stadt ein guter Bürger noch lebend, dem auch einmal wegen eines schweren Traums eine große Herzensbangigkeit zugestoßen, daß er sich und seine Frau zum Gebet öfters ermunterte, sagend, daß ihm ein Unglück bevorstände, ob es Gott der Herr gnädig wenden wollte. Als er nun mit einer Büchse, die er Lust halber mit ins Feld zu nehmen pflegte, umgeht, und seine Frau ein saugend Kind auf dem Schooß habend vor ihm am Tische sißt, geht unvermuthlich die Büchse los, und fährt der viele Hagel, damit sie geladen war, über der Frau und des Kindes Haupt in den gegipsten Boden mit ihrer aller höchstem Schrecken. Ich weiß aber hievon nichts anders zu sagen, als daß ich solches auch für ein Merkzeichen der göttlichen unbegreiflichen Güte halte. Satan, der dem lieben Hiob mit Luft so viel Schaden zufügte, ist noch jezt ge= gen die Frommen nicht anders gesinnt, und es ist seine Freude, wenn er sie in Unglück bringen und an Leib und Seel gefährden mag. Dies sieht und weiß der barmherzige Gott, der Hüter Israel, der nicht schläft, noch schlummert, und thut vermittelst der h. Engel oder sonst ihnen ihre Gefahr durch solche Herzensbangigkeit kund, damit sie sich in der Zeit mit dem lieben Gebet und möglicher Vorsichtigkeit verwahren mögen. Auch bezeugt es die Erfahrung, daß hiedurch oft ein Unglück entweder gänzlich zurück getrieben, oder doch großentheils gelindert wird. Herr, mein Gott! was ist der Mensch, daß du dich sein so annimmst? und des Menschen Kind, daß du ihn so hoch achteft? Ps. 144, 3.

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