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(bem Satan) haben, der aus einem Gebüsch hervor wischt, also, daß ihm die Seele mit verbundenen Augen in die Arme läuft. Hierinnen bildet er gar artig ab, wie der Mensch, von der Welt und seinem eignen fleischlichgesinnten Herzen verblendet, sich von Gott verläuft und in die Stricke des Teufels fällt, ehe ers meint. Ach, Herr Gott! wie viel tausend Seelen laufen mit verbundenen Augen, mit verblendeten Sinnen, mit verstockten Herzen, lachend, scherzend, spielend dem Teufel in den Nachen und in die Arme! Ach, wie viel fluge, gerechte, reiche, hochansehnliche Leute giebt es, mit welchen der Satan täglich blinde Kuh spielt, die doch nichts weniger denken oder besorgen! Wie manchem zieht die böse Gesellschaft die Kappe übers Gesicht! Wie manchem wird das Tuch vor die Augen gebunden von seinem liebsten Weibe, von seinen besten Freunden, von seinem nächsten Anverwandten! Und dies haben wir gern also, weil wir es ein Spiel, eine Luft, eine Freude, eine Liebe, eine Vertraulichkeit, einen Scherz heißen. Abner redet als ein blutdürftiger und gottloser Soldat, da er sagt: Laß sich die Knaben aufmachen und vor uns spielen, 2. Sam. 2, 14., da es doch vierundzwanzig jungen Helden das Leben kostete, darum er auch selbst bald hernach auf diesem blutigen Spiel durch Gottes gerechtes Gericht sein Leben zusehen mußte. 2. Sam. 3, 27. So redet die Welt noch jezt und hält das für Kurzweil, was doch die Seele in höchste Gefahr und gar ins Verderben stürzt. Dies ist ein Spiel, daran die Teufel ihre Luft sehen und den meisten Gewinn davon tragen. Ach, mein Gott, bewahre mich vor solchem Spiel! Gieb mir erleuchtete offne Augen durch deinen H. Geist, daß ich im Lichte wandle, des Teufels und ber Welt betrügliche Spiele fliehe und durch alle ihre Stricke und Neße sicher hindurch komme! Du hasts bisher gethan, mein Vater! ste haben mich auch berevet, dieses Spiel mitzuspielen, du aber haft mir die Binde von den Augen geriffen und meine Seele gerettet. Dir sei Lob und Dank in Ewigkeit!

310. Die Eitelkeit.

Als in einer Gesellschaft ein Glas unversehens zerbrochen ward, fagte einer: Glück und Glas, wie bald bricht das! und erinnerte dabei, was von Luther erzählt wird, daß er wenige Tage vor seis

nem seligen Ende dem Justus Jonas ein Glas gebracht und dabei versweise einen merkwürdigen Denkspruch gethan von ihrer beiderseits Sterblichkeit. Gotthold that hinzu: Weil wir an diesem zer= brochenen Glase eine Erinnerung haben von der Eitelkeit aller weltlichen Sachen, so laßt uns, um die Zeit mit erbaulichen Gesprächen zu verbringen, ein jeder ein nachdenkliches Bild der Eitelkeit vorsteklen, wozu ich mit eurem guten Belieben den Anfang machen will. Hierauf forderte er ein Blatt Papier nebst einem brennenden Lichte, zündete das Papier auf dem Tische an und ließ es ausbrennen, da denn, nachdem die Flammen vergangen, wie bewußt, die laufenden Funken auf dem ausgebrannten Papier zu sehen waren. Hier habt ihr, sprach er, ein schickliches Bild der Eitelkeit; was sind die Mens schen anders, als die in der Asche eine Weile scheinenden und laufenden Funken? Und was ist die Welt anders, als ein Aschenhaufen? Wenn ihr die Menschen sehet stolzieren, prangen und mit großem Gepränge oder Phantasie, Apostelg. 25, 23., in den Kirchen, auf den Gassen, auf Hochzeiten, an Herrenhöfen, in vornehmen Städten daher treten, so denket, daß es solche Funken sind, die eine Zeit lang in der Eitelkeit scheinen und laufen, bald aber verschwinden; vergesset aber nicht, daß ihr selbst auch mit darunter seid, und daß die Zeit bald kommen wird, da man auch nach euch fragen, aber euch nirgends finden wird. Der andere sagte: Ich halte, man könne die Eitelkeit aller Dinge ohne große Mühe mit einem Schnippchen oder Klitschen der Finger vorstellen, worinnen wir die Schrift nach der Verdolmetschung Luthers, Jes. 51, 6., zur Vorgängerin haben, wenn sie spricht: Der Himmel wird wie ein Rauch vergehen, und die Erde wie ein Kleid veralten, und die drauf wohnen, werden dahin sterben wie das, woselbst Dr. Luther hinzu seßt: Solches. Das muß man mit einem Finger zeigen, als schlüge man ein Klipplein mit Fingern, wie man sagt: ich gebe nicht das darum! Wobei ich mich erinnere, was gelehrte Leute berichten, daß auf dem Grabe des Sardanapal ein Bild gestanden, dessen Finger so gestaltet, als wollte es ein Schnippchen damit schlagen, anzudeuten, daß alle irdische Dinge für nichts zu achten wären. Der Dritte sagte: Ich will das meinige vom Hiob entlehnen, welcher spricht, der Mensch sei einem fliegenden (einem dürren, damit der Wind unterm Baum spielt) Blatte und einem dürren Halm gleich. C. 13, 25. Und es wäre

zu wünschen, daß die Merschen bei ihren prächtigen Gastmahlen und fröhlichen Zusammenkünften unter andern Gerichten und Trachten zuweilen eine verdeckte Schüssel mit solchen dürren Blättern ange= füllt mit auffeßen und sich dabei ihrer Sterblichkeit erinnern möchten. Der Vierte sagte: Ihr wisset, daß auf unsern Feldern und in unsern Gärten häufig eine gelbe Blume wächst, die endlich, nachdem die Blätter abgefallen, in ein wie mit weißer Wolle bedecktes Haupt verwandelt und daher unter den Kräutern das Mönchshaupt genannt wird. Dieses Haupt war erst eine Blume, hernach ein ansehnliches Ding, wenn aber der geringste Odem es anbläset, so zerstäubt die Wolle und es bleibt nichts, als ein Bild einer glatten und kahlen Hirnschale. So sind die Menschen vom Höchsten bis zum Niedrigsten, darum wäre zu wünschen, daß die Gewaltigen dieser Welt diesem geringen und gemeinen Kräutlein in ihren Luftgärten auch möchten eine Stelle gön nen zum Gedächtniß der Nichtigkeit des Weltwesens, wiewohl sie auf eine andere Art zu eben diesem Zweck auch gelangen könnten, wenn sie nämlich in solchen ihren Luftgärten, wie ehemals Tarquinius gethan, mit einem Stabe die eine oder andere hohe und prächtige Blume herabschlügen, dabei gedenkend, daß es Gott eben so leicht sei, sie aus ihrem Glück ins Unglück, aus ihrer Hoheit in die Niedrigkeit, von ihrem Thron auf den Mist- oder Aschenhaufen, aus dem Leben in den Tod zu seßen. Der Fünfte sprach: Nicht ohne Ursache hat es Gott in der Natur so verordnet, daß, wo der Mensch im Licht hingeht, ihm der Schatten entweder zur Seite wandelt, oder auf dem Fuß folgt, damit er bei seinem Wohlstande ein stetiges Denkmal der Flüchtigkeit und Eitelkeit haben möchte, wobei ich ges denke an das, was Markus Polus berichtet von den Einwohnern des Landes Lak oder Loak in Indien, daß, ehe sie etwas kaufen, sie zuvor ihren Schatten betrachten und darnach erst den Kauf schließen; und wünsche, daß wir dergleichen auch bei all unsern Geschäften, Prangen, Schmücken, Gaftieren und dergleichen thun möchten! Gotthold schloß endlich und sprach: Ich halte, es sollte uns nicht schwer fallen, daß wirs noch einmal ließen umher gehen und dergleichen mehr vorbrächten; allein, weil der Abend herbei kommt, und wir uns nach der Ruhe sehnen, so will ich noch dies Einige hinzu thun; sehet, bisher haben wir mit einander gegeffen, getrunken, gesprochen, gescherzt, jezt gehen wir von einander und in einer Stunde liegen wir und schlafen, von unserer heutigen Lust nicht

mehr wissend, wo sie nicht einem oder dem andern im Traum vorkommt. Also leben wir noch heute, vielleicht auch noch morgen, bald aber find wir der Eitelkeit müde und entschlafen; darum laßt uns mit nach Hause nehmen, was der weise König zum Grunde seiner Weisheit gelegt hat: Es ist alles eitel! Pred. 1, 2. Eitelkeit über Eitelkeit in allen Dingen!

311. Das gute Wetter.

Als etliche Wochen nach einander ein liebliches warmes Wetter war, sagte einer: Ach, was will aus diesen heißen Tagen werden? Und was will uns der lang anhaltende Sonnenschein ohne Regen bringen? Gotthold antwortete: Wie so? ist es denn euch zuwider, daß der Himmel so freundlich ist, und daß uns die liebe Sonne nun eine geraume Zeit her stetig gleichsam anlacht? Ja, sagte der andere, man muß weiter hinaus sehen, denn, weil indessen die liebe Saat im Felde und die Früchte in den Gärten verdorren und verwelken, so möchte solches freundliche Lachen des Himmels, wie ihr redet, wol ein bitteres Weinen auf Erden verursachen. Wohl! sprach Gotthold, so laffet uns denn bei diesem Wetter bedenken, daß auch die zeitliche Glückseligkeit, welche man mit dem lieblichen Sonnenschein zu vergleichen pflegt, uns oftmals eben so nüz ist, als den Früchten das stetige gute Wetter; das Ungewitter und die düstern dicken Wolken, die oft mit einem starken Donner und Bliß die Erde erschüttern und schrecken und mit einem durchneßenden Regen feuchten, sind unlustig, aber sie machen die Gewächse und folgends Menschen und Vieh lustig; aus solcher Finsterniß kommt das Licht, der Segen kommt mit dem Regen. So ist es auch mit der Trübsal und den Widerwärtigkeiten; sie schrecken und drücken das Fleisch, erquicken aber den Geist, sie machen Unluft und Leid, darauf aber eine geistliche und göttliche Lust und Freude folgt. Hingegen das zeitliche stetige Wohlergehen pflegt ein Vorbote zu sein eines großen Unglücks oder wol gar des ewigen Verderbens, wie am reichen Manne und viel tausend andern zu ersehen. Denn ges wiß anstatt eines einzigen, welchen etwa Unglück und Widerwärtigkeit zur Verzweiflung und ins Verderben gebracht hat, findet man wol tausend, die durch Glück und Wohlergehen sind gestürzt. Darum

lafset uns allezeit unser Glück für verdächtig halten, und gleichwie man in solchen warmen Tagen in den Gärten desto fleißiger zu gieSen pflegt, damit die Früchte nicht verwelken, so lafset uns bei unferm Wohlergehen desto emfiger beten, daß Gott seine Gnade nicht von uns wenden und seinen H. Geist nicht von uns nehmen wolle, daß wir durch dessen Regierung vorsichtig und demüthig wandeln und des zeitlichen Glücks zu unserm ewigen Unglück nicht mißbrauchen mögen. Mein Gott und Vater! Ich gedenke hiebei an die Worte deines Propheten, Klagl. 3, 44., Du hast dich mit einer Wolke verdeckt, daß kein Gebet hindurch konnte. Mir gehts auch oft so mit dir, daß sich eine finstere Wolke der Traurigkeit zwischen mir und dir sezt, ich habe dawider nichts zu reden, denn sie steigt auf von meinen Sünden und Missethaten. Doch wie die Sonne auch hinter den Wolken scheint, in den Wolken wirkt und mit dem Regen ihren guten Einfluß auf die Erde schickt, so bleibst du doch mein Gott auch in Trübsal und wirkst in derselben so kräftig, daß ich deine Gnade in Kurzem an meiner Seele spüren kann. Drum, du sieheft füß oder sauer, so bist du doch mein lieber Vater und mein gnädiger Gott.

312. Das unreine Gefäß.

Man hatte Gottholden einen Trunk geholt, der nach dem Gefäß schmeckte, er sagte darauf: Da haben wir ein Vorbild unserer Gedanken, Worte und Werke; weil unser Herz durch die Sünde verunreinigt ist, so hanget, leider! allem unserem Vornehmen etwas Sündliches an, welches wir zwar wegen Gewohnheit nicht allezeit merken, aber dem allwissenden, heiligen und gerechten Gott ist es nicht verborgen. Ach ja, sprach ein frommes Herz, so solches hörte, das gottlose böse Herz macht uns viel zu schaffen. Bei dem Propheten Jerem. 4, 14. spricht unser Gott: So wasche nun dein Herz von der Bosheit, auf daß dir geholfen werde. Ich meine ja, ich habe etliche viele Jahre her an diesem unreinen Gefäß gewaschen mit eifrigem Gebet, mit vielen Thränen, mit stetigem Streit, mit oft erneuertem Vorsag, mit fleißiger Anhörung und Betrachtung des göttlichen Worts; allein bisher spüre ich nicht, daß es etwas geholfen hätte; die Unreinigkeit hat sich so tief hineingeseßt, daß kein

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