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Waschen helfen will, darüber ich oft kleinmüthig werde und mein ganzes Christenthum nicht einer Bohne werth achte. Gotthold antwortete: Eben das ist eine Hauptursache mit, warum Gott das Herz in diesem Leben nicht ganz reinigt und von der angeerbten Sünde befreit, damit wir nicht hoffärtig werden, sondern an seiner Gnade und den Wunden des Herrn Jesu als ein schwaches, durstiges Kind stets hangen bleiben. Denn er ist so gütig und gnädig, so weise und allmächtig, daß er auch aus dem Bösen weiß etwas Gutes zu machen, doch müssen wir deshalb an unserm Christenthum nicht ganz verzagen und meinen, weil es uns nicht gefällt, daß es Gott auch nicht gefalle. Gott ist ein liebreicher Vater, der wohl weiß, daß seine Kinder in der Welt ohne Schwachheiten und Fehler nicht sein werden, darum hat er Geduld mit ihnen. Wie vielmals machen es unsere Kinder nicht recht! Wie oft folgen sie der Bosheit ihres Herzens und lassen der Sünde, die ihnen angeboren ist, ihren Willen! Ich habe aber noch nie gesehen, daß darum ein Vater sein Kind hätte enterbt oder in die Elbe geworfen, sondern er züchtigt und ermahnt es väterlich und hofft mit zuwachsenden Jahren Besserung. Können wir nun das thun, die wir arg sind, wie sollte es nicht Gott vielmehr thun? Zuvörderft, da er unsere Herzen nicht anders, als durch die Wunden seines liebsten Sohns ansieht, in dessen h. Blute wir sie täglich waschen und ihm also ein zwar von Natur unreines, doch durch Christi Blut und Geist gereinigtes Herz opfern. Zu dem Ende habe ich gesehen, daß ein guter Mann sich den gekreuzigten Jesum und zu dessen Füßen ein Herz, mit seines Namens Anfangsbuchstaben bezeichnet und mit einem Nagel angeheftet, darüber das h. Blut des Herrn herab floß, malen hatte lassen, anzudeuten, daß Christi blutiges Opfer und sein Herz nimmer müßten getrennt werden. Wenn nun meines Jesu h. Herz und mein unreines Herz im Glauben zusammen kommen, so bin ich um die Unreinigkeit meines Herzens, welche mir sonst auch großen Kummer macht, nicht mehr bekümmert, wohl wissend, daß nichts Verdammliches ist an denen, die in Christo Jesu sind. Röm. 8, 1. Hierauf schlug er auf die Worte des gottseligen Dr. Tauler, die also lauten:,, liebe Seele, die du in unreiner Versuchung bist, opfere dich Gott in Gelassenheit und sprich in deinem Herzen: Herr, du sieheft aller Herzen Grund und erkennest alle Meinung, du weißt wohl, ich wollte dir gerne wiederum eine himm

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lische reine Seele einantworten, nun habe ich nichts, als ein unreines Faß, welches voll fauler Anfechtung ist; das opfere ich dir auf, wie ich es habe; hätte ichs beffer, so gäbe ich es dir besser; nur bitte ich dich, daß du solches mit deinem H. Blute reinigest, auf daß es deines heiligen Einflusses empfänglich werde."

313. Die Gevatterschaft.

Als jemand von Gottholds Leuten zur Gevatterschaft eingeladen war, fing er an, die Seinigen von solchem Gebrauch folgendermaßen zu unterrichten: Es ist ein uralter Gebrauch in der christlichen Kirche, daß man bei der Kindertaufe etliche gottselige Personen zu Zeugen und Gevattern, das ist, Mitvätern oder Mitmüttern erbittet. Es meinen etliche, daß in der jüdischen Kirche dergleichen bei der Beschneidung beobachtet und von dannen bald zur Apostelzeit in die christliche Kirche überbracht sei. Andere berichten, daß von dem römischen Bischof Hyginus, der ums Jahr Chrifti 140 gelebt, dieser Gebrauch eingeführt sei, und zwar darum, weil zu seiner Zeit die blutigen Verfolgungen vielen Kindern die Eltern hinweg nahmen, daß doch andere möchten sein, die Elternftatt vertreten, der Waisen sich anneh men, im christlichen Glauben sie erziehen und zu aller Gottseligkeit fie ermahnen und halten möchten. Denn, so viel man aus der lieben Väter (von welchen diese Weise auf uns gekommen) Schriften erlernen kann, ist keineswegs zur Gevatterschaft genug gewesen, daß man der Taufe mit seinem Gebet beigewohnt, sondern man hat solche Zeugen auch ernstlich unterrichtet und ermahnt, daß sie wären Bürgen bei Gott für die Täuflinge geworden und demnach verbunden, als Mitväter nebst den Eltern dahin zu sehen, daß sie im christlichen Glauben zu aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit auferzogen würden, davon man auch in einer bischöflichen Versammlung zu Arelate, welche an der Zahl die vierte gewesen, eine Verordnung gemacht hat. So ist es nun fürwahr eine große Ehre, die einem widerfährt, wenn er von gottseligen Eltern zur Gevatterschaft und zum Taufzeugen ihres Kindes erkoren wird, denn hiemit geben sie ihm das öffentliche Zeugniß, daß sie ihn für einen rechtschaffnen Christen, andächtigen Beter und gottseligen Eiferer um die Ehre Gottes und des Nächsten Seligkeit halten; sie bezeugen ihre gute Zuversicht, die sie

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zu seiner Liebe haben, daß er mit willigem, fröhlichem Herzen auf begebenden Fall sich ihres Kindes in geistlichen und leiblichen Nöthen werde annehmen und auf alle mögliche Weise dessen zeitliche und ewige Wohlfahrt befördern helfen. Dies verstehen nun die wenigsten unter den heutigen Christen, welche meinen, sie haben der Gevatterschaft ein volles Genüge gethan, wenn sie in ihrem besten Habit und mit einem ziemlichen Laufgeschenk sich haben bei der Taufe eingefunden und hernach sich bei überflüssigem Essen und Trinken luftig bezeigt. Wie mancher, welches wol mit blutigen Thränen zu bedauern, nicht weiß, warum er ein Christ ist, so weiß er auch nicht, warum er ein Taufzeuge oder Pathe ist, und was solcher Name von ihm erfordere. Ein Taufbürge ist kraft seines Versprechens schuldig, für seinen Pathen sein Leben lang fleißig zu beten, ihn nebst seinen Eltern, so oft es Gelegenheit giebt, fleißigst zur wahren Gottseligkeit zu ermahnen, seines Laufbundes ihn zu erinnern und, daß er mit allem Fleiß seinem Taufgelübde nachlebe, so viel möglich, anzuhalten. Sollten die Eltern säumig und gottlos werden oder versterben, gebührt ihnen für des Kindes zeitliche und ewige Wohlfahrt zu wachen und es in der Furcht Gottes nach bestem Vermögen zu erhalten. Ich habe einen gottseligen Mann gekannt, der in seinem täglichen Gebet, wenn er auf die Fürbitte für die liebe Jugend kam, sonderlich seiner Pathen Meldung that und Gott herzlich bat, daß er sie mit seinem H. Geist allezeit regieren, ihre Herzen durch seine Gnade zu allem Guten lenken, in ihrem Laufbunde sie erhalten, vor der bösen Welt Aergerniß und Verführung sie bewahren und sie mit zeitlicher und ewiger Wohlfahrt bes seligen wolle. Ein anderer, der gutes Vermögens war und keine Kinder hatte, ließ jährlich auf einen gewissen Tag seine Pathen, die etwas zu Jahren und Verstande gekommen waren, zusammen bringen, fragte sie aus ihrem Katechismus, forschte, ob sie auch beten könnten, erinnerte sie ihres Taufbundes mit gottseligem kurzem Bericht, was derselbe in sich hätte, wie sie sich dessen trösten und aus demselben zur wahren Gottseligkeit aufmuntern sollten; hernach gab er ihnen eine Mahlzeit und ließ sie mit einem Segenswunsch und nochmals wiederholten guten Ermahnungen von sich. Ach, wenn dies von allen oder nur von etlichen in Acht genommen würde, wie großen Nußen sollt es in Kurzem bei der lieben Jugend schaffen! Nun so gehet hin und verrichtet dieses christliche Werk als ein Christ,

helft mit eurem andächtigen Gebet für das Kind kämpfen und habt ein Liebesauge auf dasselbe, weil es und weil ihr lebt. Mein Gott und liebster Vater! meine irdischen Taufzeugen find längst dahin; allein ich darf nach Veranlassung deines h. Apostels sagen, 1. Joh. 5, 7., daß meine himmlischen Taufzeugen nimmermehr sterben. Denn du dreieiniger Gott, Vater, Sohn und H. Geist! hast ja bei meiner Laufe auch bezeugt, daß ich zu deinem Gnadenkinde sollte auf- und angenommen sein, du haft mir zum Taufgeschenk eingebunden, Gott Vater! deine Gnade, Herr Jesu, mein Erlöser! deine Gerechtigkeit und theures Blut, Gott H. Geist, deinen Trost und immerwährende gnadenreiche Beiwohnung. So bist du nun, mein Gott! mein Pathe, Vater, Herr und Gott, ich dein Taufsohn, Kind und Knecht in Ewigkeit.

314. Die Kreide.

Als Gotthold mit traurigen Gedanken überhäuft war und auf dem Tische, dabei er saß, ungefähr ein Stücklein Kreide fand, nahm er dieselbe und phantasirte damit auf dem Tische, wie sorgenvolle Leute pflegen, machte damit mancherlei wunderliche Züge, Kreise und Striche durcheinander, daß er endlich selbst nicht wußte, was es sein follte; er begriff sich aber endlich und gedachte bei sich selbst: da habe ich den jezigen Zustand meines Herzens gar artig auf dem Tische abgemalt; denn gleichwie hier die Striche und Züge seltsam durch einander gehen und doch nichts Förmliches vorstellen, auch zu nichts nüße sind, als daß man ein Merkzeichen hat eines vor Traurigkeit phantasirenden Menschen, so gehts in meinem Gemüth; die Gedanken und Sorgen laufen wunderlich durcheinander und find dem Gesträuche auf dem Felde gleich, welches in einander wächst und sich so durcheinander verwirrt, daß man nicht hindurch kann. Abraham sah einen Widder, der mit den Hörnern in einer Dornhecke fest war, 1. Mos. 22, 13.; so gehts mit uns Menschen, wir vergehen uns manches Mal und verwickeln uns in die Dornhecken der Sorgen, daß wir nicht wieder los kommen können; allein was nüßen unsere Sorgen? Und was richten wir mit unserer Bekümmerniß aus? Wenn wir lange gesorgt, gedacht, und alles mit Kummer und Betrübniß überlegt haben, so wird endlich eine solche

Mißgeburt daraus, als hier auf dem Tische vor mir steht, die mir nicht den geringsten Trost geben kann. Wir machen uns einen Irrgarten in unserm Sinn, daraus wir uns nicht wieder zu finden wissen, und sind den Hühnlein gleich, die ins Werg oder Garn gerathen sind und nicht fort können. Was plage ich mich denn selbst mit meinen eignen Gedanken? Was mache ich mir selbst Unruhe und bilde mir ein, daß ich wolle Trauben lesen von den Dornen, oder Troft und Hülfe haben von Schwermuth und Sorgen? Mein liebster Gott und Vater! du weißt, daß es ein Stück ist von der Erbsünde, daß wir uns oft selbst zu versorgen, zu regieren und auszuwickeln vermeinen; verzeihe mir aus Gnaden, daß ich mich manches Mal in meinen Gedanken so vertiefe, daß ich an deine väterliche Fürsorge, Liebe und Treue nicht gedenke. Sollt ich dergleichen mehr thun, mein Vater! so gieb mir durch dein Wort und Geist einen Wink, daß ich mich besinne, meine Sorgen fahren lasse und all meine Anliegen auf dich werfe. Ich will beten und arbeiten, du magst sorgen!

315. Der Citronenbaum.

Gotthold ward in eines vornehmen Mannes Luftgarten ein junger Citronenbaum gezeigt, der etliche meist vollkommne und reife, etliche aber noch kleine unzeitige Früchte trug, wobei berichtet ward, daß dieser Baum in den warmen Ländern, Spanien, Wälschland, woselbst er seine vollkommne Größe und Stärke hat, in stetiger Arbeit, also zu reden, dem Menschen zu dienen erfunden werde, maßen man denn zu einer Zeit reife Früchte, halb gewachsene Aepfel und Blumen an ihm finde. Er antwortete: Ich will euch etwas von unsern gemeinen Aepfel- und Birnbäumen sagen, das ihr vielleicht bisher an ihnen nicht wahrgenommen. Indem sie im Frühling ausschlagen und von der Natur mit Laub, Blumen und Früchten målig geziert werden, so könnt ihr an ihnen schon zugleich mit sehen und finden die Laub- und Tragknospen, damit sie sich das künftige Jahr beliebt und ansehnlich machen wollen, welche auch im Herbst, wenn die andern Blätter abfallen, als eine Hoffnung des folgenden Sommers bleiben und von erfahrnen Gärtnern können erkannt und unterschieden werden, daraus abzunehmen ist, daß, wenn unsere Bäume

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