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er, solches sehend, in seinem Herzen, wenn ich doch von diesem Vöglein die Zufriedenheit mit meinem Zustand und die Gelassenheit in Gottes Willen könnte völlig lernen! Ach, wenn ich doch der Weise und Wege meines Gottes erst könnte recht 'gewohnt werden und von Herzen glauben, daß ers mit mir nicht böse meinen kann! Dieses Vöglein ist zwar eingesperrt, doch weil es sein Futter hat, ist es wohl zufrieden, hüpft, singt und begehrt seinen Zustand nicht zu verändern. Gott umgiebt mich zwar oft mit allerlei Kreuz und Zwang, doch hat ers mir an Trost und Hülfe niemals mangeln lassen, warum bin ich denn nicht fröhlich? Warum singe und danke ich nicht meinem Gott mit freudigem Herzen, auch in Trübsal? Ich mag auf dies Vöglein wohl beziehen, was der liebe Luther schreibt über die Worte Chrifti: Sehet die Vögel unter dem Himmel an! Matth. 6, 26. Da fliegen die Vöglein vor unsern Augen über, uns zu kleinen Ehren, daß wir wohl möchten unser Hütlein gegen ihnen abthun und sagen: Mein lieber Herr Doktor, ich muß je bekennen, daß ich die Kunst nicht kann, die du kannst; du schläfft die Nacht über in deinem Nestlein ohne alle Sorge, des Morgens stehst du wieder auf, bist fröhlich und guter Dinge, sezest dich auf ein Bäumlein und singst, lobst und dankst Gott, darnach suchst du deine Nahrung und findest sie. Pfui! was habe ich alter Narr gelernt, daß ichs nicht auch thue, der ich doch so viel Ursach dazu habe?" Weiter fiel ihm in dieser Betrachtung bei, was ein anderer Gottesgelehrter (Tauler) geschrieben: Du sollst Eigenwillens, eigener Liebe und eigner Meinung ganz leer und ausgegangen sein, ja sogar, stände das Himmelreich vor dir offen, du solltest nicht darein gehen, du solltest zuerst wahrnehmen, ob es Gott also von dir haben wollte." Wir sollen freilich nichts thun oder begehren, als was Gottes Wille ist, wie ein wohlgezogenes Kind, wenn ihm von einem Fremden eine Gabe dargeboten wird, erst dem Vater oder der Mutter nach den Augen sieht und ihres Willens durch einen Wink will versichert sein. Denn was sind alle Gaben und Güter dieser Welt, ja was ist der Himmel selbst außer und wider Gottes Willen? Wäre es möglich, daß ein Mensch wider Gottes Willen könnte in den Himmel gehen, so müßte ihm doch der Himmel zur Hölle werden; und wenn er könnte seines Kreuzes wider Gottes Willen sich entschlagen und lauter Freude, Friede und Glückseligkeit dagegen erlangen, so müßte ihm doch alles zu eitel Gift und Galle werden. Nun,

mein Gott! so will ich denn nichts, als was du willst. Ich will meines Kreuzes, meiner Beschwer, meiner Widerwärtigkeit nicht los sein, so lange du nicht willst. Ja, ich begehre in den Himmel nicht, so lange du willst, daß ich in dieser betrübten Welt und dem mühseligen Leben dir und deiner Kirche noch dienen soll; dein Wille ist mein Himmel, dein Rath meine Weisheit, dein Wohlgefallen mein Genügen. Und in Wahrheit, wenn ichs recht bedenke, du willst allezeit, was ich will. Denn mein Wille und Begehr ist, daß es mir wohl gehe zeitlich und ewig. Das willst du auch, unser Wille und Absehen ist einerlei, aber die Mittel und Wege, dazu zu gelangen, sind unterschiedlich. Was schadets, daß du mich auf eine andere Weise führst, als ich in meiner Thorheit es gut befinde, wenn du mich wohl führst, und ich, was ich will, erlange?

329. Die fäugende Mutter.

Eine Mutter saß und stillte ihr Kind, als eben ein guter Mann Gottholden zu besuchen kam; weil er nun mit heiligem Nachdenken dieselbe hatte angesehen, sagte er zu seinem Freunde: Kommt, ich will euch ein Wunder zeigen! und führte ihn damit in die Stube; als er ihn nun auf diese Mutter verwiesen, sagte jener: Was ist denn das für ein Wunder? Ihr seht, sprach Gotthold, nicht ein, sondern etliche Wunder. Denn erstlich ist das Kind, welches Gottes Hände im Mutterleibe bearbeitet und im Verborgenen so wunderlich gebildet, auch aus Mutterleibe gezogen und lebendig erhalten haben, ein Wunder der Allmacht, Weisheit und Güte Gottes. Das andere sind die Mutterbrüste, welche Gott dem zarten Kinde zum Besten mit der süßen Milch, die aller Speisen und alles Getränks Kraft mit sich führt, anfüllt, daß es seine Nahrung zur Nothdurft und Ergöglichkeit allemal darin findet, von welchen man mit allem Recht sagen kann, daß sie seien des Kindes Weinkeller, Speisekammer und ganzer Reichthum, dafür es weder Silber, noch Gold, noch Perlen, noch Edelsteine begehrt. Das dritte ist das Mutterherz, daran der allerweiseste Schöpfer die Brüste gleichsam gehängt und befestigt hat, damit die Milch von dem Herzen gleichsam gekocht und süß gemacht und mit Liebe gewürzt würde. Dem muß es nun an unvergleichlicher, unermüdeter Liebe, wie jenen an Milch, nimmer

fehlen. Denket, was eine Mutter für Sorge, Unluft, Beschwerde, Wachen, Mühe und Arbeit mit einem Kinde hat, ehe es dahin kommt, daß es sie kann Mutter nennen! Und saget mir, ob es nicht ein Wunder der Liebe Gottes sei, daß sie alles mit Freuden überwindet und ungeachtet aller Unluft das Kind dennoch brünstiglich liebt, herzt und küßt? Doch damit ihr euch nicht zu beschweren habt, so will ich euch ein rechtes Wunder von einer säugenden Mutter erzählen. Zu Lüttich oder Luyck in der Böttgergasse starb in der Geburt eine Frau, Oda Josay genannt, und ließ ein Söhnlein, das sie zur Welt gebracht, nach sich; deren Mutter, einem Weibe über 50 Jahr, ging das Elend des verlaßnen und winselnden Waisleins tief zu Herzen, und als es sehr schrie, legte sie es an ihre Brust, welche nunmehr schon 11 Jahre vertrocknet gewesen und kein Kind gesäugt hatte. Das Kind saugt, und Gott schafft Milch in der Großmutter Brust in solcher Menge und so lange, daß es füglich konnte entwöhnt und mit andern Speisen erhalten werden. Da hat Gott abermals des verschmachtenden Ismaels sich jammern lassen und ihm einen Brunnen eröffnet, daraus er seinen Durst hat stillen können. Und solcher Wunder thut Gott viel, wenn sie nur von uns undankbaren Menschen wahrgenommen und erkannt würden! Ja, Gott selbst ist eine allgemeine fäugende Mutter, das ist ein Schöpfer und Erhalter aller Dinge, und hat daher, wie etliche meis nen, in der hebräischen Sprache unter andern seinen Namen, einen, der von der Mutterbrust herkommt, weil er mit den Brüsten seines Segens und Trostes alles versorgt und erhält, wie denn auch ein alter Kirchenlehrer (Clemens von Alexandrien) den Herrn Jesum die Mutterbrust Gottes nennt, weil wir aus seiner Fülle nehmen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16., und allen Trost für unsere Seelen aus seinen h. Wunden saugen. Ach, mein Gott! laß mich daran gedenken, so oft ich eine säugende Mutter sehe, und laß mich, wenn meine Seele in Anfechtung der leßten Todesnoth einem schmächtigen Kinde gleicht, deines Troftes satt und voll, selig einschlafen!

330. Das Schweigen.

Als in einer Gesellschaft ein frommer Mann meist stille saß und wenig redete, sagte einer: Wie so stille? Gotthold antwortete: er möchte dawider fragen: wie so laut? Meint ihr nicht, daß oft Schweigen und Stillesein beffer ist, als viel Reden? Jener weise Heide, als er seine Tagesstunden nach seinen Geschäften eintheilte, hat eine gewisse Zeit zum Stillschweigen sich selbst vorgeschrieben, welches billig wir Christen ihm sollten nachthun; wir sollten billig allesammt einige Zeit des Tages den weltlichen Geschäften, Gesprächen und Ergöglichkeiten entziehen und dieselbe zum Gebet, zu göttlichem heiligem Nachsinnen und zur Stille anwenden. Mancher lernt mit großer Müh und vielen Kosten reden, ein Christ hat genug zu thun, daß er in der Schule des H. Geistes und des lieben Kreuzes schweigen lernt. Eine merkliche Redensart ist es, die im 65. Psalm V. 2. steht: Gott, man lobt dich in der Stille zu Zion, oder, wie es etliche überseßen: Dir schweigt der Lobgesang in Zion, oder: Die Stille vor dir ist dein Lobgesang in Zion; womit ange= deutet wird, daß man auch, wenn man sich in der Stille über Gottes Wunder und Werke verwundert und seine verborgenen Seufzer zu ihm aufschickt, ihn loben und preisen könne. Es ist auch eine schwere Lektion, die der königliche Prophet vor sich nimmt, wenn er spricht: Ich will schweigen und meinen Mund nicht aufthun, du wirsts wohl machen! Pf. 39, 10., da er sich vorseßt, er wolle weder äußerlich, noch innerlich dem heiligen Rath und Willen seines Gottes widersprechen, er wolle ihn laffen machen und des Ausgangs mit Geduld und guter Hoffnung erwarten. O wie schwer ist dies unserer Vernunft, die immer mit einrathen will! O wie übel kann Fleisch und Blut schweigen, wenn Gott so widersinnig mit den Seinigen umgeht!,,Wenn er sie will fromm machen, so macht er sie zu verzweifelten Sündern; wenn er sie will klug machen, so macht er sie zu Narren; wenn er sie will stark machen, so macht er sie schwach; wenn er ste will lebendig machen, so steckt er sie dem Tode in den Rachen; wenn er sie will in den Himmel führen, so senkt er sie in den Abgrund der Hölle.“ (Luther.) Welches die lieben Alten mit dem nachdenklichen Lehrgedichte, das auch

Luther seiner Feder gewürdigt hat, von Hans Priem, dem Fuhrmann, haben anzeigen wollen, der in das Paradies gelassen ward mit dem Beding, daß er nichts, wie sonst seine Gewohnheit war, sollte bemeistern und beflügeln. Er sah, daß zween Engel einen Balken in die Quer trugen und allenthalben damit anstießen, und schwieg stille; er sah, daß zween andere aus einem Brunnen Waffer schöpften und goffen es in ein durchlöchertes Gefäß, er verwunderte sich, schwieg doch stille; er sah dergleichen viel und verbiß das Lachen und Reden aus Furcht, er möchte wieder aus dem Paradies gestoßen werden; endlich aber sah er einen Fuhrmann, dessen Wagen im tiefen Koth und Schlamm war stecken geblieben, der zwei Pferde vor, zwei aber hinter den Wagen hatte gespannt und trieb sie zugleich an; dies konnte er, weil es seine Profession, nicht unbemeistert lassen, und es ward ihm darauf das Paradies wieder zu räumen angekündigt. Darum laßt uns schweigen lernen und unsern Gott in seinen Wegen nicht meistern. Neden war nie so gut, spricht ein alter Lehrer, Schweigen wäre besser. Allein, wo komme ich hin? Indem ich das Schweigen preise, mache ich selbst viel Redens. Mein Gott! lehre mich zu rechter Zeit reden und schweigen.

331. Die Schwachheiten.

Ein gottseliger Mann klagte über seine vielfältigen Schwachheiten und sonderlich über die bösen Gedanken, deren er sich nicht erwehren könnte, sondern sie oft mit höchster Betrübniß seiner Seele leiden müßte. Ich bin, sprach er, einem Kinde gleich, welches bald giebt, bald wieder nimmt; ich gebe oft meinem lieben Gott viel im Vorsaz und nehme es bald wieder weg. Wenn er mich schreckt oder stäupt, so sag ich viel zu, vergeß es aber bald, ach leider! und halte wenig! Hiebei drangen ihm die Thränen aus den Augen. Wohl, sagte Gotthold, seid ihr einem Kinde gleich, so vergleicht sich Gott mit einem Vater, der sich über seine Kinder erbarmt! Pf. 103, 13. Ich habe niemals gehört oder gesehen, daß ein Vater um einiges Versehens, um einiger Fehler willen sein Kind hätte aus dem Hause gestoßen oder gar ins Wasser oder Feuer geworfen. Ohne väterliche Geduld und vielfältiges Erbarmen kommt niemand in den Himmel; oder meinen wir böse Menschen etwa, daß wir

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