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verwahrt und oft meint, ihr habt sie gutermaßen gedämpft und überwunden. Seht aber, ein Käfer kann sie in euch rege machen, so daß ihr seinem ganzen Volk gerne die Köpfe abrisset, wenn ihr sie in eurer Gewalt hättet, nicht, weil sie Schaden thun an den Früchten, sondern weil sie euch beleidigt haben. Das ist die Selbstliebe und der verborgene Schlangensamen, der in uns noch übrig ist, der von niemand nichts leiden will, der die geringste Beleidigung, so ihm widerfährt, hoch empfindet und ungerochen hingehen zu lassen ihm schimpflich und unerträglich hält. Meint ihr nicht, daß eure Natur noch jezt so böse an ihr selbst ist, daß, wenn Gottes Gnade und Geist von euch weichen sollte, ihr das im Zorn und Eifer könntet an einem Menschen thun, was ihr jezt an dem Käfer gethan habt? Unser Herz ist wie ein Zunder, welchen ein geringes Fünklein kann glimmend machen, und sonderlich ist die Nachsucht unserem Fleisch und Blut sehr füß; darum denn auch zween Jünger des Herrn so weit gekommen sind, daß sie um der versagten Herberge willen das Feuer vom Himmel über die Samariter wollten fallen lassen, denen aber der gütige Heiland zuredete: Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Des Menschen Sohn ist nicht kommen, der Menschen Seelen zu verder= ben, sondern zu erhalten. Luc. 9, 55. 56. So lernet nun heute, daß solche Gelegenheiten der Kinder Gottes ABC-Buch müssen sein, darin sie sich üben, die Geduld und Sanftmuth zu lernen; ein Christ muß allezeit auf seiner Hut stehen und auch in geringen Dingen sich befleißigen, seinen Willen zu brechen, die verderbte Natur zu unterhalten und den Fußstapfen des sanftmüthigen Herrn Jesu zu folgen. Zum Erempel: mir wird eine Speise vorgesezt, die mit dem Salz nicht genugsam gewürzt, oder an welcher sonst etwas versehen ist; hier steht mir nicht an mit Schelten und Fluchen auszufahren, wie das entzündete Büchsenpulver, sondern ich muß entweder mit Sanftmuth die Meinigen des Fehlers erinnern, oder gar dazu schweigen und bei solcher Gelegenheit lernen, auch andere große Widerwärtigkeiten zu verschmerzen. Ich gehe auf der Gasse, ein Hund bellt mich an und läuft mir nach, ich gehe billig ohne einige Entrüstung vorbei und übe mich, auch an den Verleumdern und Lästerern durch Nichtachten mich zu rächen. Herr Jesu! du sanftmüthiges Herz, nimm vorlieb mit meiner Uebung und Lehrwerk

und hilf mir, daß ich bei allerlei Begebenheiten zeige, daß du in mir lebest, herrschest und wohneft!

392. Der Bienenschwarm.

Es war aus einem benachbarten Garten ein Bienenschwarm in Gottholds Garten geflogen und hatte sich an einen jungen Baum angesezt. Gotthold sagte: Es müssen diese Gäste nicht umsonst zu uns herüber gekommen sein, und wenn wir nur der Sache nachdenken wollen, können sie ihre Stelle mit einer guten Lehre bezahlen. Ich wollte einen Bienenschwarm an einen Baum hängend malen, die christliche Gemeinde und deren Liebe zu dem Herrn Jesu vorzustellen, mit der Beischrift: Meinen Jesum (König) laß ich nicht. Dieser ganze Haufe wird bekanntlich von einem Könige regiert, und zwar nicht mit Zwang, sondern mit Liebe. Diese Honigvöglein haben eine solche Liebe zu ihrem Könige, daß sie mit ihm ausziehen, ihm folgen und ihn nicht lassen; fliegt er, sie fliegen auch; sezt er sich, sie hängen sich an ihn; eilt er davon, sie eilen ihm nach; wird er etwa durch einen Unfall lahm an den Flügeln und fällt zur Erde, fie fallen alle auf ihn und bedecken ihn, wie ichs mit meinen Augen gesehen habe. So ist die Gemeine der Heiligen; ihr einiges Haupt ist Jesus, auf welchen ihr ganzes Herz gerichtet ist, dem ihre Seele anhängt, sie folgen ihm fröhlich und willig, wo er sie auch hinführt, es ist aller ein Denkspruch: Meinen Jesum laß ich nicht. Sie werden alle durch seinen Geist beseelt und von seiner Liebe regiert, ihr ganzes Wesen ist die Gemeinschaft mit Jesu und unter einander. Laffet uns nun darnach mit allem Ernst trachten, daß wir auch unter solcher Gesellschaft erfunden werden. Das ganze Christenthum kann in drei Punkte gefaßt werden: an Jesum glauben, Jesum lieben, Jesu folgen; daran wir aber unser Leben lang zu lernen haben. Ach, allerliebster Herr Jesu! wann werde ich dich doch so herzlich lieben, als die Imme ihren König? Ich denke an deinen Apostel, der, als er zum drittenmal von dir ge= fragt: Hast du mich lieb? traurig ward und antwortete: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, daß ich dich lieb habe. Joh. 21, 17. Fragst du mich auch, mein Heiland! ob ich dich lieb habe, so antworte ich zwar, wie dein Apostel, doch mit traurigem

Herzen und thränenden Augen; denn mein Herz überzeugt mich, daß meine Liebe so schwach, daß sie fast für keine Liebe zu achten. Ich liebe dich ja, aber was bin ich gegen dich, und was ist meine Liebe gegen dein Verdienst? Nur eins ist mein Trost; der Wille ist da. Wenn ich sage: ich liebe dich! so sage ich es mit Trauern und mit Thränen; wenn ich aber sage: ich wollte dich gern von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von allen Kräften lieben, so bin ich freudig und getroft, denn ich sage die Wahrheit. Ach, durchschieße, o süßter Herr Jesu! unsere Herzen mit den feurigen Pfeilen deiner Liebe! Brich hindurch, bis in die innerste Kammer unsers Herzens! Senke dich in die Tiefe unserer Seele und mache Herz und Seele von deiner Liebe flammend und wallend!

O Jesu Christ! mein schönstes Licht!

Der du in deiner Seele

So sehr mich liebst, daß ich es nicht
Aussprechen kann, noch zählen;
Gieb, daß mein Herz dich wiederum
Mit Liebe und Verlangen

Mög umfangen,

Und als dein Eigenthum

Nur einzig an dir hangen!

Gieb, daß sonst nichts in meiner Seel',

Als deine Liebe wohne,

Gieb, daß ich deine Lieb' erwähl'

Als meinen Schaß und Krone!

Stoß alles aus, nimm alles hin,

Was mich und dich will trennen
Und nicht will gönnen,

Daß all mein Muth und Sinn

In deiner Liebe brennen.

393. Das Brodbröcklein.

Gotthold fand ein Stücklein Brods in seiner Stube an der Erde liegen, hob es auf und befahl, es den Hühnern zu brocken, bestrafte zugleich die Seinigen, daß sie die edle Gabe Gottes nicht besser zu Rath hielten und sagte: Ich versichere euch, daß es mir ein großer Verdruß und Widerwille ist, wenn ich das liebe Brod muß sehen unwerth halten oder sonst auch mit andern Gaben des

milden Schöpfers unrathsam umgehen; denn sie haben gleichsam eine Heiligkeit bei sich und sind über Gold und Silber, über Perlen und Edelsteine zu achten, weil sie von Gott Segen und Kraft empfangen haben, den menschlichen Leib, der ein Tempel des Höchften ist, zu ernähren und zu unterhalten. Ihr könnt jezt nicht erkennen, wie werth und theuer ein solch Stücklein Brods zu schäßen, weil ihr beim Ueberfluß erzogen und niemals Mangel daran ge= habt; allein ich weiß, daß etwa vor 30 Jahren einem von Hunger fast verschmachteten Soldaten vor eines Predigers Thür ein Stücklein Brods gereicht ward, welches er mit Freuden und thränenden Augen empfing, küßte und sagte: O du herzenliebes Brod! Gott sei Lob! daß ich dich einmal wiedersehe! berichtet darauf, daß er in vielen Wochen keines gesehen, viel weniger genossen. Zu der Zeit ward Brod von Kleien, Kaff und Eicheln gebacken, die Träber oder den Sey, wie man hier redet, haben die Leute reißend weggeholt, die Häringslacke ward häufig gekauft, das Waffer, gekochtes Kraut und Gras, Wurzeln und dergleichen damit zu falzen, die Kohlstrünke und weggeworfenen Knochen sind von den armen Kindern fleißigst aufgesucht und aus dem Gerinne aufgehoben worden, die Leute gingen schwarzgelb, grünlich, dürr, geschwollen und ohnmächtig auf den Gaffen und suchten ihren Hunger zu stillen, die umgefallnen Pferde waren ihr Wildpret. Endlich hat man mit Schrecken und Herzeleid erfahren, daß ein Kind an seiner von Hunger gestorbenen Mutter Brust Nahrung gesucht und dabei verschmachtet, worauf ihm der Vater mit einem Nagel das Brüftlein eröffnet, das Herz und die Leber herausgenommen und verzehrt, doch bald darauf seinen Geist aufgegeben. Hieran gedenket, wandelt in der Furcht Gottes und versündiget euch nicht mit Mißbrauch seiner edlen Gaben! Seht, die Hühner werden die Bröcklein, die ihr unter den Füßen lasset liegen, mit Luft effen, und erinnert euch der lieben Armuth, welche die Brosamen, so von des Reichen Tische fallen, begehren, sich damit zu sättigen. Luc. 16, 21. Darum vergeffet derselben nicht, daß Gott euer wieder nicht vergesse! Habt ihr etwas übrig, theilet es mit den Dürftigen, seid aller Verschwendung und Uleppigkeit von Herzen feind und haltet dafür, daß ihr auch mit einem Stücklein Brods, wie mit einem Becher kalten Wassers, Matth. 10, 42., den großen Gott euch verpflichtet machen könnt. Mein Herr Jesu! gieb mir aus deiner göttlichen Hand mein bescheis

den Theil und meinen Bissen Brods, weil ich lebe! Gieb mir auch durch deinen H. Geist ein demüthiges, weises und dankbares Herz, daß ich deine milde Güte auch im trockenen Brod koste, hoch achte und preise!

394. Der Kalender.

Gotthold ward ein Kalender, aufs künftige Jahr gerichtet, vorgezeigt; er sagte hierauf: Es ist dies ein gemein und klein Buch und steht sehr viel daraus zu lernen, wer es nur recht zu gebrau= chen weiß. Was, sagte ein anderer, soll aus solchem Lügenbuch Großes zu lernen sein, ohne daß es uns Nachricht von der Zeit, von dem Zu- und Abnehmen des Mondes und der Tage giebt? Sonst erinnere ich mich, daß ein weiser Mann den Plaz, welchen die Kalenderschreiber mit Beschreibung des Wetters und andern Weissagungen erfüllen, pflegte das Lügenfeld zu nennen, wie sie denn selbst auch mehrentheils gestehen müssen, daß sie zwar die Kalender, Gott aber das Wetter macht. Gotthold antwortete: Ich möchte wünschen, daß die Herren Sternseher öfters mit ihren vielfältigen Verkündigungen zukünftiger Dinge etwas an sich hielten, so möchte ihrem Gewissen vor Gott und ihrem Ansehen vor der Welt besser gerathen sein! Daß aber aus dem Kalender sonst viel guter Erinnerung zu nehmen, kann ich leicht erweisen. Erstlich betrachtet, daß die Tage nach einander in einer Reihe überwärts gesezt werden, die Reihe pflege ich die Stufen der Ewigkeit zu nennen, denn wir steigen gleichsam von einem Tage zum andern hinab ins Grab oder hinauf zu dem Richterstuhl Chrifti; jemehr Tage wir vollbringen, je näher wir der Ewigkeit und dem Gerichte kommen, da wir von allen unsern Tagen und Zeiten Rechenschaft geben müssen. Findet ihr dann die Zeichen, welche das Zu- und Abnehmen des Mondes bedeuten, so gedenket, daß alles, was unter dem Mond ist, der Eitelkeit und Unbeständigkeit unterworfen, und wie der Mond, wenn er voll, nothwendig wieder abnehmen muß, also die menschliche Glückseligkeit, wenn sie in ihrer Fülle steht und aufs Höchste gestiegen, hat nichts übrig, als daß sie wieder abnehme und falle. Jener kluge Edelknabe, der bei einem spanischen Herrn in Diensten, welcher einen halben Mond im Wappen führte, schrieb zu demselben,

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