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Inbrunst und Sehnsucht nach Erlösung, die schärfste ethische Forderung einer guten Gesinnung, die nichts nach dem Lobe, der Anerkennung der Menschen fragt, im innigen Bunde mit unmittelbarer Gottesgemeinschaft, mit anderen Worten, das Ideal vollendet sich in der ungetrübten Harmonie sittlich-religiöser Anschauungen. Das ist die eigentliche Bedeutung des ,seligen Lebens, wie sinnlich und phantastisch dasselbe auch vielfach geschildert ist. Die ungebrochene Einheit aber des religiös-sittlichen Prozesses liegt noch in einem anderen Umstand, der sich von selbst einer unbefangenen Betrachtung aufdrängt. Die Religion ist nämlich nicht ein Erzeugnis eines unbewußten rastlosen Kausaltriebes, der uns keine Ruhe ließe und immer neue Fragen uns auferlegte (das wäre ein rein wissenschaftliches Motiv), noch auch einer einzigen Offenbarung, die uns über alle Geheimnisse im Himmel und auf Erden unterrichtete, sondern des unabweisbaren Bedürfnisses eines praktisch realisierbaren Lebensideals, durch welches wir uns gegen alle Mächte der Zerstörung endgültig sichern und wahrhaft Ruhe und Befriedigung verschaffen wollen. Dieser entscheidende Akt der Erhebung über die Not und Jämmerlichkeit des Daseins ist sowohl religiöser als auch sittlicher Natur; jenes durch das maßgebende Erlösungsbedürfnis, dieses durch die Möglichkeit, ja Notwendigkeit einer inneren Wiedergeburt, worauf alle höheren Religionen in erster Linie einen ganz besonderen Nachdruck legen. Dies Lebensideal, lediglich ein Abbild des gesamten Kulturniveaus, ist die gemeinsame Grundlage für Religion und Sittlichkeit, die deshalb auch, von einem höheren Standpunkt aus betrachtet, gemeinsame Ziele verfolgen, subjektiv ausgedrückt, das einer Heiligung des ganzen Menschen

sub specie aeternitatis im Sinne Spinozas, und objektiv mit dieser dadurch eingetretenen Weltüberwindung (die sich charakteristisch gegen kulturfeindliche Weltflucht oder gar Weltverachtung abhebt) das eines Zuwachses an unvergänglichen sittlichen Gütern, die uns im Glauben an den welterhaltenden Optimismus befestigen. In dieser Überzeugung kann uns die traurige Tatsache der verschiedenen Irrtümer und Fehlgriffe, welche die Geschichte der Religionen enthält, nicht beirren. Je mehr die Religion ihren sozialpsychischen Charakter bekundet, je weniger die Freiheit und Selbständigkeit des einzelnen sich hervorwagt, um so stärker wird auf den Gemütern ein gewisser Zwang lasten, so daß jede Abweichung von dem geheiligten Herkommen und der dogmatischen Überlieferung als Frevel empfunden wird. In dieser Beziehung ist die Bedeutung von bestimmten klassischen Religionsbüchern (außer der Bibel die Weden, der Tripitaka Gautamas, der Koran, der Avesta mit den Gathas, die Kinghs der Chinesen) nicht hoch genug anzuschlagen, was um so befremdlicher ist, als ja die Religionsstifter selbst keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen haben. Durch die spätere schriftliche Fixierung ihrer Ansprüche wurde nun aber eine unerschütterliche Autorität geschaffen, um dadurch jede etwaige Umbildung oder andere Auslegung von vornherein unmöglich zu machen. Abgesehen von dem politischen Mißbrauch, der nur zu oft mit solchen Worten getrieben wurde, entartete diese ursprünglich reine und edle Verehrung des Göttlichen zu schnödem Götzendienst, der sich in nichts von dem verachteten Fetischismus unterscheidet. Für die autoritative Auslegung dieser unverbrüchlichen Richtschnur wurde aber jene Macht sehr bedeutungsvoll, die durch den Zuwachs der

Gläubigen ein immer stärkeres soziales Ansehen erhielt, die Kirche. Trotz der Beschränkungen, die sie in ihrer Machtstellung durch die unaufhaltsamen Fortschritte der Wissenschaft und Technik, eine anscheinend zunehmende Irreligiosität oder wenigstens eine ausgeprägte Betonung materieller Interessen erlitten hat, ist aber ihre Erhabenheit für weite Kreise der Gesellschaft bis auf den heutigen Tag unantastbar, was aus verschiedenen kulturgeschichtlichen Tatsachen der Gegenwart unleugbar hervorgeht. Es ist übrigens völkerpsychologisch von Interesse zu beobachten, daß die Keime für diese Institution bereits auf verhältnismäßig sehr frühen Entwicklungsstufen zu finden sind; überall begegnen wir bei den Naturvölkern Priesterschulen, mehr oder minder lockeren Organisationen, endlich Geheimbünden, Mysterienkulten, Orden und Sekten. Wir verweisen u. a. auf die Areoi in Polynesien, auf die zahlreichen chinesischen, indischen und persischen Sekten, auf die Essener in Israel, die Hanifen in Arabien, die Orphiker, Gnostiker, Sûfiten usw. Diese Sonderbildungen stellen meistens oder wenigstens öfter Reaktionen gegen die herrschende und sonst anerkannte Lehre dar, als deren Hüterin sich eben die Kirche betrachtet. Den engen unverbrüchlichen Zusammenhang zwischen Religion und Sittlichkeit ersehen wir schließlich auch darin, daß die großen Weltreligionen in den letzten entscheidenden ethischen Forderungen mehr oder weniger übereinstimmen; darin liegt das Geheimnis, daß sie, obschon ursprünglich auf einen engen nationalen Rahmen und Schauplatz beschränkt, zufolge einer universalen. Expansionskraft sich weit über alle ethnographischen Schranken ausdehnten und somit einen universalistischen Charakter annahmen. Ist daher das Ethische, die Be

tonung des reinen Herzens, der guten Gesinnung das eigentliche Merkmal der höheren Religionen, obwohl dasselbe leider vielfach unter dem Wust des Dogmas und Kultus erstickt ist, so kann eben die bloße Formel und die Werkheiligkeit nicht die von der Kirche beanspruchte Wichtigkeit besitzen. Und aus demselben Grunde, weil wir es nämlich nicht mit Weltflucht zu tun haben, sondern mit immer wiederholter Weltüberwindung, hat die Lehre von der Nichtigkeit des Diesseits in der Askese und Mystik eine kulturfeindliche Färbung erhalten, die gleichfalls nicht strengeren ethischen Anforderungen entspricht. Nicht getötet soll der Mensch werden, sondern wiedergeboren in organischer Entfaltung seiner besseren Anlagen und der Überwindung der egoistischen schlechten Triebe, nicht erschlaffen soll er in quietistischer Mystik, indem er allen großen Kulturaufgaben gegenüber feige die Hände in den Schoß legt, sondern eben an seinem Teil sich unmittelbar an der rastlosen Durchdringung der Welt mit den höchsten und reinsten Idealen beteiligen, so daß er, wie Goethe sagt, das Vergängliche unvergänglich macht. Das Ethische entfaltet das eigentlich wahrhaft Menschliche, indem es das Dogmatische des bloß theokratischen Standpunktes, der sich lediglich an den äußeren Befehl Gottes hält, überwindet, so daß Kants Ausspruch zur Geltung gelangt: Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille, oder wie Goethe es ausdrückt:

Gutes tu rein aus des Guten Liebe!
Das überlief're deinem Blut!

Und wenn's den Kindern nicht verbliebe,
Den Enkeln kommt es doch zu gut.

Auch die Geschichte unserer eigenen Religion ist in dieser Beziehung bedeutungsvoll; das Urchristentum hatte für die großen sozialen Probleme (man denke nur an die Sklaverei!) nicht die Aufmerksamkeit, die wir ihnen zuwenden müssen, schon im eigenen wohlverstandenen Interesse. Die verwickelten Kulturfragen mußten zurücktreten vor der einen grundlegenden Forderung, die Seligkeit mit Furcht und Zittern zu schaffen, um so dem dräuenden Elend und dem allgemeinen Weltuntergang zu entfliehen. Es wäre traurig dagegen um unser religiöses Gefühl bestellt, wenn wir diese sozialethischen Verpflichtungen ablehnen und lediglich politischen Parteien überlassen wollten. So offenbart sich eine wachsende Harmonie zwischen dem allgemeinen Lebensideal, zwischen Kultur und Sittlichkeit und anderseits zwischen der Religion, falls man dieselbe eben nicht in der einseitigen dogmatischen Richtung auffaßt. Das religiöse Bewußtsein kann nur dann das lähmende, niederdrückende Schuldgefühl überwinden, d. h. uns von dem Fluche der Zeitlichkeit und menschlichen Hinfälligkeit erlösen, wenn es nicht außerhalb der Welt steht, sondern innerhalb der Wirklichkeit aus der fruchtbaren Wechselwirkung mit der Umgebung die dauernde Befriedigung schöpft, die für den Kampf des Lebens unerläßlich ist. Die glaubensvolle Erhebung des Menschen über den drückenden Zwang des Weltlaufes (aus dieser inneren Not und Beengung ist die Religion geboren) ist, wie ohne weiteres einleuchtet, ohne tiefere sittliche Regung undenkbar, die Überzeugung von dem endlichen Sieg des Guten, ohne welche gleichfalls keine vollkommnere Religionsform sich zu behaupten vermag, ist eben eine Forderung unseres ethischen Bewußtseins, und endlich die höchste religiöse Offenbarung, das Kleinod im Schrein dieser Werte, die

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