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störung durch Revolution, sondern organische Um- und Fortbildung durch Reformation. Christus und Gautama hatten die überlieferte Weisheit in sich aufgenommen und sie für schal befunden, hatten mit sich im ernsten Kampf gerungen, bis ihnen selbst die befreiende, erlösende Erkenntnis zuteil wurde. Ob hier nachdrücklicher das Denken betont wird, das durch die sinnlichen Täuschungen zur letzten beseligenden Wahrheit durchdringt, oder dort die unverfälschte Lauterkeit des Herzens und die alles besiegende Liebe, ist für die neue Religion als solche irrelevant, obschon dadurch selbstverständlich ihr ganzer Charakter unzweideutig gekennzeichnet wird. Unzweifelhaft hat Buddha mit der rücksichtslosen Schärfe seiner logischen Folgerungen den Gehalt der menschlichen Persönlichkeit in dem bekannten Begriff des Nirwana ins Nichts verflüchtigt, und ebenso sicher steht in seiner Weltanschauung die Erkenntnis höher als das Gefühl. Aber man sollte doch nicht verkennen, daß auch bei ihm die Liebe wenn nicht die Krone des Ganzen ist, so doch eine Stufe zu der letzten Vollendung bildet. So heißt es u. a. in der Einleitung zum Buch Jakata: Wie das Wasser alle, den Bösen sowohl als den Guten, auf dieselbe Weise von allerlei Staub und Schmutz reinigt und sie mit erfrischender Kühle erfüllt, so sollst du Freund und Feind mit deiner Liebe erquicken, und wenn diese neunte Vollkommenheit erlangt ist, wird dir die Weisheit eines Buddha angehören. Diese Stimmung wird dann freilich gemäß der metaphysischen Anlage der ganzen Weltbetrachtung auf die bedeutsame Erkenntnis angewendet, die uns die verborgene Identität unser selbst und unserer Mitmenschen erfassen lehrt. Deshalb sagt Buddha von einem solchen Erlösten: In seinem liebevollen, mitleidenden, freudenreichen, unerregten Gemüte erkennt er sich

selbst in allen Dingen wieder und durchstrahlt die Welt nach allen Richtungen, aus seinem großen, tiefen, unbeschränkten, von Zorn und Groll gereinigten Herzen. Bei Jesus tritt gerade umgekehrt das Erkenntnistheoretische und Metaphysische gegenüber dem ausschlaggebenden Ethischen ganz in den Hintergrund; deshalb bildet hier die Liebe den Mittelpunkt, die Vertiefung und Vergeistigung der Persönlichkeit, nicht ihre Auflösung, das Ziel der Entwicklung. Und deshalb endlich ist das Mittel dieses Prozesses nicht beschauliche Weltflucht und atomisierende Zerlegung alles Dinglichen, sondern rastloses Kämpfen mit den finsteren Mächten der Außenwelt und des eigenen verderbten Herzens (auf weiteres Detail können wir uns an dieser Stelle nicht einlassen). Dasselbe gilt vom Auftreten Zoroasters und Mohammeds; auch hier haben Sage und Mythus üppige Schößlinge getrieben, aber trotzdem dürfen wir unbedenklich an historischen Persönlichkeiten festhalten, das gilt auch vom Stifter des Mazdaismus. Es handelt sich hier um eine Läuterung des altarischen Götterglaubens, der einer argen Zersetzung verfallen war. Auch kann man alle individuellen Lebensumstände unbedenklich preisgeben (von den fabelhaften Wundertaten gar nicht zu reden), aber so viel ist aus all dem Wust ersichtlich, daß es einen göttlichen Propheten der reinen Lehre des Auramazda mit jenem Namen gegeben hat. Eigenartig und im gewissen Sinne neu war die erhabene Anschauung von der Gottheit, der rücksichtslose Kampf gegen alle Unreinheit und Unwahrheit, also eine ausgeprägt ethische Richtung gegenüber der rein spekulativen des älteren Brahmanismus. Völlig im Lichte historischer Kritik ist die Tätigkeit des Stifters des Islam zu betrachten; auch hier haben wir es mit einer vollen Persönlichkeit zu tun, erfüllt von unbezähmbarer Energie,

die nur leider häufig recht wenig wählerisch in ihren Mitteln war. Seinen in Polytheismus und Aberglauben versunkenen Landsleuten brachte er die höhere, wenn auch durchaus nicht geklärte Vorstellung von der Wirksamkeit eines Gottes, als dessen einziger, wahrer Prophet er sich stets fühlte. Vermissen wir auch oft die Reinheit und Lauterkeit des Herzens, so wird man ihm schwerlich die Anerkennung einer mächtigen ehrfurchtgebietenden Persönlichkeit versagen, von der eine ungeheure, sich bis zu dieser Stunde noch stark geltend machende Umgestaltung der ganzen Weltgeschichte ausging. So leitet uns eine vorurteilsfreie Betrachtung der Religionsgeschichte stets wieder auf unsere frühere Behauptung zurück, daß alle höheren Religionsformen sich an die Wirksamkeit bestimmter geschichtlicher Männer knüpfen, mag dieselbe auch späterhin durch Dichtung und Sage noch so sehr des rein Menschlichen beraubt und ins Mythologische hinein projiziert sein. Wie wir alle Entwicklung, alles Sein nur erfassen können unter der Voraussetzung individueller Bildung, so gilt das vollends von den religiösen Idealen der Menschheit, die sich gleichfalls im natürlichen, geschichtlichen Prozeß langsam entfalten. Alle Schöpfungen der Volksseele, um einen weitverbreiteten Ausdruck anzuwenden, setzen letzten Endes den einzelnen, die Persönlichkeit voraus.

§ 11. Die Idee der Offenbarung und Wunder.

Als Goethe einmal das Wesen des Genies mit Eckermann besprach und als ein Kennzeichen desselben eine wiederholte Pubertät bezeichnete, fuhr er folgendermaßen fort: Jede Produktivität höchster Art, jedes bedeutende Aperçu, jede Erfindung, jeder große Gedanke, der Früchte bringt und Folge hat, steht in niemandes Ge

walt und ist über aller irdischen Macht erhaben. Dergleichen hat der Mensch als unverhoffte Geschenke von oben, als reine Kinder Gottes zu betrachten, die er mit freudigem Dank zu empfangen und zu verehren hat. Es ist dem Dämonischen verwandt, das übermächtig mit ihm tut, wie es ihm beliebt, und dem er sich bewußtlos hingibt, während er glaubt, er handle aus eigenem Antriebe, In solchen Fällen ist der Mensch oftmals als ein Werkzeug einer höheren Weltregierung zu betrachten, als ein würdig befundenes Gefäß zur Aufnahme eines göttlichen Einflusses. In diesem Sinne hat bei allen Völkern und zu allen Zeiten die über das gewöhnliche Maß hinausgehende Erregung, die Ekstase, oder wie der griechische Ausdruck so bezeichnend lautet, der Enthusiasmus, die Gottbegeisterung für Kunst und Religion als die Voraussetzung jeder Wirksamkeit gegolten, weil erst durch diese Offenbarung dem gewöhnlichen Sterblichen die Augen geöffnet und Kräfte verliehen wurden, die weit die sonstige Leistungsfähigkeit übertrafen. Die Geschichte aller Propheten und Zauberer, auch auf den untersten Stufen der Gesittung, ist voll von derartigen Beispielen. Kein Religionsstifter ist auf Erden erstanden, der nicht durch diese übernatürliche Inspiration in den Besitz von Geheimnissen und Eigenschaften gelangt wäre, die ihm ebendadurch eine göttliche Autorität und Stellung sicherten. Es ist bekannt, wie durch die eben berührten Zustände der Ekstase in der Tat der ganze menschliche Organismus in all seinen Funktionen unglaublich gesteigert erscheint, so daß dem betreffenden Propheten und Priester die schwierigsten Prozeduren gelingen und sich ihm gleichfalls verborgene Rätsel erschließen. Alles, was den Menschen über diesen gewöhnlichen Durchschnitt erhebt zu einem Seher, zu einem Erleuchteten, fällt somit in den Rahmen der Offen

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barung, einerlei immer, wie oder wodurch sich die göttliche Macht in ihrer Wirksamkeit bekundet. Und da es sich somit stets um ein Überschreiten der normalen Grenzen handelt, so erscheint diese Offenbarung als Wunder, als Ausnahme von der Regel, die dem gewöhnlichen Verständnis nicht zugänglich ist. Nicht nur im Menschen, im Priester und Zauberer, im genialen Religionsstifter oder Künstler tritt diese göttliche Beeinflussung und Wirkung offenkundig zutage, sondern auch in den elementaren Naturgewalten oder anderen Vorgängen der Außenwelt, auch unheimliche Seuchen, verheerende Landplagen, verwüstende Kriege, oder wieder völlig unerwartete Glücksfälle oder plötzliche Genesungen usw. können als Symbole der göttlichen Macht aufgefaßt werden. In der Tat ist es richtig, daß das Wunder des Glaubens liebstes Kind ist; denn gerade die Unbegreiflichkeit des Vorganges, so daß der Mensch verzagt, in sich zusammenbricht und hilfeflehend seine Hände zu den oberen Mächten ausstreckt, diese lähmende Ohnmacht, die ihn seine eigene Hinfälligkeit nur zu tief empfinden läßt, bildet den fruchtbaren Nährboden für den Wunderglauben, der nicht vor dem Abenteuerlichsten zurückschrickt. Will man einen erschöpfenden Einblick in die Entstehung derselben gewinnen, so muß man sich diesen psychologischen Zusammenhang klarmachen und somit alle äußere Offenbarung als eine innere fassen, d. h. als ein eigenartiges Stadium des religiösen Empfindens selbst, das sich seine Welt schafft. Ein kurzer Rückblick auf ethnographische und kulturgeschichtliche Verhältnisse mag das lehren, natürlich ohne Hinzunahme irgendwelchen Details.

Die religiöse Verzückung, die solchen tiefen Einblicken in überirdische Geheimnisse zu grunde liegt, die Ekstase richtet sich auf ein jenseitiges Ideal, in das es

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