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Theurer Leser, wenn du mal nach Amsterdam kömmst, so lass dir dort von dem Lohnlakaien die spanische Synagoge zeigen. Diese ist ein schönes Gebäude, und das Dach ruht auf vier kolossalen Pfeilern, und in der Mitte steht die Kanzel, wo einst der Bannfluch ausgesprochen wurde über den Verächter des mosaischen Gesetzes, den Hidalgo Don Benedikt de Spinoza. Bei dieser Gelegenheit wurde auf einem Bockshorne geblasen, welches Schofar heißt. Es muss eine furchtbare Bewandtnis haben mit diesem Horne. Denn wie ich mal in dem Leben des Salomon Maimon gelesen, suchte einst der Rabbi von Altona ihn, den Schüler Kant's, wieder zum alten Glauben zurückzuführen, und als Derselbe bei seinen philosophischen Ketereien halsstarrig beharrte, wurde er drohend und zeigte ihm den Schofar, mit den finstern Worten: Weißt du, was Das ist? Als aber der Schüler Kant's sehr gelassen antwortete: „Es ist das Horn eines Bockes!" da fiel der Rabbi rücklings zu Boden vor Entsezen.

Mit diesem Horne wurde die Exkommunikation des Spinoza akkompagniert, er wurde feierlich ausgestoßen aus der Gemeinschaft Israels und unwürdig erklärt, hinfüro den Namen Zude zu tragen. Seine christlichen Feinde waren großmüthig genug, ihm diesen Namen zu lassen. Die Juden aber, die

Schweizergarde des Deismus, waren unerbittlich, und man zeigt den Plaz vor der spanischen Synagoge zu Amsterdam, wo sie einst mit ihren langen Dolchen nach dem Spinoza gestochen haben.

Ich konnte nicht umhin, auf solche persönliche Missgeschicke des Mannes besonders aufmerksam zu machen. Ihn bildete nicht bloß die Schule, sondern auch das Leben. Das unterscheidet ihn von den meisten Philosophen, und in seinen Schriften erkennen wir die mittelbaren Einwirkungen des Lebens. Die Theologie war für ihn nicht bloß eine Wissenschaft. Eben so die Politik. Auch diese lernte er in der Praxis kennen. Der Vater seiner Geliebten wurde wegen politischer Vergehen in den Niederlanden gehenkt. Und nirgends in der Welt wird man schlechter gehenkt wie in den Niederlanden. Ihr habt keinen Begriff davon, wie unendlich viele Vorbereitungen und Ceremonien dabei stattfinden. Der Delinquent stirbt zugleich vor Langerweile, und der Zuschauer hat dabei hinlängliche Muße zum Nachdenken. Ich bin daher überzeugt, dass Benedikt Spinoza über die Hinrichtung des alten Van Ende sehr viel nachgedacht hat, und so wie er früher die Religion mit ihren Dolchen begriffen, so begriff er auch jetzt die Politik mit ihren Stricken. Kunde davon giebt sein Tractatus politicus.

Ich habe nur die Art und Weise hervorzuheben, wie die Philosophen mehr oder minder mit einander verwandt sind, und ich zeige nur die Verwandtschaftsgrade und die Erbfolge. Diese Philosophic des Spinoza, des dritten Sohnes des René Descartes, wie er sie in seinem Hauptwerk, in der Ethik, dociert, ist von dem Materialismus seines Bruders Locke eben so sehr entfernt, wie von dem Idealismus seines Bruders Leibnitz. Spinoza quält sich nicht analytisch mit der Frage über die letzten Gründe unserer Erkenntnisse. Er giebt uns seine große Synthese, seine Erklärung von der Gottheit.

Benedikt Spinoza lehrt: Es giebt nur eine Substanz, Das ist Gott. Diese eine Substanz ist unendlich, sie ist absolut. Alle endliche Substanzen derivieren von ihr, sind in ihr enthalten, tauchen in ihr auf, tauchen in ihr unter, sie haben nur relative, vorübergehende, accidentielle Existenz. Die absolute Substanz offenbart sich uns sowohl unter der Form des unendlichen Denkens, als auch unter der Form der unendlichen Ausdehnung. Beides, das unendliche Denken und die unendliche Ausdehnung sind die zwei Attribute der absoluten Substanz. Wir erkennen nur diese zwei Attribute; Gott, die absolute Substanz, hat aber vielleicht noch mehr Attribute, die wir nicht kennen. Non dico, me

deum omnino cognoscere, sed me quaedam ejus attributa, non autem omnia, neque maximam intelligere partem.“

Nur Unverstand und Böswilligkeit konnten dieser Lehre das Beiwort

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atheistisch" beilegen. Keiner hat sich jemals erhabener über die Gottheit ausgesprochen wie Spinoza. Statt zu sagen, er leugne Gott, könnte man sagen, er leugne den Menschen. Alle endliche Dinge sind ihm nur modi der unendlichen Substanz. Alle endliche Dinge sind in Gott enthalten, der menschliche Geist ist nur ein Lichtstrahl des unendlichen Denkens, der menschliche Leib ist nur ein Atom der unendlichen Ausdehnung; Gott ist die unendliche Ursache beider, der Geister und der Leiber, natura naturans.

In einem Briefe an Madame Du Deffant, zeigt Voltaire sich ganz entzückt über einen Einfall dieser Dame, die sich geäußert hatte, dass alle Dinge, die der Mensch durchaus nicht wissen könne, sicher von der Art sind, dass ein Wissen derselben ihm Nichts nügen würde. Diese Bemerkung möchte ich auf jenen Satz des Spinoza anwenden, den ich oben mit seinen eignen Worten mitgetheilt, und wonach der Gottheit nicht bloß die zwei erkennbaren Attribute, Denken und Ausdehnung, sondern vielleicht auch andere, für uns unerkennbare Attribute gebühren.

Was wir nicht erkennen können, hat für uns keinen Werth, wenigstens keinen Werth auf dem socialen Standpunkte, wo es gilt, das im Geiste Erkannte zur leiblichen Erscheinung zu bringen. In unserer Erklärung des Wesens Gottes nehmen wir daher Bezug nur auf jene zwei erkennbare Attribute. Und dann ist ja doch am Ende Alles, was wir Attribute Gottes nennen, nur eine verschiedene Form unserer Anschauung, und diese verschiedenen Formen sind identisch in der absoluten Substanz. Der Gedanke ist am Ende nur die unsichtbare Ausdehnung und die Ausdehnung ist nur der sichtbare Gedanke. Hier gerathen wir in den Hauptsaß der deutschen Identitätsphilosophie, die in ihrem Wesen durchaus nicht von der Lehre des Spinoza verschieden ist. Mag immerhin Herr Schelling dagegen eifern, dass seine Philosophie von dem Spinozismus verschieden sei, dass sie mehr „eine lebendige Durchdringung des Idealen und Realen" sei, dass sie sich von dem Spinozismus unterscheide, „wie die ausgebildeten griechischen Statuen von den starr ägyptischen Originalen": dennoch muss ich aufs bestimmteste erklären, dass sich Herr Schelling in seiner früheren Periode, wo er noch ein Philosoph war, nicht im Geringsten von Spinoza unterschied. Nur auf einem andern Wege ist er zu derselben Philosophie ge

Heine's Werke. Bd. V.

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