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merei der Liebe ganz anders zu sichern; und zu Sokrates' Zeiten würde man eine solche & owłos κατοχη, welde τι τολμαν παρα φυσιν antreibt, uur faum einem Mädelchen verziehen haben. Solche kleingroße, verächtlich schätzbare Originale hervorzubringen, war nur der christlichen Erziehung vorbehalten, die ein körperliches Bedürfnis so schön in cine geistige Vollkommenheit zu verwandeln weiß. Also, lieber Goethe, noch ein Kapitelchen zum Schlusse; und je chnischer, je besser!"

Freund Nicolai hat nun wirklich nach solcher Angabe einen veränderten Werther herausgegeben. Nach dieser Version hat sich der Held nicht todtgeschossen, sondern nur mit Hühnerblut besudelt; denn statt mit Blei war die Pistole nur mit legterem geladen. Werther wird lächerlich, bleibt leben, heirathet Charlotte, kurz, endet noch tragischer als im Goethe'schen Original.

„Die allgemeine deutsche Bibliothek" hieß die Zeitschrift, die Nicolai gegründet, und worin er und seine Freunde gegen Aberglauben, Jesuiten, Hoflakaien u. Ogl. kämpften. Es ist nicht zu leugnen, dass mancher Hieb, der dem Aberglauben galt, unglücklicher Weise die Poesie selbst traf. So stritt Nicolai z. B. gegen die aufkommende Vorliebe für altdeutsche Volkslieder. Aber im Grunde hatte er

wieder Recht; bei aller möglichen Vorzüglichkeit enthielten doch jene Lieder mancherlei Erinnerungen, die eben nicht zeitgemäß waren, die alten Klänge, der Kuhreigen des Mittelalters, konnten die Ge= müther des Volks wieder in den Glaubensstall der Vergangenheit zurücklocken. Er suchte, wie Odysseus, die Ohren seiner Gefährten zu verstopfen, damit sie den Gesang der Sirenen nicht hörten, unbekümmert, dass sie alsdann auch taub wurden für die unschuldigen Töne der Nachtigall. Damit das Feld der Gegenwart nur radikal von allem Unkraut ge= säubert werde, trug der praktische Mann wenig Bedenken, auch die Blumen mit auszureuten. Dagegen erhob sich nun feindlichst die Partei der Blumen und Nachtigallen, und Alles, was zu dieser Partei gehört, Schönheit, Grazie, Witz und Scherz, und der arme Nicolai unterlag.

In dem heutigen Deutschland haben sich die Umstände geändert, und die Partei der Blumen und der Nachtigallen ist eng verbunden mit der Revolution. Uns gehört die Zukunft, und es dämmert schon herauf die Morgenröthe des Sieges. Wenn einst sein schöner Tag fein Licht über unser ganzes Vaterland ergießt, dann gedenken wir auch der Todten; dann gedenken wir gewiss auch deiner, alter Nicolai, armer Märtyrer der Vernunft! wir werden

Heine's Werke. Bd. V.

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deine Asche nach dem deutschen Pantheon tragen, der Sarkophag umgeben vom jubelnden Triumphzug und begleitet vom Chor der Musikanten, unter deren Blasinstrumenten bei Leibe keine Querpfeife sein wird; wir werden auf deinen Sarg die anständigste Lorberkrone legen, und wir werden uns alle mögliche Mühe geben, nicht dabei zu lachen.

Da ich von den philosophischen und religiösen Zuständen jener Zeit einen Begriff geben möchte, muss ich hier auch derjenigen Denker erwähnen, die mehr oder minder in Gemeinschaft mit Nicolai zu Berlin thätig waren und gleichsam ein Jüstemilieu zwischen Philosophen und Belletristik bildeten. Sie hatten kein bestimmtes System, sondern nur eine bestimmte Tendenz. Sie gleichen den englischen Moralisten in ihrem Styl und in ihren letzten Gründen. Sie schreiben ohne wissenschaftlich strenge Form, und das sittliche Bewusstsein ist die einzige Quelle ihrer Erkenntnis. Ihre Tendenz ist ganz dieselbe, die wir bei den französischen Philanthropen finden. In der Religion sind sie Rationalisten. In der Politik sind sie Weltbürger. In der Moral sind sie Menschen, edle, tugendhafte Menschen, streng gegen sich selbst, milde gegen Andere. Was Talent betrifft, so mögen wohl Mendelssohn, Sulzer, Abt, Morik, Garve, Engel und Biester als die ausgezeichnetsten

genannt werden. Morig ist mir der Liebste. Er leistete Viel in der Erfahrungsseelenkunde. Er war von einer köstlichen Naivetät, wenig verstanden von seinen Freunden. Seine Lebensgeschichte ist eins der wichtigsten Denkmäler jener Zeit. Mendelssohn hat jedoch vor allen übrigen eine große sociale Bedeutung. Er war der Reformator der deutschen Israeliten, seiner Glaubensgenossen, er stürzte das Ansehen des Talmudismus, er begründete den reinen Mosaismus. Dieser Mann, den seine Zeitgenossen den deutschen Sokrates nannten und wegen seines Seelenadels und seiner Geisteskraft so ehrfurchtsvoll bewunderten, war der Sohn eines armen Küsters der Synagoge von Dessau. Außer diesem Geburtsübel hatte ihn die Vorsehung auch noch mit einem Buckel belastet, gleichsam um dem Pöbel in recht greller Weise die Lehre zu geben, dass man den Menschen nicht nach seiner äußern Erscheinung, sondern nach seinem innern Werthe schätzen solle. Oder hat ihm die Vorsehung eben aus gütiger Vorsicht einen Buckel zugetheilt, damit er manche Unbill des Pöbels einem Übel zuschreibe, worüber ein Weiser sich leicht trösten kann *)?

*) Dieser Saß fehlt in den französischen Ausgaben.

Der Herausgeber.

Wie Luther das Papstthum, so stürzte Mendelssohn den Talmud, und zwar in derselben Weise, indem er nämlich die Tradition verwarf, die Bibel für die Quelle der Religion erklärte, und den wichtigsten Theil derselben übersetzte. Er zerstörte hierdurch den jüdischen, wie Luther den christlichen Katholicismus. In der That, der Talmud ist der Katholicismus der Juden. Er ist ein gothischer Dom, der zwar mit kindischen Schnörkeleien überladen, aber doch durch seine himmelkühne Riesenhaftigkeit uns in Erstaunen sezt. Er ist eine Hierarchie von Religionsgesehen, die oft die pußigsten, lächerlichsten Subtilitäten betreffen, aber so sinnreich einander über- und untergeordnet sind, einander stüßen und tragen, und so furchtbar konsequent zusammenwirken, dass sie ein grauenhaft troziges, ko= lossales Ganze bilden.

Nach dem Untergang des christlichen Katholicismus musste auch der jüdische, der Talmud, untergehen. Denn der Talmud hatte alsdann seine Bedeutung verloren; er diente nämlich nur als Schutzwerk gegen Rom, und ihm verdanken es die Juden, dass sie dem christlichen Rom ebenso heldenmüthig wie einst dem heidnischen Rom widerstehen konnten. Und sie haben nicht bloß widerstanden, sondern auch gesiegt. Der arme Rabbi von Naza

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